Meine Welt: Mein Costa Rica: Reisegeschichten aus einem zufriedenen Land
Von Kurt Lehmkuhl
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Über dieses E-Book
Es ist nicht immer alles perfekt, es klappt nicht immer alles reibungslos, aber man lebt zufrieden. Und das ist nicht nur ein subjektiver Eindruck. Das ist auch das Ergebnis wissenschaftlicher Untersuchungen: Costa Rica gehört schon seit Jahrzehnten weltweit zu den Ländern, in denen die größte Zufriedenheit herrscht.
Die Zufriedenheit überträgt sich auf die Besucher; er passt sich an, versteht es als selbstverständlich, dass er nicht im Zentrum der Welt steht, sondern dass die faszinierende Natur nicht ein Schauspiel für ihn darstellt, sondern dass er sich als Teil der Natur verstehen muss, damit er leben und genießen kann.
Pura vida, das ist ein Lebensgefühl, das reich und das nicht immer leichte Leben erträglich macht und das vielleicht auch den italienischen Eroberer Christoph Kolumbus ganz anders auf das Land hätte blicken lassen, wenn er dieses Gefühl als Reichtum erkannt hätte und sich nicht vom Schein des Goldes und der Edelsteine hätte täuschen lassen. Aber Kolumbus stand nicht allein da mit seinem Irrtum. Viele Menschen nach ihm und in späteren Jahrhunderten haben ebenfalls den wahren Reichtum des Landes verkannt, der vielleicht nur deshalb zum Reichtum wurde, weil die heimischen Menschen rechtzeitig erkannt haben, was der wahre Sinn ihres Daseins ist: das Leben mit der Natur.
Pura vida eben.
Kurt Lehmkuhl
Kurt Lehmkuhl wurde 1952 in der Nähe von Aachen geboren. Nach dem Abitur und dem Studium der Rechtswissenschaften war er über 30 Jahre lang für den Zeitungsverlag Aachen tätig, zunächst als freier Mitarbeiter, danach als Redakteur und als Lokalchef in Erkelenz. Nach seinem Ausscheiden aus dem Zeitungsverlag Aachen arbeitet er als freier Journalist für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften im In- und Ausland. Neben der journalistischen Tätigkeit ist Kurt Lehmkuhl schriftstellerisch aktiv. Seit 1996 werden seine Romane veröffentlicht, beginnend mit "Tödliche Recherche". Häufig stehen aktuelle Themen oder regionale Besonderheiten im Mittelpunkt seiner Krimis, etwa der Aachener Karlspreis oder die Braunkohleförderung im Rheinland. Außerdem verfasst Kurt Lehmkuhl Reisereportagen und Kurzgeschichten und ist als Dozent für Kreatives Schreiben sowie als Moderator und Organisator von literarischen Veranstaltungen und als Herausgeber von Anthologien tätig. Gemeinsam mit dem Hör-buchsprecher René Wagner tritt er als "Die Vorleser" auf.
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Buchvorschau
Meine Welt - Kurt Lehmkuhl
Problem?
1. Reich ohne Gold
(Anstelle eines Vorworts)
Selbstverständlich ist auch in Costa Rica nicht alles Gold, was glänzt. Vieles ist anders, als es auf den ersten Blick scheint. Diese Erfahrung hat schon Christoph Kolumbus machen müssen, als er Ende des 15. Jahrhunderts bei seinen Eroberungszügen an der Atlantikküste das Land betrat. Die Goldgeschenke und die Edelsteine, mit denen die Einheimischen die vermeintlichen Götter beschenkten, ließen ihn zu der Überzeugung gelangen, er sei in einem reichen Land und an einer reichen Küste gelandet. Costa Rica hatte seinen Namen – der blieb, auch als sich schnell herausstellte, dass Land und Küste in diesem zentralamerikanischen Land gar nicht so reich waren, wie es zunächst schien. Gold und Edelsteine stammten nicht aus Costa Rica, sondern vielmehr von reisenden, durchziehenden Händlern auf ihren Wegen von Nord- nach Südamerika und zurück.
Das Interesse an Costa Rica ging bei den spanischen Eroberern schnell verloren. Ackerbau und Viehzucht in einer von Vulkanketten geprägten Region war nicht das, was man sich erhofft hatte, zumal es immer wieder zu zerstörerischen Vulkanausbrüchen kam.
Und dennoch ist Costa Rica ein reiches Land. Die goldene Bohne, der Kaffee, hat Wohlstand gebracht und hat Spuren hinterlassen, auch wenn die Hochzeit des Kaffees inzwischen längst vorbei ist. Ein anderer Reichtum nahm den Platz ein: der fruchtbare Boden, auf dem landwirtschaftliche Produkte bestens gedeihen. Die Folge der ertragsreichen, gewinnbringenden Landwirtschaft waren ausgedehnte Rodungen der tropischen Wälder, ein weiterer Reichtum des Landes, der verprasst wurde. Es war fast schon die Notbremse, die in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts gezogen wurde, als der Staat die weitere Rodung des natürlichen Reichtums gestoppt hat und die Gegenbewegung begann. Zu diesem Zeitpunkt gab es nur noch zehn Prozent der natürlichen Vegetation. Die Restbestände des tropischen Waldes wurden zu unantastbaren Nationalparks.
Wiederaufforstungsmaßnahmen in großem Stil liefen an und sind immer noch im Gange. Die Menschen verstanden, dass der hemmungslose Raubbau an der Natur sie zu armen Menschen machen würde. Sie erkannten den eigentlichen Reichtum ihres Landes: die Natur, mit der und von der sie leben konnten. Die Pflanzenwelt und die Tierwelt machen die Menschen zufrieden und damit reich, aber nur dann, wenn man Pflanzen und Tiere erhält. So ist das Leben in Costa Rica der immerwährende Versuch, im Einklang mit der Natur zu leben und selbst Teil der Natur zu sein.
