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Die Legenden von Karinth (Band 4)
Die Legenden von Karinth (Band 4)
Die Legenden von Karinth (Band 4)
eBook402 Seiten5 Stunden

Die Legenden von Karinth (Band 4)

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Über dieses E-Book

Maryo war der Erfüllung seiner Aufgabe so nahe, doch die Götter scheinen nicht auf seiner Seite zu stehen. Daher muss er sich auf die Hilfe einer Gemeinschaft verlassen, die ihre eigenen Pläne verfolgt, und merkt bald, dass es nur noch eine Handvoll Gefährten gibt, denen er vertrauen kann. Mit ihnen versucht er, seine Mission weiterzuverfolgen, deren Gelingen allerdings immer aussichtsloser erscheint. Denn sie führt ihn ausgerechnet in die Welt der Toten.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum20. Sept. 2019
ISBN9783038961062
Die Legenden von Karinth (Band 4)

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    Buchvorschau

    Die Legenden von Karinth (Band 4) - C. M. Spoerri

    Inhaltsverzeichnis

    Titel

    Informationen zum Buch

    Impressum

    Widmung

    Landkarte Karinth

    Landkarte Nordkarinth

    Kapitel 1 - Thesalis

    Kapitel 2 - Maryo

    Kapitel 3 - Roter Tarkar

    Kapitel 4 - Edana

    Kapitel 5 - Roter Tarkar

    Kapitel 6 - Darien

    Kapitel 7 - Maryo

    Kapitel 8 - Roter Tarkar

    Kapitel 9 - Maryo

    Kapitel 10 - Darien

    Kapitel 11 - Edana

    Kapitel 12 - Thesalis

    Kapitel 13 - Edana

    Kapitel 14 - Maryo

    Kapitel 15 - Thesalis

    Kapitel 16 - Maryo

    Kapitel 17 - Roter Tarkar

    Kapitel 18 - Darien

    Kapitel 19 - Maryo

    Kapitel 20 - Edana

    Kapitel 21 - Maryo

    Kapitel 22 - Thesalis

    Kapitel 23 - Maryo

    Kapitel 24 - Darien

    Kapitel 25 - Maryo

    Kapitel 26 - Maryo

    Kapitel 27 - Maryo

    Kapitel 28 - Edana

    Kapitel 29 - Roter Tarkar

    Kapitel 30 - Darien

    Kapitel 31 - Roter Tarkar

    Kapitel 32 - Roter Tarkar

    Kapitel 33 - Maryo

    Kapitel 34 - Edana

    Kapitel 35 - Maryo

    Kapitel 36 - Thesalis

    Kapitel 37 - Maryo

    Kapitel 38 - Edana

    Kapitel 39 - Roter Tarkar

    Kapitel 40 - Maryo

    Kapitel 41 - Maryo

    Kapitel 42 - Maryo

    Kapitel 43 - Amyéna

    Kapitel 44 - Maryo

    Kapitel 45 - Maryo

    Kapitel 46 - Amyéna

    Epilog

    Schlusswort

    Glossar

    C. M. Spoerri

    Die Legenden von Karinth

    Band 4

    Fantasy

    Die Legenden von Karinth (Band 4)

    Maryo war der Erfüllung seiner Aufgabe so nahe, doch die Götter scheinen nicht auf seiner Seite zu stehen. Daher muss er sich auf die Hilfe einer Gemeinschaft verlassen, die ihre eigenen Pläne verfolgt, und merkt bald, dass es nur noch eine Handvoll Gefährten gibt, denen er vertrauen kann. Mit ihnen versucht er, seine Mission weiterzuverfolgen, deren Gelingen allerdings immer aussichtsloser erscheint. Denn sie führt ihn ausgerechnet in die Welt der Toten.

    Die Autorin

    C. M. Spoerri wurde 1983 geboren und lebt in der Schweiz. Ursprünglich aus der Klinischen Psychologie kommend, schreibt sie seit Frühling 2014 erfolgreich Fantasy-Jugendromane (Alia-Saga, Greifen-Saga) und hat im Herbst 2015 mit ihrem Mann zusammen den Sternensand-Verlag gegründet. Weitere Fantasy- und New Adult-Projekte sind dabei, Gestalt anzunehmen. Über ihre Homepage www.cmspoerri.ch werdet Ihr über alle Neuigkeiten informiert.

    www.sternensand-verlag.ch

    info@sternensand-verlag.ch

    1. Auflage, Oktober 2019

    © Sternensand Verlag GmbH, Zürich 2019

    Umschlaggestaltung: Alexander Kopainski | alexanderkopainski.de

    Landkarten: C. M. Spoerri 2019

    Illustrationen: Shutterstock.com | fotolia.de

    Korrektorat: Sternensand Verlag GmbH | Natalie Röllig

    Korrektorat Druckfahne: Sternensand Verlag GmbH | Jennifer Papendick

    Satz: Sternensand Verlag GmbH

    ISBN (Taschenbuch): 978-3-03896-107-9

    ISBN (epub): 978-3-03896-106-2

    Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

    Manchmal beginnt ein Leben erst mit dem Tod …

    C.

