Lang getrennt und nie vergessen: Der Arzt vom Tegernsee 23 – Arztroman
Von Laura Martens
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Über dieses E-Book
Seine Praxis befindet sich in Deutschlands beliebtestem Reiseland, in Bayern, wo die Herzen der Menschen für die Heimat schlagen.
Der ideale Schauplatz für eine besondere, heimatliches Lokalkolorit vermittelnde Arztromanserie, die ebenso plastisch wie einfühlsam von der beliebten Schriftstellerin Laura Martens erzählt wird.
Norbert Mayerhof sah hoch, als sein Sohn das Büro betrat. Ungehalten fragte er: »Wo bist du so lange gewesen?« »Im Reitstall, du selbst hast mich doch dorthin geschickt.« Heimo zog seine Lederjacke aus und warf sie über die Stuhllehne. »Was soll das?« fragte sein Vater scharf. Mit zusammengepreßten Lippen nahm Heimo die Jacke wieder auf und ging damit zur Garderobe. Er drehte sich um und begegnete dem Blick seines Vaters. Dieser hatte die Arme vor der Brust verschränkt. »Weißt du, daß ich schon über eine Stunde auf dich warte?« Der mißbilligende Blick trieb Heimo das Blut ins Gesicht, ihm platzte der Kragen. »Ich habe den ganzen Tag hart gearbeitet, nicht einmal zum Mittagessen bin ich gekommen. Es herrscht Hochbetrieb im Reitstall. Du weißt doch, daß zwei Leute ausgefallen sind. Wir müssen uns nicht mehr einen neuen Stallburschen, sondern auch einen neuen Reitlehrer suchen.« »Kommt nicht in Frage!« Herr Mayerhof senior legte seine Handflächen auf die Schreibtischplatte und richtete den Oberkörper auf. Sein Blick durchbohrte den Sohn. »Du wirst eben noch härter ran müssen, und dann kann dir ja auch Ursula helfen.« »Papa, Uschi springt sowieso schon ein, wo es nötig ist.«
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Lang getrennt und nie vergessen - Laura Martens
Der Arzt vom Tegernsee
– 23–
Lang getrennt und nie vergessen
Laura Martens
Norbert Mayerhof sah hoch, als sein Sohn das Büro betrat. Ungehalten fragte er: »Wo bist du so lange gewesen?«
»Im Reitstall, du selbst hast mich doch dorthin geschickt.« Heimo zog seine Lederjacke aus und warf sie über die Stuhllehne.
»Was soll das?« fragte sein Vater scharf.
Mit zusammengepreßten Lippen nahm Heimo die Jacke wieder auf und ging damit zur Garderobe. Er drehte sich um und begegnete dem Blick seines Vaters. Dieser hatte die Arme vor der Brust verschränkt. »Weißt du, daß ich schon über eine Stunde auf dich warte?«
Der mißbilligende Blick trieb Heimo das Blut ins Gesicht, ihm platzte der Kragen. »Ich habe den ganzen Tag hart gearbeitet, nicht einmal zum Mittagessen bin ich gekommen. Es herrscht Hochbetrieb im Reitstall. Du weißt doch, daß zwei Leute ausgefallen sind. Wir müssen uns nicht mehr einen neuen Stallburschen, sondern auch einen neuen Reitlehrer suchen.«
»Kommt nicht in Frage!« Herr Mayerhof senior legte seine Handflächen auf die Schreibtischplatte und richtete den Oberkörper auf. Sein Blick durchbohrte den Sohn. »Du wirst eben noch härter ran müssen, und dann kann dir ja auch Ursula helfen.«
»Papa, Uschi springt sowieso schon ein, wo es nötig ist.« Wenn es um seine Tochter ging, dann konnte der Vierzigjährige energisch werden, sonst tat er jedoch noch immer das, was sein Vater wollte.
»Na ja, vielleicht hast du recht!« Bei seiner Enkelin wurde auch Norbert Mayerhof weich. Er liebte die Zwanzigjährige abgöttisch. So unnachgiebig er sich seinen Angestellten und auch seinem Sohn gegenüber verhielt, so leicht ließ er sich zu etwas überreden, wenn es um Ursula ging. »Sie ist wirklich immer sehr hilfsbereit, und alle mögen sie. Trotzdem finde ich, daß sie sich um einen Studienplatz kümmern sollte.«
»Das tut sie, Papa!« Heimo atmete tief durch.
»Hier!« Der Fünfundsechzigjährige griff zu einem Ordner. »Setz dich, wir haben noch zu tun.«
»Nein, Papa!« Heimo schüttelte den Kopf. »Ich habe jetzt Feierabend. Ich werde in den Seehof gehen.«
»Nicht, bevor wir das nicht durchgesehen haben! Wann wirst du endlich begreifen, daß wir es uns nicht leisten können, von der Arbeit einfach wegzuspringen, wann immer wir Lust dazu haben?«
Heimo wurde blaß. Solche Reden kannte er nur zur Genüge. Immer mußte alles nach dem Kopf seines Vaters gehen.
»Setz dich endlich!« Der Senior hob die Stimme. »Ich habe dir schon gestern gesagt, daß wir diese Unterlagen heute noch durchsehen müssen.«
Heimo schüttelte den Kopf, seine Lippen waren zu einem Strich geworden.
»Wie? Ich glaube, ich verstehe nicht!« Mit beiden Händen griff der Autohaus- und Reitstallbesitzer zum Ordner, hob ihn an und ließ ihn dann auf den Schreibtisch knallen.
