Ich liebe dich! Ich schlag dich tot!: Moderne Beziehungsgewalt
Von Nicole Diercks
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Über dieses E-Book
Nicole Diercks
Nicole Diercks wurde 1967 in Hamburg geboren und verbrachte ein viertel Jahrhundert in Bayern, wo sie 'Entwicklungshilfe' machte :-D. Sie arbeitet als selbstständige Erfolgs-Beraterin, Kompetenz-/ Bewerbungs-Trainerin und Coach. Natürlich gehört auch, und das sogar vornehmlich, die Beziehung zum Lebenskonzept. Insbesondere dieses Feld ist von vielen sensiblen Störungen betroffen, weswegen Nicole Diercks dieses Thema als Autor, Coach und Therapeut gleichermaßen stark im Fokus hat. Als Provokations-Therapeutin begleitet sie auch Opfer aus persönlichkeitsgestörten Beziehungen.
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Buchvorschau
Ich liebe dich! Ich schlag dich tot! - Nicole Diercks
Ich liebe dich! Ich schlag dich tot!
Ich liebe dich! Ich schlag dich tot!
Definition
Gewalt in der Vorzeit
Gewalt heute
Beziehungs-Gewalt seitens Männer
Beziehungs-Gewalt seitens Frauen
Männlichkeit
Überlegungen zum Zeitgeist
Impressum
Ich liebe dich! Ich schlag dich tot!
Definition
Gewalt bezeichnet man als „rücksichtslos angewandte Macht", sie ist ein unrechtmäßiges Vorgehen. Man bezeichnet damit Handlungen, Vorgänge und soziale Zusammenhänge, in denen auf Menschen, Tiere, Natur oder auch Gegenstände willkürlich gewaltvoll beeinflussend verändernd oder zumeist auch schädigend eingewirkt wird (Wikipedia). Gewalt ist der tatsächliche oder angedrohte absichtliche Gebrauch von physischer oder psychologischer Kraft oder Macht, die willkürlich gegen andere Personen gerichtet ist, und die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Verletzung, Tod, psychischen Schäden, Fehlentwicklung oder Deprivation führt, und so auch akzeptiert wird (Weltgesundheitsorganisation). Gewalt wird in Zusammenhang mit Aggression gebracht oder damit gleichgesetzt. Als Aggression bezeichnet man von der Evolution entstammende bio-psychosoziale Mechanismen zur Ressourcengewinnung und –verteidigung (Wikipedia). Diese Mechanismen werden bei Menschen durch Aspekte der individuellen Persönlichkeit, sozioökonomische, kulturelle und situative Umstände und Auslöser aktiviert, sowie durch negative Emotionen. Als pathologisch gilt eine Aggression, die übertrieben, andauernd oder dem Kontext nicht angemessen ist. Mit Aggressivität bezeichnet man die Wahl für das Potential der Aggression. Es wird darunter auch eine Ausübung von willkürlichem Zwang verstanden: Der Wille des Opfers, wird missachtet, umgangen oder gebrochen.
Die soziale Rolle von Gewalthandlungen in verschiedenen kulturellen und religiösen Kontexten, ihre kulturspezifischen Ursachen und Bedingungen, sowie die unterschiedlichen Konzeptionen von Gewalt sind zentrale Fragestellungen in der Forschung. Weiterhin wird zwischen individueller und kollektiver, zwischen staatlicher und privater Gewalt unterschieden. Philosophisch ist Gewalt seit dem Wegfall der göttlichen Ordnung untrennbar verknüpft mit der Frage nach der Legitimität der Aktionen. Obwohl eine Auseinandersetzung mit Gewalt bis in die Anfänge der Philosophie zu verfolgen ist, ist ihre Problematisierung ein relativ neues Phänomen, nämlich seit dem Gewalt nicht mehr als „selbstverständlich gilt". Seit der modernen Emanzipation gilt Gewalt sogar als untragbar und verdammenswert.
Auf Grund der anthropologisch gegebenen und unhintergehbaren Verletzungsmächtigkeit und Verletzungsoffenheit des Menschen als Gattungswesen entschlüsselt sich Gewalt schon immer als fundamentales Moment jeder Vergesellschaftung. Das Gleichgewicht des Schreckens beruht auf der erwiesenen Fähigkeit aller, jederzeit Krieg führen zu können. Der Mensch muss nie, kann aber immer gewaltsam handeln, er muss nie, kann aber immer töten: jederzeit und jedermann – und zwar auch völlig ohne jeden Anlass. Und jeder Mensch kann jederzeit durch jedermann getötet werden ... Die Sorge, Furcht, Angst voreinander ist ein Grundrauschen jeder Gesellschaft. Zusammenleben heißt stets auch: sich (voreinander) zu fürchten und sich (gegenseitig) zu schützen. Keine soziale Ordnung beruht auf der Prämisse der Gewaltlosigkeit, denn wenn das so wäre, bräuchten wir weder Zäune, noch den Staat, noch Waffen oder eine Polizei.
