Klärchen bekommt ein Gesicht: ... und andere Betrachtungen über Internet und Neue Medien
Von Norbert Reitz
()
Über dieses E-Book
Im Schutz der Anonymität geben Menschen nahezu alles preis, was sie nicht einmal nächsten Angehörigen oder Freunden "im realen Leben" anvertrauen würden. Ob das alles wahr ist, was man da erfährt, kann man glauben - muss man aber nicht. Wird eine Behauptung nur oft genug wiederholt, neigt man dazu, sie für bare Münze zu nehmen. Alles in diesem Buch ist wahr - jedenfalls soweit es die Wiedergabe der Rechercheergebnisse und Zusammenfassung der Internetkontakte betrifft.
Norbert Reitz
Norbert Reitz, geboren 1943, wäre schon als Säugling fast zum Kriegsopfer geworden beim großen Bombenangriff auf seine Heimatstadt Kassel am 22. Oktober 1943. In der privaten Handelsschule des Vaters wird er früh mit Bürokommunikation und technischer Entwicklung vertraut. Eine Internetliebe bringt ihn dazu, über sein Leben nachzudenken und aktuelle Recherchen, Diskussionen und Erlebnisse im Netz mit Erinnerungen an seine Zeit als Kind, Schüler, Soldat, Journalist, Pressesprecher und selbständiger Kommunikationsberater zu verbinden und kritisch zu betrachten.
Ähnlich wie Klärchen bekommt ein Gesicht
Ähnliche E-Books
internet, Recht und Abzocke: Juristische Fallstricke bei privater, freiberuflicher und kleingewerblicher Online-Nutzung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNiveau Limbo Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGauner, Mails und Sahnehäubchen: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Computer-Trainerin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAppGründe: Einblicke in ein smartes Leben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDegeneration Internet: Surf- & Klickgeschichten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin 80jähriger erinnert sich: 19 Episoden mit autobiographischem Bezug mit Illustrationen von den beiden Enkeln Vivien & Fabienne Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAppworld Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNeue Geschichten vom Inneren Ich Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLiebe Oma lieber Opa: Wenn Großeltern ihre Enkel nicht sehen dürfen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAmsterdam Express Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenInvasion der Außerdirdischen in Berlin Mitte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJa, toll!: Geschichten, die nur mir passieren Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUnd dann war Sie tot: Von der Pflege der Oma daheim bis zum Finale Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer erste Rest vom Tag meines Lebens: Überraschende Lyrik, kritische Texte - das eBook Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVon Gartenzwerg und Wackeldackel: Geschichten mit Herz und Humor Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWo Licht und Schatten ...: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTatort Mekong: Auch Schönheit fordert ihren Preis Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein Leben & der Funk Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPass auf, der geht so …! Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenOffensichtlich hatte Steffi ihren Laptop mit dabei Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGedankentransporter: Science-Fiction Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMacht und Wort: Die Macht der Sprache – Sprache der Macht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIn unseren Herzen die Welt: Die Van Pelt Protokolle Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAngriff auf die Demokratie: Wie Rechtsextremisten die sozialen Medien unterwandern Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Magische Chip: Teil 1 eines spannenden Jugendkrimis Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDick und Jane: Eine ganz besondere Liebesgeschichte. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLieblingsnachbarinnen: Nachbarn - nicht ganz ernst betrachtet Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNeun Jahre Doris Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSOL die energie wette Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIm Netz: kiss me if you can Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Anthropologie für Sie
"Was ist der Fall?" und "Was steckt dahinter?": Die zwei Soziologien und die Gesellschaftstheorie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMetamorphosen: Tierstudien 04/2013 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Zeitalter des Pegasus und der Auftstieg der Menschheit: Das dritte Feld. Eine positive Utopie für das dritte Jahrtausend. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTeilen, Reparieren, Mülltauchen: Kulturelle Strategien im Umgang mit Knappheit und Überfluss Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Unerlöste Eros Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Emanzipation des Mannes: Zum Beziehungssozialismus des 21. Jahrhunderts Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLehrbuch der Aurachirurgie: Medizin im 21. Jahrhundert Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBerghain, Techno und die Körperfabrik: Ethnographie eines Stammpublikums Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMode: Theorie, Geschichte und Ästhetik einer kulturellen Praxis Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVom Eigensinn der Dinge: Für eine neue Perspektive auf die Welt des Materiellen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSexualität und Gesellschaft: Warum sexuell freizügige Gesellschaften langfristig scheitern Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPropaganda als Machtinstrument: Fakten, Fakes und Strategien. Eine Gebrauchsanleitung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTiere und Tod: Tierstudien 05/2014 Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Urquellen germanischen Heidentums Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie heilige Matrix: Von der Matrix der Gewalt zur Matrix des Lebens. Grundlagen einer neuen Zivilisation. