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Die Kleinen sind die Feinen: Jagen mit dem Teckel
Die Kleinen sind die Feinen: Jagen mit dem Teckel
Die Kleinen sind die Feinen: Jagen mit dem Teckel
eBook292 Seiten3 Stunden

Die Kleinen sind die Feinen: Jagen mit dem Teckel

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Über dieses E-Book

Die Liebe zu den Teckeln zieht sich durch das ganze Jägerleben von Dr. Otfried Schröck. In diesem Buch berichtet er nicht nur über seine Erkenntnisse und Erfahrungen bei der Zucht von Rauhaarteckeln. Seinen Zwinger »vom Rohrhorst« haben in mehr als 20 Jahren 140 Welpen verlassen. Die Schilderung seiner Jagderlebnisse mit den von ihm selbst ausgebildeten und auf Anlagen-, Eignungs- und Gebrauchs-Prüfungen geführten Zuchthunden zeigen seine tiefe Verbundenheit mit der heimatlichen Landschaft, dem Wild und seinen geliebten Teckeln. Die meisten der spannend geschriebenen Jagderlebnisse behandeln Nachsuchen, in denen der Verfasser auch seine Fehler und die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen nicht verschweigt. Abschließende Kapitel würdigen den unverwechselbaren Charakter unseres kleinsten Jagdgebrauchshundes und erzählen auch von Erlebnissen mit dem Teckel auf Reisen. Die meist farbigen Abbildungen lassen den Leser an den jagdlichen Schilderungen hautnah teilhaben.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum28. März 2018
ISBN9783961455904
Die Kleinen sind die Feinen: Jagen mit dem Teckel

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    Buchvorschau

    Die Kleinen sind die Feinen - Otfried Schröck

    Für Elisa

    Otfried Schröck

    DIE KLEINEN

    SIND DIE FEINEN

    Jagen mit dem Teckel

    Engelsdorfer Verlag

    Leipzig

    2018

    Bibliografische Information durch die Deutsche

    Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek

    verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

    Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind

    im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

    Copyright (2018) Engelsdorfer Verlag Leipzig

    Alle Rechte beim Autor

    Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

    www.engelsdorfer-verlag.de

    Inhaltsverzeichnis

    Cover

    Titel

    Impressum

    Vorwort

    Biene

    Strolch

    Schnepfen und Enten

    Als hätte er nie etwas anderes getan

    Utz vom Eichhof

    Wir kommen auf den Hund

    Das Revier

    Bauhund wider meinen Willen

    Kein Hase, keine Sau, kein Hund

    Die erste Schweißarbeit

    „Schweiß Natur" unter Vorbehalt

    Keiler ist nicht gleich Keiler

    Unsere letzte Hasenjagd

    Pieri vom Holzmühlental

    Die ersten Würfe

    Ein schlauer Basse

    Nicht jede Röhre ist ein Bau

    Citty und Cessy vom Rohrhorst

    Erle vom Rohrhorst

    Drei auf einen Streich

    Fritzi vom Rohrhorst

    Eine „sichere Totsuche" vor der Prüfung

    Die Sau vom Klauksgrund

    Ina vom Rohrhorst

    Prüfungsvorbereitung

    Paulchen aus den Torfstichen

    Beeinträchtigtes Mutterglück

    Weihnachten ohne Ina

    Quecke vom Rohrhorst

    Kleines Einmaleins

    Zum zweiten Mal: Drei auf einen Streich

    Carline vom Rohrhorst

    Carline und Quecke – Fuchs Natur?

    Dachsel vom Rohrhorst

    Die Feuertaufe

    Ein Keiler auf dem Rückwechsel

    Die verpasste Nachsuche

    Wer ist hier der Chef?

    Totverweiser?

    Mein Lebenshirsch

    Sau weg – und doch bekommen

    Ohne den Teckel geht es nicht

    Faszination Rauhaar

    Das ist noch einmal gut gegangen

    Abschied

    Bommel

    Eine unverhoffte Nachsuche

    Bommels Sau in der Kleinen Heide

    Die Sau mit dem alten Schuss

    Eine vergebene Chance

    Verlierer und Gewinner

    Jagdjahresabschluss

    Schneesauen

    Silvesterjagden

    Frischlinge, Schwäne und Waschbären

    Bommel ist weg

    Das ist meine Sau!

