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Das Ende des Bannfluchs: Die Eichenwaldsaga Buch 2
Das Ende des Bannfluchs: Die Eichenwaldsaga Buch 2
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eBook281 Seiten3 Stunden

Das Ende des Bannfluchs: Die Eichenwaldsaga Buch 2

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Über dieses E-Book

"Du kannst dir nie sicher sein, wer des Nachts deine Träume knüpft …"

Endlich sind die drei Eichnoks bei der dunklen Ruine angekommen und lüften das Geheimnis um den Bannfluch und damit eine lange vergessene Wahrheit über ihr Völkchen. Eine Wahrheit, die ihnen das Blut in den Adern gefrieren lässt und besonders für Arun gravierende Veränderungen mit sich bringt. Nun heißt es, Entscheidungen zu treffen. Obendrein erreichen sie schlimme Nachrichten aus dem Dorf, wo Großbürger Rogat dunkle Machenschaften treibt und damit die Gemeinschaft der Eichnoks in höchste Gefahr bringt. Und dabei lauert schon eine weitere Bedrohung in den Tiefen des Eichenwaldes …
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum13. März 2017
ISBN9783765021367
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    Buchvorschau

    Das Ende des Bannfluchs - Edgar E. Nimrod

    Inhaltsverzeichnis

    Das Buch

    Der Autor

    Impressum

    Die verlorene Vergangenheit

    Eine neue Gefahr

    Entscheidungen

    Auf Messers Schneide

    Neuer Wahnsinn

    Tödliche Gefahren

    Heldenmut

    Ende mit Schrecken

    Epilog

    Danksagung

    Das Buch

    Die drei Eichnoks Arun, Gnork und Oma Grima haben sich auf den Weg zur dunklen Ruine gemacht, um das Geheimnis um sie und die seltsamen Träume zu machen, die Oma Grima seit einiger Zeit heimsuchen. Dort angekommen, lernen sie die Bewohner der dunklen Ruine, die Felslinge, kennen und erfahren Dinge über die Vergangenheit sowie die Identität ihres eigenen Völkchens, die sie vor große Aufgaben stellt. Dann erreichen sie beunruhigende Nachrichten aus ihrem Heimatdorf – Großbürger Rogat schmiedet Pläne, um die Macht in der Gemeinschaft an sich zu reißen. Sollte dies gelingen, werden Arun, Gnork und Oma Grima nie mehr dorthin zurückkehren können. Mit ganzer Kraft versuchen die drei, dieses Schicksal abzuwenden und erhalten dabei Hilfe von den Felslingen. Zum Glück, denn eine weitere Gefahr wartet im Unterholz und giert nach Rache.

    Der Autor

    Edgar E. Nimrod (*1965), geboren und aufgewachsen in Karlsruhe, lebt mit Frau und Tochter in Ettlingen. In seiner beruflichen Laufbahn verfasste der gelernte Bankkaufmann jahrelang Berichte zu unterschiedlichsten Fachthemen und sammelte so ganz eigene literarische Erfahrungen.

    Als begeisterter Leser anspruchsvoller Fantasy- und Science-Fiction-Literatur kam ihm vor einigen Jahren die Idee zu der Romanreihe »Die Eichenwaldsaga«. Nach »Der geheimnisvolle Bannfluch« liegt nun mit »Das Ende des Bannfluchs« das zweite Buch der Reihe vor.

    Die deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter www.dnb.de abrufbar.

    © Originalausgabe 2017 Lauinger Verlag | Der Kleine Buch Verlag, Karlsruhe

    Projektmanagement & Lektorat: Anja Winckler

    Korrektorat: Julia Barisic

    Umschlaggestaltung: Manuela Wirtz, www.manuwirtz.de

    Umschlagbilder:

    Raben: Manuela Wirtz, www.manuwirtz.de

    Baumscheibe, Eicheln und Figuren: freepik.com

    Das Eichendorf (3D-Illustration): Isabell Schmidt-Egner

    Satz & Layout: Beatrice Hildebrand

    Rabe Innenteil: © Fotolia, Yven Dienst

    Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes (auch Fotokopien, Mikroverfilmung und Übersetzung) ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt auch ausdrücklich für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen jeder Art und von jedem Betreiber.