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnthropologie in pragmatischer Hinsicht: Naturlehre des Menschen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRevolution im Denken: Rudolf Steiner: Warum Computer nicht denken können Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Rätsel Mensch – Antworten der Soziologie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMenschenZoos: Schaufenster der Unmenschlichkeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJugendkriminalität: Eine Explikation kriminogener Faktoren auf der Grundlage ausgewählter Kriminalitätstheorien im Bezugsrahmen des sozialwissenschaftlichen Diskurses, in der Abgrenzung zur Erwachsenenkriminalität und diesbezüglicher polizeilicher Handlungsmöglichkeiten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWiener Wahn: Geschichten aus der Hauptstadt der Marotten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDeutsche Kultur- und Sittengeschichte (Alle 3 Bände): Vorzeit und Mittelalter + Das Zeitalter der Reformation + Die neue Zeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTerra Nova. Globale Revolution und Heilung der Liebe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMimesis, Mimikry, Mimese: Tierstudien 11/2017 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWer ist der Beobachter?: Zitate von Niklas Luhmann Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Klärchen bekommt ein Gesicht
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Klärchen bekommt ein Gesicht - Norbert Reitz
Klärchen
Das Internet verändert meine Welt
Meine erste Auslandsreise brachte mich nach Dänemark. Ich war gerade 10 Jahre alt und wartete ungeduldig auf die Bahnfahrt, auf der mich eine Tante begleiten würde. Und so nutzte ich die Zeit bis zur Abreise, um schon mal die Urlaubsgrüße zu formulieren. Dusseligerweise vergaß ich dann in der Aufregung, die umfunktionierten Karteikarten in den Koffer zu packen und so fanden die Daheimgebliebenen diese bereits vor meiner Ankunft am Reiseziel und ich musste jahrelang den Spott ertragen, wenn der Wortlaut meiner Postkarten zitiert wurde: Ihr werdet Euch wundern, von mir eine Postkarte aus Dänemark zu kriegen! Heute wundert sich niemand mehr über Grüße aus aller Welt, die kaum formuliert, auch schon angekommen sind. Die Ansichtskarten meines Urlaubsortes verschickte ich dann trotzdem noch. Sie kamen allerdings erst an, als ich bereits wieder zu Hause war. Stolz berichtete ich in der Schule in einem Lichtbildervortrag von meinen Erlebnissen. Die Papierbilder aus meiner Kleinbildkamera mussten in ein Episkop eingelegt werden, mit dem sie bei zugezogenen Gardinen
an die Wand geworfen" wurden. Mein Heimatkundelehrer versprach sich davon eine Belebung des Unterrichts und mir eine gute Note. Ob die Klasse daran interessiert war, wage ich zu bezweifeln. Heute jedenfalls könnte man keine Kinder mit so etwas hinter dem Ofen hervorlocken.
Mein Vater nahm mich regelmäßig mit zur Industrie-Messe in Hannover und so konnte ich die technischen Veränderungen Jahr für Jahr miterleben. Alte Schreibmaschinen, sogar noch eine mit holzgeschnitzten Teilen, hatte mein Vater zu Hause gesammelt und die neuesten Messeexponate waren sogar schon in silbergrau, grün oder rot und nicht mehr nur schwarz. Nur langsam wurden sie durch elektrisch betriebene ersetzt, der Kugelkopf wurde als epochale Erfindung gefeiert, die Lochstreifentechnik für Fernschreiber und Schreibautomaten setzte sich durch, auch wenn zunächst die Schaulustigen nur ungläubig zusahen, wie diese Maschinen immer wieder die gleichen Texte auf Papier hämmerten. Damals reichte ein Teil der Halle 18 aus, um die Neuheiten der Bürokommunikation zu präsentieren während inzwischen die Kommunikationsmesse CeBIT mit vielen neuen Hallen auf dem gleichen Gelände aus allen Nähten platzt.
Und dann brach irgendwann das elektronische Zeitalter an. Magnetkarten waren in der Lage, den Text von 64 Zeilen zu speichern, die etwas teureren Geräte konnten sogar zwei Magnetkarten gleichzeitig nutzen, um maximal 64 Adressen in einen maximal 64 Zeilen langen Serienbrief einzumischen, jetzt bekamen die Schreibautomaten auch kleine Bildschirme mit hellgrüner Schrift auf dunkelgrünem Grund. Magnetbänder, Magnetscheiben und dann Metalldisketten erweiterten den Speicherplatz bevor eingebaute Laufwerke immer mehr Volumen brachten. Und in zunehmender Geschwindigkeit wurden weitere technische Neuerungen auf den Markt geworfen. Sobald man das Geschäft mit einem neuen Gerät verlässt, ist es bereits veraltet, wurde gelästert. Aber wer geht deswegen noch in ein Geschäft, wenn der Postbote die Onlinebestellung doch auch direkt nach Hause bringt. Jedes Handy verfügt heute über mehr Speicherkapazität und größere Programmvielfalt als die ersten Computergenerationen, bei denen es noch keine hochauflösenden Farbdisplays gab.
