Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Keltenkind
Keltenkind
Keltenkind
eBook271 Seiten3 Stunden

Keltenkind

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Mitteleuropa vor 2000 Jahren. Die Kultur der Kelten hat ihren Höhepunkt längst überschritten. Viele Kelten haben sich dem Druck der einwandernden Germanen gebeugt und sich in den Schutz des römischen Reiches geflüchtet. Im heute mittelhessischen Raum sind nur noch wenige Kelten verblieben. So auch die Drudas Belana, deren Sohn Velent sich in das Römermädchen Luna verliebt. Doch die Wirren der Zeit reißen die beiden immer wieder auseinander.
SpracheDeutsch
HerausgeberSchwarzdorn
Erscheinungsdatum22. Nov. 2018
ISBN9783965441774
Keltenkind

Ähnlich wie Keltenkind

Titel in dieser Serie (4)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Darstellende Künste für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Keltenkind

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Keltenkind - Steffen Ziegler

    (1904-1978)

    Band I

    Ein Buch fehlt. Über Pflanzen und Tiere, Kunst und Geschichte

    Hab ich so viele Zeilen verfasst, so viele Berichte.

    Habe so Vieles studiert, gegliedert, sortiert und vermessen,

    Aber damit vielleicht auch verdrängt und schließlich vergessen,

    Mich an das schönste, jedoch auch schwierigste Werk zu begeben:

    An ein Buch über Liebe, nach der wir doch unentwegt streben.

    Schon in recht jungen Jahren hatte ich vor, es zu schreiben.

    Angespornt durch einen Brief und ließ es letztlich doch bleiben.

    Denn mit Worten zur Liebe würde ich zwangsläufig scheitern,

    War ich gewiss. Sie würden nur taugen, das Volk zu erheitern!

    Außerdem scheute ich davor zurück, meinen Vorsatz zu brechen,

    Stets nur Worte zu wählen, welche der Wahrheit entsprechen.

    Dies war ein weiterer Grund, diesen Brief lieber nicht zu verwenden.

    Denn seine traurigen Worte sind die einer nahezu Fremden.

    Über sie ist nichts zu lesen, nichts ward berichtet.

    Keine Zeile ward je über ihre Liebe gedichtet.

    Sie wurde nämlich im hohen und kalten Norden geboren.

    Dort, wo wir schon so viele, gute Männer verloren.

    Oh, Germania, raue Mutter der blutigsten Kriege,

    Tief war das Leid, das Du oft gebarst, doch noch tiefer die Liebe!

    Nun aber fiel mir der Brief beim Räumen erneut in die Hände.

    Dass er alleine weit wertvoller ist als all jene Bände,

    Welche meinem Geiste bestenfalls hierzu entsprängen,

    Glaub ich noch immer. Weil meine Worte nur stümperhaft klängen!

    Denn, was die Liebe angeht, zähle ich mich zu den Blinden!

    Mir war es nie vergönnt, die eine, große zu finden.

    Doch gelang es dem Brief, mir nun eine Einsicht zu schenken:

    Wer über Liebe schreiben will, sollte sein Denken beschränken.

    Jeder Versuch, auf noch so wache Augen zu bauen,

    Scheitert kläglich! Nur Deinem Herzen darfst Du vertrauen!

    So will auch ich nun versuchen, die Augen geschlossen zu halten –

    Wenn sie mir stets auch mehr als alles andere galten.

    Nichts soll mich ablenken, nichts soll mich locken, nichts soll mich stören,

    Meines blinden Herzens flüsternde Stimme zu hören.

    Veritas¹ bitt’ ich, den rechten Pfad nicht zu sehr zu verhüllen!

    Hab ich doch das, was das Schreiben offen lässt, sinnvoll zu füllen.

    Falls Du Dich fragst, wie ich an seine Zeilen gelangte:

    Nun, eine Sterbende hielt sie, mit der ich stundenlang bangte,

    Bis die Götter sie riefen. Sie ertrug es geduldig.

    Luna – das war ihr Name. Ihn bin ich Dir ja noch schuldig.

    Nach einer Göttin ward sie benannt, und ich möchte nicht prahlen,

    Doch bis zum letzten Moment sah ich ihre Augen noch strahlen.

