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Last Viking - Das Blut der Wikinger
Last Viking - Das Blut der Wikinger
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eBook328 Seiten4 Stunden

Last Viking - Das Blut der Wikinger

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Über dieses E-Book

ALS BESIEGTER MUSSTE ER FLIEHEN - ALS KÖNIG WILL ER WIEDERKEHREN
Das Jahr 1030. Der junge Wikinger Harald kämpft in seiner ersten Schlacht an der Seite seines Halbbruders, König Olaf. Als der König getötet wird und die Schlacht verloren ist, muss Harald fliehen. Sein Weg führt ihn an die Höfe der mächtigsten Fürsten seiner Zeit, bis nach Byzanz, wo er sich einem Söldnerheer anschließt. Seine militärischen Fähigkeiten verhelfen ihm schon bald zu Einfluss und Wohlstand.

Doch nie hat Harald seine wahre Bestimmung aus den Augen verloren: Nach Jahren im Exil begibt er sich auf den Weg, um den Thron seiner Ahnen zurückzuerobern und das Reich der Wikinger zu vereinen. Denn Harald ist der einzige wahre Thronfolger …

"Das Blut der Wikinger" ist der erste Band der faszinierenden Trilogie "Last Viking" von Poul Anderson, die fesselnde und wahre Geschichte des Wikingerfürsten Harald Sigurdharson.
SpracheDeutsch
HerausgeberMantikore-Verlag
Erscheinungsdatum10. Sept. 2018
ISBN9783961880522
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    Buchvorschau

    Last Viking - Das Blut der Wikinger - Poul Anderson

    BUCH EINS

    DAS GOLDENE HORN

    I

    WIE SIE BEI STIKLASTADH KÄMPFTEN

    1

    In der Nacht vor König Olafs letzter Schlacht lagen seine Männer auf dem Boden und schliefen in Mäntel gewickelt unter ihren Schilden. Es war Ende Juli im Jahr unseres Herrn tausenddreißig, und die Nächte waren noch kurz und hell. Unter einem tiefblauen Himmel mit schwach leuchtenden Sternen hoben sich Hügel wie die Wellenbrecher eines Schiffs. Harald Sigurdharson ging mit dem Gefühl schlafen, dass diese ganze Erde ein Schiff war, das sich durch einen Nebel aus Sternen zu einem unbekannten Hafen aufmachte.

    Eine Stimme, hoch und fröhlich, weckte ihn, ehe die Sonne aufging. Er setzte sich auf und versuchte zu sehen, wer dunkel vor dem Morgengrauen im Osten stand und sang. Das war der Isländer Thormodh Kohlbrauen-Skalde, der seine Kameraden mit dem alten Bjarkamaal wecken wollte.

    Die Sonne geht auf,

    des Hahns Federn rascheln,

    es ist Zeit für Sklaven,

    sich ans Werk zu machen.

    Erwacht, Krieger,

    erwacht nun,

    all die guten

    Burschen von Adhils.

    Harald erschauderte. Er sagte sich, dass das nur daran lag, dass der Morgentau so kalt und schwer auf seinen Kleidern lag. Aber alle wussten, dass heute die Schlacht stattfinden würde.

    Er stemmte sich auf die Füße und dachte, dass seine jun-genhaften Träume nie vorausgesehen hatten, wie weit er gehen musste, um einen Krieg zu finden. Der Ritt vom Heim seiner Mutter mit der Truppe, die sie für ihn ausgehoben hatte, war überhastet gewesen, hatte aber endlos gewirkt. Er hatte sich seltsam gefühlt, als er erfahrene Männer geführt hatte, und das mit der kühlen Art überspielt, die jede Freundschaft mit ihnen verhinderte. Als sie schließlich König Olaf getroffen hatten, musste das Heer dann das Gebirge überqueren. Und jetzt waren sie an den seewärtigen Hängen des Throndlag, nicht weit vom Fjord entfernt. Doch erst vor Kurzem hatten ihre Späher Feinde gesehen, die sich gegen sie sammelten.