Wie schnell die Kommunikation geworden ist, erleben wir täglich. E-Mails, WhatsApp, eBay & Co bestimmen unser Leben. Lexika verstauben im Regal, weil die Abfrage bei Wikipedia schnellere und aktuellere Antworten liefert. Wer schreibt, der bleibt. Die Helden der Vergangenheit wären wohl kaum noch bekannt, gäbe es die Ilias und das Nibelungenlied nicht. Dass die ersten Menschen wohl Adam und Eva hießen, wissen wir aus der Bibel. Irgendjemand hat sich die Mühe gemacht, diese Informationen niederzuschreiben und damit der Nachwelt zu erhalten. Und wir sind daran gewöhnt, geschriebenem eher zu glauben, als mündlicher Überlieferung, denn was man schwarz auf weiß besitzt, kann man laut Goethe getrost nach Hause tragen. Das gilt dann sicher auch für elektronisch frei Haus gelieferte Informationen.
Und wenn man abgesehen von Kontakten mit Familie und wirklichen Freunden auch anonym chattet, bekommt man Informationen, die weit über bisherigen Informationsaustausch hinausgehen. Im Schutz der Anonymität geben Menschen nahezu alles preis, was sie nicht einmal nächsten Angehörigen oder Freunden im realen Leben
anvertrauen würden. Ob das alles wahr ist, was man da erfährt, kann man glauben - muss man aber nicht. Jedenfalls ist der Wahrheitsgehalt kaum zu überprüfen. Man muss eine Behauptung nur oft genug wiederholen, damit sie als wahr empfunden wird. Brexit und ungarischer Volksentscheid sind aktuelle Beispiele für Meinungsmanipulation mit gezielten Fehlinformationen. Amerikanische Wahlkampagnen funktionieren wohl nach dem gleichen Prinzip. Das deutsche Grundgesetz verlangt in Artikel 21 von unseren Parteien, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Bleibt zu hoffen, dass sie sich diesem Grundsatz und auch der Wahrheit verpflichtet fühlen.
All das ist bekannt, dachte ich jedenfalls. Aber woher sollen die heutigen Jugendlichen das wissen? Mir ist aufgefallen, dass meine Kinder ebenso wenig aus meiner Jugend wissen, wie ich aus der Jugend meiner Eltern. Andererseits haben Menschen, die noch im Schreibmaschinenzeitalter aufgewachsen sind, so ihre Schwierigkeiten, mit den aktuellen Kulturtechniken klar zu kommen, die Kinder spielerisch erlernen. Deshalb sind Eltern und Lehrer kaum noch in der Lage, die Online-Aktivitäten ihrer Kinder zu kontrollieren.
Die folgenden sehr unterschiedlichen Kapitel enthalten Chats und Internetrecherchen mit Informationen aus Briefen und Aufzeichnungen meiner Vorgängergeneration sowie mit eigenen Erinnerungen. All das ist wahr - jedenfalls soweit es die korrekte Wiedergabe und Zusammenfassung meiner eigenen Erlebnisse und Suchergebnisse betrifft. Was ursprünglich nur ein Bericht über spannende Chats mit monatelangen Kontakten werden sollte, wurde so auch zu einer Art Autobiografie. Und ich konnte mir auch Medienschelte nicht verkneifen, weil ich selbst als Journalist und ein Jahrzehnt Pressesprecher an Information und Meinungsmache beteiligt war. Es ist eine Branche mit besonderer Verantwortung für Demokratie und Pressefreiheit.
Die Zeiten ändern sich, aber es ist meine Welt, die sich durch die neuen Medien und das Internet verändert.
Klärchen bekommt ein Gesicht
Gedächtnis-Protokoll einer virtuellen Liebe
Jetzt bekommt Klärchen ein Gesicht. Nach meiner Herzoperation und der anschließenden Reha hab ich sie kennen gelernt. In einem Internetforum. Einigen belanglosen Chatbeiträgen folgt schon bald ein persönliches Gespräch, wir flüstern
- ohne weitere Mitleser oder Gesprächsteilnehmer. Wir tauschen uns aus über Gott und die Welt - ok - eigentlich dann doch mehr über die Welt. Erzählen uns, was wir so im Laufe des Tages erlebt haben. Treffen uns dann häufiger im Netz, schließlich dann jeden Abend, und dann kommt die Frage: Darf ich dich mal anrufen?
