Perspektiven für MINT-Frauen 2018: Mit Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik Karriere machen
Von e-fellows.net
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Rezensionen für Perspektiven für MINT-Frauen 2018
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Buchvorschau
Perspektiven für MINT-Frauen 2018 - e-fellows.net
Impressum
Vorwort
MINT-Frauen stehen fast alle Wirtschaftszweige offen: Von der Energiebranche bis zur Konsumgüterindustrie, vom Finanzgewerbe bis zum Öffentlichen Dienst bieten sich zahlreiche Karrierechancen. Doch wer die Wahl hat, hat die Qual. In Anbetracht der vielen Möglichkeiten ist die Auswahl des richtigen Jobs eine echte Herausforderung.
Damit Sie einen Überblick über verschiedene Einstiegsoptionen erhalten, haben wir in diesem Buch Informationen zu 14 Branchen gesammelt, in denen MINT-Absolventinnen überaus gefragt sind. Farbige Reiter in den entsprechenden Überblicksartikeln zeigen an, für welche Fachrichtungen die einzelnen Branchen besonders interessant sind. Doch die Praxis sollte bei alldem nicht zu kurz kommen; daher haben wir MINTlerinnen darum gebeten, Fragen zu ihrem Wirtschaftszweig zu beantworten. Sie erklären unter anderem, worauf es beim Einstieg als M-, I-, N- oder T-Frau in ihre Branche ankommt, welche Jobs für Absolventinnen ihrer Fachrichtung interessant sein könnten und wie frauenfreundlich es in den jeweiligen Unternehmen zugeht.
Persönliche Einblicke bieten die Erfahrungsberichte in Kapitel 3. Dort erzählen MINT-Frauen von ihren nicht immer geraden Lebenswegen. Sie schildern beispielsweise, mit welchen Strategien sie sich als einzige Frau in einer Männerdomäne behaupten, wie sie Kind und Karriere miteinander vereinbaren und wie sie zu ihrem Traumjob gekommen sind.
Damit Sie gut vorbereitet auf Stellensuche gehen können, finden Sie in Kapitel 4 Informationen rund um Einstieg und Karriere, zum Beispiel, wie Sie frauenfreundliche Unternehmen erkennen, sich erfolgreich bewerben, geschickt netzwerken und bei Gehaltsverhandlungen mehr erreichen. Möglicherweise können Sie die Tipps ja bei einem der Unternehmen ausprobieren, die sich in Kapitel 6 vorstellen.
Die Frage, wie man Beruf und Familie unter einen Hut bekommt, treibt viele Frauen um. Ein Patentrezept gibt es leider nicht, doch in Kapitel 5 finden Sie zahlreiche Tipps für den Wiedereinstieg nach der Elternzeit und für den Alltag zwischen Büro, Babybrei und Bauklötzchen.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!
Kristina Folz
e-fellows.net
Grußwort
Liebe Studentinnen und Absolventinnen,
der MINT-Bereich gehört zu den wachsenden Branchen mit hohem Nachwuchskräftebedarf. Wer einen Abschluss in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik vorweisen kann, hat entsprechend gute Jobaussichten und kann sich auf ein interessantes und vielseitiges Berufsleben freuen. Das gilt in der Wirtschaft ebenso wie in Wissenschaft und Forschung. Denn eines steht außer Frage: Die MINT-Fächer sind die Basis für Fortschritt und Innovation. Ob in der Elektro- und Energiebranche, der Luft- und Raumfahrt, dem Gesundheitswesen, der Automobilbranche oder der chemischen Industrie – nur durch die innovativen Ideen von MINT-Absolventinnen und -Absolventen können wir die Herausforderungen in diesen Bereichen meistern und zukünftige Entwicklungen positiv beeinflussen.
Besonders erfreulich ist, dass immer mehr Frauen ein ingenieurwissenschaftliches oder mathematisch-naturwissenschaftliches Studium aufnehmen und erfolgreich abschließen. Diese gut ausgebildeten jungen Frauen bringen Vielfalt in die noch überwiegend männlich geprägten Techniksparten. Durch die Einbindung des Blickwinkels von Frauen entstehen breitere Problemlösungsansätze und neue, kreative Ideen, die für die erfolgreiche Entwicklung und Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen sowie die angewandte Forschung von Bedeutung sind. Mehr und mehr Unternehmen erkennen das Potenzial von Frauen und die Bedeutung gemischter Teams, die nicht nur innovativer sind, sondern auch eine größere Kundinnen- und Kundenorientierung vorweisen. Entsprechend ist der Wunsch nach weiblichen Nachwuchskräften in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Mit einem Abschluss in einem der MINT-Fächer haben Sie also beste Voraussetzungen für einen guten Karrierestart.
