Die unglükliche Hanne: Regency Liebesroman
Von Marianne Ehrmann
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Buchvorschau
Die unglükliche Hanne - Marianne Ehrmann
Marianne Ehrmann
Die unglükliche Hanne
Regency Liebesroman
Sharp Ink Publishing
2024
Contact: info@sharpinkbooks.com
ISBN 9788028360597
Inhaltsverzeichnis
Cover
Titelblatt
Text
(Eine völlig wahre Geschichte)
Auf der Universität L... lebte vor mehreren Jahren ein Dienstmädchen, mit Hamlet zu sprechen, keusch wie Eis, rein wie Schnee, und schön wie der Tag! – Man kannte sie weit und breit nur unter dem Namen der schönen Hanne. Alles was man ihr etwa mit Recht vorwerfen konnte, war, daß sie sich, wie die meisten ungebildeten, aber schönen Mädchen ein bischen zu viel auf ihr Lärvchen einbildete. Übrigens hielt man sie für ein gutes, braves, artiges Mädchen. Das karge Schiksal hatte sie zum Dienen bestimmt, wenn schon ihre ziemlich gute Erziehung auf etwas Besseres Anspruch machen durfte! – Ihr Karakter war sanft, ihre Laune munter, ihr Herz bieder. Sie konnte sich zwar nicht, wie die übrigen feilen Mietlinge, in jede grillenhafte Laune ihrer Gebieterinn schmiegen, aber sie wußte zur rechten Zeit zu schweigen und zu dulden, wenn der Hochmuth die despotische Geißel über sie schwang. – Im Hause wurde sie geliebt, mit ihren Geschäften war man zufrieden, um ihrer Lebensart willen zog man sie öfter in Gesellschaft. Nur an gefesten Grundsätzen fehlte es ihr, an Grundsätzen, die sie gegen die zudringliche Schmeichelei jener Insekten gesichert hätten, welche so ämsig der Schönheit huldigen, indem sie die Seelenruhe morden. – An Grundsätzen, die ihr im rechten Zeitpunkt in die Ohren geflüstert hätten: Hanne, traue diesen Zukkerworten nicht, sie gelten nicht deinem Herzen, nicht deiner unbeflekten Seele, nur deiner Larve, nur deinem Körper gelten sie! – Zutrauliche Unerfahrenheit, Mangel an Menschenkenntnis, gedankenloser Leichtsinn, eitles Wohlbehagen gesellen sich dann an die Seite aller jener schwachen Mädchen, die unserer Hanne gleichen, und sich aus Eitelkeit so gerne Weihrauch opfern lassen, ohne daß sie frühe genug einsehen, daß er nichts weiter seie, als Dampf.
O wenn es doch unsere deutschen Mädchen im Denken auch einmal so weit brächten, daß sie den elenden Schnikschnak auf das Empfindlichste rügten, den Jünglinge vom gewöhnlichen Schlag ihren äusseren Reizen huldigen. Wahre Beleidigungen sind im Grund solche Schmeicheleien für ein Mädchen, das edeln Stolz genug besizt, nach bessern Verdiensten zu streben, als blos nach einer glatten Haut, nach rothen Wangen und schwarzen Augen. Der kriechende Schmeichler giebt ihr dadurch stillschweigend zu verstehen, er bewundre nur das an ihr, was sie mit der feilsten Dirne gemein haben kann. Er selbst misbilligt im Stillen ihre elende Eitelkeit, womit sie so gerne diesen Unsinn duldet. Er entzieht ihr die Hochachtung, die er einem Mädchen mit gebildetem Geiste einräumen müßte, wenn sie ihn fühlen ließe, daß er über zufälligem Glanz ihr Herz, ihre Denkart vergässe. – Wenn sie ihn mit feuriger Beredsamkeit fühlen ließe, daß er gerade durch diesen, ihr so verächtlichen Weg, ihre Tugend zu untergraben suche! – Kurz, wenn sie ihn fühlen ließe, daß er bei diesen verworfenen Äusserungen, weder reine, noch edle Absichten haben könne; daß er nicht sie, nur sich selbst liebe. – Nein! wie würden die jungen Herrchen stuzzen, wenn unsere deutschen Biedermannstöchter diesen Ton gegen sie anstimmten? – Wie würden sie staunen, verstummen, und sich mit samt ihrer wohlklingenden Schmeichelei verkriechen!
Selbst unsere schöne Hanne würde gewiß diese offenherzige Sprache gegen ihre Anbeter gesprochen haben, hätte man ihr Anleitung dazu gegeben. Doch dies war bei ihr der Fall nicht. Sie ließ sich gerne schmeicheln, blikte izt weit öfter in den Spiegel, als vorher, puzte sich um vieles sorgfältiger, gieng öfter in Gesellschaften; war sorgloser, gesprächiger; schäkerte, tändelte, und dies alles mit freiem Herzen, mit unbeflekter Unschuld, so sehr sich auch die schwazhafte Verläumdung bemühete, in dem Mund ihrer dienstfertigen Schwestern ihren guten Namen durchzuhecheln; der einen war Hanne zu unbesonnen, wenn sie schon blos lebhaft war; der andern zu eitel, wenn sie sich schon nie über