Eine eigentlich schwierige Frage, denn sie ist verbunden mit Aufgabe der Anonymität, lässt eine Nähe zu, die das Internet eher verhindert als ermöglicht.
Mit der Preisgabe der Telefonnummer verrät man auch die komplette Adresse, soweit sie im Telefonbuch steht, ein ungleicher Informationsstand, wenn der Anrufer seine Rufnummer unterdrückt. Und zuviel hat man schon gehört von Adressenmissbrauch. Aber inzwischen haben wir uns so weit kennengelernt, dass wir die Scheu verloren haben, uns zu outen. Nun nennen wir auch unsere richtigen Namen. Natürlich heißt sie nicht Klärchen, ist nur ihr Nick
, ihr Chat-Name, aber sie würde es nicht wollen, wenn ich ihren richtigen dokumentiere, deshalb lasse ich es hier dabei.
Über eine Stunde dauert dieses erste Telefonat, dem dann weitere folgen. Manchmal tagsüber. Wenn meine Kinder bei ihren Besuchen zufällig Klärchen
auf dem Display sehen, schauen sie mich fragend an. Oft klingelt es dann noch spät abends und ihre Stimme verkündet: Ich wollte dir doch nur noch gute Nacht sagen.
Und so telefonieren wir fast täglich, meist nach vorherigem Kontakt über das Internet. Sicherlich wissen wir nicht alles übereinander, aber täglich kommen neue Details hinzu.
So begleitet sie mich in meinem Gesundungsprozess, macht mir Mut, spornt mich an, interessiert sich für mich, gibt meinem Leben auch wieder einen neuen Sinn, erlebt meine kleinen Erfolge mit, meinen ersten Spaziergang alleine und wie die kleinen Ausflüge langsam länger werden, und noch immer haben wir uns nicht real kennen gelernt. Eigentlich sollten wir uns dann doch mal treffen, irgendwo einen Kaffee zusammen trinken und/oder spazieren gehen. Vielleicht im Schloss Benrath? Ich schicke ihr erst einmal ein Foto von mir, aber sie hatte keins von sich auf dem Rechner, verspricht aber nach einer Möglichkeit zu suchen.
Eines Abends erzählt sie mir dann, sie hat Herrenbesuch, kann jetzt nicht so laut reden, denn er liegt schon im Bett. Ihr kleiner Neffe ist zu Besuch. Und so lerne ich virtuell nach und nach auch ihre Familie kennen. Aber gesehen habe ich sie noch nicht. Wir wissen ja nicht einmal, wie wir aussehen. Was willst du wissen?
fragt sie, Größe, Gewicht, Haarfarbe, Augenfarbe ... Wie kann man sich selbst schon beschreiben? Und unvermittelt stelle ich die Frage: Bist du hübsch?
Nein!
ist die kurze und sachliche Antwort. Hässlich?
Nein, auch nicht - keine Angst.
Und damit ist das Thema erledigt und wir wenden uns wieder wichtigeren Dingen zu. Wir plaudern über Kinderbücher, auch über das Chamäleon Kunterbunt
von Eric Carle, das so aussehen will wie die vielen anderen Tiere. Es möchte ein Fuchs sein, ein Fisch, ein Hirsch, ein Elefant. Und auf jeder Seite erhält es ein entsprechendes Puzzleteil und sieht aus wie dieses Tier. Jedenfalls ein bisschen!
heißt dann der Refrain nach jeder Verwandlung, den meine Kinder jeweils ergänzten.
Ich habe mich in dich verliebt!
sagt sie mir eines Abends. So direkt und zu diesem Zeitpunkt hatte ich das wirklich nicht erwartet. Wir haben uns ja immer noch nicht wirklich kennengelernt. Was ist das eigentlich für eine Beziehung, die wir da haben. Sie könnte schließlich meine Tochter sein, denn sie ist tatsächlich genau so alt wie meine Tochter. Nein! Ich bin nicht deine Tochter!
stellt sie nur sachlich fest. Oder andersherum: ich könnte ihr Vater sein. Nein!
Auch diesen Gedanken lässt sie nicht zu. Die Erinnerungen an ihren Vater, der vor ein paar Jahren gestorben ist, waren noch so frisch und lebendig. Sie gerät ins Schwärmen von den Schmusestunden mit der älteren