    ISBN: 978-3-7650-2136-7

    Dieser Titel ist auch als Printausgabe erschienen:

    ISBN: 978-3-7650-9118-6

    www.lauinger-verlag.de

    www.derkleinebuchverlag.de

    www.facebook.com/DerKleineBuchVerlag

    Die verlorene Vergangenheit

    Arun lag nachdenklich auf dem Bett und sehnte sich nach dem Dorf der Eichnoks zurück. Zwar gab es auch dort mehr als genug Probleme. Aber wenigstens war ihm alles vertraut, und wenn er keine Lust hatte und nichts mehr sehen und hören wollte, konnte er sich zu Hause in sein Zimmer verkriechen und die Decke über den Kopf ziehen. Zu Hause. Ein dicker Kloß steckte ihm im Hals. Mittlerweile kamen ihm die Erinnerungen unwirklich und fremd vor. Selbst Großmutters kleine Hütte, in der er mit Gnork sein ganzes bisheriges Leben bei den Eichnoks verbracht hatte. Aber er war nun einmal kein Eichnok. Er war ein Felsling. Und diese Tatsache ließ sich nicht verleugnen. Nicht wenn man Augen im Kopf hatte. Nur wollte er wirklich zu diesem Volk gehören? Einen Augenblick lang hatte er es geglaubt. Hoch in der Luft auf dem Rücken von Feuerauge hatte er sich frei gefühlt und den sehnlichen Wunsch verspürt, ein Rabenflieger zu werden. Doch der Schock, der darauf folgte, saß immer noch tief. Rabenflieger gingen auf die Jagd. Mit dem Ziel Tiere zu töten. Ein Gedanke, so furchtbar, dass er ihn aufstöhnen ließ. Vor allem Lijenas Reaktion hatte ihn bis ins Mark getroffen und ihm deutlich vor Augen geführt, dass er zu einem Volk von Barbaren gehörte.

    Auch Oma Grimas Verhalten brachte ihn immer noch durcheinander. Wie konnte sie angesichts einer solchen Grausamkeit nur gelassen bleiben und ihm zu allem Überfluss noch raten, sich in Diplomatie zu üben? Wütend warf er sich auf die Seite. Soweit kommt es noch, dachte er.

    »Es hat geklopft.« Zögernd war Gnork vom Tisch aufgestanden und zur Tür gelaufen. »Soll ich aufmachen?«

    »Meinetwegen«, knurrte Arun. »Was bleibt uns denn anderes übrig?«

    ***

    Inzwischen verdrängte die Dämmerung das letzte Licht des Tages. Merolon war vor wenigen Minuten zu ihren Unterkünften gekommen, um die drei Neuankömmlinge abzuholen.

    Der Erste hatte die Vorkommnisse am Rabenbaum bislang mit keinem Wort erwähnt und sie konnten keine Veränderung in seinem Verhalten erkennen. Dennoch war Arun sich sicher, dass Lijena ihrem Vater von dem Konflikt erzählt hatte. Zumindest gehörte dies doch zu den Pflichten der Mitglieder einer Ehrenwache.

    »Entgegen meinen sonstigen Gewohnheiten habe ich dieses Mal Fackeln mitgenommen.« Mit einem freundlichen Lächeln verteilte Merolon an jeden Einzelnen einen mit Baumharz bestrichenen Holzspan, den er zuvor an dem Wachfeuer am Dorfeingang entzündet hatte.

    Dabei waren sie von den Wachen mit neugierigem Interesse begrüßt worden. Überhaupt schien es ganz so, als wüsste jeder Dorfbewohner, dem sie auf ihrem Weg begegneten, was sie nun erwartete.

    Geleitet vom Licht der Fackeln folgten sie dem Ersten auf dem anstrengenden Weg zu den vier Schwestern, während er ihnen erzählte, welche unschätzbaren Dienste die alten Frauen für die Dorfgemeinschaft leisteten.

