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Das offene Geheimnis: Eine romantische Erzählung
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eBook190 Seiten2 Stunden

Das offene Geheimnis: Eine romantische Erzählung

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Über dieses E-Book

Eine Liebesgeschichte der Sechzigerjahre, romantisch erzählt. - Mit leichter Ironie wird auch die damalige Gesellschaft augenzwinkernd beschrieben.
München, Stadt der Künste. - Flora, ein wohlerzogenes Mädchen. - Eine heillose Liebe. - Ein begehrenswerter Mann und Künstler. - Die unsäglich Verliebte schreibt dem einzigartigen Mann. - Er antwortet. - Anstatt sich mit einem Brief zu begnügen, will sie bald mehr ...
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum15. Aug. 2017
ISBN9783961360185
Das offene Geheimnis: Eine romantische Erzählung

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    Buchvorschau

    Das offene Geheimnis - Doree Valerie

    „Und weißt du noch …?",

    begann ihre Erzählung, als wir uns nach Jahren das erste Mal wieder trafen.

    In einem Alter, in dem Mädchen sich über die Liebe mokieren, weil sie sie nicht kennen, gestand sie, sie sei verliebt. Doch würden ihre Gefühle niemals erwidert werden, war sie zutiefst überzeugt.

    Sie war siebzehn. Er vierunddreißig.

    Es geschah in einer Zeit, in der man das Recht, wichtige Entscheidungen zu treffen, erst mit einundzwanzig Jahren erhielt. Mädchen bei Auftritten der ‚Beatles‘ aus hysterischer Begeisterung in Ohnmacht fielen. Und man Unterhaltungsmusik, aus der ‚Pop‘-Musik wurde, nur auf Englisch oder Italienisch ertrug.

    In dieser Zeit hatte sie die erste Liebe erfahren.

    Er hatte Jura studiert. Alle Examen bestanden. War Assessor geworden.

    Das hatte sie beeindruckt. War ihr aber nicht wichtig.

    Dass er schön war, hatte sie ins Herz getroffen.

    Deshalb huschte, wenn sie an ihn dachte, immer ein Lächeln über ihr Gesicht.

    Dass er nicht nur äußerliche Schönheit besaß, war ihr noch unbewusst. Doch ahnte sie, dass seine Züge, sein olivfarbener Teint, seine zartgliedrigen Hände, eine tiefere als nur äußerliche Schönheit bedeuteten.

    Seine knabenhafte und dennoch männliche Anmut war es, die ihre Seele berührte. Dieser männliche Knabe – oder noch knabenhafte Mann – hatte sie, ohne dass er dies im Schilde geführt hatte, mit besonderem Charme bestochen. Einem Zauber, einem Reiz, einer Liebenswürdigkeit, denen sie erlegen war.

    Niemals war das, was sie bewegte, seine Absicht gewesen. Er bestach ganz einfach. So wie er war:

    Sanft und elegant. Schön und gebildet. Leichtfüßig und ernsthaft zugleich.

    Der Traum eines empfindsamen Mädchens.

    Doch vor allem zogen sie seine dämmergrauen Augen in ihren Bann. Die in ihrem ins Grün spielenden Grau der Tiefe des Meeres glichen. Augen, die von gebogenen Wimpern gesäumt waren. In deren Iris Goldtupfen tanzten. Die melancholischen Ernst ahnen ließen. Verträumte Augen, die Sanftheit versprachen. Wie seine Gesten und auch sein Gang.

    Dabei war es nur natürlich, dass dieser männliche Knabe Sanftheit versprach, verinnerlicht wirkte und den geschmeidigen Gang einer hochbeinigen Katze besaß. Denn seine Berufswahl wäre eine andere als die des Advokaten gewesen.

    Niemals wollte er aus innerem Antrieb die Rechte studieren. Noch das Recht für Rechtlose oder Rechtsbrecher erstreiten. Die Vernunft des Vaters hatte zu dieser Berufswahl geführt. Entgegen dem Wesen des Knaben.

    Denn hätte er sich von seiner Sehnsucht leiten lassen, hätte diese Wahl gegensätzlicher nicht ausfallen können:

    Er wäre Tänzer geworden.

    Die Mutter, eine Künstlerin, die seinerzeit mit dem Kind im Ausland lebte, hatte dem Neunjährigen ermöglicht – ohne Wissen des nüchtern denkenden Vaters – zuerst in eine Kinderballettschule, später, mit vierzehn, in eine Elevenklasse eintreten zu können.

