Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Obenauf in Down Under: Mit dem Wohnmobil 60.000 Kilometer durch Australien
Obenauf in Down Under: Mit dem Wohnmobil 60.000 Kilometer durch Australien
Obenauf in Down Under: Mit dem Wohnmobil 60.000 Kilometer durch Australien
eBook508 Seiten6 Stunden

Obenauf in Down Under: Mit dem Wohnmobil 60.000 Kilometer durch Australien

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Mit ihrem Wohnmobil fahren Wolf und Gabriele Leichsenring 60.000 Kilometer über den australischen Kontinent. Sie bereisen dabei die Küstenregion, begeben sich aber auch tief in das Outback hinein. Auf diese Weise lernen sie alle Gesichter des Landes kennen und lieben.

Aus dem Inhalt:

Der Kontinent, fast so groß wie die Vereinigten Staaten von Amerika, hat es den beiden „hoteluntauglichen Wohnmobilisten“ angetan. Quicklebendige Metropolen wie Sydney, Melbourne und Perth kontrastieren mit der Einsamkeit im fast menschenleeren Landesinnern.

Immer an der Küste entlang, umrunden sie Down Under zuerst, durchqueren aber danach auch das rote Zentrum. Sie berichten von ihrer abenteuerlichen Fahrt und liefern in Zusatztexten Hintergrundinformationen. Australien richtig zu verstehen, bedeutet auch die Denkweise seiner Ureinwohner zu erfahren. In Form von anschaulich verfassten Legenden lässt der Autor die Aborigines lebendig werden.

Nach neun aufregenden Monaten heißt es für Wolf und Gabriele Abschied nehmen von „Kangaroo-Country“. Was bleibt, sind ihre Erinnerungen in Herz und Kopf - zum Glück auch auf dem Papier.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum24. Mai 2017
ISBN9783942617284
Obenauf in Down Under: Mit dem Wohnmobil 60.000 Kilometer durch Australien
Autor

Wolf Leichsenring

„Die Welt ist ein Buch. Und wer zu Hause bleibt, liest nur eine Seite darin“, lautet ein Spruch des weltoffenen Heiligen Augustinus (354 bis 430). Wolf Leichsenring ist lesefreudig. Mit einer einzigen Buchseite hat er sich noch nie zufrieden gegeben. Wohnmobilist seit nunmehr fast 40 Jahren – und somit völlig „hoteluntauglich“, blättert er stetig im „Reisebuch der Welt“ und hat sich darin bereits recht vielfältige Kapitel erarbeitet. Er reist überall dorthin, wohin das Wohnmobil ihn führt. Dabei scheut er nicht davor zurück, sein „WoMo“ auch einmal für eine längere Schifffahrt verladen zu lassen, zum Beispiel nach Nordamerika oder auch nach Neuseeland und Australien. Seitdem er seinem früheren beruflichen Pfad (Lehrtätigkeit) den Rücken gekehrt hat, stehen Langzeitreisen auch in entlegenere Ecken unseres Erdballs auf dem Programm. Mit der Zeit würden sicherlich viele der gewonnenen Impressionen im Nebel der Erinnerungen verblassen oder gar gänzlich verschwinden. Um dem vorzubeugen, werden Berge von Fotos geschossen und regelmäßig Reiseberichte geschrieben. Damit nicht genug! Als anerkannter Reisejournalist berichtet er auf Anfragen von Zeitungen und Buchverlagen regelmäßig „live von unterwegs“. Blogs, nicht nur auf der eigenen Website (ga-wo.leichsenring.net/reisen), ergänzen diese Schreibtätigkeit. Somit erscheint es nur konsequent, dass derartige Aktivitäten schließlich in der Publikation mehrerer Bücher münden mit den Themenschwerpunkten Nordamerika, Marokko, Neuseeland und Australien, aber auch Schleswig-Holstein. Als gefragter Dozent informiert er in Form von Diavorträgen über seine Touren, wobei die Zuhörerschaft sich entweder den eigenen Erinnerungen hingeben, auch einmal neue Pläne schmieden, ihren Wissensdurst stillen oder sich einfach in Träumereien fallen lassen kann. Und so arbeitet sich dieser neugierige, vom Fernweh heimgesuchte Globetrotter durch das „dicke Buch des Globus“. Im vorliegenden Band hat der Weltenbummler nunmehr einige „nordische“ Buchseiten aufgeschlagen, nämlich die über Island, die Färöer sowie Grönland.

Mehr von Wolf Leichsenring lesen

Ähnlich wie Obenauf in Down Under

Ähnliche E-Books

Essays & Reiseberichte für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Obenauf in Down Under

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Obenauf in Down Under - Wolf Leichsenring

    Leichsenring

    Südosten

    Es begann als Gefängnis - Sydney

    Das ist schon ein eigenartiger Einstieg in unseren Reisebericht, in dem wir über Freiheit, Schönheit und Attraktives erzählen wollen. Doch keine Angst, es wird sich alles klären. Über den Hintergrund dieser düsteren Kapitelüberschrift berichten wir später.

    Zunächst zählen nur die angenehmen Seiten dieser Metropole, in der unsere Australienrundreise beginnt. 4,6 Millionen Einwohner tummeln sich in der größten Stadt Australiens, gleichzeitig Hauptstadt des süd-östlichen Bundesstaates New South Wales (NSW). Dabei sind die Millionen von Touristen aus allen Himmelsrichtungen der Welt noch gar nicht mitgezählt. Die Metropolregion (Sydney Metropolitan Area) umfasst eine Fläche von 12.138 Quadratkilometern. Sie reicht vom Hawkesbury River im Norden bis jenseits der Botany Bay im Süden und von den Blue Mountains im Westen bis zum Pazifischen Ozean im Osten.