    »… ebenso wichtig wie die Traumbeeinflussung.« Merolon lächelte verlegen. »Ihr habt damit ja schon gewisse Erfahrungen gemacht. Außerdem sind sie dafür zuständig, längst vergangene Ereignisse vor dem Vergessen zu bewahren. Arijna und ihre Schwestern sind also auch die Hüterinnen unserer Vergangenheit.«

    Gnork flüsterte Arun zu: »Klingt ganz nach Libro in vierfacher Ausführung. Hoffentlich zitieren die nicht auch stundenlang aus alten, verstaubten Aufzeichnungen. Sonst steht uns ein ganz schön ätzender Abend bevor.«

    Nach einem schweißtreibenden Aufstieg erreichten sie schließlich die Höhle der Traumknüpferinnen. Wieder einmal hatte sich Gnork an einem Felsvorsprung den Kopf gestoßen. Arun seufzte. Langsam wurde das zu einer schlechten Angewohnheit. Merolon fand die versteckte Öffnung sofort. Auch diesmal brannte davor ein blau flackerndes Feuer.

    Nach einer Weile brummte er: »Gut, dann wollt ihr heute also auf die traditionelle Art und Weise gerufen werden.«

    Gespannt beobachtete Arun, wie sich der Erste räusperte und dann mit klarer Stimme intonierte: »Schwestern der Träume, Merolon der Erste bittet für das Wohl des Dorfes um euren Beistand und Rat!«

    »So kündigen wir unsere Besuche bei den Schwestern an«, flüsterte er den dreien erklärend zu. Doch nichts bewegte sich. Nach einer Weile wurde Merolon sichtlich nervös.

    »Ähem, Schwestern der Träume! Merolon der Erste bittet für das Wohl des Dorfes um euren Beistand und Rat!«, wiederholte er die Begrüßungsformel lauter als zuvor. Quälend langsam verstrichen die Sekunden, bis endlich eine tiefe Stimme aus dem Dunkel drang.

    »Wenn eure Sinne lauter und eure Herzen rein sind, so tretet ein.«

    Der Erste atmete erleichtert auf und bedeutete Arun, Gnork und Oma Grima, ihm zu folgen. Dann trat er durch die nachtschwarze Öffnung ins Innere der Höhle.

    ***

    Oma Grima folgte Merolon mit festen Schritten. Arun atmete noch einmal tief durch, bevor er sich in Bewegung setzte.

    »Komm schon!« Er schob Gnork in die dunkle Öffnung. Beide tasteten sich an der Felswand entlang. Arun hörte vor sich einen unterdrückten Fluch, der ihn zu noch größerer Umsicht veranlasste. Nach wenigen Schritten mündete der Weg in eine runde Höhle, die durch das brennende Feuer kaum erhellt wurde.

    Die kleinen Flammen warfen gespenstische Schatten an die Wände. Er konnte vier Gestalten erkennen, die ihnen regungslos gegenübersaßen. Oma Grima und Merolon standen schweigend neben ihm und Gnork.

    Arun sah sich um und versuchte, so viel wie möglich zu erkennen. Die Höhle war zu klein, um den Schwestern auch als Wohnraum dienen zu können. Außerdem befand sich keinerlei Einrichtung darin. Auf den ersten Blick bemerkte er nichts von besonderem Interesse. Doch das trübe Dämmerlicht erlaubte es ihm auch nicht, Details wahrzunehmen. Etwas enttäuscht wandte er sich den Frauen zu.

    Merolon räusperte sich ungeduldig. Arun hatte den Eindruck, dass die Traumknüpferinnen den Ersten absichtlich warten ließen. In gewisser Weise erinnerte ihn das an Oma Grimas Verhalten dem alten Wenk und Libro gegenüber. Gespannt erwartete er das erste Kräftemessen zwischen der Kräuterweisen und den Schwestern.

    Merolon hatte ihnen auf dem Weg hierher erzählt, die Sprecherin der vier sei Arijna. Keiner der Felslinge habe jemals mit einer der anderen Frauen gesprochen.

