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Gelbe Pfeile: Mein Camino-Tagebuch
Gelbe Pfeile: Mein Camino-Tagebuch
Gelbe Pfeile: Mein Camino-Tagebuch
eBook137 Seiten1 Stunde

Gelbe Pfeile: Mein Camino-Tagebuch

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Über dieses E-Book

"Gelbe Pfeile" ist das Tagebuch einer jungen Jakobspilgerin. Es gibt einen Einblick in den Alltag auf dem Jakobsweg und das Innenleben der Autorin.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum8. Aug. 2017
ISBN9783744846622
Gelbe Pfeile: Mein Camino-Tagebuch
Autor

Maria Köhler

Maria Köhler, Jahrgang 1988, lebt in Berlin und träumt von einem Leben als Schriftstellerin.

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    Buchvorschau

    Gelbe Pfeile - Maria Köhler

    6. Juli 2017: Santiago de Compostela

    Alle Fotos von der Autorin privat

    Für alle Suchenden

    Inhaltsverzeichnis

    1.6.17: Paris

    2.6.17: Saint-Jean-Pied-de-Port

    3.6.17: Valcarlos

    4.6.17: Roncesvalles

    5.6.17: Zubiri

    6.6.17: Pamplona

    7.6.17: Puente la Reina

    8.6.17: Estella

    9.6.17: Sansol

    10.6.17: Logroño

    11.6.17: Logroño

    12.6.17: Azofra

    13.6.17: Grañón

    14.6.17: Tosantos

    15.6.17: Atapuerca

    16.6.17: Burgos

    17.6.17: Hornillos del Camino

    18.6.17: Castrojeriz

    19.6.17: Frómista

    20.6.17: Carrión de los Condes

    21.6.17: Ledigos

    22.6.17: Calzada del Coto

    23.6.17: Mansilla de las Mulas

    24.6.17: León

    25.6.17: Villar de Mazarife

    26.6.17: Astorga

    27.6.17: Foncebadón

    28.6.17: Ponferrada

    29.6.17: Villafranca del Bierzo

    30.6.17: La Faba

    1.7.17: Triacastela

    2.7.17: Ferreiros

    3.7.17: Ligonde

    4.7.17: Boente

    5.7.17: Santa Irene

    6.7.17: Santiago de Compostela

    8.7.17: Kap Finisterre

    Epilog: Die Menschen, die ich nicht erwähnt habe

    1.6.17: Paris

    Vor dreieinhalb Monaten hatte ich auf dem Weg zum Frühstück mit einer Freundin plötzlich die fixe Idee, den Jakobsweg zu laufen. Ich hatte schon ein paar Tage lang mit dem Gedanken gespielt, eine längere Reise anzutreten, um aus meinem Alltag rauszukommen und neue Inspiration zu suchen, aber plötzlich wurde es konkret: Ich wollte im Sommer 800 km durch Nordspanien laufen. Konkret insofern, dass mich zu diesem Zeitpunkt bereits keiner mehr von meinem Plan abbringen konnte. Dass ich Wandern früher im Familienurlaub gehasst hatte und keinerlei passende Ausrüstung besaß, spielte erstmal keine Rolle.

    Zwei Tage zuvor hatte ich von meinem Arbeitgeber einen neuen Vertrag vorgelegt bekommen, da mein damaliger Arbeitsvertrag Ende Mai auslief. Ein weiteres Jahr in einem Internet-Startup in Berlin-Mitte, leicht verbesserte Konditionen. Nimm dir übers Wochenende Zeit, gerne auch eine Woche, hatte mein Chef gesagt und mir den Umschlag mit dem Vertrag in die Hand gedrückt. Obwohl ich in den Gesprächen zuvor sehr positiv war und keine Alternative zu einer Verlängerung sah, stieg in diesem Moment die Panik in mir hoch. Plötzlich war ich mir überhaupt nicht mehr sicher, ob ich ein weiteres Jahr in einem Job bleiben will, wo mir viele Aufgaben überhaupt nicht zusagten und ich mich nicht traute, mehr als drei Tage am Stück Urlaub zu nehmen, weil es praktisch keine Vertretung für mich gab. Allerdings wusste ich auch nicht, was ich eigentlich wollte.

    Früher wollte ich immer Bücher schreiben. Doch irgendwo zwischen Alltagsstress und Geldverdienen ist dieser Traum verloren gegangen bzw. auf irgendein Abstellgleis geraten. Ganz vergessen habe ich ihn allerdings nie. Auf einmal hatte ich den unbedingten Wunsch, wieder zu schreiben. Es musste ja nicht gleich ein Buch sein - wichtig ist, dass man anfängt, irgendwas zu schreiben. Doch woher sollte die Inspiration kommen? Ich war doch seit Jahren nicht inspiriert. Eine Reise! Backpacking durch Südostasien, Work and Travel in Australien? Ich hatte einige Ideen. Doch als mir der Jakobsweg durch den Kopf schoss - übrigens auch so eine Idee auf dem Abstellgleis, die ich schon länger mit mir herum trug - war meine Entscheidung getroffen.

    Warum der Jakobsweg? Ist das nicht eine religiöse Pilgerreise? Menschen machten sich im Mittelalter auf den Weg nach Santiago de Compostela, um Gott zu finden oder um Vergebung ihrer Sünden zu bitten. Gott habe ich in meinem Leben noch nie gesucht. Das hat sich auch bisher nicht geändert. Anders sieht es mit den Sünden aus. Zwar bin ich nicht auf Absolution aus, denn das wäre ja wieder religiös motiviert. Auch das Wort Sünde ist ganz schön hart, ich meine es eher allgemeiner, also die kleineren Verfehlungen des Lebens eingeschlossen. Aber ich möchte diesen Weg unter anderem dazu nutzen, über meine Fehler und Verfehlungen sowie über Entscheidungen, Beziehungen und meine Zukunft nachzudenken.