Damit der Einstieg ins Berufsleben reibungslos funktioniert, ist es wichtig, sich als zukünftige Berufseinsteigerin bereits im Studium nach möglichen Arbeitgebern umzusehen, Praktika zu machen und erste Kontakte auf Messen und Veranstaltungen zu knüpfen. Besonders gefragt sein werden in Zukunft soziale Kompetenzen und IT-Kompetenzen, denn mit der fortschreitenden Digitalisierung von Arbeitswelt und Gesellschaft wird die Notwendigkeit von interdisziplinären Teams und Informatikkenntnissen noch weiter zunehmen.
Wer engagierte, gut ausgebildete Frauen einstellen will, muss auch etwas dafür tun. Das haben viele Unternehmen bereits erkannt und entsprechende Maßnahmen ergriffen. Die gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist diesbezüglich ebenso ein wichtiger Baustein wie geeignete Personalentwicklungsmaßnahmen auf allen Fach- und Führungsebenen. Nutzen Sie als Berufseinsteigerin unbedingt die Möglichkeiten, die Ihnen vonseiten der Unternehmen geboten werden. Machen Sie auch Gebrauch von den vielfältigen Angeboten, die sich Ihnen in den bundesweiten MINT-Netzwerken bieten, denn persönliche Kontakte sind nach wie vor von besonderer Bedeutung, wenn es um den beruflichen Aufstieg geht. Ich wünsche Ihnen für Ihren weiteren Karriereweg alles Gute!
Dr. Ulrike Struwe
Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V.
Die Autorinnen
Silke Corall, Dr. rer. nat., 1983, ist Forschungsreferentin an der Universität Paderborn. Sie studierte Biologie an der Uni Tübingen, promovierte an der Uni Heidelberg und absolvierte eine Weiterbildung zur Projektmanagementfachfrau. Als Forschungsreferentin berät sie Wissenschaftler bei der Antragstellung im Bereich der nationalen Forschungsförderung und unterstützt bei strategischen Forschungsangelegenheiten.
Klara Gießler, Dr. rer. nat., Jahrgang 1987, studierte Biologie und Biomedizin in Kaiserslautern und Nijmegen. Mit einem Stipendium der Helmholtz Gemeinschaft promovierte sie am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Danach arbeitete sie als persönliche Referentin des Leiters am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen. Seit April 2017 ist sie in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig.
Rike Graß, M. Sc., Jahrgang 1990, ist als Elektroingenieurin bei Keysight Technologies tätig. Zuvor studierte sie Elektro- und Informationstechnik mit Vertiefungsrichtung Mikro-, Nano- und Optoelektronik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und absolvierte ein Praktikum bei der Osram OLED GmbH. Zu ihren aktuellen Aufgaben zählen Produktneuentwicklungen in der optischen Kommunikationstechnik.
Petra Grell-Kunzinger, Magistra der Mathematik, Jahrgang 1982, ist seit Anfang 2015 für die Strategie der Österreichischen Post mitverantwortlich. Davor war sie in der Strategieabteilung der Österreichischen Bundesbahnen und bei McKinsey als Projektleiterin tätig und begleitete Projekte aus unterschiedlichen Bereichen. Fünf Jahre lang war sie zudem Deal-Team-Head im Investment-Banking.
Ines Großkopf, Dipl.-Soz., Jahrgang 1968, arbeitet beim Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. Seit 2000 ist sie im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Kompetenzzentrums für unterschiedliche Projekte und Maßnahmen tätig – aktuell für den Nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen „Komm, mach MINT."
