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Star Trek - Seekers 1: Zweite Natur
Star Trek - Seekers 1: Zweite Natur
Star Trek - Seekers 1: Zweite Natur
eBook359 Seiten4 Stunden

Star Trek - Seekers 1: Zweite Natur

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Über dieses E-Book

Eine neue Mission: das späte dreiundzwanzigste Jahrhundert – das goldene Zeitalter der Erforschung durch die Sternenflotte.

Im verzweifelten Versuch, den Vorteil gegenüber ihren Rivalen zu wahren, schickt die Föderation zwei Schiffe – den Aufklärer Sagittarius und den Kreuzer Endeavour – in die Taurus-Region, um die Geheimnisse des riesigen Gebiets zu ergründen. Dort entdeckt die Besatzung der Sagittarius die Tomol – eine Spezies, deren Mitglieder mit Erreichen des Erwachsenenalters rituellen Selbstmord begehen.

Bevor sie die Tomol jedoch aus dem Kreislauf der Selbstzerstörung befreien können, muss sich die Crew zunächst selbst retten – vor dem niederträchtigsten klingonischen Captain, den es jemals gegeben hat.
SpracheDeutsch
HerausgeberCross Cult
Erscheinungsdatum2. Okt. 2017
ISBN9783959814386
Star Trek - Seekers 1: Zweite Natur
Autor

David Mack

David Mack is the multi-award-winning and the New York Times bestselling author of thirty-eight novels of science fiction, fantasy, and adventure, including the Star Trek Destiny and Cold Equations trilogies. His extensive writing credits include episodes of Star Trek: Deep Space Nine, and he worked as a consultant on season one of the animated series Star Trek: Prodigy. Honored in 2022 as a Grand Master by the International Association of Media Tie-in Writers, Mack resides in New York City.  

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    Buchvorschau

    Star Trek - Seekers 1 - David Mack

    Chr.)

    KAPITEL

    1

    Der Anblick ihrer Tochter hätte Nimur beinahe das Unheil vergessen lassen, das vor ihr lag. Das kleine Mädchen sah mit unschuldiger Freude zu ihr auf und hatte die goldenen Augen weit geöffnet, um eine Welt in sich aufzunehmen, in der jedes Detail neu und aufregend war. Nimurs Finger strichen über den daunenweichen, silbrigen Flaum, der die türkisgrüne Kopfhaut ihres Neugeborenen bedeckte und folgten dann den Spuren von blassgelben Flecken, die sich um die Ohren des Mädchens herumwanden und am oberen Nacken zusammenfanden, um dann den Rücken herabzulaufen. Die gleiche Farbe und das Muster, das allen Tomol zu eigen war.

    Kerlo, der Vater des Mädchens, legte seine Hände auf Nimurs Schultern. »Sie braucht einen Namen.«

    Nimur wandte den Kopf, um ihren Gefährten anzulächeln. »Ich dachte da an ›Tahna‹.«

    Der Vorschlag entlockte Kerlo ein bittersüßes Lächeln. Es war der Name einer ihrer besten Freundinnen, die erst kürzlich der Reinigung anheimgefallen war. »Wenn er dir gefällt, bin ich einverstanden.«

    Er setzte sich neben Nimur und kitzelte das Baby am Bauch und an den Sohlen der plumpen Füßchen. Tahna quietschte und gab Laute des Entzückens von sich. Sie wedelte mit ihren zarten Gliedern, während ein strahlendes Lächeln sich auf ihren Zügen breitmachte.

    Doch das hübsche, schmale Gesicht ihres Vaters wurde düster. »Hast du schon daran gedacht, wen wir als …«

    Nimurs böser Blick ließ ihn mitten im Satz verstummen. »Darüber will ich jetzt nicht sprechen!«

    Er brauchte einen Augenblick, um sich zusammenzunehmen. »Das können wir nicht aufschieben.«

    »Und warum nicht?«

    »Weil wir nicht mehr viel Zeit haben. Weder du noch ich.«

    Nimur ertrug es nicht, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Sie hatte immer gewusst, dass dieser Tag kommen würde. So grausam war ihr Leben nun einmal; und nicht nur ihres, sondern das aller Tomol. Seit zahllosen Generationen war dies der Fall: Alles war vorbestimmt und das bereits seit den Tagen der Ankunft.