    Es dauerte noch eine ganze Weile, bis sich eine der Gestalten, wahrscheinlich Arijna, am Feuer vorbeugte und den Eichnoks zuwandte. Sie sprach mit der gleichen tiefen Stimme, die sie bereits zum Betreten der Höhle aufgefordert hatte.

    »Seid willkommen, Eichnoks. Es ist uns eine Ehre, euch zu begrüßen. Nehmt Platz und wärmt euch an unserem Feuer.«

    Merolon schien sie gar nicht mehr zu bemerken. Er ließ sich mit ihnen zusammen nieder, doch selbst im schwachen Licht der Flammen war deutlich zu erkennen, wie sehr ihn die Missachtung ärgerte. Die erneute Pause nach Arijnas kurzer Ansprache ließ Oma Grimas äußerst strapazierten Geduldsfaden reißen. Schon den ganzen Tag lang war sie vertröstet worden.

    »Ich möchte ja nicht unhöflich sein …«, ihr barscher Tonfall zeigte genau das Gegenteil, »… aber hättet ihr die Güte, uns den Grund unseres Treffens mitzuteilen? Ich glaube, wir haben ein Recht darauf, endlich Antworten zu bekommen.«

    Die Kräuterweise verschränkte die Arme und schaute Arijna herausfordernd an. Merolon zuckte bei ihren Worten erschrocken zusammen und zog das Genick ein. Eine solche Unverfrorenheit hätte sich kein Felsling vor den Schwestern erlaubt.

    Arijna lachte leise und antwortete: »Natürlich habt ihr das Recht, alles was euch betrifft zu erfahren!« Oma Grima nickte zufrieden, als die Traumknüpferin fortfuhr.

    »Merolon hat euch schon erzählt, dass wir die Hüterinnen unserer Vergangenheit sind und euch Einblicke in längst geschehene Ereignisse verschaffen können.« Freundlich wandte sie sich an die Kräuterweise: »Ungeduld ist das Vorrecht der Jugend. Deshalb sehen wir dir deinen ungebührlichen Ton dieses Mal nach.«

    Oma Grimas Gesicht gefror nach dieser Zurechtweisung zu Eis. Das hatte der ältesten lebenden Eichnok noch niemand gesagt. Eins zu null, dachte Arun und schaute hinüber zu Merolon, dessen Mundwinkel leicht nach oben zuckten.

    »Heute Nacht werdet ihr bedrückende Dinge sehen.« Arijna war sehr ernst geworden. »Alles, was Merolon euch erzählt hat, ist die bittere Wahrheit. Unsere beiden Völker lebten lange in Frieden miteinander, bis Unvernunft und Missgunst begannen, unser gutes Verhältnis zueinander zu zerstören. Doch wir haben die Hoffnung auf neue, bessere Zeiten nicht aufgegeben. Wir betrachten euer Kommen als ersten Schritt einer vorsichtigen Annäherung. Wohl wissend, wie viel Vertrauen dafür nötig ist. Im Gegensatz zu euch haben wir keine Dokumente, in denen ihr unsere Geschichte nachlesen könntet, oder die wir euch in langweiligen Erzählungen näherbringen müssten.« Gnork lief bei dieser Bemerkung rot an und riss die Augen auf. »Unsere Geschichte haben wir in unzähligen Träumen aufbewahrt, jederzeit abrufbar und mit unserer Hilfe jedem zugänglich.«

    Mit einer raschen Handbewegung warf sie Arun einen kleinen Beutel zu, den dieser geschickt auffing. »Diese Kräuter, mit heißem Wasser überbrüht, erleichtern den Schlaf und öffnen den Geist. Trinkt ihn vor Mitternacht und ihr könnt euch mit uns auf den Weg in unsere gemeinsame Vergangenheit machen.« In der kurzen Pause, die auf diese Worte folgte, war es so still, dass man eine Baumassel hätte atmen hören können. »Niemand soll gegen seinen Willen zum See der Vergangenheit geführt werden. Deshalb frage ich euch: Seid ihr dazu bereit?« Obwohl ihre Augen nicht zu sehen waren, konnte Arun den Blick der Traumknüpferin spüren. Es war, als schaute sie ihm direkt in die Seele.