    Die Armee erwachte zum Leben, als Thormodh das Lied weitersang. Es gab ein Klirren von Waffen, ein Brummen von Stimmen, viel Husten und Klatschen von Händen. Harald schien die Streitmacht unzählbar, aber Rögnvald Brusason hatte ihm erklärt, dass sie sehr klein war, um ein ganzes Land zu gewinnen. Olafs Leibwache und andere Freunde aus der Zeit, bevor er aus dem Land vertrieben worden war, die Männer von Dag Hringsson, einem norwegischen Fürsten, der aus dem Exil zurückgerufen worden war, um zu helfen, die Schweden, die König Önund Jacob geschickt hatte, die Norweger, die wie Harald direkt von ihren Bauernhöfen gekommen waren, um sich anzuschließen, zählten zusammen weniger als viertausend, und viele von ihnen waren schlecht bewaffnet.

    »Etwas Seltsames ist über Olaf gekommen«, war Rögnvald fortgefahren. »Diese Heiden, die geholfen hätten, sind jetzt …« Er schüttelte trübsinnig den Kopf. Denn nicht wenig gemeines Volk war gekommen, um unter dem Banner des Königs zu kämpfen, besonders Gesetzlose, die ihre Lage verbessern wollten, aber Olaf wollte nur getaufte Männer haben. Das hatte ihn fünfhundert Krieger gekostet, die fortgingen, statt die alten Götter aufzugeben. Jeder Mann, der übrig war, war angewiesen worden, das heilige Kreuz auf seinen Schild zu malen.

    Harald ging auf den König zu. Er fand, es gehörte sich, dass er, Olafs Halbbruder, Thormodh für die Verse dankte, wie es andere taten. Olaf hatte drei Skalden dabei, denen er befohlen hatte, innerhalb eines Schildwalls zu bleiben und die Schlacht zu beobachten, sodass sie später der Welt erzählen konnten, was passiert war. Sie waren bitter eifersüchtig auf Sighvat Thordharson, den größten Skalden ihrer Tage und guten Freund des Königs. Er war jetzt nicht hier, weil er auf einer Pilgerfahrt nach Rom war, und die anderen hatten ihn dafür verspottet.

    Harald kam rechtzeitig, um zu sehen, wie Olaf Thormodh einen schweren goldenen Armreif gab, und den Isländer Danke sagen zu hören: »Wir haben einen guten König, aber niemand kann sagen, wie lange er wohl leben wird. Gewähre mir dies, Herr, dass du uns nie getrennt sein lässt, im Leben oder im Tod.«

    »Wir werden so lange zusammen sein, wie ich wählen kann, was passiert«, sagte Olaf sanft, »wenn du nicht von mir getrennt werden willst.«

    »Ich hoffe, Herr, wie auch immer es im Krieg oder Frieden läuft, dass ich mit dir stehen darf, solange ich lebe«, sagte Thormodh. »Dann soll Sighvat mit seinem goldbeschlagenen Schwert hinziehen, wo er will!«

    Harald wandte sich ab, ohne etwas zu sagen. Er hatte Tränen in den Augen von Männern gesehen.

    Rögnvald Brusason zerrupfte gerade Fladenbrot und Pökelfleisch mit den Zähnen. Er nickte Harald zu, dass er sich zu ihm setzen sollte.

    »Ein kaltes Frühstück«, sagte der Junge.

    »Wir haben vielleicht auch ein kaltes Abendessen«, sagte Rögnvald.

    Er war ein großer, schlanker Mann, sehr gut aussehend, mit langem hellem Haar und Bart, der Sohn eines Jarls von Orkney und einer der Männer, die dem König am nächsten standen. Olaf hatte Haralds Männer zu seinen befohlen, und diese beiden waren gute Freunde geworden. Obwohl Harald erst fünfzehn Jahre alt war, lag kein großer Altersunterschied zwischen ihnen.

    Hörner wurden hallend geblasen. Die Armee sammelte sich und zog weiter die Straße durch das Tal entlang. Bald zog Bodennebel auf. Selbst zu Pferde und oberhalb der dichtesten Schwaden wurde Haralds Mund trocken. Die Helme unter ihm wirkten grau.