    »Ich habe sie gerade erst bekommen, Kerlo. Ich kann sie noch nicht hergeben.«

    »Niemand sagt, dass du das musst. Aber wir müssen ihre Hüter bestimmen.« Kerlo ging um Nimur herum, kniete vor ihr nieder und legte die Hände auf ihre Knie. Es war eine zärtliche und tröstende Geste. »Es hat so lange gedauert, bis wir endlich ein Kind bekommen haben, Nimur. Beinahe zu lang. Wir können uns nicht mehr leisten zu warten. Wir müssen eine Entscheidung treffen.«

    Nimur barg ihren Säugling an ihrer Brust und begann ihn sanft zu wiegen. Der selbstsüchtige Teil ihres Ichs wollte jeden wachen Augenblick tief versunken in den Anblick ihres wunderschönen Kindes verbringen und in ihren kühnsten Träumen stellte sie sich vor, wie es wäre, wenn sie Tahna aufwachsen sehen könnte. Zu erleben, wie sie eines Tages selbstständig und unabhängig würde.

    Aber so standen die Dinge nicht. Das war ein Traum, der ein Trugbild bleiben würde, ein Wahnbild falscher Hoffnung.

    Sie küsste den Kopf des Kindes. »Wie wäre es mit Chimi und Tayno? Sie würden auf sie achtgeben.«

    Kerlo war unschlüssig. »Ich kenne die beiden nicht. Aber wenn du ihnen vertraust, dann tue ich das auch.«

    In Nimurs Magen bildete sich ein Knoten. Zu entscheiden, an wen sie ihr kostbares Kind abgeben würden, den ultimativen Beweis, dass sie und Kerlo überhaupt je gelebt hatten, ließ Übelkeit in ihr aufsteigen. Obwohl es eine jahrhundertelange Tradition war, fühlte es sich an wie ein Verbrechen gegen die Natur, gegen ihr ganzes Sein, so einem Ansinnen nachzugeben. Alles, was sie tun konnte, war, ihr Gewissen mit leeren Hoffnungen zu erleichtern.

    »Ich denke, sie werden freundlich zu ihr sein.« Törichter Optimismus bemächtigte sich ihrer. »Vielleicht sollten wir versuchen, noch eines zu bekommen.«

    Allein der Gedanke daran ließ Kerlo erbleichen. »In unserem Alter? Nimur, wir beide haben gerade unsere siebzehnte Sonnenwende hinter uns. Neues Leben in unserem Alter zu empfangen ist verboten.«

    »In unserem Alter? Kerlo, sieh uns an! Wir sind besser und stärker, als wir je waren!«

    Er schüttelte entschieden den Kopf. »Du kennst das Gesetz genauso gut wie ich.«

    »Das Gesetz, das Gesetz … das Gesetz! Nichts als Worte, die man in einen Fels geritzt hat!« Sie packte seinen Arm und drückte ihn. »Du und ich, wir sind real! Unsere Leben sind …« Sie deutete mit dem Kopf in Tahnas Richtung. »… ihr Leben ist real!«

    »Genau wie das Leben eines jeden anderen, den wir kennen.« Kerlo hob langsam den Arm und legte seine jadefarbene Handfläche mit sanftem Druck an Nimurs Wange. »Denk an die Endlosen, an jene, die sich gegen die Wächter zur Wehr gesetzt haben. Erinnerst du dich daran, wie viel Leid sie verursacht haben? Willst du das auch allen antun, die uns etwas bedeuten?«

    Nimur schloss die Augen. Die Welt um sich herum auszusperren, war leichter, als einer Zukunft ins Auge zu sehen, in der sie keinen Platz hatte. »Können wir über etwas anderes reden?«

    Kerlo stand auf und ging in der Hütte, die sie von einer langen Ahnenreihe von Tomol geerbt hatten, die vor ihnen gekommen und wieder gegangen waren, auf und ab. »Wir müssen alles für den Erntezyklus des nächsten Jahres vorbereiten. Und das keinen Augenblick zu früh, wenn du mich fragst. Das nördliche Feld braucht ein Brachjahr. Aber was mich wirklich beschäftigt, ist die Bewässerung. Das letzte Jahr war das trockenste, das ich je erlebt habe, und die Schriften sagen, dass es überhaupt eines der trockensten war, das je verzeichnet wurde. Wenn es im kommenden Frühjahr nicht anständig regnet, glaube ich nicht, dass die Knollen es bis zur Ernte schaffen. Vielleicht müssen wir sie dann schon im Sommer …«

    Seine Stimme erstarb bei den letzten Worten, dann verstummte er.