    Egal in welche Himmelsrichtung das Auge schaut, stets bleibt der Blick an einer Wolkenkratzer Skyline hängen. Dabei kommt jedoch selten ein Gefühl von unendlichen, nie enden wollenden Straßenschluchten auf. Warum? Die City und angrenzende Stadtteile sind durchsetzt mit großen und kleinen Parkanlagen, von denen der Royal Botanic Garden der größte ist. Historisches taucht im Centennial Park auf, Britisches im Hyde Park. Der Sydneyer Namensvetter gleicht in seiner Anlage dem Londoner, allerdings wurde die „Speakers Corner an den Rand des Botanischen Gartens verpflanzt, gegenüber der Kunstgalerie (Art Gallery of New South Wales). Dabei hat die Munterkeit der Redner, ihre Überzeugungsbemühungen wie auch ihre gestikulierende und emotionale Anteilnahme an „ihrem Thema Londoner Format. Nicht einmal die Trittleiter als Rednerpult fehlt. Vor der Kunstgalerie stoßen wir auf einen alten Bekannten von unserer Schottlandreise (2014), nämlich auf den schottisch-romantischen Verseschmied Robert Burns (1759-1796). Wir werden ihm öfter begegnen hier in Australien, zum Beispiel in Adelaide, Brisbane, Canberra oder auch in Melbourne. Mit seinen wundervollen Gedichten hat dieser „Poet des Zarten demnach nicht nur sein Heimatland, sondern die ganze Welt entzückt. Denn warum sollte man sonst in Kanada, USA und Neuseeland seiner durch Statuen gedenken? Bei den Aussies geht man noch einen Schritt weiter. Wie in Schottland findet jedes Jahr am 25. Januar ein sogenanntes „Burns Supper statt.

    Sydney

    Exkurs: Burns Supper

    Das sogenannte Burns Supper (auch Burns Night genannt), welches natürlich nicht ausschließlich hier in Sydney zelebriert wird, sondern überall dort, wo der große schottische Romantiker verehrt wird, läuft überall jedes Jahr am Geburtstag des Dichters, am 25. Januar, nach einem festgelegten Ritus ab.

    Burns Werke, die unter anderem die Schönheit Schottlands zelebrieren, sind beliebt wie eh und je und natürlich stellen sie einen festen Bestandteil der Burns Night dar. Aber nicht nur Gedichte und Lieder spielen an diesem Abend eine Rolle, sondern auch der Ablauf und das Menü sind von Bedeutung. Zur Einstimmung auf die Feier gibt es reichlich Dudelsackmusik. Vorgetragen wird dann ein Gedicht von Burns, vorzugsweise sein „Selkirk Grace", meistens in der damaligen schottischen Originalsprache:

    Some hae meat and canna eat,

    And some wad eat that want it,

    But we hae meat and we can eat,

    Sae let the Lord be thankit.

    Das Menü beginnt in der Regel mit einer Suppe. Danach wird es handfester, denn als Hauptgericht wird die schottische Nationalspeise, der Haggis, serviert. Haggis ist eine Art Wurst, die aus Magen, Herz, Leber und Lunge eines Schafes besteht, dazu reichlich Zwiebeln, Nierenfett vom Schaf und eine Portion Hafermehl.

    Begleitet wird die Zeremonie vom Gedicht „Adress to a Haggis. Dabei sollte der Vortragende auf jeden Fall sein Messer bereithalten, denn auf das Stichwort „His knife see rustic labour dight, wird die Haut des Haggis aufgeschnitten, so dass sich die Innereien über den ganzen Teller verteilen. Es wird empfohlen, den heißen Haggis vor der Prozedur einzuritzen, sonst kann es vorkommen, dass sein Inneres nicht nur auf dem Teller, sondern auch auf der Kleidung anderer Teilnehmer landet. Bei manchen Burns Suppers soll die Spritzerei sogar zur Zeremonie gehören, sozusagen als Spaßfaktor.

    Bevor dann die Schlemmerei beginnt, wird noch der Toast „The Haggis ausgerufen. Schließlich beginnt der Verzehr der schottischen Nationalspeise, garniert von Steckrüben und Kartoffeln (neeps and tatties). Natürlich darf auch eine Nachspeise nicht fehlen, meist ein „Trifle. Das Festmahl wird immer wieder durch das Rezitieren von Burns Gedichten unterbrochen. Besonders nach dem Schmaus folgen noch zahlreiche Wort- und Gesangsbeiträge. Nicht selten endet die Burns Night feucht fröhlich. Zum Ausklang ertönt schließlich das „Aud Lang Syne", eine Hymne, in welcher Heimat, Freundschaft und ein Stück schottischer Historie besungen werden. Ein Stück urschottische Tradition hinübergerettet in die australische Moderne!

    Kehren wir kurz zurück zum Sydneyer Hyde Park. Durchschnitten wird er durch die Park Street, an der wir das geräumige Australian Museum finden. Außer vielen einzelnen Themen wie „Australian Wildlife, „Planet of Minerals oder „Pacific Spirit" rückt dieses außerordentliche Museum in mehreren Abteilungen die Aborigines in den Mittelpunkt. Sicherlich versucht man über diesen Weg, ein besseres Verständnis für deren Geschichte und Problematik zu erzeugen. Es scheint gelungen zu sein.

    Exkurs Traumzeit

    Die Bezeichnung „Traumzeit bildet den Begriff der Mythologie aller australischen Aborigines ab. Die Legenden der „Traumzeit handeln meist von einer universellen, raum- und zeitlosen Welt, aus der die reale Gegenwart in einem unablässigen Schöpfungsprozess hervorgeht. So erklärt sich auch die nachfolgende Legende:

    Beginn der Traumzeit

    Die Traumzeit begann, als die Erde noch ein öder, leerer Klumpen war. Die Ahnen schliefen noch unter der Oberfläche und durchbrachen dann aus dem Schlaf erwachend die Erdkruste.