    Hell wie der Mond! Und mit ihrem letzten Atemzug hauchte

    Sie auch noch seinen Namen. Bevor sie ins Schattenreich tauchte:

    Velent.

    Velent. Ihn traf ich nie, bei ihr sind – ich muss überlegen –

    Dreißig Jahre vergangen! Mag sich auch Widerspruch regen

    In meinem Innersten, weil die Jahre so schnell vergingen.

    Damals stand ich im Heer. Wir sollten die Chatten² bezwingen,

    Sie von den Grenzen unseres ruhmreichen Reiches vertreiben.

    Wie beschwerlich dies war, will ich Dir ein andermal schreiben.

    Hier ist nur wichtig: Es war an den Meinen, den Weg zu erkunden.

    Einige Meilen der Truppe voraus – meist etliche Stunden.

    In einem Tal tief im Bergland bat man uns zu verweilen.

    Mein Übersetzer meinte, dort sei eine Kranke zu heilen.

    Uns war dringend geraten, niemandem dort zu vertrauen.

    Nicht den chattischen Männern und weniger noch ihren Frauen!

    Aber ich tat es. So traf ich auf Luna. Hoch war ihr Fieber,

    Wirr ihre Worte, doch sprach sie Latein und kam wohl vom Tiber!

    Keiner der Chatten dort konnte unsere Sprache verstehen.

    Ein Grund mehr, bei der Kranken zu bleiben. Ich konnte nicht gehen.

    Sie aber ging – wie erwähnt. Und nun drängte es mich zu erfahren,

    Was geschehen war und wer sie und Velent wohl waren.

    Kurz nur zögerte ich. Dann nahm ich den Brief, jenes Schreiben,

    Um mich an dem, was ich las, über viele Jahre zu reiben!

    Etwas in mir vermag es bis heute nicht wirklich zu fassen:

    Wie es schien, hatte Velent die Frau, die er liebte, verlassen.

    Mein Kopf ist leer; meine Hände sind schwer; mein Herz schreit.

    Du bist fort und Mattiacum³ ist nicht mehr.

    Nun, Du wirst diesen Marktort, Mattiacum, vermutlich nicht kennen.

    Denn es gibt ihn nun nicht mehr. Wir hatten uns von ihm zu trennen.

    Weil wir es schließlich – nach Statthalter Varus’⁴ kläglichem Scheitern –

    Aufgaben, unser Reich nach Norden hin zu erweitern.

    Blindlings vorwärts stürmten damals die dortigen Stämme

    Über das Land. Wie entfesselt! Es brachen sämtliche Dämme!

    Die Stadt ist verlassen, verbrannt und verlassen. Nur Trümmer blieben von ihr. Wir alle hatten zu gehen. Doch bin ich es müde zu gehen. Ich kehrte mit Menelaos zurück. Um zu bleiben, und sei es der Tod.

    Uns damals weit zurückzuziehen, war sicher richtig,

    Doch ich schrieb darüber bereits; hier ist es nicht wichtig.

    Wichtig ist nur, die eine, entscheidende Frage zu klären:

    Warum, Velent? Warum?

    Was nur hieß Velent, der, die er liebte, fortan zu entbehren?

    Warum bist Du gegangen? Du hast gesagt, dass Du mich liebst! Wie konntest Du gehen, um Swidger zu folgen? Wie konntest Du nur?

    Was nur trieb ihn? Warum ist Velent nicht bei ihr geblieben?

    Lies seine Worte! Denn Luna selbst hat sie niedergeschrieben!

    Es will mir nicht in den Kopf. Dort gehen allein Deine grausamen Worte um. Deine grausamen Worte, die ich nicht verstehe: „Was wäre ich wert, wenn ich die Liebe über die Freundschaft stellte?"

    Wieder und wieder sind wir versucht, Velents Worte zu lesen!

    „Was wäre ich wert, wenn ich die Liebe über die Freundschaft stellte?"

    Welche Freundschaft wäre denn jemals so teuer gewesen,

    Dieses große, unglaubliche Opfer für sie zu erbringen?

    Seine Liebe aufzugeben? Sich dazu zu zwingen,

    Dies zu tun: Umarmen, küssen, weinen und todtraurig gehen.

    Luna konnte es nicht, doch sie wollte es gerne verstehen.