    Die Stille, die entstand, wurde plötzlich von Tahnas ängstlichem Weinen unterbrochen. Nimur drückte das Kind enger an sich, in dem vergeblichen Versuch, es zu beruhigen, aber die mütterliche Geste ließ das Schreien des Babys nur lauter und schriller werden.

    Kerlo nahm Nimur das Baby aus den Armen und zog sich durch den Raum bis in ihr angrenzendes Schlafzimmer zurück. Er gab keinen Laut von sich, doch in seinem Gesicht stand der gleiche Schrecken, der Tahna mit panischen Schreien die Luft zerreißen ließ.

    »Was ist los? Was geschieht denn gerade?« Nimurs Fragen waren reine Verleugnung, eine Weigerung, das zu akzeptieren, was sie schon lange als unvermeidlich hätte hinnehmen müssen. Kerlo ergriff einen Wanderstab aus Dschungelholz und zückte ihn wie eine Waffe. Dennoch weigerte Nimur sich zu glauben, dass dieser Augenblick, dessen Herannahen sie ihr ganzes Leben lang gefürchtet hatte, nun endlich gekommen war.

    Sie wandte sich einem grob gezimmerten Spiegel zu, der in der Ecke stand, und erkannte die ganze schreckliche Wahrheit.

    Ihre Augen brannten im scharlachroten Feuer des Wandels.

    Es war das Schicksal aller Tomol, die ihre siebzehnte Sonnenwende überlebten. Keiner entkam dem Wandel. Er kam ohne Vorwarnung und veränderte jeden innerhalb eines einzigen Umlaufs von Arethusas Zwillingsmonden in boshafte Wesen von Flamme und Leid. Kein Gebet, kein Opfer, keine Gabe konnte einen Tomol von diesem furchtbaren Schicksal befreien … und nun hatte es seine brennende Hand auch auf Nimur gelegt.

    Sie floh aus der Hütte und rannte. Ohne Richtung und Ziel, in den schwülen Dschungel hinein. Ihre Schritte folgten vertrauten Pfaden, um die großen Menhire der ersten Tomol herum, an den heiligen Höhlen der Hirten vorbei und über den Gipfel der Schatten hinweg. Dichtes Laub schlug nach ihr, als sie hindurchrannte und jedem der Zweige, die nach ihr griffen, mit einer knappen Drehung ihres Körpers entkam. Das Geräusch ihrer ziellosen Schritte ging unter im Keuchen ihrer Atemzüge und den lauten Schluchzern, die ihr entfuhren. Schließlich erreichte sie den Gipfel einer steilen Klippe und fiel an der felsigen Kante auf die Knie.

    Wut raste durch sie hindurch. Warum? Warum müssen unsere Leben schon enden, kaum dass sie begonnen haben?Schluchzend schlug sie die Hände vors Gesicht. Nun blieb ihr nichts anderes mehr übrig als die Reinigung, der bewusste Sturz in das uralte blaue Feuer. Man würde von ihr erwarten, ihr einziges Kind aufzugeben, ihre Zukunft, ihre Hoffnungen und Träume. Ihr Leben. Alles, um dem Gesetz zu genügen, gegen das niemand ankam.

    Trotz wallte in ihr auf und wollte sie dazu verführen, der Hohepriesterin und ihren Wächtern die Befriedigung zu verweigern, sie den heiligen Flammen zu übergeben. Ich bräuchte nur von hier oben zu springen und würde auf den Felsen dort unten zerschellen, sagte sie sich. Sie starrte über die Felskante hinunter auf die tosende See, die dort über die zerklüfteten Riffe spülte, wo die Klippe ins Meer ragte, und wusste, dass sie es niemals tun könnte.

    Die See lockte, doch Nimur war klar: Egal, wie stark der Ruf des Meeres auch an ihr zerren mochte, ihr Weg führte in die Quelle der Flammen.