Patrizia Gufler, M. Sc., Jahrgang 1988, ist selbstständige IoT-Softwareentwicklerin. Sie studierte Informatik in Italien und Österreich. Anschließend arbeitete sie in einem österreichischen Unternehmen und bei IBM R&D Germany. 2013 hat sie beim IBM R&D Extreme Blue Student Program das erste IoT-Projekt umgesetzt. Seitdem beschäftigt sie sich beruflich und privat mit dem Internet der Dinge.
Julia Kern, Dr. rer. nat., Jahrgang 1984, ist bei der Robert Bosch GmbH im Geschäftsbereich Automotive Electronics tätig. Während ihrer Promotion in Physik stieg sie 2013 dort als Applikationsingenieurin in der Sensorentwicklung ein. 2017 übernahm sie im gleichen Bereich eine Teamleitung im Qualitätsmanagement. Seit 2016 ist sie Standortkoordinatorin des Firmennetzwerks women@bosch Reutlingen.
Ina Lackerbauer, M. Sc., Jahrgang 1989, stieg nach dem Biologiestudium als Trainee bei einem Personalvermittler ein. 2017 wechselte sie die Branche und machte sich als Beraterin bei dem Finanzdienstleister FiNUM.Finanzhaus AG in München selbstständig. Hier ist sie für die Akademikerberatung im Bereich Karriere und Finanzen verantwortlich und gibt Coachings zu Jobeinstieg und Gehaltsverhandlung.
Carina Malzacher, B. Sc., ist Modulbetreuerin SAP HCM am Kantonsspital St. Gallen. Zuvor machte sie eine Ausbildung zur Industriekauffrau und studierte International Management for Business and Information Technology an der DHBW Mannheim. Die Praxisphasen absolvierte sie bei Hewlett Packard, wo sie nach dem Studium als Technical Consultant SAP HCM einstieg.
Julie Merten, Dipl.-Math., ist als Digital Data Engineer bei der Accenture Technology Solutions GmbH tätig. Zuvor studierte sie Mathematik mit Diplomabschluss an der Universität Heidelberg. Zu ihren Studienschwerpunkten zählten mathematische Modellierung und numerische Simulation, daher absolvierte sie mehrere Programmierpraktika im Universitätsrechenzentrum.
Charlotte Newiadomsky, Dipl.-Ing. (FH), M. Sc., Jahrgang 1984, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Niederrhein am SWK E² Institut für Energietechnik und Energiemanagement. Zuvor studierte sie Chemieingenieurwesen an der FH Aachen sowie Technologie- und Ressourcenmanagement an der FH Köln. Zu ihren aktuellen Aufgaben zählt u. a. die forschungsorientierte Projektbearbeitung.
Georgia Papaioannou, Dr.-Ing., Jahrgang 1985, arbeitet bei der msg systems ag. Zuvor promovierte sie am Fachbereich Elektro- und Informationstechnik der Technischen Universität Darmstadt. Als IT-Consultant steuert sie behördenübergreifende IT-Projekte und berät in strategischen Fragestellungen in Bezug auf die Umsetzung der digitalen Transformation.
Melanie Pfeuffer, Dr. rer. nat., Jahrgang 1985, arbeitet als Patentanwältin bei Hannke Bittner & Partner. Zuvor studierte sie Physik an den Universitäten Regensburg und Erlangen und fertigte ihre Dissertation über ein Hochenergieexperiment an. Zu ihren Aufgaben als Patentanwältin zählen die Unterstützung bei der Erwirkung und Verteidigung von Schutzrechten sowie deren Durchsetzung gegenüber Verletzern.
Katrin Preiß, Dr. rer. nat., Jahrgang 1983, studierte Mathematik an der RWTH Aachen. Nach Abschluss ihrer Dissertation arbeitete sie im Risikocontrolling bei verschiedenen Privatbanken und sammelte Erfahrungen in der Consultingbranche. Aktuell verantwortet sie bei der Sparkasse KölnBonn die Umsetzung von regulatorischen Neuerungen.
Julia Ries, M. Sc., Jahrgang 1990, ist Trainee Operations bei der Abbott GmbH & Co. KG. Zuvor studierte sie Biologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und absolvierte Forschungspraktika an Universitäten in Großbritannien und den USA sowie bei Roche Diagnostics in Deutschland. Dort schrieb sie auch ihre Master-Arbeit und arbeitete nach ihrem Abschluss für zehn Monate in der Prozessentwicklung.