    »Wir haben nicht den ganzen beschwerlichen Weg zu euch auf uns genommen, um kurz vor dem Ziel zu kneifen. Selbstverständlich werden wir dieses Gebräu trinken und uns deiner Führung anvertrauen.« Oma Grima schnappte sich den Beutel aus Aruns Hand. Sie hatte sich schnell wieder erholt, doch es fiel ihr hörbar schwer, den Schwestern gegenüber einen einigermaßen verbindlichen Ton anzuschlagen.

    Arijnas Stimme klang zufrieden, als sie sagte: »Wenn ihr beide der gleichen Meinung seid«, Arun und Gnork nickten, »dürft ihr euch jetzt zurückziehen. Doch denkt daran: Jeder von euch muss vor Mitternacht eine Tasse des Kräutertranks zu sich genommen haben.«

    Dann schwieg die Sprecherin und sie hatten das Gefühl, das Licht sei eine Spur dunkler geworden, denn die Traumknüpferinnen waren vor der Höhlenwand kaum mehr auszumachen.

    »Die Audienz ist jetzt also beendet«, knurrte Oma Grima, die bereits aufgestanden und zum Ausgang unterwegs war. »Dann lasst uns gehen.«

    Merolon und die Jungs folgten ihr schweigend auf dem Weg zurück ins Dorf. Die Laune der Kräuterweisen war auf dem Tiefpunkt.

    Bei ihrer Unterkunft angelangt, verabschiedete sich der Erste mit knappem Gruß und wünschte ihnen einen guten Schlaf und erfolgreiche Träume. Oma Grima brummelte nur etwas Unverständliches vor sich hin, während Arun und Gnork sich artig bedankten und ihm gleichfalls eine gute Nacht wünschten.

    Die beiden folgten der Kräuterweisen die Treppen hoch und blieben unschlüssig vor ihrer Tür stehen. Schließlich hatte sie den Kräuterbeutel an sich genommen und musste bestimmen, wie es jetzt weitergehen sollte.

    Oma Grima drehte sich um und knurrte die Jungs an: »Los, nun kommt schon rein! Wir haben nicht ewig Zeit!«

    Sie schloss ihr Zimmer auf und machte sich sofort an der Feuerstelle zu schaffen. Immerhin stand der Krug mit frischem Wasser noch auf dem Tisch. Mit Hilfe des kleinen Kessels hatte bald jeder von ihnen eine Tasse mit heißem Kräutersud vor sich.

    Angeekelt verzog Gnork das Gesicht und sagte zweifelnd: »Vielleicht geht es ja auch ohne dieses Zeug.«

    »Mein Lieber, darum kommst du nicht herum. Die vier Schwestern, besonders diese Arijna, merken sofort, wenn wir versuchen zu mogeln.«

    Oma Grima kannte das wohl aus eigener Erfahrung. Sie wusste sicherlich genau, wer sich vor ihren therapeutischen Anweisungen drückte und wer nicht. Mit einem schiefen Lächeln fügte sie hinzu: »Jetzt stell dich nicht so an, so schlimm wird es schon nicht sein.«

    Mit angehaltenem Atem würgten sie die trübe Flüssigkeit hinunter. Der Trank schmeckte so schlimm, wie er roch. Doch dann war es getan und sie stellten erleichtert die Tassen ab. Ein letztes angewidertes Schütteln und Oma Grima schickte die beiden zu Bett.

    »Ich habe keine Ahnung, was uns heute Nacht erwartet, aber spannend wird es allemal.«

    Schnell waren sie in ihre Betten geschlüpft und hatten die Lichter gelöscht.

    Der Trank wirkte sofort. In kürzester Zeit schliefen Oma Grima und die Jungs tief und fest.

    Arun befand sich am Ufer eines höchst bemerkenswerten Sees. Das Wasser erstreckte sich bis zum Horizont. Genau wie der Strand links und rechts von ihm – glatter, feinkörniger, grauer Sand. Er drehte sich um. Auch hinter ihm nichts als Sand. Nicht die Spur einer Pflanze oder eines Tieres.

