Reiseführer Prag
Von Ferdinand Hauser
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Über dieses E-Book
Abgerundet wird der Inhalt durch Tipps von jungen Pragern, einen Sprachführer, eine kleine Landeskunde, Wissenswertes zu Prag, Tipps für weitere Reiseziele in Tschechien und Kartenmaterial.
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Buchvorschau
Reiseführer Prag - Ferdinand Hauser
Ferda)
#1 Klassiker
Hlavní nádraží / Hauptbahnhof
Zug/Metro/Tram: Hlavní nádraží
Karte: k/1
Der Aufenthalt in Prag beginnt und endet oft genau hier: am Hauptbahnhof oder „hlavák, wie ihn die Prager nennen. Stets gibt es hier ein reges Treiben. Vor den Anzeigetafeln drängen sich die Menschen und warten darauf, dass sie endlich erfahren, auf welchem Gleis ihr Zug einfährt, was nicht selten erst drei, vier Minuten vor der Abfahrt geschieht. Immer, ja wirklich permanent, ertönen Durchsagen. Die Tschechen nehmen es damit sehr genau: Welcher Zug, woher, wohin, Beiname, von welcher Eisenbahngesellschaft betrieben, wann, welches Gleis, wieviel Minuten Verspätung. Das Schöne daran: Jede Durchsage wird mit einigen Tönen aus Bedřich Smetanas Werk „Má vlast
(Mein Vaterland) angekündigt.
Nach 1938 setzte sich der Brite Sir Nicholas Winton für die Rettung von mehreren hundert, vor allem jüdischer tschechischer Kindern ein: Er organisierte Zugtransporte nach London vom Prager Hauptbahnhof aus und rettete sie so vor dem Tod in Konzentrationslagern. An Wintons Taten erinnern heute zwei Statuen auf dem Hauptbahnhof, eine davon befindet sich auf Gleis 1.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Bahnhof umgebaut und es entstand die grandiose, im Jugendstil von Josef Fanta entworfene Empfangshalle. Man findet sie heute, wenn man mit den Rolltreppen bis ganz nach oben fährt oder im mittleren Gang nach einigen Metern nach oben schaut. Stuck, Gold und Wappen verschmelzen mit einem funktionalen, künstlich beleuchteten Gang; Geschichte verschmilzt mit Gegenwart.
In der Haupthalle des Bahnhofs findet sich ein Exemplar der Aktion „Pianos on the street". Ein Prager Cafébesitzer startete 2013 damit, Klaviere in der Stadt aufzustellen. Es wurden mehr und mehr und der Gedanke breitete sich auch auf andere Städte in Tschechien aus. So hört man nicht selten angenehmes Klaviergeklimper beim Rennen zum Zug.
Will der Reisende sein Gepäck loswerden, nutzt er eines der Schließfächer – steht man vor der großen Anzeigetafel, befinden sie sich unten links. Eine Alternative für weniger Geld, aber mit viel mehr Kult gibt es bei den freundlichen Mitarbeitern der Gepäckaufbewahrung im rechten Gang.
Unten rechts dehnt sich der „BILLA aus. Die österreichische Supermarktkette, die in Tschechien stark vertreten ist, hat selbstverständlich auch eine Filiale im Hauptbahnhof, die immer gut besucht ist und in der man vor der Heimfahrt noch ein paar authentische Souvenirs kaufen kann: Oblaten, Bier, Fertigknödelpulver. Weniger authentische und weniger tschechische, aber ebenso nette Mitbringsel gibt es auch im „Flying Tiger
. Aber beim Herumstöbern in all dem Krimskrams nicht die Abfahrtszeit des Zuges aus den Augen verlieren!
Karlův most/Karlsbrücke
Metro: Staroměstská Tram: Karlovy lázně
Karte: b/2
Die Karlsbrücke ist wohl das am meisten gefeierte Bauwerk der ganzen Tschechischen Republik. Karl IV., der Mann, der Prag groß gemacht hat, ließ sie 1357 als erste Brücke über die Moldau in Prag errichten. Die dekorativen Figuren kamen erst ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts hinzu. Die Brücke ist nicht nur aus Steinen gebaut, sondern auch aus Milch und Eiern und deshalb bis heute so stabil. Bis zum 2. Weltkrieg fuhren hier noch Autos, nun schieben sich nur noch die Touristenströme hin und her. Es ist viel los, auch musikalisch: am Kleinseitner Ende, über dem oben die Burg thront, spielt oft eine Frau Leierkasten, dann ist da noch die Bridge Band, die hervorragenden Jazz fabriziert, und das tatsächlich nur auf der Karlsbrücke. Und dieser großartige, schon etwas ältere Herr, mit den längeren grauen Haaren, der wahlweise als Ein-Mann-Band auftritt oder mit unterschiedlich gefüllten Sektgläsern Klänge erzeugt, die von ganz weit herzukommen scheinen. Zwischen all dem bieten Straßenmaler genervt ihre Werke an, Karikaturisten zeichnen Touristen und billiger Schmuck wird an den Mann oder die Frau gebracht. Ein spannender, wenn auch sehr touristischer Ort. Es ist zu empfehlen, sich für einige Minuten an die Brüstung zu lehnen und dem Treiben zuzuschauen.