Katharina Rox, Dr. rer. nat., Jahrgang 1988, studierte Pharmazie an der WWU Münster, promovierte an der Universität des Saarlandes und ist seit 2015 als Pharmakologin am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig in der präklinischen Entwicklung neuer Wirkstoffe gegen Infektionskrankheiten tätig.
Diana Scheidt, M. Sc., ist Architect Data and MDM bei der KUKA AG. Nach einem Bachelor-Studium in Computer Science absolvierte sie ein Master-Studium der Informatik und Informationswirtschaft mit den Schwerpunkten Datenbanken und Suchmaschinen. Beruflich beschäftigt sie sich mit Daten, Data Architecture und Master Data Management.
Lara Schmitt, M. Sc., Jahrgang 1989, ist seit Oktober 2016 Trainee für IT-Management bei der Gothaer Finanzholding AG. Nach einer Ausbildung zur Bankkauffrau studierte sie im Bachelor (FH Köln) und Master (Uni Wuppertal) Wirtschaftsingenieurwesen Elektrotechnik. Währenddessen arbeitete sie u. a. an der Universität und beim Fraunhofer Institut als Werkstudentin.
Andrea Spichtinger, M. Sc., Jahrgang 1992, ist seit 2016 bei der Syskron GmbH tätig. Zu ihren Aufgaben zählen u. a. der Aufbau von Cloud- und Machine-Learning-Technologien in der Getränkeabfüllindustrie. Zuvor studierte sie Physik an der Universität Regensburg mit Schwerpunkt Numerical Solid State Physics. Sie verbrachte Auslandsaufenthalte in Kanada und Japan und nahm an internationalen Seminaren teil.
Ulrike Struwe, Dr. rer. soc., ist Diplom-Soziologin. Sie promovierte zum Thema Berufsorientierung technisch interessierter Jugendlicher, ist Geschäftsführerin des Kompetenzzentrums Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. sowie Leiterin der Geschäftsstelle des Nationalen Paktes für Frauen in MINT-Berufen „Komm, mach MINT."
Sarina Wittchen, M. Sc., ist Senior Manager bei Intero Consulting, einer auf Business Operations fokussierten Beratung. Nach ihrem Studium der Mathematik an der TU und LMU München startete sie direkt bei Intero Consulting. Schwerpunktmäßig berät sie Banken und Versicherungen im Bereich IT Cost Management.
Lisa Wulff, B. Eng., Jahrgang 1993, ist Fluggerätemechanikerin bei der ACC Columbia Jet Service GmbH. Nach ihrem Studium der Luftfahrttechnik/-logistik absolvierte sie eine Ausbildung im Bereich der Flugzeuginstandhaltung. Während der Ausbildung lernte sie verschiedene Abteilungen des Unternehmens kennen und übernahm Aufgaben in der Supervision, Projektplanung und Projektleitung.
1. Arbeitsmarkt und Jobaussichten für MINT-Frauen
Rosige Aussichten!? Der Arbeitsmarkt für MINT-Absolventinnen
von Dr. Ulrike Struwe
Die Digitalisierung und die damit verbundenen Umstrukturierungsprozesse in Unternehmen verändern den Arbeitsmarkt – heute und in Zukunft. Wer als Global Player vorne mitspielen will, benötigt hervorragend ausgebildete Fachkräfte in MINT-Berufen, denn gerade die technisierten Arbeitsbereiche sind mit der Innovationskraft und dem Wachstum deutscher Unternehmen eng verknüpft.
So verwundert es nicht, dass die Erwerbstätigkeit von MINT-Akademikerinnen und -Akademikern kontinuierlich zunimmt. Um 10,6 Prozent und von 2.366.000 auf rund 2.617.000 Personen ist die Zahl in diesem Berufssegment allein in den Jahren zwischen 2011 und 2014 angestiegen. Erfreulicherweise profitieren auch Frauen von dem Aufwärtstrend: Ihre Teilhabe ist durch ein Plus von 16,4 Prozent für diesen Zeitraum gekennzeichnet.
MINT-Frauen holen somit auf, und ihr Know-how ist gefragt wie nie.¹ Wer heute nach der Schule eine Ausbildung oder ein Studium im MINT-Bereich beginnt, kann in einigen Jahren gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt erwarten. Doch noch immer sind es viel zu wenige Frauen, die sich für naturwissenschaftliche und technische Jobs begeistern. Dies wird spätestens in der Studienabschlussphase sichtbar.