    Eines Tages erwachte die Regenbogenschlange und wühlte sich durch das Land. Sie schob Steine beiseite, warf Hügel auf und hinterließ tiefe Gruben, in denen sich das Wasser sammeln sollte. So schlängelte sie sich um die ganze Erde und kehrte wieder an den Ursprungsort zurück. Dort rief sie die Frösche, die allerdings sehr lange brauchten, um an die Oberfläche zu gelangen, denn ihre Bäuche waren voll mit Wasser. Sie kitzelte die Frösche, die daraufhin lachten und das Wasser ausspuckten. Das Wasser verteilte sich und füllte die von der Schlange erzeugten Gruben. Es entstanden die Seen und Flüsse. Nun begannen auch das Gras und die Bäume zu wachsen. Das Leben begann.

    Die Regenbogenschlange erließ Gesetze, die alle befolgten. Doch einige der Tiere waren streitsüchtig und so sprach die Schlange: „Diejenigen, die meine Gesetze befolgen, werden belohnt und erhalten einen menschlichen Körper. Die anderen aber, verwandle ich in Stein, auf dass sie nie mehr über die Erde wandern können".

    Die nun zu Menschen gewordenen Tiere erhielten ein Totem, nämlich jenes, aus welchem sie waren. Und um immer reichlich Nahrung zu haben, durfte kein Stamm die Tiere seines eigenen Totems essen, immer nur das der anderen Totems.

    Nur so konnten die Stämme nebeneinander leben und Frieden halten.

    Im Park selbst ragt das ANZAC-Memorial markant hervor. Ein pompöser Bau erinnert an die Soldaten des australisch-neuseeländischen Armee-Corps, besonders an die vom Ersten Weltkrieg. Da mag es kein Zufall sein, dass sich in Sichtweite St. Mary’s Cathedral erhebt. Dieser prachtvolle Sandsteinbau, dessen letzter Turm erst im Jahr 2000 vollendet wurde, zählt zu den größten und wichtigsten katholischen Kirchen Australiens.

    Mit preiswerten öffentlichen Verkehrsmitteln durchkreuzen wir die Stadt wie einst die Schiffe der Entdecker die Meere. Wir merken schnell, dass ein großer Unterschied besteht zwischen einem Wissen von beziehungsweise Lesen über eine der großen Attraktionen Sydneys oder der direkten Begegnung: Weltkulturerbe Sydney Opera House, Harbour Bridge oder auch Sydney Tower Eye, sie alle übertreffen im unmittelbaren Anblick jegliche Beschreibung. Den finalen Kick gibt es dann schließlich beim Betreten, Überqueren oder Erklimmen dieser touristischen Institutionen.

    Wer an ein Opernhaus herkömmlicher Art denkt, liegt bei Sydneys Wahrzeichen absolut falsch. Es beherbergt ein gigantisches Kulturzentrum. Das Gebäude ist einhundertvierundachtzig Meter lang, einhundertachtzehn Meter breit und bedeckt eine Fläche von etwa 1,8 Hektar. Sein unverwechselbares Dach ragt siebenundsechzig Meter hoch hinauf und ist mit 1.100.000 glasierten, weißen Keramikfliesen verkleidet, die aus Schweden importiert wurden. Fünfhundertachtzig Pfähle, die fünfundzwanzig Meter tief im Boden verankert wurden, tragen das etwa einhundertsechzigtausend Tonnen schwere Bauwerk. Auf einer Halbinsel am Circular Quay gelegen, bietet es von innen und von außen unbeschreibliche Aus- und Anblicke. An fünf hauseigenen Spielstätten wird bei jährlich tausendfünfhundert Veranstaltungen Kunst engagiert präsentiert. Rund fünftausendfünfhundert Zuschauer dürfen gleichzeitig Platz nehmen in der Konzerthalle, dem Joan Sutherland Theatre (Oper), dem Drama Theatre (Sprechtheater), dem Playhouse und dem Studio Theatre (gemischte Programme). Und dabei diente bis in die 1940er Jahre hinein die Halbinsel namens „Bennelong Point, auf der das heutige Weltkulturerbe glänzt, zu nichts anderem als zu einem langweiligen Eisenbahndepot. Ab 1959 begannen die eigentlichen Bauarbeiten. Queen Elizabeth II. musste dann immerhin noch vierzehn Jahre warten, bis sie es offiziell einweihen konnte. Die Zahl „vierzehn spielt im Zusammenhang mit der Sydney Oper noch eine andere Rolle. Wer glaubt, Kostenüberschreitungen solcher gigantischer Bauvorhaben seien ein Zeichen der Moderne, schaue auf Sydney. Der Bau wurde letztendlich vierzehnmal so teuer als ursprünglich geplant.

    Doch man muss sie auch wirklich „von innen erleben, nicht nur während einer offiziellen Opernhausführung. Puccinis „La Bohème gibt sich während unseres Aufenthaltes die Ehre - und wir ihr! Die Szenen spielen in dieser Inszenierung im plüschig dekadenten Berlin zu Beginn der 1930er Jahre kurz vor Hitlers Machtergreifung. Der wahre Puccini als Komponist für „großen Kummer in kleinen Seelen" kommt bestechend zum Tragen. Zu überraschend moderaten Preisen (circa siebzig Euro pro Karte) bei gleichzeitig unübertrefflichem Parkettplatz (elfte Reihe) fließen die einschmeichelnden Arien und Szenen nur so dahin - drei Stunden Operngenuss auf höchstem Niveau. Offensichtlich weiß man, was man der weltberühmten, ehemaligen Operndiva Joan Sutherland schuldet!