    Eine eigenartige Stimmung umfing ihn, alles schien seltsam farblos, anders als in den Träumen zuvor, doch ebenfalls völlig unnatürlich. Außer seinem eigenen Atem konnte er keinerlei Geräusche oder Bewegungen wahrnehmen.

    Arun kniff die Augen zusammen. Das Licht war bei aller Farblosigkeit unangenehm grell. So sehr er sich auch bemühte, es gelang ihm nicht, auch nur irgendeine Regung auszumachen. Sogar die Wasseroberfläche war vollkommen glatt. Kein Windhauch spielte mit ihr oder kräuselte sie sanft. Wie ein Spiegel erstreckte sich das Wasser bis zum Horizont. Er beugte sich hinunter, um dieses Phänomen genauer zu untersuchen, und bekam einen tüchtigen Schreck. Das war kein Wasser! Oma Grima stand direkt neben ihm und betrachtete aufmerksam ihre von einer grausilbernen Substanz vollständig bedeckte Hand.

    »Selbst wenn man darin herumrührt, bewegt sich in diesem See überhaupt nichts!« Fasziniert beobachtete sie, wie sich die geleeartige Masse langsam in einer Art Nebel auflöste und nach wenigen Augenblicken völlig verschwand.

    Aruns Herz hatte sich gerade etwas beruhigt, als ihm von der anderen Seite die Stimme seines Freundes entgegenschallte und seinen Atem erneut stocken ließ.

    »Zum Waldschrat! Wie sieht es denn hier aus?«

    Aus den Augenwinkeln sah Arun, dass auch Oma Grima zusammenzuckte, und er konnte sich einer gewissen Schadenfreude nicht erwehren.

    »Das ist der See der Vergangenheit!« Plötzlich waren sie vollständig von Arijnas tiefer Stimme umhüllt. »Er ist wie ein großer Spiegel. Schaut jetzt hinein und erkennt das Vergangene. Ich werde euch auf eurem Weg durch unsere Geschichte begleiten.«

    Wie in einem riesigen Strudel wirbelte nun ein Gewirr aus Farben über die Seeoberfläche. Die langsam entstehenden Bilder nahmen die Eichnoks vollständig gefangen. Sie befanden sich mitten im Geschehen, ohne daran beteiligt zu sein.

    »Ihr werdet nun Zeuge des betrüblichen Endes einer Ratsversammlung im Sommer des Jahres 550 der großen Eiche.« In der Stimme der Traumknüpferin schwang Traurigkeit mit. »Mit ihr fand der Streit zwischen Felslingen und Eichnoks ihren unrühmlichen Höhepunkt.«

    Arun erkannte sofort den vertrauten Platz unter der alten Eiche, auf dem schon seit jeher die Ratsversammlungen der Eichnoks abgehalten wurden. Auf Wenks angestammten Platz am Ratstisch saß eine Frau mittleren Alters. Vermutlich die damalige Ratsvorsitzende, überlegte Arun. Neben ihr, ganz unverkennbar, drei Felslinge.

    »Schaut doch nur, wie ungerührt der Erste mit seinen Beratern dasitzt. Nicht einen Hauch von Mitleid könnt ihr in Semarons gefühllosem Gesicht erkennen. Und auch Cereos und Lioke ist unser Schicksal egal!« Die Stimme gehörte einer äußerst unangenehmen Erscheinung.

    »Mäßige dich, Yoran!« Mit strengem Tonfall rief ihn die Ratsvorsitzende zur Ordnung. »Deine persönlichen Vorbehalte stehen hier nicht zur Debatte!«

    Doch Yoran ließ sich von ihrer Zurechtweisung nicht beeindrucken. »Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass die Felslinge seit eh und je große Erfahrung im Abrichten von Tieren haben, Noirit. Muss ich dir das wirklich erst ins Gedächtnis rufen? Was sollte sie also daran hindern, auch Wiesel entsprechend ihrer Absichten zu dressieren?«

    Semaron konnte Cereos nur mit Mühe zurückhalten, der halb von seinem Stuhl aufgesprungen war. Mit kalter Stimme wandte sich der Erste an Yoran: »Habe ich dich richtig verstanden? Du sagst, wir führen bewusst den Tod von Eichnoks herbei, indem wir abgerichtete Wiesel auf sie hetzen? Ist es so?«

    »Genau so ist es!«

    Zustimmendes Gemurmel erklang aus den Reihen der Eichnoks, bis sich eine weitere Gestalt erhob und sich mit einer gebieterischen Handbewegung Gehör verschaffte.