    Jahre verbargen Mutter und Sohn ihr tänzerisches Geheimnis. Bis die Mutter von der Ernsthaftigkeit der Neigung des Heranwachsenden und dessen Begabung überzeugt war, und sie dem Vater die Wahrheit gestand.

    Doch der widersetzte aus vernünftiger Absicht dem Tanz ein entschiedenes ‚Nein‘. Zog die Erziehung der künstlerischen Seele mit nicht widerlegbaren Argumenten an sich. Und erzog so lange an dem fügsamen Knaben herum, bis dieser den Tanz vergessen lernte.

    In Wahrheit hatte er den Tanz jedoch niemals vergessen. Und übte und tanzte weiter heimlich bei jeder Gelegenheit. Denn seine Gliedmaßen, sein Gang, doch vor allem seine Seele, trugen den Tänzer in sich.

    So wählte er – kaum der väterlichen Erziehung entkommen – zum vernünftigen Berufe des Juristen einen zweiten, ‚unvernünftigen‘ Beruf hinzu.

    Da diese zweite Berufswahl, zur Erfüllung eines sehnlichen Wunsches, mit Tanz zu tun haben musste, er aber, um klassischer Tänzer werden zu können, das Alter überschritten hatte, traf er einen Kompromiss:

    Er ließ sich zum Tanzlehrer heranwachsender Mädchen und Jungen ausbilden.

    Der Ausweg, Tanzlehrer zu werden, der bestenfalls Mittelmaß sein konnte, aber keinesfalls seinem Traum, Tänzer werden zu wollen entsprach, hatte seinen Augen eine leise Trauer verliehen.

    Diese Trauer und der ihr innewohnende Ernst waren es, die sie berührten.

    Und so verliebte sie sich.

    Erst gefiel ihr der Schöne so, wie er auch anderen gefiel. Dann entdeckte sie sein tänzerisches Talent. Die Leichtigkeit, mit der sein Körper über die Tanzfläche flog. Die Sicherheit, mit der er tanzend den Raum ausfüllte. Die Anmut seiner Gesten. Seine Vergessenheit beim Vorführen von Tanzfiguren. Dazu kam, dass er elegant war, aber keineswegs modisch gekleidet.

    Die Wahl der Farben, die er trug, wirkte extravagant. Wie nachtdunkles Violett eines Sakkos oder flüchtig schimmerndes Perltaubengrau einer Weste. Schnitt und Stoffe schienen nicht bei noblen Herrenausstattern erstanden zu sein. Erzählten vielmehr von Reisen und erklärten so seine häufige Abwesenheit. Von Reisen in den Vorderen Orient, auf denen er hier eine ausgefallene Krawatte, dort ein Tuch aus schwerer Seide erstand. Kurz, die Kleidung, die er trug, hatte nicht den Anschein, durch bloßen Kauf erworben zu sein.

    All dies Ungewisse, Vermutete, Zusammengereimte beflügelte ihre Wissbegier um den, der sie so verliebt gemacht hatte.

    Welche Länder er bereist haben mochte, sinnierte sie. Welchen Menschen er dort begegnet sein mag, hätte sie wissen mögen. Von welchen Sitten er erfahren hatte, wollte sie sich von ihm erzählen lassen. Denn alles, was der Schöne erlebt haben mochte, zeugte von fremden Abenteuern. Fremden Genüssen. Seltenen Schönen. Und Düften wie Zimtblüte und gepresstem Jasmin …

    Wie sie aussah, die seine Liebe besaß?

    Daran wollte sie nicht denken. War aber gewiss, dass es solch eine Liebe gab. Ihre Sinne gaukelten ihr Frauen vor, an deren Schönheit sie niemals heranreichen würde.

    Blauschwarz gewelltes Haar besaß eine von ihnen. Bewegte sich sicher auf höchsten Stöckeln. Wusste zu repräsentieren. Besaß Manieren. Konnte auf nichtssagendes Geplauder mit grazilem Geplänkel parieren. Gebildet würde sie sein. Französisch würde sie sprechen.

    Eine andere schüttelte herrisch ihre naturrote Mähne. Wusste zu fechten und zu Pferd zu stolzieren. Die Dritte, ach! Es hatte ja keinen Sinn. Diesen Schönen war sie ganz und gar unterlegen. Konkurrenzlos würde sie im Wettstreit um die Zuneigung dieses Mannes versagen. Schlimmer! Nicht einmal zugelassen zum Wettstreit würde sie sein!