    Landkarte Karinth

    Landkarte Nordkarinth

    Kapitel 1 - Thesalis

    »Held! Held, wo steckst du schon wieder?«

    Thesalis strich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und sah sich ratlos um. Die Amazone stand mitten im Wald, der an das Fischerdorf angrenzte, welches sie und Edana vor zwei Tagen erreicht hatten. Hier sollten sie auf Maryo und den ›roten Tarkar‹ warten, während diese die Elfenprinzessin aus den Klauen irgendeiner Bürgermeisterin von Karinth befreiten.

    Dinge, die Thesalis normalerweise nicht interessiert hätten, betrafen sie doch die erbärmlichen Leben von Menschen und einem Elfen. Geschweige denn, dass sie sogar dabei geholfen hätte.

    Normalerweise …

    Doch seit sie dem dunkelhaarigen Elfen und der Magierin begegnet war, war nichts mehr normal gewesen. Obwohl sie keine Visionen mehr heimsuchten, seit diese Elfenprinzessin nach Karinth gekommen war, spürte sie, dass sie eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hatte. Ob diese allerdings beinhaltete, dass sie nun hier, mitten zwischen Bäumen im Unterholz, stand und nach einem störrischen Wolfswelpen namens Held suchte, wusste nur Göttin Artaami.

    »Held! Verdammt, jetzt hör auf, dich zu verstecken!«, rief sie und zupfte an dem unbequemen Oberteil herum, das sie seit Kurzem trug. Sie hatte es sich auf Anraten Edanas zugelegt, da sie bemerkt hatte, wie die Blicke der Dorfbewohner auf ihrer nackten Brust ruhten, welche die Amazonenkleidung preisgegeben hatte.

    Tiere … allesamt!

    »Ich werde jetzt gehen und lasse dich hier alleine zurück.« Die Amazone brummte missmutig.

    Aber sie wusste selbst, dass sie das niemals übers Herz bringen würde. Der kleine Wolf mit dem blendend weißen Fell hatte nur noch sie, nachdem der ›rote Tarkar‹ – seine Götter mögen ihn bestrafen! – dessen ganzes Rudel regelrecht abgeschlachtet hatte. Noch jetzt spürte die Amazone eine Gänsehaut, wenn sie an den Anblick dachte, der sich ihr damals auf der Waldlichtung geboten hatte. Überall tote Wölfe und mittendrin Arkan, das rote Haar verklebt, Gesicht, Hände … sein ganzer Körper blutverschmiert.

    Sie schüttelte die Befangenheit ab und atmete leise durch. Der Morgennebel strich um ihre Füße, welche in robusten Stiefeln steckten, und Vögel begrüßten zwitschernd den neuen Tag. Es war ruhig und friedlich hier, als gäbe es kein Leid in diesem Land.

    Doch die Amazone wusste es besser … zu gut erinnerte sie sich an das Massaker, das diese Elfenbrut in ihrem Dorf angerichtet hatte, und selbst jetzt, da alles so idyllisch um sie herum anmutete, packte sie die blanke Wut. Sie würde jeden einzelnen dieser Bastarde qualvoll töten, sobald sie ihre Aufgabe hier erfüllt hatte. Und das wäre bald, denn wenn dieser Maryo endlich seine Prinzessin gefunden hatte, könnte sie in die Amazonenhauptstadt zurückkehren und die Unterstützung anfordern, die ihr die Amazonenkönigin zugesagt hatte.

    Thesalis presste die Lippen aufeinander, ehe sie ein grimmiges Lachen ausstieß. Oh ja, sie würde ihre Schwestern rächen und nicht eher ruhen, bis jeden Elfen im Hochwald das Schicksal ereilt hatte, das er verdiente.

    Sie zuckte zusammen, als zu ihrer Rechten ein leises Knacken ertönte. Rasch drehte sie sich in die Richtung und verengte die Augen, während sie ihre Umgebung musterte. In den Wäldern musste man auf der Hut sein, selbst als Amazone, denn die Natur machte keinen Unterschied zwischen Rassen.

