Nachtschatten: Wenn Enttäuschung uns verbittert
Von Nicole Diercks
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Über dieses E-Book
Eine wirklich große Enttäuschung kann sich auf unser gesamtes weiteres Leben auswirken. Und es kommt sogar noch schlimmer, denn sie kann in eine sogenannte Verbitterungsstörung führen. Was es damit auf sich hat, auf welchen Wegen Menschen in diesen trostlosen Zustand geraten konnten und auch wie sie sich wieder daraus befreien können, behandelt dieses Buch.
Nicole Diercks
Nicole Diercks wurde 1967 in Hamburg geboren und verbrachte ein viertel Jahrhundert in Bayern, wo sie 'Entwicklungshilfe' machte :-D. Sie arbeitet als selbstständige Erfolgs-Beraterin, Kompetenz-/ Bewerbungs-Trainerin und Coach. Natürlich gehört auch, und das sogar vornehmlich, die Beziehung zum Lebenskonzept. Insbesondere dieses Feld ist von vielen sensiblen Störungen betroffen, weswegen Nicole Diercks dieses Thema als Autor, Coach und Therapeut gleichermaßen stark im Fokus hat. Als Provokations-Therapeutin begleitet sie auch Opfer aus persönlichkeitsgestörten Beziehungen.
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Buchvorschau
Nachtschatten - Nicole Diercks
Nachtschatten
Nachtschatten
Vorwort
Enttäuschung
Traumata
Verbitterung
Burnout
Begeisterung
Auf der Suche nach den Ursachen
Blockiert, weil wir nicht anders können?!
Blockiert weil wir nicht anders wollen?!
Gefahrenfelder
Psychopathen
Narzissmus
Mobbing
Qui bono?!
Intensität
Hinterher
Was meinst Du, wenn Du sagst du liebst mich?!
Aufgeben ist (k)eine Option
Werte
Mentale Korrekturen
Impressum
Nachtschatten
Vorwort
Schön an der Enttäuschung ist ja immer, dass die Täuschung dann endlich weg ist ...
Nicht so schön an der Enttäuschung ist ja immer, dass die Täuschung dann eben weg ist!
Ich habe den traurigen Zustand, in den unsere Seele möglicherweise schon einigermaßen unerkannt vor Jahren geraten ist, Nachtschatten genannt. Pate standen hier die botanischen Nachtschattengewächse (siehe: Solanaceae), die eine weltweite Verbreitung besitzen. Die meisten Menschen kennen diese Gewächse als mystische, etwas unheimliche Giftpflanzen des Altertums, als freundliche Helferlein der Hexen, wenn diese irgendwo einen kleinen Konflikt „auf die englische Art zu lösen hatten ... Otto Brunfels schrieb 1532 jedoch dazu in seinem Kreüterbuch: „Diß kraut würt auch sonst gebraucht, wider die schäden die die hexen den leuten zufügen, und das uff mancherley weiße ...
Hier also geriet der Nachtschatten schon auf die Seiten der Guten. Aufgrund des hohen Gehalts an Alkaloiden wird die Pflanze hierzulande als Giftpflanze kategorisiert und nicht einmal von der Kosmetikverordnung zugelassen. In vielen anderen Teilen der Welt jedoch werden die reifen Beeren und Blätter als Obst, Gemüse und Medizin genutzt, es wird in Nordamerika sogar die bekannte „Wonderberry-Konfitüre daraus zubereitet. Diese krassen Unterschiede liegen darin begründet, dass die Konzentration der Alkaloide sehr stark schwankt, was allein schon mit dem Alter der Pflanze zusammenhängt, und sehr stark abhängig von Klima und Bodentyp ist. Die Nachtschatten sind janusköpfig: Trotz einer Vielzahl von Berichten über Vergiftungen, insbesondere bei Kindern und Hühnern, gibt es mindestens ebenso viele über ihre folgenlose Verwendung als Nahrung und Gesundmacher. Die medizinischen Anwendungen des „Schwarzen Nachtschatten
sind uns aus vielen Kulturen bekannt: Magen- und Blasenkrämpfe, Keuchhusten, Ekzeme, Flechten, Juckreiz, Hämorrhoiden, Schrunden, Prellungen und Abszesse, ...