Überschreitet man die Mitte der Brücke, von der Altstadt kommend, erblickt man rechter Hand den Sockel einer Statue, an dem zwei Figuren ganz abgegriffen sind. Berührt man das Relief der Frau, erhält man angeblich ganz viel Glück zum Mitnehmen. Die Statue ist dem Märtyrer Jan Nepomuk gewidmet. Einst wollte König Wenzel vom Priester Nepomuk erfahren, ob seine Frau ihm tatsächlich treu wäre. Nepomuk jedoch sprach kein Wort und brach sein Beichtgeheimnis nicht. Wenzel ließ Nepomuk daraufhin foltern und von der Karlsbrücke werfen. An der Stelle, an der Jan Nepomuk ins Wasser gestürzt wurde, findet sich heute ein metallenes Kreuz in der Brüstung.
Es hält sich auch noch eine andere Legende um die Karlsbrücke: Es wird erzählt, dass man sie ganz für sich allein haben kann, wenn man nur pünktlich zum Sonnenaufgang da ist. Was für ein Traum das doch wäre! Dieses Bauwerk, ohne all die vielen Menschen, ohne all den Lärm… Probiert es doch einfach mal aus!
Prager Gesichter: Karl IV. 1316–1378
Karl IV. war eigentlich weder Prager noch Tscheche und doch gilt er heute als „Vater des Landes. In einer Umfrage vom tschechischen Staatsfernsehen 2005 wurde er zum „Größten Tschechen
gekürt.
Karl IV. wird 1316 im Geschlecht der Luxemburger geboren. Später wird er König von Böhmen und römisch-deutscher Kaiser. Er verlegt den Wohn- und Regierungssitz nach Prag und macht so daraus die „Goldene Stadt". Wirtschaft und Kirche werden gestärkt, Künste und Wissenschaften blühen auf.
Karls Einfluss ist bis heute in Prag zu spüren: Da ist zum Beispiel der Karlovo náměstí/Karlsplatz, der damals vermutlich größte Marktplatz Europas und natürlich die Univerzita Karlova/Karls-Universität. 1348 wurde sie gegründet und ist so die älteste Universität nördlich der Alpen und östlich von Paris sowie die erste deutschsprachige Universität überhaupt.
Karls Schaffen ist aber auch außerhalb Prags auf böhmischem Boden nicht zu übersehen: So ließ er die Burg Karlštejn/Karlstein 30 Kilometer südwestlich Prags errichten und gab Karlovy Vary/Karlsbad seinen Namen.
Staroměstské náměstí/Altstädter Ring
Metro/Tram: Staroměstská
Karte: b/3
Der Altstädter Ring ist das Herz der Altstadt. „Staromák nennen ihn die Prager. Welch ein Trubel… Menschenmassen stehen vor einer Uhr, junge Männer versuchen, sich mit riesigen Seifenblasen oder durch das Auftragen silberner Farbe auf den ganzen Körper ein Zubrot zu verdienen, Straßenmusiker spielen auf den verrücktesten Instrumenten, es parken ein paar Pferdekutschen. Aus Holzbuden werden trdelníks verkauft. Eine „altböhmische Spezialität
, wie man oft an den Ständen liest, ist dies jedoch keineswegs: Noch vor zehn Jahren, wusste in Prag keiner, worum es sich bei dem süßen Gebäck handelt. Direkt nebenan wird tschechisches Fast Food an den Mann, beziehungsweise Touristen, der er es noch nicht vermag, den hier horrend hohen Kronenpreis in die Heimatwährung umzurechnen, gebracht. All das vor einem ganzen Haufen historischer Gebäude, zum Beispiel der Teynkirche, deren Eingang so gut wie nicht aufzufinden ist. Auf dem Denkmal in der Mitte des Platzes steht Jan Hus, der „tschechische Martin Luther".
Schlägt die Astronomische Uhr (Pražský orloj) am Rathausturm zwischen 9 und 23 Uhr zur vollen Stunde, wandeln Figuren der zwölf Apostel umher, und der Tod läutet dazu die Glocke im Turm. Eines der Touristen-Highlights!