    Welche Sünden habe ich denn in meinem Leben begangen? In der Grundschule habe ich mal Brausebonbons aus einem Laden geklaut. Es war eine Mutprobe.

    Ich schlafe regelmäßig mit dem Mann einer anderen Frau. Ich bin verliebt.

    Ich habe kein besonders enges Verhältnis zu meiner Familie, teilweise sogar ein eher schwieriges. Liegt vielleicht an meiner Kindheit.

    Ich weiß nicht, was ich will im Leben. Ich zweifle oft an mir und bin ein geborener Realist, andere sagen Pessimist. Ich kann nicht gut mit Konflikten umgehen. Ich kann schnell wütend, bockig oder emotional werden. Viele Menschen kommen mit meiner Art nicht klar. Ich komme mit vielen Menschen nicht klar.

    Ich bin nicht auf der Suche nach Gott. Ich bin auf der Suche nach mir. In den nächsten sechs Wochen werde ich genug Zeit zum Reflektieren haben. Ich habe in den letzten Monaten mit einigen Menschen gesprochen, die den Jakobsweg oder Teile davon gelaufen sind. Alle haben sie das Gleiche gesagt: Er wird dein Leben verändern.

    Den Vertrag habe ich nicht unterschrieben.

    2.6.17: Saint-Jean-Pied-de-Port

    Als ich begann, mich mit dem Jakobsweg zu beschäftigen, wusste ich noch nicht, dass viele Wege nach Santiago führen. Es gibt viele offizielle Routen, vor allemauf der iberischen Halbinsel. Ich werde den Camino Francés, also den Französischen Weg, gehen. Das ist wohl der bekannteste und populärste. Er beginnt in einem kleinen französischen Dorf in den Pyrenäen: Saint-Jean-Pied-de-Port. Nach einer zweitägigen Zugreise von Berlin über Paris bin ich heute hier angekommen.

    Meine Vorbereitung auf diese Wanderung bestand darin, dass ich mir einen Reiseführer über den Jakobsweg gekauft und die darin enthaltene Packliste abgearbeitet habe. Ich hatte ja praktisch nichts. Rucksack, Wanderschuhe, Schlafsack, passende Kleidung - alles musste ich mir erst besorgen. Außerdem habe ich mich mit Leuten unterhalten, die den Camino bereits gelaufen sind, und bin in den letzten Wochen als eine Art Training einige Male stundenlang durch Berlin spaziert. Allerdings hatte ich da noch keinen 8 kg schweren Rucksack dabei. Ich bin gespannt, wie ich das ab morgen meistere.

    Noch sitze ich gemütlich in einer hübschen Pilgerherberge am Fuße der französischen Pyrenäen und mache mir Sorgen um das Wetter der nächsten Tage. Es wird sehr regnerisch und kalt. Damit fällt wohl die schöne Route über den Pass aus. Das wäre zu gefährlich. Durch den Nebel könnte ich sowieso keine Aussicht genießen. Ich werde die gewöhnliche Landstraße nach Spanien nehmen müssen. Das ist echt schade, da ich mich auf das Bergpanorama auf dem Wanderweg gefreut hatte.

    Die kleine Regionalbahn von Bayonne nach St.-Jean-Pied-de-Port war heute Nachmittag voll mit Pilgern. Direkt wurde meine Angst befeuert, nicht in jedem Ort, wo ich übernachten möchte, noch ein Bett zu bekommen. Es gibt zwar wahrscheinlich immer noch irgendein freies Zimmer bzw. Bett, aber es könnte dann zu einer Frage des Preises werden. Ich werde mir nicht jede Nacht ein Hotelzimmer leisten können und bin auf die günstigen Pilgerherbergen mit Mehrbettzimmern angewiesen.

    Hier war die offizielle Herberge tatsächlich schon voll, als ich ankam. Zum Glück habe ich aber nicht weit entfernt eine erschwingliche Alternative gefunden, wo ich mit drei weiteren Pilgern in einem Zimmer schlafen werde. Übernachtung plus Frühstück für 22,50 Euro. Das ist in Ordnung, darf aber an anderen Tagen gerne günstiger sein. Schließlich habe ich gerade keinen Job.

    In der Herberge Gîte Buen Camino habe ich mir also meinen ersten Stempel geholt. Jeder Pilger besitzt einen Credencial del Peregrino, den Pilgerpass. Diesen Pass braucht man, um als Pilger anerkannt zu werden und in den Herbergen entlang des Jakobsweges schlafen zu dürfen. Er enthält einige persönliche Daten wie Name und Adresse, wann und wo man sich auf den Weg gemacht hat, und ob man zu Fuß, mit dem Fahrrad oder auf dem Pferderücken unterwegs ist. Und dann enthält er jede Menge leere Seiten mit Platz für die Stempel (span. sello), die man sich vorwiegend in den Herbergen abholt, als Nachweis für die zurückgelegte Strecke.

    Meinen ersten sello habe ich vorhin minutenlang mit leuchtenden Augen angestarrt. Das Abenteuer hat offiziell begonnen. Ich werde von hier nach Santiago de Compostela laufen. Um mich auch von außen als Jakobspilger kenntlich zu

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