    Jeder Instinkt, den sie besaß, sagte ihr, dass ihre Tochter sie lebend brauchte – doch jede Lektion, die sie je gelernt hatte, machte ihr deutlich, dass die Stunde ihres Todes gekommen war.

    KAPITEL

    2

    Senior Chief Petty Officer Razka hob eine schlanke, mit Schwimmhäuten bewehrte Hand und zeigte auf den glänzenden Kokon, der sich vom Boden bis in den hintersten Winkel der Decke erstreckte. »Sie wollen mir doch nicht sagen, dass das hier den Vorschriften entspricht.«

    Die Feststellung war nicht von der Hand zu weisen. Im Zweifelsfall hätte Lieutenant Commander Vanessa Theriault zugeben müssen, dass der Chefkundschafter des Schiffs recht hatte. Der grazile, rothaarige Erste Offizier des Langstreckenscoutschiffes der Sternenflotte Sagittarius beugte sich ein wenig vor, um an Razka vorbei auf die gerade frisch gesponnene Seidenhülle zu blicken. Alles, was sie herausbrachte, war ein verlegenes Schulterzucken. »Es ist … anders

    Ein leises Zischen deutete an, wie sehr dem schlanken Saurianer Theriaults Feststellung missfiel. »Das kann nur jemand sagen, der sich sein Quartier nicht mehr mit jemand anderem teilen muss.«

    Man hatte ihm zusammen mit den beiden neuesten Besatzungsmitgliedern – dem Arkeniten Lieutenant Sengar Hesh und der kaferianischen Steueroffizierin, Ensign Nizsk – Quartier Nummer 10 zugewiesen. Es war Letztere, die dem Saurianer so gegen den Strich ging. Obwohl er der Mannschaft länger angehörte und damit gewisse Vorrechte besaß, hatte Razka derzeit das Pech, dass er im Vergleich zu seinen Mitbewohnern den niedrigsten Rang innehatte und deshalb zurückstecken musste. Er verschränkte die schuppigen Arme. »Was, wenn ich morgen in einem Seidengrab aufwache?«

    Theriault bedachte Razka mit einem missbilligenden Blick. »Raz, Sie wissen doch, dass Kaferianer keine Fleischfresser sind. Ihre Nahrung besteht ausschließlich aus Fruchtzuckern.«

    Seine längs geschlitzten Augenlider blinzelten langsam, eine Eigenart, die Theriault ganz richtig als Zeichen von Misstrauen interpretierte. »Das sagt man, ja. Aber auf meiner Welt sollte man alles fürchten, was ein Netz spinnt.«

    »Das ist kein Netz, sondern ein Kokon. Oder genauer gesagt: Eine Hibernationshülle.«

    »Für mich ist das kein signifikanter Unterschied.«

    »Ersteres ist ein Hilfsmittel, um Beute zu fangen. Nizsk benutzt das hier aber als eine Art Schlafsack.« Theriault unterdrückte ihren wachsenden Unmut angesichts dieser Diskussion. »Schauen Sie, ich verspreche Ihnen, dass es harmlos ist.«

    Der Kundschafter legte die feingliedrigen Hände hinter dem Rücken zusammen und beugte sich zu der auf dem Mars geborenen menschlichen Frau herab. »Dann sollte sie vielleicht in Ihr Quartier umziehen.«

    »Das wird nicht passieren.«

    »Ich sehe keinen Grund, warum Sie ablehnen sollten.«

    »Ich bin der Erste Offizier. Einen anderen Grund brauche ich nicht.« Sie stieß ihren Zeigefinger gegen Razkas schmale, aber steinharte Brust und schob ihn so mit sanftem und doch bestimmtem Druck aus ihrer persönlichen Distanzzone heraus. »Sie sind doch sonst nicht so empfindlich. Erschrecken Insektoide Sie denn so sehr?«

    Mit einer Geste bedeutete er ihr, vor ihn zu treten. »Na los, wecken Sie sie.«

    »Wie bitte?«

    Er wies auf den riesigen Kokon, der in der Ecke hing. »Wenn Sie herausfinden wollen, warum ich mein Quartier nicht mit dem Ensign teilen will … dann bitte ich Sie, sie zu wecken.«