    Einmal erhaschte er einen Blick auf ein Scharmützel, als Waffen in der Sonne aufblitzten. Er wollte hinreiten. Rögnvald legte ihm eine Hand auf den Arm. »Langsam, Junge. Das sind nur ein paar Späher, die tot sein werden, bevor du dort hinkommst. Du wirst bis Sonnenuntergang noch genug kämpfen.«

    Eine Geschichte verbreitete sich durch die unordentlichen Reihen, gefolgt von brüllendem Gelächter. Olaf hatte den Anführer dieser feindlichen Vorhut erkannt, die unerwartet auf sein Heer gestoßen waren. Es war ein Isländer namens Hrut, was »Hammel« bedeutet. Er hatte zu den Isländern in seiner Leibwache gesagt: »Man sagt mir, dass in eurem Land jeder Hausherr seinen Knechten jeden Herbst ein Schaf geben muss. Heute gebe ich euch einen Hammel zum Schlachten.« Hrut und seine Männer wurden sofort niedergemetzelt. »Das ist wieder wie der alte Olaf!« Zähne blitzten unter dem schweißgetränkten Schmutz in Rögnvalds Gesicht auf.

    Ansonsten, dachte Harald, war wenig von dem König übrig, den er gekannt hatte, außer Tapferkeit. In seiner Jugend war Olaf der Dicke unter den wildesten Wikingern gewesen, die England überfallen hatten. Das war, nachdem sein Namensvetter, König Olaf Tryggvason, getötet worden und Norwegen unter Dänen, Schweden und rebellischen Haakonssöhnen aufgeteilt worden war. Das Heidentum war wieder erblüht. Als Olaf Haraldsson heimgekehrt war, um sein Geburtsrecht einzufordern, hatten ihm sein Stiefvater Sigurdh Syr und andere Anführer geholfen, die die Fremdherrschaft leid waren. Er schlug die Ausländer und die Jarle, er zog gegen die Unterkönige aus dem Hochland, tötete einige und verstümmelte andere, bis er alleine den Titel König in Norwegen trug. Er kämpfte gegen den mächtigen König von Schweden, aber heiratete schließlich dessen Tochter. Er unterwarf die Jarle von Orkney und machte diese Inseln wieder zu einem norwegischen Lehen. Überall behandelte er seine eigenen Norweger, wie ein Reiter ein ungezähmtes Pferd behandelt. Mit milden Worten, wenn er konnte, öfter mit Schwert und Feuer, brachte er sie zur Verehrung von Christus und unter seine eigene Herrschaft.

    Aber genau diese Allmacht hatte ihm Schwierigkeiten bereitet, dachte Harald. Immer mehr Norweger begannen Olaf den Dicken zu hassen. Viele wandten sich heimlich an Knut den Großen, König von Dänemark und England, der Norwegen wegen des Siegs seines Vaters Svein Gabelbart über Olaf Tryggvason auch für sich beanspruchte. Am Ende erhoben sich Anführer und Freibauern gemeinsam zu einer Revolte, die Dänen kamen ihnen zu Hilfe, und Olaf der Dicke war gezwungen, zu fliehen und bei Großfürst Jaroslaw in Russland Schutz zu suchen.

    Aber jetzt, nach anderthalb Jahren, als Knuts dänische Jarle im Meer ertrunken waren, war Olaf nach Hause zurückgekehrt. Mit allen Männern, die er versammeln konnte, Russen, Schweden, Norwegern, trachtete er wieder nach seiner Königswürde.

    Haralds Gesicht mit dem Bartflaum wurde entschlossener. Dass diese Verräter, diese Schweine es wagten, sich gegen Olaf zu stellen! Ihren König!