    Tauchende Sauen?

    Gemeinschaftsarbeit

    Kein Rotwild, keine Sauen, aber wieder mal ein Waschbär

    Reisen mit dem Teckel

    Auf Rügen

    An der Müritz

    In Norwegen

    In Masuren

    Verhaltensweisen

    Die Hündin des Nachbarn ist heiß

    Welpenerziehung

    Eintopf und Schnauzenstoß

    Das machst Du nicht noch mal mit mir!

    Der Klügere gibt nach

    Ersatzmutter

    Luftballonspiele

    Pieri erzwingt unsere Aufmerksamkeit

    Allez hopp

    Das Kissen ist zu klein

    Frühstücksrituale

    Dachsel und Bommel

    Rückblick

    VORWORT

    Seit ich denken kann, haben Tiere meinen Lebensweg begleitet. Sehr verschiedene Wildtiere kamen und gingen in meiner Kindheit, die Teckel aber waren immer dabei. Als erster Jagdhund kam ein solcher mit unklarer Herkunft, aber trotzdem passioniert und manchmal auch mit guten Leistungen. Später dann, als ich selbst zur Jagd ging und Rauhaarteckel aus jagdlicher Leistungszucht mit bester Veranlagung führte und dann, für lange und schöne Jahre, als ich mit Hunden aus der eigenen Zucht jagte.

    Mein Großvater, der mehr als 20 Jahre Oberförster in einem Gutsforst in der Märkischen Schweiz war, schrieb mir 1957 in mein erstes jagdliches Buch die Worte: „Des Weidmanns Leben ist voll Lust und alle Tage neu." Was er nicht hineinschrieb und mir auch nicht sagte, war, dass das Leben eines Weidmannes nicht nur aus Lust, sondern oft auch aus Frust besteht. Frust über einen schlechten Schuss, der das Wild nicht sofort an den Platz bannt und daher leiden lässt. Auch bei bester Absicht gelingt es nicht immer, den Schuss so sicher anzubringen, dass das Wild keine Schmerzen durch das Töten erleidet.

    Denn bleibt das Wild, wie der Jäger sagt, nicht im Feuer, sind Nachsuchen, in jedem Fall aber Kontrollsuchen erforderlich, um die Leidenszeit des Wildes zu verkürzen und den Jäger doch noch in den Besitz des Stückes zu bringen.

    In diesem Buch wird vor allem über Nachsuchen mit dem Teckel berichtet. Und das heißt, es ist leider wieder einmal etwas schief gegangen. In nunmehr 58 Jägerjahren stand mir für Nachsuchen fast immer ein für die Schweißarbeit brauchbarer Teckel zur Verfügung. Ich sage mit Absicht „brauchbar und nicht „firm, weil schwierige Nachsuchen den Spezialisten auf der Wundfährte vorbehalten sein sollten. Damit hatte ich auch kein Problem. Wenn meine Teckel wirklich nicht mehr weiter wussten, habe ich auch für einen Frischling ein bewährtes Nachsuchen-Gespann angefordert.

    Von vielen jagdlichen Begebenheiten, bei denen meine Teckel ihre Eignung für ihren ureigensten Zweck, die Baujagd sowie das Stöbern, das spurlaute Jagen und vor allem für die Schweißarbeit mit großem Erfolg unter Beweis stellten, soll in diesem Buch die Rede sein.

    Doch Jagen mit dem Teckel bedeutet nicht nur Schweißarbeit und Stöbern. Jagen mit dem Teckel heißt auch ungezählte Jagdgänge mit meinem besten Freund, ungezählte Ansitze, bei denen meine Hunde meistens mit mir zusammen auf der Kanzel saßen. Die geringe Größe des Teckels erlaubt es auch dem älteren Hundeführer, ihn mit auf die Kanzel zu nehmen. Oft machten mich meine Hunde rechtzeitig auf anwechselndes Wild aufmerksam und ich kam so zum Erfolg. Auch möchte ich die Ereignisse nicht missen, bei denen meine Teckel mehr leisteten, als ihnen das vorgegebene Zuchtziel vorschrieb. Fast alle waren außerordentlich wasserfreudig und ersparten mir so manches Mal den unbekleideten Weg in ein Enten- oder Gänsegewässer.