    „Die Eiserne Lunge, die zweite Tourismus-Ikone Sydneys überstrahlt das gesamte Stadtbild sicherlich ebenso wie das Opernhaus. Die Rede ist von der Harbour Bridge, die den Port Jackson überspannt und somit Sydneys Nord- und Südküste miteinander verbindet. 1932 eingeweiht, erlaubt sie Verkehr auf sechs Autofahrspuren und zwei Bahngleisen. Entsprechend ist das Verkehrsaufkommen. Auf ihren 1.149 Meter Länge erreicht sie eine Höhe von einhundertvierunddreißig Meter. Fußgänger können ebenfalls auf ihr spazieren gehen. Der Bürgersteig führt in neunundsechzig Meter Höhe über das Wasser. Zu ihrer Pflege benötigt sie dreißigtausend Liter Farbe pro Anstrich. Somit liefert sie der entsprechenden Firma einen jährlichen Fulltime-Job in der Endlosschleife, wie auch dem zuständigen TÜV. Ihren Spitznamen erhielt sie während des Brückenbaus. Zur damaligen Zeit herrschte in Australien eine der größten Wirtschaftskrisen des Landes. Der Brückenbau sicherte jedoch rund dreitausend Arbeitskräften neun Jahre lang Lohn und Brot. Das ist Geschichte. Heute betitelt der Sydneysider sie eher liebevoll als „coat hanger/Kleiderbügel. Dem sieht die Brücke eigentlich auch ähnlich.

    Die Höhenangaben müssen als relativ betrachtet werden, denn an den zahlreichen heißen Sommertagen in Sydney hebt und senkt sie sich Hitze bedingt auch gern einmal um bis zu achtzehn Meter. So beträgt denn auch die lichte Höhe des höchsten Brückenbogens einhundertdreiundsechzig Meter, an sonnigen Tagen bis zu einhunderteinundachtzig Meter. Das ist ein gefundenes Fressen für die Tourismusindustrie, besonders für den Anbieter des sogenannten Bridge Climb. Gegen Bares können Waghalsige rund tausend Stufen auf einem eisernen Brückenbogen an eine Kette geklickt emporklettern und auf dem anderen wieder hinab. Das ganze Unternehmen dauert dann etwa dreieinhalb Stunden. Erstaunlich viele Brückenfreaks stürzen sich in dieses Abenteuer.

    Wer noch höher hinaus möchte, klettere auf den Sydney Tower. Mitten im Stadtzentrum gelegen, überragt das Wahrzeichen mit seinen dreihundertfünf Metern Höhe sämtliche Hochhäuser der City. In fünfundvierzig Sekunden liften Fahrstühle den Gast empor zur Aussichtsplattform. Die Treppe mit ihren 1.504 Stufen darf nur im Notfall benutzt werden. Der Turm soll erdbebensicher sein und Windstärken standhalten, die „nur alle fünfhundert Jahre vorkommen". Wenn man die sechsundfünfzig Spann- oder Halteseile von je sieben Tonnen Gewicht aneinanderreihen würde, ergäbe das eine Strecke von Sydney bis nach Neuseeland, oder - europäischer - von London nach Sizilien. Das Kuriosum des Turmes befindet sich oberhalb der Plattformen. Dort wurde ein 162.000 Liter fassender Wassertank aufgepfropft. Er soll der Stabilisierung der Konstruktion dienen.

    Bei so vielen beruhigenden Informationen steht dem Rundumblick von der zweihundertsechzig Meter hohen Aussichtsplattform also nichts mehr im Wege. „Tower Eye wird diese dreifach verglaste Aussichtskuppel genannt. Sie ist eine von fünf für Besucher zugänglichen Ebenen. Die anderen dienen als Café beziehungsweise Restaurant. Bis zu tausend Gäste können gleichzeitig auf den immer etwas schwankenden Plattformen einen fantastischen Fernblick genießen. Im Drehrestaurant darf man dabei auch genüsslich speisen. Bei guter Sicht und noch besseren Augen kann der Blick bis zu achtzig Kilometer in die Ferne gehen, also weit über die Stadtgrenzen Sydneys hinaus, entweder auf den Pazifik im Osten oder zu den Blue Mountains im Westen. Mit den zweihundertsechzig Metern der Aussichtsplattform geben wir uns dieses Mal allerdings nicht zufrieden. Wir klettern noch zehn höher zum sogenannten Skywalk. Dafür verlassen wir dann die gesicherte Glaskanzel und begeben uns auf einer schmale Brüstung ins Freie. Doch so einfach geht es natürlich nicht. Nicht ganz kostenfrei erfolgt zunächst eine ausführliche Sicherheitsbelehrung. Wie bei einer Verkehrskontrolle darfst du anschließend ins „Röhrchen pusten. Der geringste Atemalkoholgehalt schließt dich von der Unternehmung aus. Wegen der starken Außenwinde bleiben sämtliche „lockeren Gegenstände im Turminnern, also Taschen, Rucksäcke etc. Ein blauer Overall soll gegen Kälte schützen (ungewollter Nebengedanke: Man könnte dich dann schneller finden, solltest du abstürzen). Eine dicke Regenjacke wird noch darüber gezogen. Durch diese Maßnahmen bist du schon einmal rund eine Stunde beschäftigt, denn du sollst ja auch noch die „Risikobelehrung mit Haftungsausschluss durchlesen und unterschreiben. Bevor sich nun endgültig die schwere Stahltür ins Freie öffnet, wirst du noch wie beim Fallschirmspringen in der Absprungzone eingeklinkt.

    Und dann geht es hinaus in das Gefühl des Unendlichen. Der Blick schweift zunächst nicht gen Horizont. Beklommen und ängstlich richtet er sich in die Tiefe. Durch das Eisengitter des Laufstegs wird dir die wirkliche Höhe erst einmal richtig bewusst. Ganz unten, kleinen Käfern ähnlich, machst du Menschen und Autos ausfindig. Der Verstand sagt, du bist ja durch ein Seil abgesichert, doch das Gefühl will noch nicht so recht nachziehen. Aber schließlich gewinnst du Sicherheit, tastest dich vorsichtig bis mutig voran auf der Eisengitterplanke. Dein Auge riskiert einen Blick in quasi unendliche Ferne. Am Stadtrand wird der Grüngürtel sichtbar, von dem Sydney umgeben ist. Das riesige Gelände des der Welt größten Naturhafens breitet sich vor dir aus, durchsetzt mit weißen Punkten, den Schiffen. Die ansonsten sehr hoch wirkende Harbour Bridge krümelt sich unter dir zusammen. Und natürlich sucht und findet das Auge Sydneys Ikone, die Sydney Opera, etwas versteckt hinter einer Häuserflucht. Die faszinierenden Ausblicke lenken ab vom anfänglichen Fracksausen. Den heftigen Wind nimmst du nur noch am Rande wahr. So sehr bist du gefangen von dem abenteuerlichen Erlebnis. Knapp eine Stunde dauert der Höhenrundgang. Schließlich stehst du wieder vor der schweren Eisentür, die sich wie von Geisterhand öffnet. Ein letzter Blick nach unten, dann schlüpfst du hinein in das sichere Turminnere, schnallst dich ab, schüttelst dich innerlich und äußerlich und fragst dich, ob das Erlebte ein Traum oder Realität war. Skywalk - eine Schlüsselerfahrung der besonderen Art.