Zwar steht es um den akademischen MINT-Nachwuchs insgesamt positiv, die Nachfrage nach Akademikerinnen und Akademikern ist, wie gesagt, hoch, doch von der MINT-interessierten Schülerin zur Fachkraft, zur Spezialistin und Expertin ist es ein weiter Weg.
So gibt es zwar immer mehr Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen mit MINT-Abschlüssen – die Gesamtanzahl stieg zwischen 2008 und 2016 von rund 102.000 auf 182.000: Das ist ein Plus von 78 Prozent. MINT-Absolventinnen aber bleiben, im selben Zeitraum, trotz der positiven Entwicklung mit nur 70 Prozent Zuwachs hinter ihren Kommilitonen zurück (2008: 33.500; 2016: 55.400). Der Unterschied wirkt gering, doch um den Anteil weiblicher Fachkräfte im Berufsleben signifikant zu steigern, müssten noch deutlich mehr Frauen ein MINT-Studium abschließen.²
Bachelor, Master oder Promotion?
Ein Blick auf die Art der Abschlüsse verdeutlicht die Unterschiede zwischen Frauen und Männern in den MINT-Studiengängen. Nachfolgend ausgewählt sind die MINT-Fächergruppen Mathematik und Naturwissenschaften einerseits und Ingenieurwissenschaften andererseits. Sie unterscheiden sich markant im Hinblick auf die Orientierungen von Frauen und Männern.
Abschlüsse im MINT-Bereich 2016 (Quelle: Statistisches Bundesamt 2017, Fachserie 11 Reihe 4.2 und eigene Berechnungen)
Sichtbar wird: Der Frauenanteil im Bereich Mathematik/Naturwissenschaften ist relativ hoch, und zwar bei allen Abschlüssen. Bei den weiblichen Studierenden gibt es einen starken Trend zum Lehramtsstudium, der Frauenanteil bei diesen Abschlüssen beträgt 63,5 Prozent. Bei den wenigen Absolventinnen der Ingenieurwissenschaften sieht es tendenziell ähnlich aus: Mit 35,7 Prozent ist der Lehramtsabschluss der am häufigsten angestrebte.
Schöne neue Arbeitswelt? MINT-Branchen – von angesagt bis zukunftsfähig
Im Gesundheits- und Sozialwesen sind Frauen mit einem Anteil von 77 Prozent noch immer Spitzenreiter bei den Beschäftigungsanteilen aller Branchen des deutschen Arbeitsmarktes.³ Dass dies weniger den Talenten von Frauen als einem traditionell geprägten Berufswahlprozess geschuldet ist, steht außer Frage. Die zu erwartenden erheblichen Umstrukturierungen von Branchen und Arbeitsprozessen im Zuge der Digitalisierung werden die Nachfrage nach Kenntnissen im MINT-Bereich in den nächsten Jahren noch deutlich verstärken.
Doch hilft der Arbeitsmarkt 4.0 Frauen, ihre fachlichen Potenziale zu entfalten? Gibt es gleiche Chancen für alle? Wo findet sich das fachliche Know-how von Frauen in den Beschäftigungszahlen wieder? Den zahlenmäßigen Unterschieden von Männern und Frauen auf dem Bewerbungsmarkt bzw. den niedrigeren Absolventinnenzahlen nach der MINT-Ausbildungsphase stehen die Arbeitsplätze in Wirtschaft und Wissenschaft gegenüber. MINT-Berufe verzeichnen im April 2017 erneut ein Rekordhoch: 430.400 freie Stellen in technisch-naturwissenschaftlichen Berufen stehen zur Verfügung.