Zweifellos hatten die Menschen der Vergangenheit ein anderes Verhältnis zur Gewalt, als wir es heute haben. Damals war der Krieger, der Gegner im Kampf tötete, ein geachteter Mann und der Krieg eine Quelle der Anerkennung. „Wir in der Ersten Welt verstehen heute nicht mehr, dass die Begriffe Krieg und Glück eine sinnvolle Konstellation bildeten, sagt Peter Sloterdijk, „denn erst mit der Zähmung des christlichen Menschen, habe man Krieg und Kampf als Inkarnation des Bösen statuiert!
Wobei Herr Sloterdijk sich da leider tragisch irrt, denn es gab wohl keine gnadenloseren Kämpfe als die unter den Kreuzrittern … und das waren dann ja wohl schon alles bereits vollkommen christianisierte Individuen?!
Wir angeblich heute zivilisierten Menschen denken, „die Gewalt" sei aus unserem Leben praktisch verschwunden. Wer das geschrieben hat, ist auch nicht ganz so up-to-date, wenn ich da mal ganz kurz an die nicht mehr abreißende Terrorlawine erinnern darf, die sich nun bereits seit 9/11 über die gesamte Welt erstreckt, und die bedeutet, dass jederzeit - jedermann - überall mit einer umgeschnallten Bombe an einem Irren in die die Luft gesprengt werden kann …! So eine Art von unpersonalisierter Gewalt gegen Privatpersonen hat es noch nie zuvor gegeben. Und parallel ist die Gewalt, die Frauen in ihren Beziehungen erleben auf dem höchsten Stand seit dem Bestehen der Welt. Alle drei Tage wird eine Frau umgebracht und jede dritte bis vierte Frau erfährt Gewalt in der Beziehung. Man kann also leider nicht sagen, dass Gewalt jetzt irgendwie out ist ...
Aber Gewalt gehörte eben schon immer, wie ja auch Liebe, zum Leben dazu. Wir glauben heute schon immer haben Menschen einander geschlagen, misshandelt, vergewaltigt, getötet und Krieg gegeneinander geführt. Und schon immer haben sie es auch aus der reinen Lust an der Zerstörung und der Quälerei getan, denn wir Menschen können uns ja jede Grausamkeit vorstellen. Das Streben nach Macht, die Lust am Leiden der anderen, der Triumph des Siegers sind leider tatsächlich weder alt noch überkommen. Verändert haben sich lediglich die Formen der Gewalt, ihre Reichweite, ihre Subtilität und ihr Ausmaß.
Gewalt in der Vorzeit
Ich habe mir Gedanken gemacht, unnötig vielleicht, weil: Ich war ja auch nicht dabei damals … Aber ich fragte mich, wie gewaltvoll wohl unsere Ahnen in Stein-, Kreide-, und Bronzezeit zueinander waren …? Man hat schon einige von ihnen gefunden, aber soweit ich weiß, niemanden, der einen eingeschlagenen Schädel oder so was hatte. Der Steini hat garantiert nicht grunzend am Feuer gesessen und gewaltfrei debattiert, dennoch habe ich den verschwommenen Eindruck, dass man sich damals nicht gleich immer gegenseitig ans Leder gegangen ist - wenn man wohl nicht gerade tätlich angegriffen wurde. Das lag sicherlich auch daran, dass man das Leben zu schätzen wusste, als man inmitten von lauter Gefahren lebte, und jederzeit das Lunch von einem Säbelzahntiger oder das Opfer eines Unwetters oder einer fiesen, unbekannten Beere werden konnte ... Außerdem gab es unheimlich viele Ressourcen, bei unheimlich wenig Mitstreitern, und unheimlich viel Platz - man ging sich also auch in verschiedenen Stämmen nicht auf die Nerven, wenn man das nicht wollte. Das heißt, die typischen, heute tragenden Motive für Raub, Gewalt und Mord, griffen da noch gar nicht: Besitzgier, Neid, Hass, Eifersucht und Konkurrenz ... Außerdem gab es da ja nun auch nichts, das man beneiden hätte können. Wer ein neues Fell wollte, der holte sich halt kurz eines … Und wer ‘ne neue Pfeilspitze brauchte, hat sich eben eine aus dem nächsten schicken Stein rausgekloppt ... Der einzige Artikel, der wohl zu Kämpfen geführt hat, waren möglicherweise Frauen. Wenn einem Stamm, wegen einem Brand oder einer tückischen Seuche, alle Frauen weggestorben waren, musste man ja irgendwie für Nachschub sorgen, damit der Stamm – und damit das eigene Überleben – gesichert war … Denn ohne seine Rotte war man einfach nur Futter! Und über das Abwerben von Frauen wird man sich dann wohl sicherlich nicht bei einer kleinen Konferenz mit Mammutfondue am Lagerfeuer drüber unterhalten haben …