    Und es soll die Rede von unserer Teckel-Zucht sein, die für meine Frau und mich über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren die schönste Nebensache der Welt und sinnvolle Beschäftigung war. In unserem Rauhaarteckel-Zwinger „vom Rohrhorst" haben wir 140 Welpen für die Jagd zur Verfügung gestellt. Daher sollen in dieses Buch auch die Erlebnisse und Erfahrungen mit unseren Hündinnen und Rüden eingehen.

    Jeder Hund ist ein Individuum für sich, jeder hat, wie wir Menschen, seine Eigenschaften und seinen unverwechselbaren Charakter. Auch davon will ich hier berichten.

    Otfried Schröck

    Waldsieversdorf, im Frühjahr 2018

    BIENE

    Es war die schwere Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Mein Vater konnte mit Unterstützung des sowjetischen Stadtkommandanten und des Bürgermeisters bereits am 1. Oktober 1945 die Zentralforschungsanstalt für Pflanzenzüchtung in Müncheberg wiedereröffnen. Die Gebäude des Institutes hatten zwar ohne größere Beschädigungen die schweren Kampfhandlungen in der Region überstanden, aber der größte Teil der Forschungseinrichtungen und des Zuchtmaterials waren mit einem Institutstreck schon im Januar 1945 in Richtung Westen abgegangen. Aus den wenigen verbliebenen Beständen mussten nun neue Zuchtstämme der wichtigsten landwirtschaftlichen Kulturen wieder aufgebaut werden. Es blühte ein reger Tauschhandel in der Region, aber auch mit anderen, bereits schon wieder arbeitenden Instituten. Dabei wurde oft Ware gegen Ware getauscht und es blieb sicher nicht aus, dass mancher Handel nicht mit Geld abgegolten wurde, sondern mit Dingen, die der eine hatte und der andere haben wollte. Der Leiter eines Institutes, in dem auch Kartoffeln gezüchtet wurden, konnte vielleicht auch mal einen Sack dieser Tauschwährung für derartige Geschäfte abzweigen. Wie dem auch sei, eines Tages brachte mein Vater eine braune Kurzhaar-Dackelhündin mit nach Hause, die wir auf den Namen „Biene tauften. Sie war unser „Kartoffelhund, weil mein Vater sie gegen einen Sack Kartoffeln eintauschte. Natürlich hatte sie keine adligen Vorfahren und auch keine Ahnentafel; wer hätte eine solche in dieser Zeit auch ausstellen sollen.

    Sehr schnell wurde Biene der Liebling der Familie, vor allem von uns vier Kindern. Sie führte ein noch freieres und ungebundeneres Leben als wir, die ja die lästige Schule zumindest zeitweise an völliger Freiheit hinderte. Den Tag verbrachte sie meist bei meinem Vater im Forstinstitut, das inzwischen von Müncheberg nach Waldsieversdorf umgezogen war. Dort schlief sie in einer Schublade des Schreibtisches der Sekretärin meines Vaters.

    An Jagd war in dieser Zeit nicht zu denken. Es dachte auch kaum jemand daran, denn man hatte ganz andere Sorgen. Meine Mutter stammte aus einer Försterfamilie und mein Vater machte sicher auf Anregung seines Schwiegervaters hin in den späten 1930-er Jahren den Jagdschein. Ein jagdlicher Einsatz von Biene kam, bedingt durch die alliierten Bestimmungen in dieser Zeit, ohnehin nicht infrage.

