Ein seltsamer Fall
Von Jenny Hirsch
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Über dieses E-Book
Aufgrund von Indizien und der Zeugenaussage eines zufälligen Passanten wird Sigmar verhaftet und des Mordes angeklagt.
Am Tag der Verurteilung kehrt Imhilde nach einer längeren beruflichen Abwesenheit in die Stadt zurück. Zu ihrem Schrecken sieht sie den Mann, den sie schon lange heimlich liebt, auf der Anklagebank. Das Todesurteil kann und will sie nicht hinnehmen. So begibt sie sich unter einem angenommenen Namen auf die Suche nach dem wahren Täter.
Die Journalistin und Frauenrechtlerin Jenny Hirsch schrieb die Kriminal-Erzählung „Ein seltsamer Fall“ unter dem Pseudonym Fritz Arnefeld. Er erschien posthum 1912.
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Buchvorschau
Ein seltsamer Fall - Jenny Hirsch
Ein seltsamer Fall
—
Jenny Hirsch
alias Fritz Arnefeldt, posthum 1912
Wieken-Verlag
Die Deutsche Nationale Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie;
Detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.
Bilder (c): Cover: Rahmen: cgordon8527 — pixabay.com; Trennbild Leiter: Clker-Free-Vector-Images — pixabay.com;
Porträt: Detail aus Titelblatt Die Gartenlaube, 1. Januar 1883, von Adolf Neumann [Public domain], via Wikimedia Commons; Dieses Werk ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist.
Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 100 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers.
Titelgestaltung: Martina Sevecke-Pohlen
Der Text von Jenny Hirsch ist gemeinfrei; Erstveröffentlichung 1912
Wieken-Verlag Martina Sevecke-Pohlen
Fenderstr. 1, 26817 Rhauderfehn
info@ wieken-service.com
All rights reserved.
ISBN E-Book mobi 978-3-943621-73-0
ISBN E-Book EPUB 978-3-943621-72-3
(c) 2018
E-Book Distribution: XinXii
www.xinxii.com
Inhaltsverzeichnis
Titelseite
Impressum
Inhalt
Dies ist eine fiktive Geschichte
Ein Wort vorweg …
Warum?
Jenny Hirsch (Fritz Arnefeldt) — Ein seltsamer Fall, 1912
Biografie von Jenny Hirsch
Bücher im Wieken-Verlag
Anmerkungen
Dies ist eine fiktive Geschichte. Handlung und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten zu lebenden oder verstorbenen Personen oder zu realen Ereignissen sind zufällig.
Ein Wort vorweg …
Bilder von schönen alten Büchern sind beliebt und schmücken viele Literatur-Blogs. Doch wie viele Leser dieser Blogs haben schon einmal in so einem Buch gelesen? Bis ins zwanzigste Jahrhundert druckte man Bücher in Fraktur-Schrift. Sie sieht schön aus, aber viele Buchstaben sind ungewohnt. Das hält viele Leser davon ab, auf Entdeckungsreise in alten Bibliotheken zu gehen.
Wir möchten Sie mitnehmen auf eine Reise in alte Geschichten und Romane. Den Anfang machen wir mit einer Auswahl von Kriminal-Erzählungen. Wir stöbern in Antiquariaten und Bibliotheken, stets auf der Suche nach Texten, die auch heute noch fesseln. Diese Texte bereiten wir als E-Book auf, damit Sie sie überall lesen können.
Folgen Sie uns in die Welt alter Bücher!
Warum?
Warum soll man im einundzwanzigsten Jahrhundert Bücher aus dem neunzehnten Jahrhundert lesen?
Dafür gibt es viele Gründe. Zum Beispiel erlauben Bücher eine reale Reise in die Zeit. Sie versetzen uns in die Gesellschaft, in der sie geschrieben wurden, zeigen uns die Vorstellung der Menschen damals über das Gute, Richtige und Moderne. Sie zeigen uns, wovor sich die Menschen fürchteten und was sie gegen das Angsteinflößende unternehmen wollten.