    Aber in Wahrheit hatte sich Olaf in Russland verändert, er hatte sich so sehr verändert, dass sein Spott über Hrut verblüffend war. Der Mann, der einst sture Freibauern wie Weizen niedergemäht hatte, hatte in letzter Zeit Geld gespendet, um Messen für die Seelen der Feinde, die fallen würden, zu bezahlen. Er hatte Plündern und Brandschatzen verboten. Er hatte versucht, seine Armee auf der Straße zu halten, sodass kein Getreide zertrampelt würde. Er sprach freundlich mit jedem Mann. Manchmal hatte er Visionen.

    Harald machte ein Kreuzzeichen. Ihm fehlte die Frömmigkeit seines Verwandten, aber das Wiedererwachen des Heidentums, das er während Olafs Exil gesehen hatte, hatte ihn erzürnt – dass Männer das taten, was ihr rechtmäßiger Herrscher verboten hatte.

    Sie mussten an diesem Tag nicht weit kommen. Olaf suchte nur nach einem Feld, das gut zu verteidigen war. Auf einem hohen Hügel über einem Bauernhof nahe Stiklastadh bliesen die Hörner zum Halt. Rögnvald und Harald banden ihre Pferde an, denn im Norden kämpften Männer zu Fuß und halfen einander, Rüstungen anzulegen. Unterpolster, Helm mit Nasenschutz, rasselnde knielange Ringbrünne, kleiner Holzschild mit seinem einzelnen Handgriff, Schwert in der Scheide an der Hüfte: Alles sandte einen Schauer wie Wein durch den Jungen. Danach beobachtete er, wie sich Männer hinter den Bannern ihrer Anführer an ihre Plätze stellten. Rögnvald blinzelte zum Horizont.

    »Dags Truppe ist noch nicht in Sicht«, sagte er. Sie hatte einen anderen Weg genommen. »Am besten fragen wir den König, was wir tun sollen.« Er schob sich durch das Gedränge. Harald trabte ihm hinterher.

    Olaf sprach gerade mit einem kräftigen, ergrauten Freibauern, drehte sich aber um, als Rögnvald näher kam.

    »Guten Tag!«, grüßte er. »Was ist das Problem?« Als der Mann aus Orkney es erklärt hatte, beschloss Olaf: »Dann übernehmen am besten die Hochländer den rechten Flügel. Stell deine Standarte auf, um sie dort zu sammeln.«

    Sein Blick fiel auf Harald, und er strich sich über den Bart und starrte, bis sein Halbbruder nervös wurde. Trotz seiner Jugend war Harald bereits so groß wie die meisten Männer, mit breiten Schultern und einer schmalen Taille und großen, aber wohlgeformten Händen und Füßen. Dichtes helles Haar fiel um ein hageres Gesicht mit einer langen, geraden Nase, einem kantigen Kinn und dünnen Lippen. Über großen, hellen Augen waren die Brauen dunkel, die linke höher als die rechte, was ihm den Anschein verlieh, immer die Welt zu betrachten und zu grübeln, wie er sie umstürzen konnte. Seine Kleidung war gut und mit Goldfäden verziert, wie es seinem Stand angemessen war, aber von der Reise beschmutzt wie die von allen anderen.

    »Ich glaube, du hältst dich besser aus der Schlacht heraus, Verwandter«, sagte Olaf. »Du bist noch nicht mehr als ein Kind.« Harald spürte, wie ihm heiß wurde. Es machte ihn wütend, dass seine Stimme bebte, als er antwortete: »Nein! Ich werde dort sein. Sollte ich zu schwach sein, um mein Schwert zu halten, dann kannst du es an meine Hand binden und dann sehen, dass ich nicht mehr Mitleid für diese Bauern habe als du. Aber … aber … ich werde mit meinen Leuten kämpfen!« Er japste nach Luft und suchte hastig nach einem Weg, seine Worte zu festigen. Es war angemessen, in großen Momenten Verse zu schmieden, und die Männer auf Aastas Hof hatten ihm die Skaldenkunst ebenso wie das Führen von Waffen beigebracht. Er platzte mit einem heraus, den er vor nicht allzu langer Zeit gedichtet hatte:

    Nichts soll eine Frau je

    sehen, als dass ich tapfer

    meinen Platz verteidige und gierig

    die Gleve mit Röte beschmiere.