Zu den bevorzugten Wirtschaftszweigen für MINT-Einsteigerinnen zählen zurzeit die Automobilindustrie, ihre Zulieferer und das Ingenieurwesen. Zu verzeichnen ist laut aktuellen Beschäftigungszahlen ebenso ein überproportionaler Anstieg von Arbeitsplätzen in den Fächern Medizin, Informatik, Textil- und im Ingenieurwesen.⁴
Die beliebtesten MINT-Berufsfelder von Frauen (Quelle: Bundesagentur für Arbeit: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (SvB) am Arbeitsort (AO) | Datenstand September 2017)
Über 150.000 Frauen sind in Berufen aus Maschinenbau- und Betriebstechnik beschäftigt – mit etwa 1,3 Mio. Beschäftigten insgesamt eines der größten Berufsfelder. Auch für die Berufsgruppe Ingenieurwesen stellt sich eine gute Arbeitsmarktsituation dar. Die Erwerbstätigkeit in diesem Bereich ist insgesamt stark gestiegen. Überdurchschnittliche Vakanzzeiten sind hier als ein Indikator für einen Engpass zu bewerten. Allerdings kann aktuell noch nicht von einem generellen Ingenieurmangel gesprochen werden. Weitere Expertinnen und Experten werden in den Berufsfeldern Fahrzeugtechnik, Automatisierungstechnik sowie in der Metallbautechnik benötigt. Hier sind Frauen weiterhin stark unterrepräsentiert. Ein Anstieg des Anteils von Frauen in ingenieurwissenschaftlichen Fächern ist jedoch notwendig, um zukünftig die offenen Stellen für Ingenieurinnen und Ingenieure decken zu können.
„In den technischen Berufen zeigt sich ein Expertenmangel in der Fahrzeugtechnik sowie in der Softwareentwicklung und Programmierung. Eine Mangelsituation gibt es ebenfalls bei Experten in der Metallbau- und Schweißtechnik sowie in der Mechatronik und Automatisierungstechnik. Zudem gibt es einen Mangel an Experten im Bereich Konstruktion und Gerätebau."⁵ Die MINT-Arbeitskräftelücke kann IT-Expertinnen und -Experten besonders positiv stimmen: „Der Lückenanteil der IT-Expertenberufe an allen MINT-Expertenberufen ist von 25,9 Prozent im April 2011 kontinuierlich auf 38,1 Prozent im April 2017 gestiegen. Die Binnenstruktur der MINT-(Experten-)Arbeitskräftelücke ist folglich in den letzten Jahren IT-lastiger geworden."⁶
Zu den branchenbedingten Unterschieden im Verhältnis von Angebot und Nachfrage an MINT-Frauen kommen regionale hinzu: So werden Expertinnen und Experten für Softwareentwicklung und Programmierung vor allem in Süddeutschland gesucht. In Baden-Württemberg und Bayern beispielsweise können Absolventinnen und Absolventen bessere Chancen für den Berufseinstieg erwarten. Interessierte können sich in der Fachkräfteengpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit über die bestehenden Engpässe für einzelne Berufsfelder informieren.⁷
Beschäftigtenzahlen und Arbeitslosenquote – zwei Beispiele
Offene Stellen sowie die Arbeitslosenzahlen werden monatlich über die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht. Die MINT-Frühjahrs- und Herbstreporte des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln liefern zudem einen guten Überblick für alle, die entsprechende Informationen suchen. Nachfolgend ein beispielhafter Überblick über die Zahlen der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen und Männer sowie die Arbeitslosenquoten in den Berufsbereichen Informatik und Ingenieurwissenschaften.
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im IKT-Bereich (Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung: Berufe im Spiegel der Statistik 2017)
Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Ingenieurinnen und Ingenieure (Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Berufe im Spiegel der Statistik 2017)
Arbeitslosenquoten im IKT-Bereich (Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung: Berufe im Spiegel der Statistik 2017)
Arbeitslosenquoten im Ingenieurwesen (Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Berufe im Spiegel der Statistik 2017)
Diese Grafiken verdeutlichen, dass der Frauenanteil unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sowohl in der IT-Branche als auch in den ingenieurwissenschaftlichen Berufsfeldern deutlich unter dem der Männer liegt. Demgegenüber zeigen sich für die Chancen auf dem Arbeitsmarkt ganz andere Befunde. In der IT-Branche ist die Arbeitslosenquote der Frauen seit Jahren unter der der Männer und sinkt tendenziell leicht. In ingenieurwissenschaftlichen Berufen liegt die Arbeitslosenquote mit ca. einem Prozent über der der Männer, aber immer noch deutlich unter der Arbeitslosenquote über alle Berufe gesehen, die für April 2017 bei 6,5 Prozent liegt.