Kriminal-Romane — mit Bindestrich — eignen sich besonders gut für solche Reisen in die Zeit. Sie bringen uns nah an die Menschen und ihre Sehnsüchte und Ängste, zeigen uns am praktischen Beispiel ihre Moralvorstellungen und Argumentationsmuster.
Jenny Hirsch engagierte sich für die Frauenbewegung in Deutschland. Sie wusste aus eigener Erfahrung, wie eingeschränkt die Möglichkeiten von Frauen, von bürgerlichen Frauen noch dazu, waren, ein finanziell unabhängiges Leben zu führen. Ihre Erfahrungen aus der Arbeit für verschiedene Frauen-Vereine Ende des neunzehnten Jahrhunderts flossen auch in ihre Romane und auch in ihre Kriminal-Romane.
Das Interesse an Verbrechen war immer schon groß und zeigt sich unter anderem am Erfolg der Bänkel- und Moritatensänger. Berichte über wahre Verbrechen erschienen immer häufiger in Buchform. Ab Ende des achtzehnten Jahrhunderts erschienen auch zunehmend literarische Aufbereitungen wahrer Verbrechen und Darstellungen von Verbrechen ohne realen Hintergrund. In dieser Zeit stand die Schilderung des Verbrechens im Vordergrund, doch die Aufdeckungsarbeit und die psychologischen Zusammenhänge interessierten bald ebenso Autoren wie Leser.
Als Gattung galten Kriminal-Romane lange, und aus Sicht einiger Rezensenten immer noch, als literarisch wenig anspruchsvoll. Autoren von Kriminal-Romanen haben in ihrer über zweihundertjährigen Geschichte jedoch bewiesen, dass sie sowohl sprachlich als auch psychologisch versiert schreiben können.
Kann man Bücher aus dem neunzehnten Jahrhundert überhaupt noch verstehen?
Die Grammatik hat sich kaum verändert. Sätze in den alten Büchern sind tendenziell länger, und einige Wendungen klingen für uns steif und unhandlich. Man liest sich jedoch schnell ein und merkt nach dem ersten Kapitel kaum noch, dass man historisches Material liest. Überraschend ist dies nicht.
Die Menschen haben sich in den dazwischen liegenden Jahren kaum verändert. Sie kleiden sich anders, verfügen über mehr und schnellere Kommunikationsmedien und komfortablere Fahrzeuge. Aber ihre Wünsche und Ängste sind weitgehend die gleichen geblieben. Wer sich den Büchern von Auguste Groner und anderen Autoren dieser Zeit mit einem offenen Blick nähert, merkt schnell, wie relativ Worte wie modern und aufgeklärt sind. Die Menschen im neunzehnten Jahrhundert betrachteten sich als modern, und sie führten Diskussionen über die kurze Konzentratiosfähigkeit und das geringe Durchhaltevermögen der Jugend ebenso heftig wie Menschen im einundzwanzigsten Jahrhundert. Im frühen neunzehnten Jahrhundert galt das Lesen, besonders bei jungen Leuten und Frauen, als so gefährlich wie der Handykonsum heute. Man befürchtete Folgen, die den heute teilweise von Experten beschworenen Konsequenzen wie digitaler Demenz seltsam ähnlich waren.
Was ist unser Grund, Krimis aus dem neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhundert zu veröffentlichen?
Wir lieben Bücher und wir lieben Krimis. Und ja, wir gehen gerne auf Zeitreise und sehen uns in der Welt dort um. Bücher aus dieser Zeit sind nach wie vor in Bibliotheken und Antiquariaten erhältlich. Bei den gedruckten Büchern macht sich die Frakturschrift jedoch als Hindernis bemerkbar. Außerdem sollte man sich gut überlegen, ob man ein schönes altes Buch im Rucksack mit sich herumschleppen und vielleicht beschädigen möchte. Wir konvertieren die alten Texte in E-Books, die Sie auf mobilen Geräten Ihrer Wahl an allen Orten Ihrer Wahl lesen können. So viel Freude, wie uns die Arbeit mit den spannenden Romanen aus der Vergangenheit macht, so viel Freude wünschen wir Ihnen beim Lesen.