    Es war eine ungewöhnliche Herausforderung und eine, die Theriaults Neugier weckte. Ihr zugegeben begrenztes Wissen über Kaferianer sagte ihr, dass es nichts zu fürchten gab, aber ein primitiverer Instinkt ihrer Psyche warnte sie davor, auf Razkas Vorschlag einzugehen. Es klang wie eine Falle, ließ ihr Blut pulsieren und ihren Adrenalinpegel steigen. Allerdings würde es einem Ersten Offizier nicht gut anstehen, eine Herausforderung abzulehnen, die ein Unteroffizier ausgesprochen hatte. Langsam schob sie sich an Razka vorbei.

    »Also gut.«

    Der Saurianer folgte ihr, blieb jedoch wohlweislich ein paar Schritte hinter der adretten jungen Frau zurück. Das leise Zögern und die deutliche Zurückhaltung, die seine Körpersprache ausdrückte, sagten ihr, dass er wusste, was kommen würde, und sie nicht. Sie warf ihm einen misstrauischen Blick zu, dann trat sie vor den Kokon und lauschte auf Anzeichen von Aktivität darin. Dies war Nizsks planmäßiger Ruhezyklus und wie Theriault erwartet hatte, herrschte nichts als Stille im seidenen Kokon.

    Sie holte tief Luft und tippte zweimal vorsichtig auf den Teil des Gespinstes, der zu leicht klebrigem Chitin getrocknet war. Innerhalb von Sekunden war ein kratzendes Geräusch aus dem Inneren der Hülle zu hören, dann spaltete ein Riss das große, zigarrenförmige Konstrukt der Länge nach. Zwei dicke, graugrüne Klauen schoben sich in Brusthöhe aus der schmalen Öffnung und drückten sie auseinander.

    Sofort quoll aus dem Spalt ein Schwall zähen, gelatineartigen Schleims mit beißendem Geruch. Razka wich vor der widerlichen Flüssigkeit rechtzeitig zurück, doch Theriault blieb nichts anderes übrig, als zuzusehen, wie sie ihre Stiefel bis zu den Knöcheln umspülte und sich auf dem Deck verteilte. Die kaferianische Steueroffizierin und Navigatorin stieg glänzend vor Nässe aus dem Kokon. Der Schleim triefte förmlich von ihr herab, was die Bescherung auf dem Boden zu Theriaults Füßen noch verschlimmerte.

    Langsam klapperte Nizsk mit den Mandibeln und wandte sich Theriault zu. Die Muttersprache der Kaferianer, für menschliche Ohren eine rasche Abfolge von Klicklauten ohne unterscheidbare Tonhöhen, wurde von dem Übersetzer, den Nizsk um den Hals trug, sofort aufgegriffen und übertragen. Das Gerät wandelte ihre Worte in eine angenehme, tiefe und weibliche Stimme. »Ja, Sir?«

    Theriault hob einen Fuß aus dem Schleimsee, der sich gebildet hatte. Er löste sich mit einem ekelhaften Schmatzen vom Boden. »Ensign, was ist das, was da gerade aus Ihrem Schlafsack geflossen ist?«

    »Regeneratives Gelee, Commander. Es repariert Schäden an meinem Exoskelett, sorgt für Geschmeidigkeit der Chitinplatten und Sehnen und reinigt meine Atemlöcher von Bakterien und Kontaminationen.«

    Der Erste Offizier setzte den Fuß mit einem leichten Schmatzgeräusch wieder auf den Boden. »Und das passiert jedes Mal, wenn Sie sich zu Ihrem Schlafzyklus zurückziehen?«

    »Ja, Sir. Es handelt sich um eine automatische Funktion meiner exokrinen Systeme.«

    »Ich verstehe.« Einem knappen Nicken folgte ein widerwilliger Blick in Razkas Richtung. »Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen, Chief. Davon stand nichts in Nizsks Personalakte.«

    Razka blickte sie vom Gang aus durch die offene Tür an. Die schmale Schiene, in der die Tür auf- und zuglitt, war das Einzige, das die Schleimflut daran hinderte, in den Korridor hinauszuströmen. »Entschuldigungen interessieren mich nicht, Commander. Ich sollte nicht durch diese Ausscheidungen zu meiner Koje waten müssen, nicht einmal dann, wenn es sich um die Drüsenexkretionen eines Offiziers handelt.«