    Der junge tatenwürdige Krieger

    wird nicht vor Speerschäften zurückweichen,

    die fliegen, wenn sich die Männer

    beim blutigen Treffen versammeln.

    Olaf seufzte. »Dann bleib«, sagte er in einem besorgten Tonfall. »Es ist Gottes Wille, ob du lebst oder stirbst.«

    Er wandte sich wieder an den Freibauern, dem der Hof in der Nähe gehörte, und fuhr fort: »Thorgils, mir wäre lieber, wenn du dich aus dem Kampf heraushältst und mir stattdessen versprichst, dich um die Verwundeten zu kümmern und die Gefallenen zu begraben. Und sollte ich sterben, versorge meine Leiche, wie es nötig ist, falls sie das nicht verbieten.«

    Der Mann nickte schweigend, drückte seine Hände zwischen die des Königs und hastete mit einem kleinen Stolpern davon.

    Harald ging mit Rögnvald zu seinem Posten und fragte sich, ob er sich zum Narren gemacht hatte. Aber bald war er ohnehin vergessen, weil sich Olaf erhob, um zu seinen Männern zu sprechen. Er stellte sich auf einen Felsen, sodass ihn alle sehen konnten, in Kettenhemd und verziertem Helm, eine Hand trug einen Speer und die andere einen weißen Schild mit einem goldenen Kreuz, das Schwert an die dicke Taille gegürtet. Seine Worte rollten mit dem Volumen eines Seemanns heran:

    »Wir haben ein großes und gutes Heer, und selbst wenn die Bauern etwas mehr Männer haben, war es immer eine Sache des Glücks, welche Seite gewinnt. Und wisst dies: Ich werde nicht vor dieser Schlacht fliehen, für mich heißt es Sieg oder Tod, und ich bitte, dass das Ergebnis das wird, was Gott für das Beste hält. Lasst uns Trost darin suchen, dass wir wissen, dass unsere Sache die bessere ist …«

    Sein Banner flatterte in einer Windböe über seinem Kopf, der in der Sonne golden leuchtete. Die Männer jubelten. Als er sie drängte, am Anfang, so stark sie konnten, vorwärts zu marschieren und die vorderen Reihen des Feindes in die Flucht zu schlagen, sodass einer über den anderen stolpern würde und es umso schlimmer für sie würde, desto mehr da wären, dachte Harald wild, dass dieser Herrscher die Tore der Hölle stürmen konnte.

    Immer noch zeigte der Feind sich nicht. Als Olaf fertig gesprochen hatte, setzte sich seine Armee im langen Gras hin und wartete. Harald ließ seinen Blick wandern. Hinter ihm lagen die dicht gedrängten Gebäude des Bauernhofs, Holzwände und Reetdächer. Rinder grasten auf der Wiese mit einer Ruhe, die unerhört wirkte. Hinter ihnen glitzerte ein Fluss. Anderswo sah er Hügel, Felder, die unter der Brise grün wogten, die dunkle Masse eines Waldes. Als er aufstand, sah er, dass einige weitere Männer gekommen waren, um mit dem König zu sprechen. Aber kurz darauf ließen sie ihn allein. Olaf schlief mit dem Kopf auf Finn Arnasons Schoß ein. Der kräftige Finn Arnason, aus einer mächtigen norwegischen Familie, unterstützte den König, obwohl sein eigener Bruder Kalf im Rebellenheer hochgestellt war. Harald dachte, dass dies ein bitterer Tag für ihn sein musste.

    Der Junge versuchte, mit Rögnvald zu sprechen, der locker dalag und an einem Grashalm kaute, aber das Gespräch verstummte bald. Würden sie ewig hier sitzen?

    Als schließlich ein Schrei ertönte, zuckte Harald zusammen, als hätte ihn ein Pfeil getroffen. Die Feinde kamen ins Blickfeld.