    Deshalb habe ich diesen Brief zu schreiben begonnen, weil Du gegangen bist und mir nur Deine Worte blieben. Und mit ihnen Trauer und Leere und Ohnmacht und Wut. Sie nagen an meinem mageren Herzen. Deshalb schreibe ich – mehr mir als Dir –, um mich an Dich zu erinnern. An den, der Du warst, um vielleicht doch noch jenen zu verstehen, der schließlich ging. Und um den Zweifel niederzuringen, der mich umklammert. Wie der dichte Nebel die schwarzen Trümmer dieser Stadt. Sein kaltes Schweigen nährt meine Furcht. Was, wenn ich Dich doch für immer verloren hätte?

    Lunas Liebe trug Zweifel. Wir können es ihr nicht verdenken.

    Doch vielleicht vermag uns ja dies sogar, Hoffnung zu schenken!

    Denn der Zweifel gehört zur Liebe, ist gleichsam ihr Schatten,

    Und ich hoffe, Du wirst mir dieses Gleichnis gestatten:

    Schon der kleinste Schatten kann die Sonne beweisen!

    Dies vermag vielleicht jene zu trösten, die still und im Leisen,

    Ihren bangen Gefühlen misstrauend zu zweifeln beginnen,

    Lässt sie Zuversicht schöpfen und neue Hoffnung gewinnen.

    Schatten sind grau, doch vermögen sie nicht, an der Sonne zu nagen!

    Liebe ist wie die Sonne. Wir müssen sie nicht hinterfragen!

    Was indes ist mit Velent? Hat er seine Luna belogen?

    Hat er sie gar nicht geliebt? Sie am Ende vielleicht gar betrogen?

    Nun, ich rate stets ab, zu schnell ein Urteil zu fällen,

    Weil wir Schuld zuweilen schlicht zu früh unterstellen.

    Deshalb trete ich an, Dir sein ganzes Leben zu schildern!

    Einige Abschnitte bin ich sogar versucht zu bebildern.

    Möglicherweise könnten darüber Tage verrinnen,

    Aber ich möchte dennoch mit Velents Kindheit beginnen.

    Denn ich vermute, die Wurzeln vieler Entscheidungen hängen

    Damit zusammen, ob wir als Kind unter zahlreichen Zwängen

    Aufwachsen oder frei sind und bleiben, im Körper und Geiste.

    Dies nämlich prägt uns. Nicht alles, aber doch sicher das Meiste!

    Und das Gleiche gilt – sieh mir nach, wenn ich es erwähne –

    Auch für unsre Familien oder wie immer wir jene,

    Unter denen wir zu leben haben, auch nennen.

    Dort im Norden scheint man nur das Wort „Sippe" zu kennen.

    Und das Wort „Stamm, das sie statt des Wortes „Volk gern verwenden.

    Leben sie frei oder liegt ihr Schicksal in anderen Händen?

    Velent war Ubier⁵. Dies war ein Stamm, der dort geherrscht hatte,

    Wo dann später der Suebe⁶, der Matthe⁷ und schließlich der Chatte

    Einflussreich wurden. Caesar⁸ zählte ihn zu den Germanen,

    Doch vor dieser Sichtweise möchte ich eindringlich warnen.

    Ohne Dich lange mit der Geschichte der Völker zu quälen,

    Meiner Meinung nach ist er zu den Galliern⁹ zu zählen.

    Und gerade weil er dort, so extrem weit im Osten,

    Siedelte, stand dieser Stamm recht früh auf verlorenem Posten.

    Was dort geschah, das können etliche Schriften bezeugen:

    Velents Stamm hatte sich dem Druck der Germanen zu beugen.

    Viele waren geflohen, waren nach Westen gegangen,

    Andre geblieben. Doch nur ihre Priester, die Druiden, besangen

    An ihren lodernden Feuern noch die glorreichen Zeiten.

    Ihr Gesang sollte Velent durch seine Kindheit begleiten.

    Denn seine Mutter, Belana, zählte zu diesem Stande.

    Predigte, heilte und traute – dies dann in weißem Gewande.

    Lember, ihr Ziehvater, war der höchste der östlichen Druiden.

    Während viele der Seinen schon ihre Schilde begruben,

    Hoffte und wetterte dieser Druide engstirnig weiter.

    Sture Verbohrtheit und Hass waren stets seine treusten Begleiter.