    »Held?«, flüsterte sie und ging in die Hocke, um ein weniger gutes Ziel zu bieten, sollten sich in ihrer Nähe Gegner aufhalten.

    Wieder erklang ein Knacken, dieses Mal näher.

    Thesalis griff langsam nach ihrem Dolch und zog ihn aus der Scheide, ohne den Blick von der verdächtigen Stelle abzuwenden. Sie blieb regungslos in ihrer Position.

    »Held?«, wiederholte sie leise.

    Der kleine Wolf hatte sich in letzter Zeit angewöhnt, sich an sie anzuschleichen, daher rechnete sie damit, dass er demnächst aus dem Gebüsch gesprungen kam.

    Ein Laut des Entsetzens entwich ihren Lippen, als mit einem Mal das Brüllen eines Löwen erklang. Nein … keines Löwen – so klang kein Löwe. Es war eine Mischung aus Kreischen und Grollen, die Thesalis das Blut in den Adern gefrieren ließ.

    Sie duckte sich gerade noch rechtzeitig, sonst wäre sie mit dem Ungetüm zusammengeprallt, das mit einem gewaltigen Sprung aus dem Wald preschte.

    Im Bruchteil eines Lidschlages erkannte sie, was sie da vor sich hatte: einen Mantikor, eines der gefährlichsten Wesen von Karinth.

    Thesalis rollte sich ab und entging damit haarscharf den giftigen Geschossen, die hinter ihr in die Erde einschlugen. Schon war sie wieder auf den Beinen und fixierte die Bestie mit den Augen.

    Es handelte sich um ein ausgewachsenes Exemplar mit dem Körper eines Löwen, dem Schwanz eines Skorpions und den Flügeln eines Adlers. Ein Geschöpf, das wirkte, als hätten die Götter sich nicht für ein Tier entscheiden können und deswegen drei in einem einzigen vereint. Als der Mantikor sein gewaltiges Gebiss zu einem weiteren Brüllen öffnete, fiel Thesalis’ Blick auf die drei hintereinanderliegenden Zahnreihen, mit denen das Wesen problemlos einen menschlichen Arm durchzubeißen vermochte. Die Mähne wirkte, als würde ein unsichtbarer Wind hindurchfegen, aber es handelte sich um Giftstacheln, die erneut auf Thesalis zuschossen.

    Sie hechtete zur Seite und hörte die Stacheln neben sich in einen Baumstamm fahren. Der Dolch in ihrer Hand wirkte lächerlich, aber es war leider die einzige Waffe, die sie dabeihatte, und sie würde damit ihr Leben verteidigen.

    Ein weiteres Mal rollte sie sich ab und sprang auf die Beine. Sie gab dem Mantikor keine Gelegenheit, sie noch einmal mit Giftstacheln zu beschießen, sondern ging zum Angriff über. Mit lautem Amazonengeschrei stürzte sie sich auf die Bestie, deren Kopf ihr bis knapp unter die Brust reichte.

    Auch der Mantikor brüllte noch einmal und Thesalis sah ihre Chance. Mit aller Kraft rammte sie das Messer in das riesige Maul und zog es blitzschnell wieder heraus, während sie an der Bestie vorbeipreschte. Sie hörte hinter sich ein Heulen und wirbelte herum, um ihren Gegner im Auge zu behalten.

    Blut tropfte aus den Fängen der Kreatur und ihr Brüllen war jetzt ohrenbetäubend – und voller Wut.

    ›Stirb, Amazone!‹

    Sie wusste zwar, dass diese Bestien die Intelligenz eines Menschen besaßen und sprechen konnten, dennoch glitt eine Gänsehaut über ihren Rücken, als sie die Mantikor-Stimme nun hörte. Anscheinend hatte er ihre Herkunft trotz der Kleidung, die sie trug, problemlos erkannt.

    »Stirb selbst!«, rief sie und rannte erneut auf die Bestie los.

    Diese hob eine ihrer Löwenpranken, um nach ihr zu schlagen, während der Giftstachel ihres Skorpionschwanzes sich nach vorne bog. Thesalis wich erst der Tatze, dann dem Stachel aus und versenkte ihren Dolch mit einer hektischen Bewegung im Hals der Kreatur.