    Sie marschierten über einen Hügel, endlos, Speere über Speere über Speere. Das dumpfe Trampeln von Tausenden Füßen erreichte Harald über Meilen. Da kamen sie, dachte er mit pochendem Herzen, da kamen sie unter den Bannern ihrer Anführer: einfache bärtige Männer in grauem Wadmal, Bauern, Fischer, Tagelöhner, Knechte, einfache Leute, die nicht besteuert und bestraft und in eine Kirche getrieben werden wollten, die sie kaum verstanden. Welle um Welle von ihnen ergoss sich langsam ins Tal hinunter. Es war, als würde sich die Erde wütend erheben, um ihre Könige abzuschütteln.

    Rögnvald pfiff. »Hundert mal hundert – mindestens«, sagte er. »Morgen werden die Raben fett sein.«

    Finn Arnason schüttelte Olaf, der blinzelte und leise sagte: »Warum hast du mich geweckt? Warum hast du mich nicht meinen Traum genießen lassen?«

    »Du hast wohl kaum so gut geträumt, dass du dich nicht besser bereit machst«, sagte Finn. »Siehst du nicht, dass das ganze Bauernheer jetzt auf den Beinen ist?«

    Olaf sah den Hang hinunter. »Sie sind noch nicht so nahe, dass es besser war, mich zu wecken, statt mich träumen zu lassen.«

    »Was war denn dein Traum?«, knurrte Finn.

    »Ich dachte, ich sah eine hohe Leiter, und ich kletterte so weit hinauf, dass der Himmel sich vor mir öffnete.«

    Finn machte Anstalten, sich zu bekreuzigen, aber aus alter Gewohnheit machte er Thors Hammer. »Ich denke nicht, dass dieser Traum so gut war, wie du glaubst«, sagte er. »Ich denke, er bedeutet, dass du ein todgeweihter Mann bis, falls es nicht nur ein Traumnebel war, der über dich kam.«

    2

    Der Kampf wurde immer noch verzögert. Die Freibauern brauchten Zeit, um ihre Reihen zu schließen, während ihre Anführer vor ihnen predigten, und Olaf wartete noch auf Dag. Schließlich sahen sie den Fürsten, Meilen entfernt in einer Rauchwolke, aber er würde erst in einer Weile ankommen. Haralds Zunge fühlte sich dick und trocken an, als müsste er sich übergeben.

    »Vorwärts, vorwärts, Freibauern!« Die Schreie hingen in der Luft, die sehr still geworden war. Langsam kamen die Feinde den Hang hoch. Hinter den Schlachtreihen machten sich Bogenschützen und Männer mit Schleudern bereit.

    Sie waren nur einige Meter entfernt, als sie wieder stehen blieben. Harald konnte ihre Gesichter sehen, ihre Arme, eine Narbe, die einen Mund verzerrte, und einen scharlachroten Mantel, der das beste Kleidungsstück eines anderen sein musste. Hinter ihrer ersten Reihe wurde er sich nur ihrer Vielzahl bewusst.

    Eine kleine Gruppe trat aus der Formation, um mit Olaf zu sprechen. Rögnvald zeigte sie Harald. »Das ist Kalf Arnason, und das ist Thorgeir aus Kvistadh, und das ist Thorstein der Schiffsbauer. Er hasst Olaf, weil der König einmal zur Strafe sein bestes Schiff genommen hat. Ich sehe Thori Hund noch nicht – doch, da ist er und marschiert unter diesem grünen Banner nach vorne.«

    Für Harald, für den diese Männer nur Namen und Taten gewesen waren, war es seltsam, sie aus Fleisch und Blut zu sehen. Er konnte den Gedanken nicht abschütteln, dass sie irgendwie mehr als Männer waren, genau wie es Olaf war, und dass heute mehr ausgekämpft würde, als wer Norwegen beherrschen sollte.