Alleine seine bunte Namensvielfalt ist verwirrend und lässt außer dem klingenden „Tag- und Nachtkraut" jedoch eher auf ungute Wirkungen schließen: Giftblome, Giftkraut, Giftbeer, Teufelskraut, Teufelsdreck, Teufelskrall, Düvelskiesche, Deiwelskersche, Krällekesdreck, Sautod, Hühnertod, Schitbeeren, Scheißkraut und noch viele andere ...
Vergiftungssymptome sind: Schwindel, Erbrechen, Durchfall, Atembeschwerden, Tachykardie, Nierenreizung, Angstzustände, Krämpfe, Lähmungen, Schwankungen der Körpertemperatur. Bei sehr starken Vergiftungen tritt schließlich der Tod durch Atemlähmung ein.
Und das ist auch schon der Kern meines Anliegens. Die Dinge haben nämlich stets immer mehr als nur eine einzige Dimension, was man oft im Getümmel ganz gerne mal vergisst. Gift oder Medizin?! Segen oder Fluch?! Rückstoß oder Auftrieb?! Man kann das alles immer so sehen – oder so. Wir Verbitterten sehen das alles leider gerade – so. Und das ist schlecht. Das wissen wir eigentlich auch, weil wir uns eben fühlen, wie wir uns gerade so fühlen: nicht so toll irgendwie. Es ist keine neue Weisheit, aber auch wieder so eine, die man ganz gerne mal unterwegs vergisst, während man anderen die Schuld für den eigenen Schlamassel zuweist: Am Anfang ist immer der Gedanke! Natürlich steht außer Frage, dass wir der Empfänger von fremder Gemeinheit waren und somit ein Stückweit das Opfer eines Anderen! Dennoch haben wir auch über diese Reaktion auf diesen ungerechten und hässlichen Schlag gegen unsere Seele nachgedacht. Wo wir uns auch gerade befinden mögen, es waren immer unsere Gedanken, die uns dahin gebracht haben! Ob wir da jetzt immer so direkt dabei waren, bliebe im Einzelfall natürlich zu klären, aber zuerst einmal haben wir zwingend irgendetwas gedacht. Und dann sind wir losgelaufen, mehr oder weniger bewusst, und haben den Gedanken in die Tat umgesetzt. Das mag so spontan jetzt keine gute Nachricht sein, aber es kann eine werden, wenn wir nämlich noch einmal neu über alles nachdenken. Dafür brauchen wir zuerst einmal etwas Mut - und dann auch neue Impulse und Inspirationen. Diese versuche ich Euch hier zu geben, damit Ihr den Sprung aus der melancholischen Dämmerung schnell wieder auf die Sonnenseite des Lebens schafft!
Dieses Büchlein hat den Anspruch aus dem Nachtschatten eine kräftigende und heilsame Medizin zu bereiten. Dass er nämlich auch das glatte Gegenteil davon sein kann, zeigt seine wilde Kraft – und die wollen wir uns hier einmal zu Nutze machen! Folgt mir ...
Fiat lux.
Es werde Licht!
Enttäuschung
Man hat halt oft so eine Sehnsucht in sich ...
Aber dann kehrt man zurück, mit gebrochenen Flügeln, und das Leben geht weiter als wäre man nie dabei gewesen.
- Ödon von Horvath -
Ein geheimes, latentes, trauriges Grundrauschen schlummert heutzutage im Untergrund auch vieler scheinbar oft ganz fröhlicher Menschen. Darunter liegt eine zumeist uneingestandene, namenlose, oft schon jahrelang bestehende Enttäuschung - und in deren Gefolge dann eine gewisse Bitterkeit ... Das gehört allerdings zu den Dingen, über die man nicht sehr gerne spricht, zumal man es oft gar nicht so klar zu fassen kriegt. Man ist halt einfach oft ein bisschen down ... hat seine Träume verloren ... ist wohl doch noch irgendwie erwachsen geworden ... und nennt sich jetzt eben einfach „Realist".