    Diese Vorstellung machte sie mutlos. Vergraute ihr schönste Sonnentage. Verdarb ihre arglose Heiterkeit. Ließ ihr Lachen in Tränen enden. Bis dieses Lachen seltener wurde. Ihre Kehle verschnürte. Und bald völlig zerbrach.

    Sie war jung. Ein Gänseblümchen im Vergleich zu diesen mondänen Geschöpfen. Unbedeutend, verglichen mit diesen Schönen. Niemals würde sie auch nur einen Hauch von Anerkennung von diesem Manne erringen. Dazu kam seine Bildung, die unüberwindliche Gräben zwischen dem geliebten Wesen und der Verliebten auftun würde.

    Seine fremdsprachigen Töne sog die Verliebte in ihr gefühlvolles Herz, wenn er spanische oder französische Worte anklingen ließ. Wenn er von andalusischem Flamenco sprach. Oder die vage Tristesse von französischen Chansons anklingen ließ.

    All das war ihr fremd. Berührte aber umso tiefer ihre durstigen Sinne.

    Mehr wollte sie wissen, von dem, was ihn begeisterte. Wollte begreifen, was seine Seele im Innersten mit dem Tanz verband.

    All das steigerte noch ihre romantische Verliebtheit. Rührte eine Saite ihres Wesens. Von der sie nicht wusste, dass sie sie besaß.

    Ihre Herkunft war eine andere als die seine gewesen. Mit beiden Beinen fest auf dem Boden war sie erzogen. Hatte den Sinn für alles Natürliche und Unantastbare der zu schützenden Natur erlernt.

    Der Vater war Forstmann gewesen. Und hatte darum seinen Kindern Namen gegeben, die der Natur entlehnt waren:

    Flora wurde das Mädchen getauft. Horst und Sylvester die Söhne.

    Indes hatte sich Flora immer noch sehnsüchtiger in Leander Wolffeck – so hieß der Schöne – verliebt, ohne dass der Geliebte darum eine Ahnung besaß. Rätselte darüber, wie sie ihm auffallen könnte, ohne auffällig zu werden. Was sie tun müsse, um anziehend zu scheinen. Um unter denen, die ihm gefallen mochten, die Besondere zu sein. Wie ihre Schwärmerei endlich Erfüllung fände.

    Sann darüber, was sie ihm vorgaukeln müsse, um schöner zu wirken als sie in Wahrheit war. Wollte ihn andererseits nicht mit falschem Schein betrügen.

    Hatte doch aber gelesen, dass Männer verführt – gewissermaßen dennoch betrogen sein wollten – und wusste nicht weiter. Verfiel deshalb auf die Idee, sie brauche ja nur, um den Künstler in ihm zu begeistern, zu behaupten, dass aller Regen, statt von oben herab, von der Erde in den Himmel hinauftröpfeln würde! Ihn glauben machen, dass jeder einzelne Tropfen aus geweintem Gold der Sonne bestand!

    Doch Leander Wolffeck ahnte nichts von Floras Gedanken. Und behandelte die eine wie die andere Tanzschülerin mit gleicher Zuvorkommenheit.

    Erklärte geduldig die Schrittfolge, die manch einer schwer erklärlich erschien. Ließ niemals Vorlieben erkennen. Nur der Tanz war es, dem er erlag. In dem er versank. Dem seine Liebe galt.

    Wenn er die Stimmung beschwor, die ein Tanz ausdrücken sollte, er sie mit Gesten und Schritten vollführte und sich dabei leidenschaftlich verlor, weckte dies bei Flora immer von Neuem die Hoffnung, er möge diese Leidenschaft auch der schenken, die doch so verliebt in ihn war.

    Aber vergebens.

    Nach Monaten hoffnungsloser Qual fasste die Verliebte einen Entschluss:

    Sie wollte dem Wesen nahe sein, für das sie so tief empfand. Mit ihm etwas gemeinsam haben. Ein Geheimnis mit ihm teilen. Ein Geheimnis, von dem selbst der Geliebte nicht wissen durfte, mit wem er es teilte. So geheim sollte es sein. Ein Geheimnis, das rätselhaft bleiben sollte:

    Sie würde ihm namenlos schreiben.

    Ihr unruhiges Herz würde dann ruhiger. Die Trostlosigkeit, die auf ihr lastete, würde verfliegen, hoffte sie. Heiter würde sie wieder. Lachen wie früher könnte sie bald. Ihre trüben Tränen würden zu hellen Tränen des Glücks.

    Und wenn er erst erfuhr, dass eine verliebt in ihn war, würde ihn das vielleicht sogar glücklich machen! Die verhaltene Trauer, die seinem Blick den Ernst verlieh, von ihm nehmen!