»Bestell doch, was du willst! Meine Vorschläge hast du ja sowieso schon abgelehnt.« Heimo wandte sich um, dabei fuhr er sich mit gespreizten Fingern durch das Haar. Er fühlte sich müde und zerschlagen. Er hatte sich nicht nur mit Kindern herumärgern müssen, sondern auch noch etliche Boxen ausgemistet.
Norbert Mayerhof war über das Verhalten seines Sohnes so verblüfft, daß er ihn mit offenem Mund anstarrte. »So geht es nicht!« stieß er dann empört hervor. »Du wirst niemals diesen Betrieb leiten können, dazu fehlt dir die nötige Energie.«
Heimo fehlte wirklich die Energie, sich mit seinem Vater auseinanderzusetzen, so öffnete er einfach die Tür und verließ das Büro. Er ging über den kleinen Hof hinüber zum Haus. Jetzt sehnte er sich nach einer warmen Dusche und anschließend nach einem kühlen Bier. Bitter fragte er sich, wann sein Vater eigentlich das letzte Mal den Stall ausgemistet hatte. Er war der Chef, der die Befehle gab. Er ging an der offenstehenden Wohnzimmertür vorbei und wollte hinauf in den ersten Stock, aber da hörte er auch schon die Stimme seiner Mutter: »Heimo, bist du es?«
Heimo seufzte. Er steckte den Kopf ins Wohnzimmer. »Ich will weg, Mama!«
»Aber du hast noch gar nichts gegessen. Auch heute mittag warst du nicht hier.« Elfriede Mayerhof erhob sich vom Sofa.
»Ich war den ganzen Tag im Reitstall, dort herrschte Hochbetrieb.«
»Gut!« Zufrieden nickte seine Mutter. »Dann werde ich dir das Essen wärmen.«
»Nein!« Heimo stellte sich breitbeinig in den Türrahmen. »Das ist nicht nötig!«
Verständnislos sah Elfriede Mayerhof ihren Sohn an, an dem sie nun nicht vorbeikam. »Aber du mußt doch etwas essen!«
»Das kann ich auch im Seehof tun. Entschuldige, ich möchte jetzt gerne unter die Dusche.« Er wandte sich um, aber da tauchte sein Vater auf, dessen hochrotes Gesicht verriet, wie erregt dieser noch war.
»Da! Da hast du die Einstellung unseres Sohnes gehört«, legte er auch gleich los. »Das Geld in die Wirtschaft tragen – als ob ich das einmal gemacht hätte!«
Elfriede ergriff die Partei ihres Sohnes, was jedoch nicht oft vorkam. Sie schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln und sagte: »Laß gut sein, oft macht er so etwas ja auch nicht.«
Aber ihr Mann dachte gar nicht daran einzulenken. Zu sehr war er bereits in Fahrt. »Du scheinst nicht zu begreifen! Seit über einer Stunde sitze ich im Büro und warte auf ihn.«
»Ich konnte nicht früher«, warf Heimo ein. »Die Pferde mußten schließlich versorgt werden.«
Sein Vater achtete überhaupt nicht darauf. »Die Bestellungen müssen gemacht werden, das weiß er ganz genau. Aber was macht er? Er kümmert sich einfach nicht darum. Er besteht auf seinen Feierabend.« Verächtlich stieß er die Luft aus. »Er benimmt sich wie ein kleiner Angestellter!«
»Mehr bin ich für dich auch nicht. Was habe ich hier denn schon zu sagen? Bisher hast du alle Entscheidungen über meinen Kopf hinweg getroffen.« Heimo drehte sich um, laut polterte er die Treppe hinauf. Er hatte die Nase wirklich voll. Vor über zwanzig Jahren hatte er dem Elternhaus bereits den Rücken kehren wollen, doch bis heute hatte er es nicht geschafft. Immer wieder gab er nach und ließ sich wie ein kleiner Junge herumkommandieren. Während Heimo sich in seinem Zimmer wütend die Kleider vom Körper riß, versuchte Elfriede, ihren Mann zu beruhigen. Sie hatte nach seinem Arm gegriffen und führte ihn jetzt zum Sofa.
»Setz dich doch! Es ist heute wirklich spät geworden.«
»Ich sehe nicht auf die Uhr, wenn ich arbeite«, knurrte der Unternehmer.
»Ich weiß, ich weiß! Du solltest dem Jungen aber wirklich mehr Freiheit lassen. Du stellst ihn immer als Verschwender hin, aber was ist schon dabei, wenn er hin und wieder in den Seehof geht? Es ist doch auch fürs Geschäft gut, wenn er sich sehen läßt.«
»Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen! Stell dir nur vor, da hat er heute im Reitstall mit anpacken müssen, hat sich die Hände schmutzig gemacht, und schon denkt er daran, neue Leute einzustellen.«
Seine Frau zuckte die Achseln. Sie wußte, daß Norbert auch nach Feierabend noch immer an die Geschäfte dachte. Es war sein Leben. Sie hatte sich damit abgefunden, doch langsam begann sie, sich zu fragen, ob man das gleiche auch von Heimo erwarten konnte. Sie fand, daß es außerdem an der Zeit war, daß er eine Frau ins Haus brachte, eine passende Frau natürlich. Sie nahm sich vor, sich in dieser Richtung umzusehen. So sagte sie: »Er hat in letzter Zeit wirklich viel gearbeitet, der Junge. Selbst am Wochenende ist