    Sydney, diese lebensfrohe, weltoffene, immer aktive und meist sonnendurchflutete Metropole muss recht spendabel sein. Denn welche Stadt kann sich einen Stadtteil leisten, in dessen Namen acht Mal der Buchstabe „O und drei Mal das „L vorkommen: Woolloomooloo, ein bezauberndes Viertel an der Woolloomoolloo Bay unweit des Botanischen Gartens. Auch die Hundertschaften von Ibissen, die sämtliche innerund außerstädtischen Parkanlagen mit ihren pompösen Springbrunnen bevölkern, tragen zu dieser Einschätzung bei. Eine Etage höher in den Bäumen produzieren Myriaden von Zikaden einen ohrenbetäubenden Lärm - und plötzlich, wie auf Kommando, herrscht absolute Stille, um einige Minuten später dann in noch heftigerer Lautstärke wieder aufzuflammen.

    Doch dieser „Urbane Springbrunnen", wie die Stadt von Einheimischen gern genannt wird, hat andere Zeiten gesehen. Wie gesagt: ES BEGANN ALS GEFÄNGNIS! Bei unserer Stadtbesichtigung stehen wir schnell auf historischem Boden.

    Wir schreiben den 26. Januar 1788. Eine stolze englische Flotte aus elf Schiffen unter der Führung von Captain Arthur Philipp erreicht die Sydney Cove, den heutigen Circular Quay. Es ist kein gewöhnlicher Handels- oder Emigrantenkonvoi, denn sechs Schiffe transportieren ausschließlich Strafgefangene, siebenhundert insgesamt. Die Platznot in englischen Gefängnissen veranlassen deshalb die Strafbehörden zum längsten Gefangenentransport der damaligen Welt. Die männlich wie weiblichen Gefangenen, alle samt und sonders zu langjähriger Zwangsarbeit verurteilt, sollen helfen, die erste englische Kolonie auf australischem Boden aufzubauen. In kurzen Abständen folgen weitere Gefangenentransporter, so dass die Anzahl der Häftlinge bald Zehntausend überschreitet, mithin gut vierzig Prozent der seinerzeitigen englischen-australischen Gesamtbevölkerung.

    Zwangsarbeit bedeutet hauptsächlich Bau von Festigungsanlagen, Straßen und Regierungsgebäuden. So mancher spätere Gouverneur bedient sich ihrer aber auch für private Dienste. So ließ Gouverneur Laclan Macquerie (1762-1824) auf einer der wunderschönen Landzungen am Sydney Harbour einen „Stuhl aus dem Sandsteinfelsen herausschlagen, so dass Mrs Macquerie an ihrem Lieblingsplatz stets eine wunderschöne Aussicht genießen konnte. Heute erinnern insbesondere das Sydney Museum und das Hyde Park Barracks Museum an diese Epoche. Ersteres wurde auf den Überresten des „First Government House errichtet. Und auch dieses erste Regierungsgebäude wäre ohne Sträflingsarbeit nicht denkbar. Im Untergeschoss des Museums können die ausgegrabenen, altertümlichen Gebäudereste besichtigt werden.

    Eindringlicher zeigt sich damaliges Gefangenenleben im zweiten Museum, den „Barracks", als UNESCO Weltkulturerbe anerkannt. Auf dem Areal am Nordende des Hyde Parks steht immer noch das ehemalige Aufnahme- und Gefängnislager. Der von Mauern umsäumte Gefängnishof diente damals als Wartezone, bevor die Gefangenen zu ihrer täglichen Arbeit geführt wurden. Das Gebäudeensemble war jedoch nicht nur Gefängnis, sondern eben auch erste Anlaufstelle für Aussiedler, die in Australien Fuß fassen wollten - eine eigenartige Mischung! Das dreistöckige Gebäude beherbergte im Erdgeschoss die Gefangenen- und Aussiedlerverwaltung. Im ersten Stock befand sich ein Schlafsaal für Immigrantenfrauen. Und eine Etage höher schließlich wurden männliche Strafgefangene untergebracht. Ein großer, mit Hängematten vollgestopfter Raum diente als Schlafzelle.

    Die Strafmaßnahmen jener Zeit waren drastisch. Für den Diebstahl eines Schafes, einer Kuh oder auch eines Käses gab es sieben Jahre Zwangsarbeit. Wer beim Lügen ertappt wurde, Taschentücher stahl oder in ein Haus einbrach, wurde dafür vierzehn Jahre ins Arbeitslager geschickt, für Bettelei gar ein Leben lang. Die achtmonatige Seereise von England nach Australien wurde auf das Strafmaß selbstredend nicht angerechnet. Wer diese langen Haftzeiten einigermaßen heil überstand, manchmal auch wegen guter Führung verkürzt bekam, war oftmals so gut akklimatisiert, dass er gleich in Australien blieb und sich eine neue Existenz aufbaute. So wird heute nicht ohne Stolz darauf hingewiesen, dass „Australien aus einem Gefängnis - oder wie sagte es uns ein Historiker - in den „Barracks entstand: „Diese historischen Begegnungsstätten verbinden uns mit dem wirklichen Beginn unseres heutigen, modernen Australiens." Hierzu passt, dass der 26. Januar, also der Ankunftstag der ersten englischen Flotte an Australiens Gestaden, zum Nationalfeiertag erkoren wurde, dem Australia Day.