Nur dies ist das reine Leben, das wahre Leben, das richtige Lebens.
Pura vida – das Lebensgefühl von Costa Rica.
Es ist nicht immer alles perfekt, es klappt nicht immer alles reibungslos, aber man lebt zufrieden. Und das ist nicht nur ein subjektiver Eindruck. Das ist auch das Ergebnis wissenschaftlicher Untersuchungen: Costa Rica gehört schon seit Jahrzehnten weltweit zu den Ländern, in denen die größte Zufriedenheit herrscht.
Die Zufriedenheit überträgt sich auf die Besucher; er passt sich an, versteht es als selbstverständlich, dass er nicht im Zentrum der Welt steht, sondern dass die faszinierende Natur nicht ein Schauspiel für ihn darstellt, sondern dass er sich als Teil der Natur verstehen muss, damit er leben und genießen kann.
Pura vida – ein Lebensgefühl, das reich und das nicht immer leichte Leben erträglich macht und das vielleicht auch den italienischen Eroberer Christoph Kolumbus ganz anders auf das Land hätte blicken lassen, wenn er dieses Gefühl als Reichtum erkannt hätte und sich nicht vom Schein des Goldes und der Edelsteine hätte täuschen lassen. Aber Kolumbus stand nicht allein da mit seinem Irrtum. Viele Menschen nach ihm und in späteren Jahrhunderten haben ebenfalls den wahren Reichtum des Landes verkannt, der vielleicht nur deshalb zum Reichtum wurde, weil die heimischen Menschen rechtzeitig erkannt haben, was der wahre Sinn ihres Daseins ist: das Leben mit der Natur.
Pura vida eben.
2. Mit dem Fahrrad auf den Vulkan
Hochbetrieb auf der Autobahn am Sonntagmorgen. Wer kann, der macht einen Familienausflug, verlässt die Hauptstadt San José und fährt entweder ans Meer oder, weil es näher ist, in einen der Nationalpark, von denen es mehrere gibt auf den Gebirgsketten beiderseits des Valle Central, in dem die Hauptstadt San José und weitere größere Städte des Landes liegen. Hier stoßen die vier wichtigsten Provinzen aneinander. Knapp zwei Millionen der vier Millionen Einwohner von Costa Rica leben in der zentralen Ebene.
Die meisten Wochenendausflügler sind mit dem Auto unterwegs; fast ausschließlich jüngere Modelle aus asiatischer Produktion. Amerikanische und noch mehr europäische Automarken sind die Exoten unter den Asiaten. Die Autos aus Korea, Japan und China sind die unangefochtenen Platzhirsche auf den Straßen. Verkehrsuntaugliche Schrottkisten werden rigoros bei den alljährlichen Untersuchungen ausgesiebt, was durchaus auch als Selbstschutz für deren Besitzer verstanden werden kann. Schlaglöcher und Unebenheiten auf den Autobahnen oder gar die Schotterpisten in den Bergregionen bedingen sichere und stabile Vehikel. Die ausgemusterten Fahrzeuge landen bei den armen Nachbarn, in Panama oder Nicaragua etwa.
Aber es ist nicht nur die Autoschlange, die sich bergauf in Richtung Zufahrt zum Nationalpark rund um den Vulkan Irazu staut. Fahrräder, vornehmlich Rennräder, begleiten die Vehikel, wobei auch der Begriff Autobahn nicht wortwörtlich zu verstehen ist. Niemand kontrolliert oder moniert, dass der Lenker eines Drahtesels die Straße benutzt, die eigentlich den Autos vorbehalten ist.
In vielen Ländern ist das Fahrrad das Fortbewegungsmittel schlechthin für die Ärmsten und Ärmeren der Bevölkerung, wenn es nicht doch noch zu einem Moped reicht. In Costa Rica hat das Fahrrad in erster Linie eine Freizeitfunktion, ist es ein Sportgerät, mit dem sich interessante Touren zu interessanten Zielen fahren lassen.
Es geht ständig bergauf zum Nationalpark. Nicht jeder Radler hat die Kraft und die Luft, es bis zum Eingang des Nationalparks in rund 3000 Metern Höhe zu schaffen. Wer es, ob auf zwei oder vier Rädern, bis zum Eingang schafft, muss Geduld mitbringen. Ein kilometerlanger Stau schon frühmorgens beweist die Attraktivität der Region, die zu Fuß erkundet wird, wenn endlich das Gefährt auf dem Parkplatz vor einem Souvenir- und Getränkeshop erreicht wird. Im Prinzip sind es drei Krater, die es am Irazu zu besichtigen und teilweise sogar zu bewandern gilt.
Vor knapp 50 Jahren hatte einer der drei Krater des Vulkans seine letzte Aktivität gezeigt, seitdem ist er ruhig. Bis auf 3400 Metern Höhe führt der Weg zum Rand des längst erloschenen ältesten Kraters, ausgehend vom Kraterboden, der mit schwarzer Schlacke bedeckt ist und auf dem sich nur spärlicher Bewuchs zeigt. Der zweite Krater „versteckt" sich geradezu und ist nur schwerlich erkennbar. Die Attraktion ist der jüngste Krater des Irazu mit einem Durchmesser von einem Kilometer und einer Tiefe von 300 Metern. Auf seiner Sohle hat sich ein See ausgedehnt, der vom Regen beziehungsweise von den