    Dumm war er aber nicht. Um weiter in Freiheit zu leben,

    Musste er vorsichtig sein. Seine Aufrufe, sich zu erheben,

    Waren meist Gleichnisse. Einmal nutzte er die Vermählung

    Zweier Kinder der Sueben und Matthen für diese Erzählung,

    Die ich Dir nun in Kürze wiederzugeben gedenke –

    Ohne das durch sie im Kreise der Feier entfachte Gezänke.

    Lembers klagendes, düsteres Bild allein soll genügen,

    Welches ich hoffe, annährend richtig zusammenzufügen.

    Lang musst’ ich nicht überlegen, es an den Anfang zu stellen.

    Hilft es doch bestens, so denk ich, Velents Welt zu erhellen.

    Ferner war er der Grund für Lembers markige Worte,

    Weil sich der Druide in jenem Moment in sein Feindbild verbohrte,

    Da ihn Belana endlich darüber aufgeklärt hatte,

    Dass sie ein Kind bekam und er davon ausging, ihr Gatte

    Sei der von ihr gekrönte König der Ubier gewesen.

    Loynus aus Naoun. Von ihm wirst Du später noch einiges lesen.

    So viel nur: Weil er stotterte, hatte er Lember gebeten,

    Ihn als Redner der Ubier bei diesem Fest zu vertreten.

    Velents Mutter wiederum wollte ein Unglück verhindern.

    Sie war gekommen, um Lembers Worte ein wenig zu lindern.

    Außerdem brauchte er, der die Sprache der Fremden nicht schätzte,

    Jemanden an seiner Seite, der für ihn übersetzte.

    **

    Des Druiden Lembers

    Gleichnis der jungen Birke

    Es war einmal eine junge Birke. Sie thronte auf einem Hügel und schien den Göttern so nah. Sie genoss die Sonne, den Regen, ja, selbst den Wind, der sie bog. Wie alleine diese junge Birke stand, war ihr nicht bewusst. So jung wie sie war, kannte sie es nicht anders. Sie wusste nichts von den lichten Birkenwäldern, die jenem Landstrich einst sein unverwechselbares Gesicht verliehen hatten.

    Auch, dass der Wind sich bald drehte – und nun aus Nordost zu ihr wehte –, beachtete sie kaum. Dass der Erde um sie herum nun bald junge Buchen entsprossen, war ihr zunächst gleich. Sie überragte sie doch! Ja, machten sie die vielen kleinen Buchen nicht sogar zu etwas ganz Besonderem? Und gab es nicht genügend Platz, genügend Sonne und Regen und Wind für sie alle?

    Das glaubte die Birke und fühlte sich sicher und stark, nicht zuletzt, weil sie doch tief in sich spürte, dass sie noch lange würde weiter wachsen können.

    Doch die Buchen wuchsen eben auch. Und schneller noch als die Birke. Sie bemerkte es zu spät. Weil sie tagsüber zu oft nur nach oben schaute, zur Sonne, und nachts von weichem Regen träumte.

    Als die Buchensprösslinge nach kurzer Zeit bereits die halbe Höhe der Birke erreicht hatten, versuchte der Wind, der sie mochte, sie noch zu warnen. Doch sie überhörte sein mahnendes Flüstern. Lieber glaubte sie dem heiteren Lachen der Buchen, deren immer dichter werdender Blätterwald sie bald schon völlig abschirmte: „Sei doch froh, den Wind los zu sein! So musst Du Dich nun nichts und niemandem mehr beugen! Und sieh, nun bist Du auch nicht mehr allein!"

    „Das stimmt!", sagte sich die Birke erfreut, denn sie hatte bereits befürchtet, ganz einsam alt werden zu müssen. Was machte es da schon aus, dass sie nicht von Ihresgleichen umgeben war? Birken und Buchen – wo war denn da der Unterschied? Ein Baum war doch schließlich ein Baum!

    Und die fremden Bäume lernten doch sogar ihre Sprache! Dass sie untereinander weiter ihre eigene pflegten, kümmerte die Birke zunächst nicht. Sie glaubte sich in bester Gesellschaft. Und sie glaubte den Buchen, die ihr versprachen, sie niemals zu überragen: „Wie könnten wir? Sieh uns doch an! Wir reichen Dir kaum bis zur Krone!"