    »Dem stimme ich zu.«

    Nizsks Universalübersetzer vermittelte einen Laut tiefsten Bedauerns. »Bitte vergeben Sie mir, Sie beide! Mir war nicht bewusst, dass das für Sie eine solche Unannehmlichkeit bedeutet. Ich war bisher nicht gezwungen, mein Quartier zu teilen.«

    Theriault fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, während sie über die Situation nachdachte. »Das Schlimme ist, dass wir uns hier auf einem sehr kleinen Schiff befinden. Wir können Sie nirgendwo sonst unterbringen.«

    Razka zischte. »Sie könnten ihr Ihr Quartier …«

    »Ruhe.« Der Erste Offizier wandte sich Nizsk zu. »Wir können Sie nicht im Frachtraum unterbringen, da wir dort von Zeit zu Zeit Unterdruck erzeugen müssen. Außerdem brauchen wir auf diesem Schiff jeden Zentimeter Lagerraum, den wir haben.« Sie sah wieder zu Razka. »Noch andere Beschwerden, von denen ich wissen sollte?«

    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Nur das.«

    »Gut.« Mit schmatzenden Schritten watete sie aus dem schleimgefüllten Raum hinaus. »Ich werde dafür sorgen, dass der Master Chief eine Vakuumpumpe an Nizsks Kokon installiert.«

    Als sie an dem Kundschafter vorbeikam, fragte dieser: »Was ist mit dem ekelhaften Gestank?«

    »Bitten Sie Taryl um ein paar Räucherstäbchen oder lernen Sie, wie man einen Mopp benutzt.« Sie tätschelte dem Reptiloiden die Schulter, während sie an ihm vorbei auf den Korridor hinaustrat. »Ich kann schließlich nicht alle Probleme für Sie lösen, Chief.«

    Das Kugellager aus Silizium besaß innerhalb des künstlichen Schwerkraftfelds der Sagittarius eine Masse von kaum mehr als ein paar Dutzend Gramm. Aber für Lieutenant Sengar Heshs Verstand, der das Kugellager in der Schwebe hielt, indem er winzige Veränderungen an der Raumzeit vornahm, die es umgab, fühlte es sich tonnenschwer an.

    Die Stärke seiner zugegebenermaßen begrenzten telekinetischen Fähigkeiten ließ das metallene Kugellager verhältnismäßig langsam rotieren. Der arkenitische Wissenschaftsoffizier saß im Schneidersitz an der vorderen Schottwand im Frachtraum des Scoutschiffes der Archer-Klasse und betrachtete sein verzerrtes Spiegelbild, das ihn von der hochglänzenden Oberfläche der Kugel anlächelte. Das Bild seines dreifach gewölbten Kopfs wand sich um die runde Oberfläche herum, die gestreckte Perspektive erinnerte ihn an das Spiegelkabinett eines Jahrmarkts.

    Telekinese war in Heshs Volk eine ungewöhnliche Gabe, trotzdem wurde sein Talent unter den wenigen Arkeniten, die psionische Fähigkeiten besaßen, lediglich als gering eingeschätzt. Bestenfalls. Er hatte nie Gegenstände mit einer Masse von mehr als einhundert Gramm bewegen können. Einige seiner Klassenkameraden auf der Sternenflottenakademie hatten seine Gabe sogar geringschätzig als einen »Taschenspielertrick« bezeichnet. Für ihn aber bedeutete die Anwendung seiner Gabe Trost und Wohlbehagen; es war eine Möglichkeit, sich zu konzentrieren und gleichzeitig zu entspannen. Wann immer seine geistige Spannkraft nachzulassen drohte, seine Nerven überreizt waren oder seine Stimmung sank, versuchte er, sich loszueisen und sein mentales und emotionales Gleichgewicht wiederzuerlangen. Und das gelang am besten, indem er sich davonstahl, um seine Gabe mit einer einfachen Levitationsübung zu trainieren.