    Ein kleines Augenzwinkern soll diesen Abschnitt über Sydney beenden. Unweit der Tafel mit den Informationen, für welche (Straf-)Tat man lebenslänglich erhielt, wirbt das moderne Café/Restaurant auf dem ehemaligen Gefängnishof für sich als Location für Hochzeitsfeiern: „Booking Required - You’ll Be In For Life!".

    Boating Bays & Beaches - Sydney

    Die Stadt mit dem größten Naturhafen der Welt stellt schon etwas Besonderes dar. Port Jackson wird er am häufigsten genannt oder eben auch einfach Sydney Harbour. Eine relativ schmale Durchfahrt führt vom Pazifik in die inneren Gewässer. Dort eröffnet sich dann ein Gewirr von Inseln und Inselchen, Nebenarmen und Buchten. Über neunzehn Kilometer Länge erstreckt sich der Hauptarm. Hier entlang werden die wuchtigen Frachter und noch wuchtigeren Kreuzfahrtschiffe zur ihren Anlege- oder Ankerplätzen gelotst. Von diesem Hauptschifffahrtweg zweigen weitere Meeresarme wie der Middle Harbour ab. Der Umkreis der Hafenmündung beträgt dreihundertsiebzehn Kilometer. Geologisch ist Port Jackson eine sogenannte RIA, das heißt ein Küstentyp mit einer schmalen und langen, tief in das Land eindringenden Meeresbucht. In diese fließt der Parramatta River.

    Aus der unübersehbaren Schar der Inseln im Sydney Harbour seien hier nur einige erwähnt: Shark Island, Clark Island, Fot Denison Island, Goat Island, Cockatoo Island, Spectacle Island, Snapper Island oder auch Rodd Island. Frühere Landgewinnungsmaßnahmen haben hingegen andere, wie Bennelong Island, Garden Island oder Berry Island, zu Festland beziehungsweise Halbinseln umgestaltet. Die meisten dieser Eilande sind bewohnt, nicht so Fort Denison. Winzig aber robust, in Sichtweite von Oper und Botanischem Garten, machte es seinem Namen alle Ehre. Denn wer in den Hafen wollte, musste an ihm vorbei. Und damit waren dickleibige Kanonen zu überwinden. Aus damaliger Sicht, also aus der Perspektive der europäischen Einwanderer, ein perfekter Schutz für die neugegründete Kolonie. Zeitweilig diente der Inselfelsen auch als „Strafanstalt und Hinrichtungsstätte. So ist auch der Spitzname „pinchgut (frei übersetzt: Bauchkneifer) zu erklären. Heute wird dort nur noch mit Messer und Gabel hantiert.

    Die Gegend um den Naturhafen soll bereits seit vierzigtausend Jahren von den Aborigines besiedelt gewesen sein, bis dann 1788 der erste englische Schiffskonvoi hier an Land ging. Dass die neuen, europäischen Mitbewohner (besser: Konkurrenten) der leicht hügeligen, fruchtbaren Plains und fischreichen Gewässer nicht nur freundlich jubelnd empfangen wurden, kann sicherlich schnell nachvollzogen werden.

    Bei so viel Küste, Wasser und fast ganzjährig herrlichem Wetter steht Boating natürlich hoch im Kurs. Sind es zwanzig oder gar dreißig Yachthäfen? Gefühlt sind es bestimmt mehr, denn hinter jeder Kurve der endlosen städtischen Uferpromenade tut sich eine weitere Marina auf. Samt und sonders vollgestopft mit Booten, von der bescheidenen Jolle bis zum Milliardär-Cruiser. Egal an welchem (Aussichts-)Punkt man auf den Hafen hinabblickt, ein riesiges, weißes oder buntes Heer an Segelbooten bevölkert die Gewässer. Zwischen ihnen wuseln Unmengen von Fähren aller Größen und Farben. Ein hervorragend verknüpftes Netz von Sightseeing-Booten sowie Fahrplanschiffen bringt dich in jede Ecke dieser Hafenperle. Wie beim Bus kann auch hier für wenig Geld ein Vierundzwanzig-Stunden-Ticket/Hopp-On-Hopp-Off erstanden werden. Sydney aus der Wasserperspektive hat seinen besonderen Reiz. Außerdem gelangst du auf diese Art und Weise zu den wunderschönen Inseln, Bays und Traumstränden, ohne lange Anfahrten mit dem Auto: Rose Bay, Watson Bay, Quarantine Station oder wie sie alle heißen mögen. Als Badewanne der Sydneysider geriert sich die nördliche Manly Bay. Die Fähre legt an der Wharf in der geschützten Innenbucht an. Menschenmassen wälzen sich an Land. Ein kurzer Weg durch die quirlige Fußgängerzone des Stadtteils - „El Corso" genannt -, und schon stehst du am Pazifikstrand.

    Was dem einen sein Pazifikbad, ist dem anderen sein Surf. Weltruf hierfür genießt der Bondi Beach, südöstlich von Sydney, bereits wieder an der Tasman Sea gelegen. Die Fähren wagen sich wegen der stets rauen See zwar nicht um den South Head, dafür geht es problemlos mit dem Bus in circa dreißig Minuten von der Innenstadt. Und es ist ja gerade die ewig raue See, welche diese Bucht mit goldgelbem Strand für Surfer so attraktiv macht. Eine solche Ansammlung von begeisterten Wassersportlern findet man sicherlich nur selten. Und das Beste: Alle Bays und Beaches sind frei zugänglich, ohne Eintritt oder Kurtaxe, und doch stets von Rettungsschwimmern überwacht. Beispielhaft!