    Biene dachte darüber jedoch anders. Sie hatte von ihren Vorfahren eine gehörige Portion jagdlicher Passion geerbt. Wann immer es ihr gelang, sich aus Herrchens Nähe zu entfernen, inspizierte sie einen nahegelegenen Fuchsbau. Durch das Gelände des Institutes schlängelt sich ein kleiner Bach, der Stöbber, der nur wenige Kilometer entfernt in einem Niedermoorgebiet entspringt. Dieser Bach, der im Quellgebiet nur wenige Dezimeter tief ist, schnitt sich während seines Laufes immer tiefer in die Landschaft ein. Im Gelände des Institutes lag er bereits rund 10 Meter tiefer als die Umgebung. Am Hang hatten sich seit langer Zeit wohl Füchse einen Bau, eigentlich nur eine Röhre, gegraben. Biene fand diesen Bau irgendwann und suchte ihn regelmäßig auf. Hier lag sie dann stundenlang vor, verbellte anhaltend und kam selten aus eigenem Antrieb nach Hause. Ob sich ein Fuchs oder irgendein anderes Getier darin befand, konnte ich nie ergründen. Einmal gelang es mir, sie zu verfolgen. Sie näherte sich sehr zielstrebig diesem Bau, tat aber so, als ob der sie gar nicht interessieren würde. Dort angekommen, schliefte¹ sie sofort ein und war verschwunden. Nun wusste ich zwar, wo sie war, aber damit hatte ich sie noch lange nicht. Alles Rufen und Schimpfen half nicht, sie kam einfach nicht heraus. Also wartete ich ab und hoffte darauf, dass sie sich beim Herauskommen aufnehmen lassen würde. Wenn draußen alles ruhig war, kam sie nach einiger Zeit rückwärts aus dem Bau heraus, um Luft zu schnappen. Sobald sie mich aber bemerkte, verschwand sie blitzschnell wieder und ich hatte das Nachsehen. Es gab nur eine Lösung: ich setzte mich über der Einfahrt auf den Boden, hielt völlige Ruhe und wartete, bis ihre Rute in der Röhre erschien. Die packte ich dann und wollte die Hündin anleinen. Aber ich hatte die Rechnung ohne sie gemacht. Sie biss so wütend um sich, dass ich sofort wieder loslassen musste. Jetzt hieß es wieder warten. Als sie das nächste Mal Luft schnappen wollte, ergriff ich die Rute, so fest ich nur konnte und warf die Hündin weit von der Einfahrt weg und setzte mich blitzschnell mit meinem rückwärtigen Körperteil in die Röhre. Jetzt ließ sie sich problemlos anleinen und nach Hause bringen. Ich weiß heute nicht mehr, wie oft wir beide dieses Spiel gespielt haben. Ich glaube aber, wir ließen sie später gewähren.

    Biene wurde zwölf Jahre alt. Damals war man noch der Auffassung, dass Hündinnen mindestens einmal werfen sollten, um keinen Mammatumor zu bekommen. Deshalb wurde sie auch einmal mit einem dorfbekannten dackelähnlichen „Deckrüden" verehelicht und warf zwei Welpen, die auch wie Kurzhaar-Teckel aussahen. Sicher waren ihre Ahnen ja irgendwann einmal reinrassig.

    STROLCH

    Mit vierzehn Jahren erwachte in mir die Jagdpassion, die vor allem durch meine Mutter gefördert wurde. Hin und wieder setzte sie sich mit mir in dem Revierteil an, in welchem ich später meine ersten jagdlichen Schritte gehen sollte. In unmittelbarer Nähe zu einem Wildacker, den noch mein Großvater als Oberförster des Gutsforstes angelegt hatte, befanden sich mehrere meist immer wasserführende Tümpel, an denen wir einmal mitten im Sommer Enten beobachten wollten. Es war auch am Abend noch sommerlich heiß, die Mücken flogen Angriff auf Angriff und dann kamen die Enten. Schon von weitem war das typische Klingeln zu hören, das die Enten beim Fliegen hervorbringen. Wer schon einmal gesehen hat, wie sich Enten zwischen hohen, dichtstehenden Bäumen auf eine kleine Wasserfläche stürzen, weiß, wie schwierig es ist, diese noch im Flug zu treffen. Meine Mutter hatte zu dieser Zeit noch keine Jagderlaubnis, wie der Jagdschein damals hieß und wir wollten ohnehin die scheuen Breitschnäbel nur beobachten. Drei Stockenten gingen auf dem kleinen Gewässer nieder und hatten uns im selben Moment weg. Ein kurzes Flügelschlagen und Wasserspritzen, danach war die Gesellschaft wieder verschwunden. Den späteren Erzählungen meiner Mutter nach soll ich enttäuscht gesagt haben: „Ich glaube, ich werde nie ein Jäger werden." Es sollte anders kommen.