    Ein scharfes Zischen, das vom Öffnen der Druckschleuse herrührte, übertönte plötzlich das sanfte Brummen des Schiffsantriebs und brach Heshs Konzentration. Das Siliziumkugellager fiel mit dumpfem Klirren zu Boden und rollte auf den Lichtstrahl zu, der vom Hauptdeck durch den nun offenen Aufgangsschacht fiel. Hesh streckte die Beine aus und erhob sich, um dem flüchtigen Kugellager zu folgen. Im gleichen Moment schob sich eine Gestalt durch die Öffnung und verdunkelte den größten Teil des Lichtkegels, der auf das Deck fiel. Zuerst war nicht deutlich, um wen es sich handelte, denn das gesamte Personal der Sagittarius trug die gleichen olivgrünen Overalls als Standarduniform. Jeder der Overalls strotzte nur so von Taschen an Torso und Beinen und trug einen Aufnäher mit dem Schiffsabzeichen, einem stilisierten Pfeil und Bogen, auf der rechten Schulter. Es gab allerdings keine Rangabzeichen. Das einzige individuelle Detail war der Nachname (oder das jeweilige Äquivalent) des Besatzungsmitglieds, das auf einem rechteckigen Aufnäher über der linken Brust eingestickt war.

    Hesh hatte das davonrollende Kugellager eingeholt und hob es auf. Dann wandte er sich dem Neuankömmling zu und erkannte, dass es sich um die Ingenieurin Petty Officer Second Class Karen Cahow handelte. Die junge Menschenfrau mit dem blonden Haarschopf und den etwas jungenhaften Zügen schenkte ihm ein warmes Lächeln, als sie von der Leiter sprang. »Hey, Hesh. Was machen Sie denn hier unten?«

    »Ein wenig nachdenken.« Mit einer beiläufigen Geste ließ er das Kugellager in einer der Hosentaschen seines Overalls verschwinden. »Hier im Frachtraum lässt es sich leichter meditieren als in meinem Quartier.«

    »Das kommt mir durchaus bekannt vor.« Cahow schlenderte an Hesh vorbei und öffnete einen der Container, die sowohl am Boden als auch am Schott selbst befestigt waren. »Ich habe es aufgegeben, in meiner Freizeit in meiner Koje zu lesen. Jedes Mal, wenn ich mich umdrehe, ist die Frau Doktor dabei, irgendetwas im Namen ihres Kampfs gegen Keime zu desinfizieren, oder Taryl summt einen Ohrwurm, den sie nicht loswird.«

    Hesh nickte mitfühlend. »Ich vermute, dass würde jedermanns Geduld auf die Probe stellen.«

    »Das Üble daran ist, dass Taryl so unglaublich unmusikalisch ist. Ich meine, sie trifft wirklich nicht einen Ton. Mein schlimmster Albtraum wäre, wenn sie versuchen würde, mit Threx unter der Dusche ein Duett zu singen.« Cahow beugte sich mit dem Oberkörper tief in die mit Polymeren verstärkte Kiste und wühlte beinahe achtlos darin herum. Der entstehende Lärm schmerzte Hesh in den spitzen Ohren, die sogar noch länger und geräuschempfindlicher waren als die eines Vulkaniers.

    Schließlich tauchte Cahow wieder aus dem Container auf und hielt irgendein hoch kompliziert aussehendes technisches Gerät in der einen Hand, während sie mit der anderen die Kiste schloss. »Also, wenn ich mal meine Ruhe haben will, dann verstecke ich mich dort drüben, beim Plasmaverteiler.« Sie deutete mit dem kleinen Apparat zum hinteren Teil des Frachtraums. »Dort ist der wärmste Bereich des ganzen Decks. Außerdem kann ich jeden sehen, der die Leiter herunterkommt, bevor er mich sieht.«

    »Sehr schlau.«

    »Also, worüber haben Sie gerade nachgedacht?« »Wie bitte?«

    Sie legte die Stirn in Falten und hob misstrauisch eine Augenbraue. »Sie sind schon eine ganze Weile hier unten. Wenn Sie sich noch länger verstecken, dann wird Theriault einen Suchtrupp nach Ihnen losschicken.«

    Er zuckte zusammen. »Ich verstecke mich doch nicht!«, verteidigte er sich. »Vielleicht sollte ich Sie daran erinnern, dass Sie mit einem Offizier sprechen.« Er holte tief Luft, dann hatte er seine Fassung größtenteils zurückgewonnen. »Aber selbst wenn wir gleichen Ranges wären, meine privaten Entspannungsmethoden sind genau das – privat