„Enttäuschen hieß grad neulich noch „detrompieren
oder „desabusieren und hatte zunächst eine absolut positive Bedeutung, nämlich jemanden aus einer Täuschung herauszureißen, ihn von seinem Irrtum zu befreien, und ihn eines Besseren zu belehren. Also ihn sozusagen zu erleuchten und dadurch besser zu machen. An irgendeiner Stelle hängte sich der Begriff dann am Passus „Täuschen
auf, und entwickelte so den negativen Sinngehalt von „getäuscht worden zu sein" oder dass zumindest die Erwartungen sich nicht erfüllten. Damit hat heutzutage die Enttäuschung, obwohl ja auch sie die Wahrheit nun endlich wieder herstellt, immer mit Erwartung, Bedürfnis, Wunsch, Begeisterung, Projektion, Traum, Vorstellung, Begierde, Vorfreude und Hoffnung zu tun. Und all das wurde nun enttäuscht. Die Täuschung war weg, und es blieb die schnöde Realität: Satz mit X, war wohl nix! Am Ende steht in der Buchung: Unsere Bedürfnisse wurden nicht erfüllt, sondern frustriert. Wir haben etwas gegeben, aber keine Einzahlung dafür erhalten. Wir haben mit Emotionen in unsere Zukunft investiert, und es hat sich nicht ausgezahlt und mehr noch: wir kehren mit leeren Händen zurück. Das Leben hat uns eine Nase gezeigt, eine Buchhalternase ...
Enttäuscht zu sein heißt prinzipiell:
Ich habe mir selber etwas vorgemacht und dann wurde ich über die Wahrheit illuminiert, obwohl ich sie lieber gar nicht gekannt hätte! Oder ein Anderer hat mir etwas vorgemacht, ich habe ihm vertraut und daraufhin Lebenszeit und Gefühle in ihn, seine Worte und scheinbaren Absichten investiert. Und „er" hat jetzt offenbar die Investition mitgenommen, möglicherweise sogar ausgebeutet, und ist dann getürmt - ohne mir seinen fälligen Teil zu geben. Sein Verhalten zeigt die Täuschung. Er hat sich selbst nicht standgehalten, er ist ein Betrüger - und ich wurde über ihn und seine Motive ent-täuscht. Jetzt weiß ich dann endlich auch Bescheid über ihn. Dieser Betrug und Missbrauch an unserem Vertrauen ist wohl der Kern des Dramas! Die Enttäuschung wiegt umso schwerer, je höher die Erwartungen, umso eminenter das Ereignis, und umso wichtiger der beteiligte Mensch für uns war.
Grundannahmen (Einstellungen und Wertorientierungen, auf die Menschen bis ca. fünfzehn Lebensjahre geprägt wurden) als enttäuscht zu erleben, ist für jeden Menschen immer in irgendeiner Form destabilisierend. Zu Enttäuschung kommt es immer dann, wenn durch andere Personen wichtige Grundannahmen grob und dann möglicherweise, aus egoistischen Motiven heraus, auch noch absichtlich verletzt werden. Grundannahmen sind immer gesellschaftlich verankert, bestehen im Kern oft schon seit Jahrhunderten, spiegeln sich in der Volksseele und im Gesetzeskodex wider (z. B. die Zehn Gebote). Sie dienen dazu sich lebenslang gesellschaftlich kohärent und übersichtlich verhalten zu können. Grundannahmen bilden das Urvertrauen einer Gemeinschaft, wir alle verlassen uns darauf, dass auch uns damit begegnet wird. Wenn sich aber nun ein Mitglied offen oder verdeckt, zumeist aus niedrigen Motiven, gegen diese Vereinbarungen verhält, wird eine der wichtigsten Grundannahmen erschüttert: Der Glaube an eine gerechte Welt! Eine bösartige Kränkung allein verletzt ja bereits den ersten Paragrafen unseres Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das ist sie klugerweise deshalb, weil Würde einfach kränkbar und zerbrechlich ist. Darauf jetzt mit Spikes Flamenco zu tanzen, ist kein feiner Zug und auch ganz bestimmt keinem dummen Zufall geschuldet. Noch schwieriger wird der Fall, wenn die Motive für diesen Betrug entweder überhaupt nicht ersichtlich oder extrem minderwertig sind. Den Höhepunkt findet dieses ungute Szenario, wenn für einen Betrug die emotionale Bindung eines Menschen ausgeplündert, also missbraucht wird. Hier gerät das Opfer dann zusätzlich nicht selten in eine zehrende selbstbestrafende Schleife der Vorwürfe und Selbstanklagen: „Wie konnte mir das nur passieren!