    Den größten Anteil an meiner Jägerwerdung hatte aber Wilhelm König, der Oberförster des forstlichen Versuchsreviers in Waldsieversdorf. Er führte mich in die großen und kleinen Geheimnisse der Jagd ein und lehrte mich ganz nebenbei das weidgerechte Jagen. Er stammte aus Ostpreußen und weckte in mir die Liebe für diese Landschaft, ohne mir gegenüber je ein böses Wort über den Verlust seiner Heimat zu verlieren. Mehrfach habe ich in den letzten Jahren die Begeisterung für diese Landschaft bei Reisen nach Masuren gemeinsam mit meiner Frau geteilt.

    „Opa König", wie er allgemein genannt wurde, prägte mich für mein Jägerleben. Mein Vater und meine Mutter gingen zu der Zeit noch nicht zur Jagd und so wurde er mein Lehrprinz in allen jagdlichen Fragen. Auch als ich den Jagdschein schon in der Tasche hatte, begleitete er mich auf meinen ersten Jagdgängen. So erinnere ich mich an eine Gelegenheit Ende September, als wir an einem Hang in einem lückigen Jungwuchsbestand ein Stück Rehwild vor uns hatten, das augenscheinlich ein Schmalreh war. Da wir es nicht sicher als ein solches ansprechen konnten, sich aber auch kein zweites Stück zeigte, empfahl er mir, nicht zu schießen. Es hätte ja eine Ricke sein können, deren Kitz nicht zu sehen war.

    Opa König hatte einen kleinen Weiher im Wald gepachtet, der eigentlich außer Karauschen und einigen Karpfen, die er eingesetzt hatte, kaum Fischwild bot. Dennoch saßen wir oft frühmorgens im Kahn auf dem Krummen Pfuhl und angelten in der aufgehenden Morgensonne, um danach den spärlichen Fang aus den beiden Reusen zu bergen. Sicher hat er mir mit diesen Erlebnissen meine Vorliebe für den Morgenansitz ins Herz gepflanzt, denn noch heute gehe ich lieber morgens als abends zur Jagd – wenn nur das frühe Aufstehen nicht wäre!

    Wilhelm König weihte mich auch in die Kunst des Knüpfens von Fischernetzen und in die Geheimnisse der Fangjagd ein. So unterhielten wir im Revier mehrere Fangsteige mit den verschiedensten Fallenarten, die wir gemeinsam gebaut und auch regelmäßig kontrolliert haben. Das waren vor allem Knüppelfallen, die zu ebener Erde errichtet, aber auch als Schlagbäume in Augenhöhe an Bäumen angebracht wurden. Diese Fangeinrichtungen brachte das Raubwild selbst zum Zuschlagen, indem es Stellungen berührte, wenn es an den Köder wollte. Eine dieser Vorrichtungen, die von uns selbst aus Holz angefertigt wurden, besitze ich heute noch. Opa König zeigte mir auch den Fang von Krammetsvögeln (Wacholderdrosseln) in einem „Dohnenstieg, was er aus seiner ostpreußischen Heimat mitgebracht hatte. Dazu wurden Weidenruten zu einem Bügel gebogen, mit einer Schlinge aus Pferdehaar versehen und dahinter Ebereschenbeeren angebracht. Mehrere dieser Dohnen wurden dann meist an Waldrändern an Bäume genagelt. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir damit jemals Drosseln gefangen haben. Gegessen habe ich jedenfalls keine und aus heutiger Sicht ist das Fangen von Singvögeln mehr als verwerflich und auch verboten. Für die arme Bevölkerung in Ostpreußen und anderswo, wo man auch Krähen fing und aß, trug das aber zum Nahrungserwerb bei. In Deutschland ist die Jagd mit Dohnen seit 1908 durch das damalige „Reichsvogelschutzgesetz verboten, wurde aber im I. Weltkrieg aufgrund der Ernährungslage zwischenzeitlich wieder erlaubt. Die Jagd mit Dohnenstiegen wurde früher wohl auch in unserer Gegend häufig ausgeübt, denn in der Umgebung findet sich eine große Anzahl von Straßen mit dem Namen „Dohnenstieg bzw. – steig. Ich hoffe, dass unsere damalige Wilderei inzwischen verjährt ist.