    Cahow hob die Hände angesichts dieser Zurückweisung. »Oh, tut mir leid, wenn ich da zu weit gegangen bin, Sir. Es ist nur … nun, das ist eben ein ziemlich kleines Schiff. Normalerweise achten wir auf Dinge wie Rang nicht so sehr.«

    In plötzlicher Verlegenheit wandte Hesh sich von Cahow ab und rückte sein Anlac’ven zurecht, ein leichtes Gerät auf seinem Kopf, dessen schmale Ausläufer sein Gesicht umrahmten und an seinem vorspringenden Kinn zusammenliefen. Das Gerät half Arkeniten dabei, ihre Balance in nichtaquatischen Umgebungen beizubehalten. Ein Großteil der Zivilisation auf Arken II lebte auf Plattformen im Ozean, deshalb hatte sich das arkenitische Innenohr auf dem Heimatplaneten so entwickelt, dass es das Heben und Senken der Wellen auf offener See ausglich.

    Der junge Petty Officer legte eine Hand auf Heshs Schulter. »Wenn ich wieder zu weit gehe, dann entschuldige ich mich schon jetzt, aber … geht es Ihnen gut?«

    Er nickte. »Ja. Zumindest weitgehend.« Er überlegte, inwieweit er sich einer Untergebenen anvertrauen konnte, besonders einer, mit der er erst seit einigen Wochen gedient hatte. »Ich glaube, die Formulierung, die meinen Zustand am besten beschreibt, ist: Ich habe Heimweh.«

    »Das haben wir alle dann und wann. Als ich bei der Sternenflotte angefangen habe, habe ich mein Zuhause schrecklich vermisst.«

    Ihre Offenheit veranlasste ihn, ein wenig mehr mitzuteilen. »Für einen Arkeniten ist die Trennung von der Heimat noch schmerzhafter. Es ist nicht einfach die Abwesenheit vertrauter Personen oder Orte, unter der ich leide. Mir fehlt mein Sia lenthar.« Er sah, wie sich ihre Stirn verwirrt in Falten legte, und erklärte den Begriff: »Meine Bindegruppe. Das Sia lenthar ist die fundamentalste soziale Gemeinschaft der arkenitischen Kultur.«

    »So etwas wie ein Stamm?«

    »In der Art, aber größer und in sich differenzierter. Ein Sia lenthar gewinnt Ansehen durch Diversität. Die frühesten waren sehr homogen, in ihnen fanden sich in der Regel Individuen von gleichem Beruf zusammen, Jäger zum Beispiel oder Landwirte oder Künstler. Aber als immer mehr Gruppen aufkamen oder als Mitglieder einiger Gruppen in andere einheirateten, verteilte sich das Wissen der verschiedenen Gemeinschaften auf der ganzen Welt. Heutzutage sind jene Sia lenthar mit den meisten und den ungewöhnlichsten Mitgliedern die, auf die ihre Mitglieder am stolzesten sind. Meines, das Taldan Sia lenthar, zählt einige der am höchsten geschätzten Künstler, Wissenschaftler und Philosophen des Planeten zu den seinen.«

    »Klingt nach einer sehr spannenden Art, eine Gesellschaft zu organisieren.«

    »Es hat seine Vorteile.« Die Höflichkeit gebot, dass er das ihm gezeigte Interesse zurückgab. »Wenn ich das fragen darf: Von welcher Welt stammen Sie?«

    Sie grinste. »Überall und nirgends. Ich bin ein Kind der Sterne, ich wurde auf einem Raumschiff geboren und wuchs auf Raumschiffen auf. Abgesehen vom Trainingslager habe ich auch meine grundlegende Sternenflottenausbildung auf Raumschiffen gemacht.«

    »Also haben Sie gar keine heimatliche Kultur?«

    Cahow sah auf und blickte sich um. »Genau so ist es, Sir. Das Weltall ist mein Zuhause und die Sternenflotte mein Stamm.« Ein verschmitztes Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Soll ich Ihnen etwas verraten?«

    »Wenn es sein muss.«

    »Wenn Ihre

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