    Scharfzüngige Worte drangen von den Brüdern Kalf und Finn zu ihm. Olaf sagte etwas darüber, sogar zu dieser späten Stunde noch Frieden zu schließen, aber die Anführer gingen zurück zu ihren Heeren. Und jetzt nahmen Thori Hund und seine Männer ihre Stellung an der Spitze ein, und Rögnvald legte Harald eine Hand auf die Schulter. »Halte deinen Schild schräg hoch«, erinnerte er ihn. »Sie werden schießen.«

    »Vorwärts, vorwärts, Freibauern!«

    Olafs Heer brüllte den Kampfschrei, den er ihnen gesagt hatte, zurück: »Vorwärts, vorwärts, Christenmänner, Männer des Kreuzes, Männer des Königs!«

    Harald hörte das finstere Pfeifen von Pfeilen, die hinter ihm hochschossen. Er sah, wie ein anderer Schwarm diesen am Himmel traf und auf ihn herabstürzte. Etwas schlug gegen seinen Schild, er spürte, wie ein Stein abprallte, ein Pfeil traf den Rand des Schilds und blieb stecken, ein Speer zischte vorbei. Er erkannte mit gewaltigem Erstaunen, dass er jetzt wirklich in einer Schlacht war. Es war wie die Erkenntnis vor zwei Jahren, dass er mit seinem ersten Sklavenmädchen geschlafen hatte.

    »Los!«, brüllte Rögnvald. Der Standartenträger aus dem Hochland rannte los.

    »Vorwärts, vorwärts, Christenmänner, Männer des Kreuzes, Männer des Königs!«

    Als er den Hang hinunterstürzte, bekam Harald einen Blick auf das feindliche Heer weiter unten. Irgendwie hatten die Männer an den Flanken Olafs Schrei aufgenommen, und ihre Kameraden attackierten sie blindlings. Gelächter dröhnte in seiner Kehle.

    Ein Mann vor ihm stöhnte und fiel auf die Knie. Ein Pfeil ragte aus seinem Auge. Er fasste nach ihm, rollte sich herum, und Harald glitt auf dem Blut aus, das aus seinem Gehirn floss. Der Junge bemerkte kaum, wie er sich aufrappelte und Rögnvald folgte.

    Plötzlich war die feindliche Front vor ihm. Er sah ein Gesicht über einem Schild. Jeder Zug brannte sich in sein Gedächtnis: dichte blonde Brauen, große Nase, raue Poren. Sein Schwert zischte herab und traf den Rand des Schilds.

    Der Freibauer schnaubte und schlug mit einer leichten einhändigen Axt zu. Harald fing den Hieb mit seinem eigenen Schild ab und taumelte unter der Wucht. Er zielte tiefer, schlug nach den Beinen des Kerls und sah, wie die Wade aufgeschnitten wurde. Der Freibauer jaulte und stolperte rückwärts. Harald drängte vorwärts und hackte zu. Zähne grinsten ihn an, ein anderer Mann stand dort. Wo war der erste hingekommen? Etwas traf seinen Helm, und er taumelte. Sein Kopf dröhnte. Er schlug wild um sich und erwischte mit seiner Klinge einen Axtgriff. Das Schwert wurde ihm beinahe aus der Hand gerissen. Dann schob sich noch ein dritter Mann vor ihn. Sie hauten aufeinander ein. Er sah Rost am Schwert des anderen.

    War dies die Schlacht, dachte er düster – dieses Trampeln und Rutschen und Hämmern, in einem Mahlstrom aus stinkenden Körpern? Aber … wusste man am Ende jemals, ob man irgendjemanden getötet hatte oder nicht?

    »Folge dem Banner«, hatte der alte Hrafn gesagt. »Folge immer dem Banner, oder du wirst nicht wissen, wo du bist.« Er war Aastas Hufschmied gewesen, bis das Alter und Rheuma ihn zu schwach gemacht hatten. Die Leute flüsterten sich zu, dass er heimlich immer noch heidnische Opfer darbrachte, und tatsächlich hatte er nervös gefragt, ob sie ihm Höllenschuhe an die Füße binden würden, wenn er tot war, für die lange Reise dorthin.

    Einst aber war Hrafn ein großer Wikinger gewesen, und er hatte Harald viel Waffenkunst und Geschichten über weit entfernte Orte gelehrt. Jetzt lag er in der Erde. Harald erinnerte sich flüchtig, dass ihm niemand Höllenschuhe angezogen hatte.

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