und „Das hätte ich doch merken müssen! und „Wie konnte ich nur so blöd sein!
Schon ohne die ganzen Selbstanklagen ist Enttäuschung ein sehr komplexer Prozess und kann vielerlei Emotionen auslösen: Traurigkeit, Kränkung, Zurückweisung, Ausgrenzung, Verärgerung, Kummer, Resignation, Aggression, Wut, Depression, Verbitterung, Rachegelüste - und irgendwann setzt dann eine so komische, taube Leere ein. Nichts ergibt mehr einen Sinn, irgendwie ... Schön ist das alles wirklich nicht, aber daran ändern auch die besten rational verordneten „Bewältigungsstrategien" nichts! Keinesfalls dürfen wir unsere Gefühle darüber ignorieren oder gar verteufeln, auch dann nicht, wenn sie uns manchmal ziemlich extrem vorkommen. Wir haben diese starken Gefühle nämlich nicht ohne Grund: Sie sind zu unserem Schutz aufgetaucht! Sie sind ein ganz klares Warnsignal, das etwas grundlegend und unumkehrbar zu unseren Lasten schiefgelaufen ist!
Erwartungen betreffen fast immer das Wirken, Reagieren und Verhalten von Menschen! Und wenn man nur mal erwartet hat, dass einer sich übersichtlich, ehrlich, nachvollziehbar, fair oder einfach seinen Worten gemäß verhält. Wenn man nur erwartet hat, dass sich ein Freund für uns wirklich interessiert, dass er uns unversehrt lässt und uns nicht in seine Aggressionen oder üblen Launen mit hineinzieht ... Schon diese ganz basalen und untergründig unbewusst wirkenden Grund-Erwartungen an unsere Mitmenschen sind oft in Gefahr immer wieder grob enttäuscht zu werden! Der Grund ist banal, aber eminent:
Andere Menschen verhalten sich äußerst selten so, wie man es selbst tun würde!
Deswegen sollte man so etwas wie „Normalität besser gar nicht erwarten. Man darf nicht aus den Augen verlieren: Was wir gerne für „die Normalität
halten, ist in Wahrheit ein gedankliches Kunstprodukt, dass nur in unserer Fantasie existiert. Jeder Mensch sieht die Welt auf eine völlig andere Art und niemand sieht die Welt so, wie sie wirklich ist. Wir übrigens auch nicht! Genau so entsteht die übliche Enttäuschung. Sie naht schon, wenn ich nur mal schwach annehme, wie wohl jetzt jemand reagieren wird. Die Chance ist sehr hoch, dass er diese Erwartung nicht erfüllen kann. Einfach weil er ganz woanders steht, als wir annehmen. Weil er etwas ganz anderes sieht, als wir vermuten. Weil er ganz anders denkt, als wir ihm unterstellen. Weil er ganz anders oder möglicherweise gar nichts fühlt, und weil er garantiert etwas ganz anderes will, als wir das jetzt erkennen könnten. Und dann passiert eben unter dem Strich auch etwas ganz anderes, als wir erwartet haben! Aus der Reihe: „Mensch Hans, Du tot im