    »Seid ihr denn von Sinnen? Die Geschichte unserer langjährigen Beziehungen zu den Felslingen war stets friedlich. Jeder von euch kann das in den historischen Aufzeichnungen der Bibliothek nachlesen.«

    »Mein lieber Savius, wer sagt uns denn, dass wir alles zu sehen bekommen, was darüber geschrieben steht?«

    Diese Frage aus der Menge blieb nicht ohne Wirkung. Sichtlich erschüttert, aber doch mit ruhigem Tonfall erwiderte Savius: »Ihr habt mich vor Jahren zum Bewahrer ernannt. Ihr wisst, der wichtigste Anspruch an diese Aufgabe ist eine bedingungslose Zuverlässigkeit. Solltet ihr daran den leisesten Zweifel haben, stelle ich sofort mein Amt zur Verfügung.«

    Nach diesen Worten herrschte betretenes Schweigen. Noirit war ebenfalls aufgestanden und schaute mit zornigem Blick in die Runde: »Hat irgendjemand Zweifel an der Rechtschaffenheit unseres Bewahrers, so möge er vortreten und sie äußern. Nicht? Gut! Dann ist zumindest dieser Punkt geklärt. Und was dich angeht, Yoran, wenn du dich nicht etwas zurücknimmst, schließe ich dich von der Versammlung aus!«

    Erneut entstand in der Menge eine große Unruhe. Viele teilten ganz offensichtlich Yorans Meinung, auch wenn sie sie nicht offen äußerten.

    »So wird man also behandelt, wenn man versucht, die Wahrheit herauszufinden?«, wandte sich Yoran an die Versammlung. »Meine Freunde, seht ihr jetzt, wohin die Verbrüderung mit diesen Fleischfressern uns geführt hat? Teile des Rates stellen sich gegen die eigenen Dorfbewohner. Nein, sage ich! Wir wollen Beweise, dass die Felslinge nichts mit den tödlichen Angriffen der letzten Zeit zu tun haben. Und wenn ich es mir recht überlege, sind auch die Umstände der Invasion der Eichhörnchen vor fünfzig Jahren nie zweifelsfrei geklärt worden.«

    Ein vielstimmiges Gejohle erhob sich und es schien so, als drohe der Ratsvorsitzenden die Leitung der Versammlung endgültig aus den Händen zu gleiten.

    »Ruhe!« Mit dröhnender Stimme übertönte nun eine kräftige alte Frau das Stimmengewirr und sofort verstummte die Menge.

    Das war zweifellos die Kräuterweise, schoss es Arun durch den Kopf. Ihre Erscheinung erinnerte ihn sehr an Oma Grima.

    Sichtlich zufrieden mit ihrer Wirkung, musterte sie nun Yoran.

    »Sage mir, worauf stützt du deine abenteuerlichen Anschuldigungen? Welchen Vorteil sollten sich die Felslinge denn dadurch verschaffen?«

    »Das liegt doch auf der Hand. Wenn erst einmal die Eichnoks aus dem Weg geräumt sind, können sie unseren Wald in Beschlag nehmen«, sagte Yoran aufgebracht. Er wandte sich erneut an die Menge: »Ihr wisst doch, wo diese Rabenflieger leben. Felsiges, unfruchtbares Gelände, auf dem keine Plantage gedeiht. Vereinzelt herumstehende Eichen, die nicht genug Ertrag abwerfen.«

    Die Kräuterweise stemmte wütend die Hände in die Hüften. »Mein lieber Junge! Ist dir schon einmal der Gedanke gekommen, dass du unter massivem Verfolgungswahn leiden könntest?«

    Kalt blickte Yoran sie an: »Ich weiß, warum du dich so ereiferst, Naira.

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