    Das Brüllen wurde noch lauter, auch wenn Thesalis das nicht für möglich gehalten hätte. Sie drückte ihre Hände auf die Ohren und versuchte, Distanz zwischen sich und dem Mantikor zu schaffen. Doch die Schreie schwollen weiter an, bis sie taumelte und befürchtete, dass ihr Trommelfell platzen könnte. Diesen Moment der Unachtsamkeit nutzte das Ungetüm und schlug erneut nach ihr. Es traf sie zwar nur leicht, dennoch hinterließen seine Pranken eine blutige Spur auf ihrem Oberschenkel.

    Durch die Wucht des Schlages ging Thesalis in die Knie und stöhnte schmerzerfüllt auf.

    ›Bringen wir das zu Ende!‹, dröhnte seine Stimme in ihrem Kopf.

    Sie starrte in die Augen des Löwen, der sich zu ihr herunterbeugte und sie mordlüstern musterte. Schon senkte der Mantikor den Skorpionstachel auf sie, von dem eine grünliche Flüssigkeit tropfte.

    Thesalis tastete nach ihrem Dolch, der ihr aus der Hand geglitten war, aber der Mantikor stellte kurzerhand seine Löwenpranke auf ihren Unterarm und verlagerte sein Gewicht, sodass die Amazone glaubte, ihr Handgelenk knirschen zu hören.

    Verdammt … sie war dieser Bestie ausgeliefert. Doch sie würde ihrem Tod ins Auge blicken, wenngleich sie nicht erwartet hatte, auf diese Weise zu sterben.

    Mit zusammengepressten Lippen starrte sie zu der Bestie hoch, deren Stachel nun direkt über ihrer Brust schwebte. Doch ehe die Spitze sie durchbohren konnte, schoss etwas Weißes von der Seite auf sie zu und prallte mit voller Wucht gegen die Löwenpranke, die Thesalis’ Unterarm festhielt.

    Der Mantikor ließ vor Überraschung etwas lockerer, was Thesalis nutzte, um ihren Arm loszureißen. So schnell, dass ein menschliches Auge es nicht hätte sehen können, ergriff sie ihren Dolch, riss ihn in die Höhe und stieß ihn direkt zwischen die Augen des Ungetüms.

    Einen Augenblick lang starrte der Mantikor ungläubig auf sie herunter, dann, ganz langsam, kippte er mit einem Laut, der an ein Keuchen erinnerte, zur Seite.

    Thesalis rollte sich unter ihm hervor und sprang wieder auf die Beine, um ihren Dolch aus dem Schädel des Ungetüms zu reißen. Dabei fuhr ein scharfer Schmerz durch ihren Oberschenkel, aber ihr Blick wurde von dem weißen Wolf angezogen, der zähnefletschend neben dem toten Ungetüm stand, die Nackenhaare aufgestellt.

    »Held«, flüsterte sie, was die Aufmerksamkeit des Welpen auf sie lenkte. »Du … hast mir gerade das Leben gerettet.«

    Der kleine Wolf stellte sein Knurren ein und wedelte mit dem Schwanz, als hätte er sie verstanden. Er warf noch einmal einen Blick zur Bestie, ehe er sich dazu entschloss, zu Thesalis zu gehen und sich seine wohlverdienten Streicheleinheiten abzuholen.

    Sie bückte sich und schlang die Arme um seinen weichen Körper, drückte ihn an sich. Der Welpe leckte ihr freudig übers Gesicht, während die Amazone ihre Finger in seinem Fell vergrub.

    »Du bist ein guter Jäger«, sagte sie leise.

    Ein Grunzen war die Antwort, während Held versuchte, nach einer ihrer blonden Haarsträhnen zu schnappen.

    »Komm jetzt, wir sollten ins Dorf zurückkehren«, meinte Thesalis und erhob sich mit dem Wolfsjungen auf dem Arm. Sie warf einen letzten Blick auf den Mantikor, der regungslos zu ihren Füßen lag, dann wandte sie sich ab und kraulte Held unter dem Kinn. »Und hör auf, ständig abzuhauen. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Es ist noch nicht lange her, da standest du an der Schwelle zum Tod – du solltest dich schonen.«

    Held leckte ihr quer über die Wange und schmiegte dann sein Köpfchen gegen ihr Kinn. Selbst wenn Thesalis gewollt hätte, sie hätte ihm nicht länger böse sein können. Der kleine Wolf war ihr in den vergangenen Tagen so sehr ans Herz gewachsen, dass sie sich bereits jetzt ein Dasein ohne ihn kaum mehr vorstellen konnte. Und er hatte seinem Namen gerade alle Ehre gemacht und ihr das Leben gerettet.

    Ja, Held war anders als ihr Panther Csilla. Er war … bedingungslos treu.