    Doch vor allem: Wenn er ihr Antwort schrieb! Dann wäre sie genesen!

    Dann hätte sie etwas Greifbares von ihm. Etwas, das sie berühren könnte. Küssen könnte. An ihr Herz drücken würde. Dann wäre sie mit ihm eins und zufrieden.

    Aber zuvor sollte Dorothee Leander Wolffeck beim Tanz kennenlernen. Sollte mitfühlen. Begreifen. Überzeugt werden, weshalb Flora verliebt sein musste! Weshalb es keinen Ausweg aus ihren Gefühlen geben konnte!

    Dorothee lehnte ab.

    Das sei zu durchsichtig! Zu leicht zu entlarven! Wenn sie mitten in einen Tanzkursus eine Freundin mitbringen würde! Möglicherweise hatte sich Flora bereits auffällig benommen. Er würde Fragen stellen. Und sie hätten keine Antwort parat. Am Ende würde eine von beiden verlegen oder – noch schlimmer – erröten. Dann könnte sie niemals mehr in geheimen Briefwechsel mit ihm treten.

    Flora ließ sich überzeugen. Gab aber nicht nach.

    Dorothee musste diesen Mann kennenlernen.

    Noch bevor Flora ihm schrieb. So trafen sie die Entscheidung:

    Dorothee solle die Tanzschule, in der der Umschwärmte an Sonnabenden agierte, besuchen.

    Allein.

    Das sei unverfänglich. Da an Sonnabenden Tanztees arrangiert würden, die, wenn man einen Gutschein besaß, für jedermann zugänglich waren.

    Flora besaß diese Gutscheine zu Hauf, da sie in der Tanzschule, in der der Geliebte unterrichtete, mehrere Grundkurse und nun auch – weil die Anziehungskraft dieses Mannes sie nicht loslassen wollte – mehrere fortgeschrittene Kurse besucht hatte. Dorothee brauche nur zu sagen, man habe ihr einen Gutschein geschenkt. Das genüge.

    Damit Flora und Dorothee nicht über ihn tuscheln konnten und am Ende ertappt würden. Damit sie keine bedeutsamen Blicke tauschen konnten, die er entlarven würde. Damit sie sich nichts verräterisch zuraunen konnten, kamen sie endgültig überein: Dorothee solle ohne Floras Begleitung zu einem dieser Tanztees gehen.

    Dann wäre sie frei. Könnte unbeschwert etwas, das mit Tanz zu tun hatte, erfragen. Den Tanzlehrer in der Pause in ein Gespräch verwickeln.

    „Das wird dir doch gelingen! Denn du bist ja nicht in ihn verliebt!"

    „Du bist aber ganz schön mutig für mich! Na ja, das werde ich schon irgendwie hinkriegen! Aber du weißt doch, dass ich nicht tanzen kann! Dass ich Schrittfolgen nicht umsetzen kann! Dass ich kein räumliches Gedächtnis besitze! Wie einer, der Buchstaben nicht eindeutig zu deuten weiß, kann ich Tanzschritte in meinem Kopf einfach nicht behalten!"

    „Dann lässt du dich eben führen! Stell dich doch nicht so an!"

    „Aber das ist ja noch schlimmer! Das kann ich erst recht nicht! Und außerdem kann ich nicht ausstehen, wenn mich ein Mann führt! Dann habe ich immer das Gefühl, dass ich mich ihm unterwerfe! Muss ausgerechnet ich diesen Mann kennenlernen?", diskutierten endlos die beiden.

    Über Wochen bat Flora Dorothee, ihrem Drängen nachzugeben.

    Dorothee sollte es sein. Keiner anderen wollte sie ihr Geheimnis anvertrauen. Unter Seufzen gab Dorothee endlich nach.

    Schweren Herzens wollte sie nun das Versprechen halten, Leander Wolffeck gewissermaßen unter die Lupe zu nehmen. Prüfen, ob er für Floras Gefühle taugte. Was nicht eigentlich Floras Absicht gewesen war. Die nur auf die Bestätigung hoffte, dass sie gar nicht anders könne als verliebt in Leander Wolffeck zu sein. Da er doch so hinreißend schön und betörend sei.

    Sie würde also hingehen, versicherte Dorothee. Allein. Zum Tanztee in die Tanzschule. Die höheren Töchtern vorbehalten war.

    Aber es würde ihr unbehaglich zu Mute sein. Unaufrichtig würde sie sich vorkommen, als sei sie eine Spionin.

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