Ich habe einfach die Idee, dass die Vormenschen weitaus „kultivierter und friedvoller waren als wir es heute sind. Das lag zum einen wahrscheinlich auch daran, dass sie noch dachten und rechneten wie Säugetiere. Beutetiere rechnen ja immer rein biologisch nach dem „negativen Energie-Erhaltungssatz
: „Energie, die ich jetzt verballere, ist Energie, die dann weg ist! Energie, die weg ist, ist möglicherweise dann genau die Energie, die ich gleich zur Flucht brauchen könnte! Also nicht machen! Selbst die kindlichen Spiele von Säugetieren imitieren Kämpfe, und üben lebenswichtige Fertigkeiten wie Wegrennen, Abtauchen, Antäuschen und Angreifen - auch diese Energie ist also nicht verloren. Solche Beutetiere wissen immer: Jeder Kampf, jede Bewegung kostet Energie! Und jeder Kampf kann auch schnell mal der letzte sein - also nicht machen! Alle Beutetiere haben daher fast immer den Kodex „Leben und leben lassen". Ein Reh würde niemals einen Dachs angreifen und eine Kuh niemals eine Katze … Und ich glaube, die Steini‘s waren gedanklich noch sehr wie Tiere, sie waren im Kern gelassen, sie dachten nicht viel nach, sie nahmen das Leben, wie es eben kam. Und ihnen fehlte garantiert gedanklich die Komplexität für Aggression, Neid und Eifersucht – auch weil ganz bestimmt das Ego entwicklungspsychologisch noch gar nicht in ihnen angelegt war. Solche Wesen waren dann auch nicht aggressiv und nicht per se gewaltvoll – sie waren in erster Linie instinktiv. Das ist meine ganz persönliche Meinung.
Der Älteste, den wir von unseren Vorfahren nach dieser Zeit fanden, war dann der „Ötzi", und der hatte dann auch schon, mitten in den Alpen, einen Pfeil zwischen den Schulterblättern stecken! Also muss sich die Gewalt dann potenziell gesteigert haben, denn alles, was wir noch weiter von unseren Vorfahren fanden, zeigte ja immer viel Gewalt. Das fängt schon im ach-so-kultivierten Ägypten an, wo in den Pyramiden lauter ermordete Mumien liegen, von Nofretete über Tut-Anch-Amun - nur Mord und Totschlag! Und was wir sonst noch so ausheben, ist häufig im Massengrab, geschändet, geköpft, erschlagen … Es ging ordentlich zur Sache damals! Eine Raumforderung beinhaltete sicherlich auch die Auslöschung aller dahin bisher sich friedlich aufhaltenden … das hat ja selbst Hitler nicht anders gemacht. Ein Kollateralschaden wahrscheinlich. Und das finde ich umso erstaunlicher, denn man hatte ja schon bald eine Sprache, und konnte sich irgendwie zur Kenntnis bringen?! Tatsächlich was das Mittelalter garantiert um ein Vielfaches aggressiver als die Kreidezeit.
Überall herrscht Zweifel, dass wir uns heute zu einer immer friedfertigeren Gesellschaft entwickelt haben sollen ...?! Untersuchungen zeigen, dass es in europäischen Ländern seit dem Mittelalter einen deutlichen Rückgang an Morden gibt. Angeblich. Allerdings lässt der Vergleich der Strafverfolgung über die Jahrhunderte wohl kaum wirklich belastbare Zahlen zu! Die Anzeigebereitschaft und Dokumentation im Mittelalter war ganz anders, ganze Städte brannten immer wieder ab, jeder Regent forderte eine andere Handhabung in der Amtsführung und Dokumentation ... Und die Frage stellt sich: Wie lückenlos und wahrhaftig haben sich die handgeschriebenen, papierenen Informationen, ohne jede Quellensicherung, innerhalb der letzten 800 Jahren wohl erhalten …?! Die Rechtfertigung von Notwehr und persönlicher Gefahr war ja ganz anders. Die Ethik darüber, was „Gewalt" darstellte war völlig