    Lächelnd wandte sich die Amazone in Richtung des Fischerdorfs Ketar, wo sie und die Magierin ein Zimmer in einer Herberge gemietet hatten. Insgeheim konnte sie es dem Wolf nicht verübeln, dass er immer wieder durch die Wälder streifte – ihr wäre ein Bett auf einem Fleckchen Moos auch lieber gewesen als diese harte, mit Stroh gefüllte Matratze, die nach Schweiß müffelte und …

    … voller Blut war.

    Thesalis schrie auf und hörte noch, wie Held in ihren Armen winselte, da wurde alles um sie herum bereits dunkel.

    »Keiner entkommt mir …«, flüsterte eine hohle Stimme, die viel zu tief für ein menschliches Wesen anmutete. Im ersten Moment dachte sie, der Mantikor spreche zu ihr, aber die Stimme war vollkommen anders … viel bedrohlicher und … grausamer.

    Sie riss die Augen auf und erkannte eine Schattengestalt, welche direkt über ihr schwebte und eine Klaue nach ihr ausstreckte, von der Blut tropfte. Die Amazone befand sich nicht mehr auf der Waldlichtung, sondern im Zimmer ihrer Herberge. Doch sie konnte sich nicht rühren, ihr blieb nur, das Wesen anzustarren, das sich über ihr immer mehr materialisierte, während dunkle Rauchschwaden von ihm ausgingen und sich wie ein Netz um ihren Körper legten.

    In ihr tobten Todesangst und Grauen gleichermaßen, doch sie hatte keine Möglichkeit, der Gestalt zu entkommen. Der schwarze Nebel hüllte sie immer stärker ein, bis sie nichts mehr sah außer Dunkelheit um sich herum. Ihr wurde so kalt wie noch nie in ihrem Leben und sie spürte das Zittern, das durch ihren Körper schlich und sich in jeder Muskelfaser festsetzte.

    »Du gehörst jetzt mir«, erklang die tonlose Stimme. »Für immer und in alle Ewigkeit.«

    Sie wollte schreien, sich wehren, doch sie spürte, wie sich ihr Körper aufzulösen begann. Wie jede Faser sich der Dunkelheit hingab, sich mit ihr verband … und dann … starb sie.

    Ihr Körper zuckte unter unkontrollierbaren Krämpfen, ihre Kehle schrie, aber kein Ton wollte ihr entweichen. Sie wand sich auf dem Waldboden, spürte immer noch die Klauen, die ihren Körper gepackt hatten. Schaum bildete sich vor ihrem Mund und das Gefühl, ihr Brustkorb würde zerdrückt, nahm ihr die Luft zum Atmen.

    »Held«, stieß sie unter größter Anstrengung hervor. »Geh. Hol. Hilfe.«

    Der Wolfswelpe saß neben ihr, leckte ihr über die Stirn in dem schwachen Versuch, zu helfen.

    »Bitte.« Thesalis presste die Augen zusammen, ehe ein weiterer Krampfanfall sie laut aufkeuchen ließ. »Geh.«

    Held legte den Kopf schief und musterte seine Gefährtin, die immer wieder von Krämpfen gepeinigt wurde. Er schien zu spüren, dass etwas nicht stimmte, aber nicht zu wissen, was zu tun war. Seine Pfoten stützten sich auf ihren Körper, er winselte leise und stupste sie mit der Nase an.

    Thesalis’ Finger gruben sich in die laubbedeckte Erde und ihr wurde erneut schwarz vor Augen, als die Schmerzen unaushaltbar wurden. Tränen rannen über ihre Wangen. Ihre Muskeln zitterten unter der Anstrengung und den Schmerzen, doch sie hatte keine Chance, die Kontrolle über ihren Körper zurückzuerlangen. Was sie gesehen – gespürt – hatte, war zu grauenvoll gewesen. Zu dunkel …

    Ja, sie würde hier sterben. Das wurde ihr mit einer plötzlichen Klarheit bewusst.

    Sie nahm die warme Zunge des Wolfes wahr, der über ihren Arm leckte, bevor er seinen Kopf darauf bettete.

    Der letzte Gedanke, ehe sie sich in die Schwärze fallen ließ, galt ihm.

    Wer würde jetzt für ihn sorgen?

    Kapitel 2 - Maryo

    Maryo starrte den rothaarigen Mann vor sich fassungslos an, während er den Arm weiterhin um Edanas Taille gelegt hatte – der Frau, die er über alles liebte.