MINT-Berufssegmente: Arbeitsmarkt und Entlohnung (Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung: Berufe im Spiegel der Statistik 2017)
Im kontrastreichen Vergleich zweier Berufssegmente – Technik bzw. IT- und naturwissenschaftliche Dienstleistungen gegenüber personenbezogenen Dienstleistungen – stehen erstere deutlich besser da, was den monatlichen Verdienst sowohl allgemein als auch von Frauen angeht. Gleiches gilt bei der Arbeitslosenquote. Das bedeutet insgesamt: bessere Perspektiven.
Eine Förderung des Ansatzes, das Berufswahlspektrum von Mädchen und Frauen zu erweitern, liegt auf der Hand. Noch ist nicht alles rosig, denn es ist natürlich eine große, gesellschaftspolitische Aufgabe, die geschlechterbedingte Lohnlücke, den sogenannten Gender Pay Gap aufzuheben. Das Thema Verdienst steht immer wieder zur Diskussion und ist für Akademikerinnen nicht unerheblich.
„Auch bei der Entwicklung der Löhne spiegelt sich die in den vergangenen Jahren hohe Nachfrage nach MINT-Akademikern wider. So stieg der durchschnittliche Bruttomonatslohn vollzeiterwerbstätiger MINT-Akademiker von 3.600 Euro im Jahr 2000 über 4.500 Euro im Jahr 2005 auf 5.300 Euro im Jahr 2015 deutlich dynamischer an, als der entsprechende Lohn von allen Akademikern in Vollzeit, der von 3.700 Euro im Jahr 2000 über 4.200 Euro im Jahr 2005 auf 4.900 Euro im Jahr 2015 zunahm."⁸
Der bestehende Unterschied in der Entlohnung von Frauen und Männern zeigt gleichfalls in den MINT-Berufen eine vorteilhaftere Situation als über alle Berufe gesehen: Mit zehn Prozent fällt der Gender Pay Gap in den MINT-Berufen deutlich geringer aus als der vom Statistischen Bundesamt ausgewiesene Unterschied von 21 Prozent bezogen auf alle Berufe.⁹
MINT-Frauen stärken
Die Zukunftsaussichten für MINT-Frauen, auch derer, die sich derzeit noch im Studium befinden, sind vielversprechend. Damit sich immer mehr Frauen von MINT-Berufsfeldern angesprochen fühlen, sind jedoch deutliche Verbesserungen in der Ausgestaltung des Arbeitsmarktes sowie in den Rahmenbedingungen der Unternehmen notwendig. Die immer noch zu geringen Anteile von Frauen auf dem MINT-Arbeitsmarkt weisen darauf hin, dass das durch Frauen zur Verfügung stehende Potenzial nicht ausreichend genutzt wird. Damit werden bedeutende Potenziale verschenkt, auf die ein innovationsbasiertes Land in besonderem Maße angewiesen ist. Nicht nur vor dem Hintergrund der Digitalisierung kann es sich Deutschland nicht leisten, auf das Leistungsvermögen der MINT-Absolventinnen zu verzichten.
„Die Heterogenität einer Gruppe hinsichtlich Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Alter, Religion, Herkunft und die damit verbundenen unterschiedlichen Lebenserfahrungen und Informationen der Einzelnen können dazu beitragen, unterschiedliche Perspektiven und Ideen einzubringen und so neue Problemlösungen zu finden. [...] Das Zusammenspiel unterschiedlicher Kenntnisse und Qualifikationen, Erfahrungen und Skill Sets fördert Kreativität und Innovation sowohl bei Prozessen als auch bei Produkten. Außerdem trägt es dazu bei, dass die verschiedenen Kundengruppen und ihre Anforderungen an Produkte besser eingeschätzt werden können und die Unternehmensstrategie besser darauf ausgerichtet werden kann."¹⁰
Frauen gestalten Zukunft (mit)
Vor dem Hintergrund, dass mehr als die Hälfte aller Neuprodukteinführungen nicht die Erwartungen der potenziellen Käuferinnen und Käufer erfüllt und wieder vom Markt genommen wird,¹¹ ist es unerlässlich, eine Perspektivenvielfalt in den Entwicklungs- und Produktionsprozess aufzunehmen.