    Doch die Buchen blieben nicht klein; sie wuchsen ungebremst weiter. Und ehe sich die Birke versah, war sie auch schon überwuchert.

    So drohte die Birke im Meer der Buchen zu versinken. Im schließlich doch fremden Grün. Sie bekam kaum mehr Licht, kaum noch Luft, selbst das Wasser wurde ihr knapp, so zahlreich und tief spürten die Wurzeln der Buchen ihm nach. Und bald verstand sie auch nichts mehr. Kein Wort. Denn die Buchen hatten entschieden, sich doch lieber wieder ihrer eigenen Sprache zu bedienen. Sollte sich die Birke doch fügen! Zeiten ändern sich eben! Dies war nicht länger ihr Wald! So darbte die Birke und verkümmerte. Langsam, aber stetig.

    Sicher, da waren andere Birken gewesen, auf anderen Bergen. Die man nicht abgeholzt hatte. Man hatte sie ausgegraben und in den Süden und Westen gebracht. Ihrer weißen Rinde wegen war die Birke dort ein gern gesehener Gast. Doch unsere Birke sah man ja kaum noch. Wer also hätte sie erretten sollen?

    Ich will es Euch sagen: Ihre Götter selbstverständlich. Die alten und guten. Sie jagten ein gewaltiges Gewitter über den Berg! Und schleuderten mächtige Blitze in all jene Buchenäste, die es gewagt hatten, sich ihnen am höchsten entgegenzurecken. Und sie alle verbrannten.

    Vielleicht fragt Ihr Euch nun, warum die Götter dies taten. Ging dabei nicht auch die Birke zugrunde?

    Nun, ich will Euch ein Geheimnis verraten: Birken sind anders als andere Bäume! Wenn auch nur noch etwas Leben in ihren Wurzeln steckt, vermögen sie neu auszutreiben. Und es schießen junge, starke Triebe aus einem scheinbar toten Stock!

    *

    Lember schien sie und ihr Kind, die Frucht ihres Leibes, zu meinen,

    Ahnte Belana. Die Bürde, die Ubier erneut zu vereinen,

    Wollte sie Velent, den sie bald gebar, aber gerne ersparen.

    Dieser Wunsch prägte sie: Ihn vor diesem Los zu bewahren.

    Ja, sie bat ihren Ziehvater gar, sie und Velent zu meiden.

    Was ihr schwer fiel, denn ihn konnte ohnehin niemand leiden.

    Würde er ihr verzeihen? Sie wagte kaum, es zu hoffen.

    Denn sie hatte ihn schon mal in ähnlicher Weise getroffen.

    Einstmals, bei ihrer Weihe, war ein Druide gestorben.

    Und sein Dorf hatte daraufhin um Belana geworben.

    Hals über Kopf hatte sie ihn verlassen – ohne zu fragen.

    Doch seine harte Art hatte sie einfach nicht mehr ertragen.

    Nah des Dorfs lag ein Steinkreis. An ihm war sie heimisch geworden.

    Längst sind sie uns bekannt, diese heiligen Stätten im Norden.

    Ihre Geheimnisse scheinen indes nur die Druiden zu kennen.

    Wir wissen nur, dass sie dort gelegentlich Opfer verbrennen,

    Und es nur ihnen erlaubt ist, in ihre Mitte zu treten –

    Selbst ihre mächtigsten Häuptlinge dürfen nur vor ihnen beten.

    Auch Belana fühlte sich ihrem Ring sehr verbunden.

    So als hätte er sie gerufen und sie ihn gefunden.

    Lember war ihr ein eifriger, guter Lehrer gewesen.

    Doch ihre große Gabe, zuweilen die Zukunft zu lesen,

    Reifte erst hier, an jenem heiligen, steinernen Kreise.

    Bald galt Belana – obgleich sie noch jung war – Vielen als Weise.

    Trotzdem sollte ihr Leben ihr nicht nur Freude bereiten.

    Denn ihre Landsleute schienen ihr mehr und mehr zu entgleiten.

    So, wie zuvor ihre Brüder und Schwestern am Rhenus im Westen,

    Glaubten nun auch Ubier im Osten, dass es am besten

    Sei, sich – wo immer es ging – an uns zu orientieren,

    Unserer Art zu leben

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1