    Sie standen in der Herberge, hinter ihnen lag das Zimmer, in welchem gerade Ungeheuerliches geschehen war. Etwas, das er immer noch nicht ganz begreifen konnte: Die Elfenprinzessin Amyéna Némys war von einem Dämon entführt worden … in die Unterwelt. Und der ›rote Tarkar‹ schien mehr darüber zu wissen, als er bisher zugegeben hatte.

    »Du hast uns also die ganze Zeit etwas verschwiegen?«, fragte der Elf mit heiserer Stimme an den ›roten Tarkar‹ gewandt.

    Dieser schien zum ersten Mal, seit Maryo ihn kannte, verlegen zu sein. Er fuhr sich durch das dunkelrote Haar und strich es nach hinten, ehe er seine Smaragdaugen wieder auf Maryo und Edana richtete. »Nun, wir alle haben unsere Geheimnisse, nicht wahr?«

    »Raus mit der Sprache!«

    Jetzt kam Bewegung in Maryo und er löste sich von Edana, die ungewöhnlich still war. Kein Wunder, sie waren gerade Zeuge geworden, wie einem Mann bei lebendigem Leib das Herz aus der Brust gerissen worden war.

    »Wir sollten das an einem … weniger blutigen Ort besprechen«, meinte der ›rote Tarkar‹ und nickte vielsagend zu dem Toten, der immer noch mitten im Gästezimmer der Herberge lag.

    »Du denkst jetzt tatsächlich ans Bluttrinken?!«, knurrte Maryo ungehalten und war drauf und dran, den Sklavenhändler am Kragen zu packen.

    Der ›rote Tarkar‹ hob seine mit vielen Ringen geschmückten Hände und schenkte ihm ein schiefes Grinsen, das nicht ganz zu dem immer noch angespannten Ausdruck in seinen Augen passen wollte. »Ich bin ein Schwarzblut, das ist meine Natur. Wenn ich Blut rieche …«

    »Schon kapiert«, brummte Maryo und deutete mit dem Kopf in Richtung Treppe, die nach unten in den Wirtsraum führte. »Wir werden den Wirt informieren, dass hier oben ein toter Heiler liegt, und dann erzählst du uns nochmals haargenau, was du soeben angedeutet hast.«

    »Ach und was willst du dem Wirt sagen? Dass ein Dämon hier war, deine Prinzessin entführt und dem Kerl, der sie retten wollte, vorher noch rasch das Herz rausgerissen hat?« Der ›rote Tarkar‹ setzte einen ironischen Gesichtsausdruck auf. »Der wird uns die Wache oder – noch schlimmer – den Bauernpöbel auf den Hals hetzen, so viel ist gewiss.«

    »Dann verlassen wir eben dieses Kaff!« So langsam ging Maryo die Geduld aus. Er hatte geglaubt, dass er die Elfenprinzessin endlich zurück nach Westend bringen könnte, und dann … kam irgend so ein Dämon, der durch ein Blutritual gerufen worden war, und schnappte sie ihm vor der Nase weg!

    Diese verdammten Magier …! Er hasste Karinth!

    »Wir können nicht einfach so davonsegeln, da war doch noch diese hübsche Amazone.« Der ›rote Tarkar‹ legte den Kopf schief. »Ist sie immer noch im Wald?«

    Die letzte Frage war an Edana gerichtet, die ihnen bei ihrer Ankunft erzählt hatte, dass Thesalis im nahe gelegenen Wald nach ihrem Wolfswelpen suchte, der wieder einmal abgehauen war.

    Als Maryo sich ihr zuwandte, erschrak er fast über die Kraftlosigkeit, mit der sie dastand. Er hatte sie als starke, selbstbewusste Kapitänin kennengelernt. Nun schien jedoch jegliches Feuer in ihr erloschen zu sein – es wirkte, als hätte eine Blume tagelang zu wenig Wasser erhalten.

    Edana hob den Blick und betrachtete den Sklavenhändler mit einem müden Lächeln. »Wenn sie noch nicht zurück ist, wird sie wohl immer noch nach Held suchen. Wir müssen auf sie warten.«

    Maryo nickte langsam, ehe er den Arm um ihre Schulter legte. Augenblicklich lehnte sie sich gegen ihn und schlang ihrerseits den Unterarm um seine Taille. Allein die Tatsache, dass sie so anschmiegsam war, beunruhigte den Elfen.