    An dieser Stelle bietet sich ein Wort über einen ganz besonderen Club an. Bekanntlich ist das Clubwesen in Australien stark ausgeprägt, ein britisches Erbstück. Hier in Bondi regiert ein elitärer Schwimmclub die Clublandschaft. Um Mitglied werden zu dürfen, müssen die Kandidaten vier Jahre lang jeden Sonntag in den Club zum Schwimmen kommen - im Sommer wie im Winter. Nicht ein beheizter Pool lockt, sondern ein Außenbecken, welches das Meer mit Wasser speist. Fehlen beim Sonntagsschwimmen wird mit dem Entzug des Kandidatenstatus bestraft. Und als ob es nicht genügt, dass sich das Badevergnügen im Winter zwar frostfrei aber doch recht frostig gestaltet, müssen die Kandidaten an einem Sonntag mit einem großen Eisblock in den Armen ihr Schwimmtraining absolvieren. Das wärmt dann das Wasser auch nicht gerade auf. Wenn das nicht elitär genannt werden darf! Die Liste der Aufnahmeanträge sowie die Wartezeiten sollen sehr lang sein.

    Doch auch für Nichtsurfer und Nichtschwimmer ist an diesem prachtvollen Küstenabschnitt gesorgt. Rund drei Kilometer kann man dem Panoramawanderweg folgen bis nach Bronte Beach. Entlang der steilen Felsenküste verläuft der Pfad immer direkt am Meer. Mal führt er dich unmittelbar auf der Höhe des Meeresspiegels entlang mit hohem Risiko, eine Wellendusche abzubekommen, mal klettert er hinauf zu einem der Aussichtspunkte, von wo der Wind dich fast wieder hinunterpustet. Von Einsamkeit ist dort natürlich keine Spur. Zusätzlich zu den Heerscharen von Badegästen kommen noch die Anwohner, denn diese Küstenlinien sind fast durchgängig intensiv bebaut. Die Küstensiedlungen tragen denn auch hin und wieder hübsche Spitznamen. Das Stadtviertel an der Rose Bay hat man „Häuser mit Millionenblick getauft, die Double Bay mutiert zu Double Pay. Preiswertes ist hier offensichtlich wirklich nicht zu erstehen. Ein Verkaufsangebot für eine Eigentumswohnung mit drei „bedrooms ist denn auch für nur vierundvierzig Millionen Australische Dollar (knapp dreißig Millionen Euro) zu haben.

    Verlassen wir einmal kurz diese Bay- & Beach-Idylle und wenden uns dem nördlichen und westlichen Hinterland zu. Noch auf äußerem nördlichem Stadtgebiet lädt der Ku-Ring-Gai Chase National Park zu einem Ausflug ein. Am Bobbin Head gleich hinter dem Information Center führt ein Rundweg durch australischen Buschwald. Und mit etwas Glück läuft dir auch eine Goanna Echse über den Weg. Daneben gibt es herrliche Aussichtspunkte auf die verzweigte Flusslandschaft - Wasserwege, die alle Zugang zum Sydney Harbour und damit zum Ozean bieten.

    Etwas weiter entfernt in westlicher Richtung lohnt sich ein Ausflug in den Blue Mountains National Park. Als Teil der Great Diving Range erhebt sich dieses zerfurchte Sandsteinplateau auf bis zu tausendeinhundert Meter. Als Hauptanziehungspunkt gilt die Stadt Katoomba mit ihrem Echo Point und den Felsnadeln Three Sisters, zusätzlich zu den beiden Gondelbahnen Scenic Skyway und Scenic Cableway. Ergänzt wird das Triumvirat durch die Scenic Railway, dem mit zweiundfünfzig Grad Gefälle steilsten Personenzug der Welt (nach einer Broschüre). Wanderer und Kletterer fühlen sich im El Dorado dort unten in den Eukalyptuswaldtälern oder auf der Giant Stairway, das heißt einer Steintreppe mit rund tausend Stufen hinab zum Jamison Valley.

    Exkurs: Die Geburt der „Drei Schwestern"

    Aus dem dichten Regenwald der Blue Mountains ragt eine Felsformation besonders hervor: „Die Drei Schwestern". Ihre Entstehung spiegelt sich wider in einer Legende der Aborigines:

    Vor langer, langer Zeit existierte das mystische Land Gondwana, wunderschön, friedfertig und unberührt. In ihm lebte Taywan, der weise Alte des Stammes der Gundugurra. Er hatte drei Töchter, Meenhi, Wimlah and Gunnedoo, die er beschützte wie seinen eigenen Augapfel.

    In einer tiefen Höhle hauste Bunyip. Er labte sich an menschlichem Fleisch, besonders an dem von jungen Mädchen und Frauen. Deshalb fürchtete ihn jeder. Wer an seiner Höhle vorbei kam, musste mucksmäuschenstill an ihr vorbeikriechen, um das Ungeheuer nicht zu stören. Jedes Mal, wenn Taywan daran vorbei musste, verbarg er seine Töchter hinter einem hohen Felswall - für alle Fälle.

    So geschah es eines Tages wieder. Taywan schlich an der Höhle vorbei, während sein Töchter verborgen hinter dem Felswall auf seine Rückkehr warteten. Plötzlich kroch ein riesiger Tausendfüßler auf die jungen Mädchen zu, die anfingen zu schreien. Die älteste von ihnen, Meenhi, nahm einen Felsbrocken und warf ihn nach dem Tier. Doch der Stein verfehlte den Tausendfüßler und rollte den Berg hinunter, direkt in die Höhle Bunyips. Dieser erwachte umgehend vom Lärm und Stoß des Felsen. Bitterböse über die Störung suchte er nach dem Übeltäter. Schließlich entdeckte er die drei Schwestern auf ihrem Felsen. Seine Augenlider formten sich zu Schlitzen. In Vorfreude auf das festliche Mahl stieß er einen teuflischen Schrei aus, der in den gesamten Blue Mountains zu hören war. Auch Taywan vernahm ihn und ahnte nichts Gutes.