    Der Verfasser mit seiner Mutter und Opa König

    Das Foto erschien auf dem Titelblatt der Märzausgabe 1964 der Zeitschrift „unsere jagd" ²

    Mit achtzehn Jahren bestand ich dann endlich die Jagdeignungsprüfung. Früher ging es nicht, denn damals war es nicht möglich, einen Jugendjagdschein mit 16 Jahren zu erwerben. Die Zeit zwischen meinem heftig erwachenden Interesse für Wald und Wild überbrückte ich unter der Anleitung von Opa König zunächst mit vogelkundlichen Studien. Oft war ich in Wald, Feld und am Wasser unterwegs, um Vögel und ihre Verhaltensweisen zu beobachten. Geschadet hat mir diese jagdliche Enthaltsamkeit nicht, denn ich freue mich noch heute darüber, dass es eigentlich kaum einen hier vorkommenden Vogel gibt, den ich nicht am Flugbild oder an der Stimme erkenne. In meinem Streifgebiet kamen damals noch interessante Vogelarten, wie Großtrappe, Blauracke, Uferschwalbe, und Beutelmeise vor. Der Wiedehopf war in dem erwähnten Niedermoorgebiet geradezu häufig. Das lag sicher daran, dass er in seiner Lebensweise auch an weidende Kühe gebunden ist. Als gegen Ende der 1960-er Jahre die Weideviehhaltung der industriemäßigen Landwirtschaft zum Opfer fiel, bedeutete das für den Wiedehopf auch im Roten Luch das Aus. Sein charakteristisches „Huup, huup" ist schon lange nicht mehr zu hören und auch der Kiebitz macht nur hin und wieder auf dem Zug im Moor Rast.

    Dafür haben andere Vogelarten das Revier erobert. Der Kolkrabe siedelte sich Anfang der 1970-er Jahre an und ist heute für das Niederwild, aber auch für die frisch geborenen Lämmer der Schäfer zur Plage geworden. Fast jedes Feuchtbiotop wird inzwischen von Kranichen bezogen, die mir eine große Freude bereiten, wenn sie unterhalb meiner Jagdhütte meist mit zwei Jungvögeln ohne große Scheu durch die Wiese ziehen.

    Nach dem Abitur nahm ich 1960 ein Studium der Landwirtschaft auf. Eigentlich wollte ich wie mein Vater Forstmann werden. Da ich aber als zweiten Studienwunsch Landwirtschaft angegeben hatte und zu dieser Zeit der „sozialistische Frühling"³ in der Landwirtschaft der DDR vehement vorangetrieben wurde, brauchte man dringend Diplomlandwirte. Alle Studenten ohne eine landwirtschaftliche Vorbildung absolvierten im Rahmen des Studiums ein Grundpraktikum, an dessen Abschluss der Facharbeiterbrief Landwirtschaft stand. Dieses Praktikum führte mich in die LPG Gussow in der Nähe von König-Wusterhausen. Am Freitagmittag ging es nach Hause, zunächst per Bus bis Königs-Wusterhausen und dann mit dreimaligem Umsteigen per S-Bahn und Dampfbahn bis zu einem Haltepunkt der Deutschen Reichsbahn im Roten Luch. Dann musste ich noch drei Kilometer bis nach Hause laufen. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals vom Haltepunkt Rotes Luch abgeholt wurde, weil es zu dieser Zeit in unserer Familie noch kein geeignetes Fortbewegungsmittel gab, mit dem man mich hätte abholen können. Auch war eine solch mütterliche Fürsorge damals nicht üblich.

    Sehr genau erinnere mich aber daran, dass mir einmal auf dem Heimweg eine menschliche Gestalt entgegenkam. Bald erkannte ich meine Mutter an ihrer Körpergröße und an ihrer Art, zu gehen. Dann fiel mir ein weißes Wollknäuel auf, das neben ihr lief. Dieses Wollknäuel war für meine Mutter der Grund, mich entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit von der Bahn abzuholen. Den Welpen, für den sich augenscheinlich seiner Farbe wegen noch kein Interessent gefunden hatte, erwarben meine Eltern von einem in der Nähe wohnenden Jäger, der zwei hervorragend auf Sauen arbeitende Rauhaarteckel hatte. Er nutzte jede freie Minute, die ihm die Arbeit ließ, um mit ihnen zu jagen. Ein Reviergang mit der Mutter und dem Vater unseres Welpen war selten erfolglos. Die Hündin war auf Sauen so sicher, dass sie Einstände, in denen kein Schwarzwild steckte, nur widerwillig, wenn überhaupt annahm.

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