    Nein, Edana war im Moment nicht sie selbst …

    »Anderer Vorschlag«, meinte der ›rote Tarkar‹, der die Magierin ebenfalls stirnrunzelnd betrachtet hatte. »Ihr kehrt auf den ›Seefalken‹ zurück und ruht euch aus. Der Tag gestern war aufwühlend und die Nacht lang. Da ich als Schwarzblut keinen Schlaf benötige, kümmere ich mich währenddessen um die Leiche.« Er hob die Hand, als Maryo etwas einwenden wollte. »Keine Sorge, mein Lieber, ich werde den Heiler nicht verspeisen – der Dämonengeruch haftet an ihm wie das schreckliche Duftwasser einer Puffmutter. Ich lasse Chahur mit einem Seesack herkommen und wir bringen ihn ungesehen nach draußen. Haben wir schon öfter machen müssen, ihr fragt besser nicht nach, wieso.« Er zwinkerte Maryo und Edana zu. »Am Abend treffen wir uns auf dem ›Seefalken‹ und ich erzähle euch alles, was ihr wissen wollt.«

    »Wer garantiert uns, dass du nicht einfach abhaust?«, fragte Maryo argwöhnisch.

    »Ich sagte doch: Wenn ihr in die Totenwelt geht, komme ich mit«, rief ihm Arkan in Erinnerung. »Also keine Sorge, ich bleibe brav hier in Ketar. Vielleicht werde ich mal selbst kurz durch die Wälder streifen, ist schließlich schon ein Weilchen her, seit ich gejagt …«

    »Geh einfach«, knurrte Maryo. »Bis am Abend.«

    »Bis am Abend, gnädiger Herr.« Arkan verbeugte sich formvollendet und zwinkerte den beiden nochmals zu, ehe er die Tür zum Gästezimmer schloss und dann die Treppe hinunterging, um seinen Plan in die Tat umzusetzen.

    Maryo blickte ihm nach, dann wandte er sich an Edana, die immer noch neben ihm stand und irgendeinen Punkt am Boden zu fixieren schien. »Wo hast du deine Sachen?«, fragte er und bemühte sich, seine Stimme sanft klingen zu lassen.

    »In der Kommode neben dem Bett. Ich kann sie aber selbst …«

    »Warte hier. Thesalis hat ihr Bündel auch dort?«

    Edana nickte nur und Maryo betrat noch einmal das Zimmer. Er warf einen Blick auf den Heiler, dessen verblüffter Gesichtsausdruck noch im Tode davon zeugte, dass er nicht gewusst hatte, wie ihm geschah, als er so sinnlos starb. Vielleicht hatte er Familie. Eine Frau und Kinder, die heute Morgen vergebens darauf warten würden, dass er nach Hause kam.

    Verdammt, seit wann dachte er über Menschen auf diese Weise nach?!

    Maryo schüttelte den Kopf und ging zur Kommode, um die beiden Bündel herauszunehmen, die Edana und der Amazone gehörten. Dann verließ er den Raum mit raschen Schritten und schloss die Tür wieder hinter sich.

    »Danke.« Edana lächelte. »Ich hätte den Anblick nicht noch einmal ertragen.«

    »Komm.« Maryo legte ihr eine Hand auf die Schulter, drückte sanft zu. »Wir gehen auf dein Schiff und du erzählst mir unterwegs, was du auf der Reise mit Thesalis erlebt hast.«

    Er warf sich die beiden Bündel über die Schulter und ergriff ihre Hand. Der Wirt schien sich nicht zu wundern, dass Edana die Herberge verließ – sie hatten ihr Zimmer bezahlt, daher stellte er keine Fragen.

    Maryo hörte nur mit halbem Ohr zu, was Edana ihm auf dem Weg zum Schiff erzählte. Das meiste drehte sich um den jungen Wolf, der anscheinend die beiden Frauen gehörig auf Trab gehalten hatte. Wenigstens führte das Thema dazu, dass sie ab und an lachte bei der Erinnerung und sich ihre Befangenheit sichtlich löste.

    Es war früher Morgen und die Sonne gerade dabei, über den Horizont zu klettern. In jedem anderen Moment hätte Maryo kurz innegehalten und das Farbenspiel bewundert, welches das Himmelsgestirn ihnen über dem Meer bot. Aber da war dieses beklemmende Gefühl in seinem Herzen … diese Angst, dass die Stunden und Tage, die er noch mit Edana verbringen durfte, bald gezählt waren. Jeder Moment war kostbarer als ein Edelstein, denn die Zeit arbeitete gegen sie.

    Doch Maryo bemühte sich, diesem Gefühl nicht zu viel Raum zu geben. Was zählte, war, dass er hier und jetzt mit Edana zusammen war, ihre Hand hielt.