Jenny Hirsch (F. Arnefeldt)
Ein seltsamer Fall
Vor den Toren einer großen Stadt in einem kleinen Gartenhause lebte von aller Welt zurückgezogen eine alte Frau. Außerhalb ihrer Wohnung hatte Frau Sophie Klingenmüller, von der die Nachbarschaft sich die wunderlichsten Dinge erzählte, noch niemand gesehen, aber ihr Garten war groß genug, daß sie sich hinreichende Bewegung darin machen konnte; sie hielt sich sogar einen besonderen Gärtner, der freilich auch noch Dienste im Hause übernehmen mußte, und trotzdem sie nicht den geringsten Aufwand machte und mit der Außenwelt jeden Verkehr mied, hieß es doch, daß die alte Dame sehr wohlhabend, wenn nicht sehr reich sei.
Frau Klingenmüller bewohnte das Haus mit ihrer Nichte, einer Dienerin und dem Gärtner ganz allein, und von den Erträgnissen des umfangreichen Gartens wurde auch nicht das mindeste verkauft; was in der Wirtschaft nicht verbraucht werden konnte, mochte verkommen oder wurde an Arme verschenkt, wenn die Besitzerin gerade die Laune dazu anwandelte.
Welche Lebensschicksale die Frau gehabt hatte, wußte niemand zu sagen; sie konnten keinesfalls sehr angenehm gewesen sein, denn sonst hätten sie die alte Frau nicht so verbittert und menschenscheu gemacht; nur so viel hatte man erfahren, daß sie in sehr unglücklicher Ehe gelebt hatte und von ihrem Manne schon seit Jahren geschieden war. Wie furchtbar die Erfahrungen gewesen waren, welche sie durch ihren verfehlten Herzensbund davongetragen hatte, bewies sie am besten dadurch, daß sie eine entschiedene Feindin der Ehe geworden war. Sie hatte ihre Dienerin derartig beeinflußt, daß sie auf eine Heirat ganz verzichtet und inzwischen alt geworden war; auch der Gärtner wußte recht gut, daß seine Herrin ihn sofort entlassen würde, sobald er nur an eine Heirat zu denken wagte.
Auch nicht Frau Klingenmüllers Nichte, ja, diese erst recht nicht hatte an eine Heirat denken dürfen, und die Tante hatte auch alles getan, um überhaupt zu verhindern, daß dieselbe nur eine Bekanntschaft machte, die ihrem Herzen gefährlich werden konnte. Die Abgeschlossenheit, in der sie lebte, bewirkte ohnehin, daß Albertine nicht mit der Außenwelt in Berührung kam, und dann war Frau Klingenmüller von jeher eifrig bemüht gewesen, in die junge Brust ihrer Nichte dieselben Anschauungen einzupflanzen und zur Blüte zu bringen, die in ihr selbst so unerschütterlich wurzelten.
Frau Klingenmüller besaß noch einen Neffen, mit dem sie weit weniger zufrieden war, denn Sigmar Hartheim nahm nur zu oft ihre Kasse in Anspruch. Der Sohn ihrer früh verstorbenen Schwester war Architekt geworden, nicht ohne Hilfe seiner Tante, die ihn zwar unterstützt, ihm dabei aber auch das Leben ein wenig schwer gemacht hatte, und in der letzten Zeit wollte sie weniger als je von einer Beisteuer etwas wissen. Sigmar hatte es ja schon bis zum Bauführer¹ gebracht, er erhielt seine Diäten² und mußte damit auskommen; gelang ihm dies nicht, so war er sicherlich nur liederlich³ und sie wollte seinem Leichtsinn nicht noch Vorschub leisten. Dennoch hatte der junge Mann eine Art, zu bitten, der seine Tante zuletzt doch nicht widerstehen konnte, und nach jeder noch so entschiedenen Erklärung, daß sie um keinen Preis ihm nur noch einen Pfennig geben wolle, ließ sie sich trotzalledem jedesmal wieder dazu bewegen, ihm die gewünschte Summe, wenn auch mit einer langen Strafpredigt, einzuhändigen.
Albertine war über diese Schwäche ihrer Tante stets