    Als es sich dem Felsen seiner Töchter näherte, sah er das Ungeheuer, wie es bereits die Felswand hinaufkletterte. Rasch verwandelte Taywan daraufhin mit Hilfe seines Zauberknochens die Töchter in drei Felsnadeln. Dann machte er sich wieder an seine Arbeit. Die Zauberei blieb dem teuflischen Bunyip natürlich nicht verborgen, ebenso wenig die Ursache. Sofort nahm er die Verfolgung von Taywan auf. Der unglückliche Vater merkte alsbald, dass er durch Laufen dem Ungeheuer nicht entfliehen konnte. Also betätigte er seinen Zauberknochen ein zweites Mal, verwandelte sich selbst in einen Lyre Bird und flog einfach davon.

    Blue Mountains - Die Drei Schwestern

    Alles schien gut und gerettet, bis Taywan bemerkte, dass er im Fliegen seinen Zauberknochen verloren hatte. Somit konnte er weder seine Töchter noch sich selbst zurückverwandeln in menschliche Wesen. Als Vogel scharrt und sucht er noch heute den verschwundenen Zauberknochen. Und seine drei Töchter warten seitdem starr und steinern darauf, dass er sie wird zurückverwandelt in junge Aborigines-Mädchen.

    Blue Mountains - aus der Ferne schimmern sie tatsächlich blau. Warum? Ursache hierfür sind die bläulich schimmernden ätherischen Öle, die aus den Eukalyptusbäumen emporsteigen. Kein Wunder, dass bei so viel Sehenswertem der National Park als UNESCO Weltnaturerbe geadelt wurde. Eng verbunden mit dem Eukalyptusbaum sind seine häufigsten Bewohner, die Koalas. Im National Park selbst sind sie zwar nur äußerst selten sichtbar. Dafür aber werden sie gehegt und gepflegt im Featherdale Wildlife Park, auf halbem Weg zwischen Sydney und dem National Park. Dabei handelt es sich in erster Linie nicht um einen herkömmlichen Tierpark. In diesem Sanctuary wird wissenschaftlich versucht, das Überleben dieses selten geworden Tieres zu sichern. Wombats, Kakadus, Wallabys und viele andere Spezies in dem Wildlife Park ergänzen die Palette der „Heimbewohner".

    Auf dem Rückweg dieses an Ereignissen reichen Abstechers legen wir noch einen Zwischenstopp am Olympic-Center in Sydney ein. Nicht um diese ehemaligen Sportstätten von der Sommerolympiade 2000 zu besuchen, sondern - und damit kommen wir zum eigentlichen Thema zurück - um per Katamaran in rund neunzig Minuten zum Sydney Harbour zurückzukehren. Das geschilderte Leben am, im und auf dem Wasser präsentiert sich in der Abendsonne ein weiteres Mal. Endstation ist der vor Lebenssaft überquellende Darling Harbour im Stadtzentrum. Es lohnt das Warten bis zur Dunkelheit. Denn immer samstags 21.00 Uhr wird dort während des Sommers vom Wasser aus ein farbenfrohes Feuerwerk gezündet. Sydney, wie wir es erleben: Eine Stadt voller Lebenskraft, Lebenslockerheit und Lebensfreude.

    Es hauptstädtert sehr

    Nach so vielen Tagen in Sydneys Stadtgewühl zieht es uns in grüne Einsamkeit. Was liegt näher, auch geographisch, als dem südwestlich gelegenen Morton National Park einen Besuch abzustatten. Bevor wir ins Landesinnere abdriften, werfen wir noch einen kurzen Blick auf den Blowhole Point im Küstenort Kiama. Bei rauer See spritz das Wasser meterhoch durch eine Felskluft. Bei ruhigem Wellengang gibt es keine Meerwasserdusche, aber immerhin eine gut zwei Meter hohe Fontänengischt. Allein der Ausblick auf die Tasman Sea lohnt den kleinen Umweg.

    Ruhig und beschaulich dösen die kleinen Orte im vor uns liegenden Nationalpark dahin. Berry, Bowral, Berimma, allesamt Tore für die kilometerlangen Wanderwege im Naturschutzgebiet. Die Straße führt durch das Kangaroo Valley. Australiens Wappentier wird hier zwar nicht gesichtet, dafür erfreuen wir uns am dichten, schattigkühlenden Regenwald, der die Berghänge (bis achthundert Meter hoch) begrünt. Bezaubernde Blicke auf die Küstenebene verlocken immer wieder zum Zwischenstopp.

    Weit ist es allerdings nicht mehr bis zur Hauptstadt - also gleich wiederum in überschäumendes Stadtleben eingetaucht? Weit gefehlt! Denn zunächst zieht es uns in die sogenannte Capital of Cherries, in die Kleinstadt Young, in einem der wichtigsten Anbaugebiete für diese Köstlichkeit gelegen. Obwohl jetzt Haupterntezeit sein soll, bleiben die Stände am Straßenrand oder bei den Obstbauern direkt leer. Selbst der wichtigste Obst- und Gemüsemarkt in der Stadt bot keine Kirschen zum Verkauf an. Wir vergewissern uns, ob die Saison Mitte Januar als Erntezeit stimmt. Sie geht in Ordnung, versichert man uns in der Touristeninformation. Und warum gibt es dann keine Kirschen im Angebot? Das meiste geht in den Export, Direktvermarktung genießt hier keinen hohen Stellenwert, obwohl die Verkaufsschilder an der Straße es anders ausweisen. Doch in einem örtlichen Supermarkt entdecken wir schließlich Kirschen, nicht mehr ganz frisch, dafür mit schweißtreibendem Preis: zwanzig Australische Dollar pro Kilogramm (circa vierzehn Euro).

    Versehen mit einem Foto des Wahrzeichens der Stadt und der Kirschengeschichte (Anbau seit 1847) verlassen wir das „Rote Zentrum"

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1