    Gemeinsam betraten sie das Schiff, und die Matrosen begrüßten ihre Kapitänin. Aber Maryo führte Edana geradewegs zu ihrer Kabine im Bug. Er wollte mit ihr allein sein.

    Allerdings ging sein Plan nicht auf, denn kurz vor ihrem Ziel stellte sich ein breitschultriger dunkelblonder Mann in ihren Weg, die Hände in die Hüfte gestemmt.

    »Da ist ja unsere Kapitänin wieder«, meinte er schmunzelnd.

    Edana, die Maryo gerade berichtet hatte, dass der Wolf schon ›Sitz‹ machen konnte, unterbrach sich mitten im Satz und warf sich dem Mann förmlich an den Hals. »Sabal!«, rief sie voller Freude.

    Ihr Quartiermeister umarmte sie seinerseits und hob sie dabei etwas von den Planken in die Höhe, da er größer als sie war. Maryo unterdrückte den Drang, ihm Edana zu entreißen, und knirschte stattdessen mit den Zähnen. Er sollte nicht eifersüchtig sein auf den Kerl und dennoch mochte er es nicht, wie er sie gerade an sich presste.

    »Schön, dich gesund und munter wiederzusehen!« Sabal lachte. »Als wir angelegt haben, hattest du ja keine Zeit, dich mit dem Fußvolk abzugeben.« Endlich ließ er Edana wieder auf die Planken, aber seine Arme blieben dennoch an ihren Hüften, was Maryos Zähneknirschen verstärkte.

    »Tut mir leid«, murmelte die dunkelhaarige Magierin nun. »Das war nicht böse gemeint.«

    »Ich könnte dir nie böse sein.«

    Zwinkerte er seiner Kapitänin da etwa gerade zu?!

    Maryo hielt es nicht länger aus, ließ die beiden Bündel zu Boden sinken und legte eine Hand auf Edanas Schulter, was Sabal dazu veranlasste, sich ihm zuzuwenden. »Wir werden uns etwas hinlegen«, erklärte der Elf und sah zufrieden, wie der Quartiermeister seine Kapitänin endlich losließ.

    »Ich würde gerne vorher noch etwas essen«, erklärte diese. »Kommst du mit mir zur Kombüse, Maryo?«

    Ehe der Elf etwas antworten konnte, knurrte sein Magen bereits verdächtig, denn er hatte seit gestern Abend nichts mehr gegessen.

    »Das war dann wohl ein Ja.« Edana lächelte. »Leistest du uns Gesellschaft, Sabal?«

    »Ein anderes Mal vielleicht«, wich der Dunkelblonde aus, nicht aber, ohne Maryo einen stählernen Blick zuzuwerfen.

    Dieser zuckte jedoch nicht einmal mit der Wimper, während er die Bündel wieder schulterte. Solange der Kerl Edana nicht zu nahe kam, war für ihn alles in Ordnung, denn er wusste, dass sie zu ihm gehörte. Dennoch mochte er es nicht, wenn sie von anderen Männern angefasst wurde – auch nicht von ihrem ältesten Freund Sabal, da ihm sehr wohl bekannt war, dass sie mit ihrem Quartiermeister einst das Bett geteilt hatte. Zwar vor seiner Zeit, allerdings hegte Sabal immer noch Gefühle für die Kapitänin und hätte sich wohl liebend gern wieder in rauen Seenächten mit ihr in den Laken vergnügt.

    »Dann bis später«, verabschiedete sich Edana von Sabal, und Maryo entging nicht, dass sie ihm zärtlich über den Unterarm strich, was dem Quartiermeister ein ungewolltes Lächeln entlockte.

    Gut, er mochte es auch nicht, wenn Edana andere Männer anfasste …

    Er war froh, als sie nun wieder zu zweit über das Deck zur Kombüse gingen, um sich mit Brot und Fleisch sowie einem Wasserschlauch einzudecken. Edana trug ihre Beute zum Achterdeck, wo sie sich hungrig über das Essen hermachten. Nach allem, was sie erlebt hatten, tat es gut, sich den Bauch vollzuschlagen. Sie sprachen kaum etwas, genossen die Ruhe auf dem Deck, das nur von den ranghöchsten Mannschaftsmitgliedern betreten werden durfte.

    Als sein Magen satt und zufrieden war, spürte Maryo eine bleierne Müdigkeit in seine Knochen schleichen. Er hatte die ganze Nacht an der Seite der Elfenprinzessin verbracht und jetzt wollte er nur noch ein Bett, Edana neben sich und dann ein paar Stunden schlafen, ehe er sich erneut der Realität stellen

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