44 Kilometer Oberweser: Ein Reisebericht mit vielen Bildern Hann. Münden - Bad Karlshafen
Von Jörg Winkler
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Über dieses E-Book
Gerade in diesem Bereich ist das Weserbergland reich an Natur, Geschichten und Kultur, die es für ihn zu entdecken gab und dem Leser hier näher gebracht werden.
Jörg Winkler
1944 in Uslar geboren. Nach einer handwerklichen Berufsausbildung und Tätigkeiten in verschiedenen Kleinbetrieben, hat er von 1965 bis zu seiner Pensionierung in einem Göttinger Forschungsinstitut als Technischer Angestellter gearbeitet. Mit seiner Frau hat er zwei Töchter und vier Enkelkinder. Aus Altersgründen hat er sein Hobby, das Segelfliegen, inzwischen aufgegeben. Stattdessen hat er das Schreiben und das Fotografieren entdeckt. Ein Buch über das Abenteuer einer Radreise durch die USA und ein Ferienlesebuch mit Kurzgeschichten wurden inzwischen fertiggestellt.
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Buchvorschau
44 Kilometer Oberweser - Jörg Winkler
Münden.
Hann. Münden
Die Stadt, die oftmals mit Minden, Linden oder gar München verwechselt wurde, bekam den Zusatz Hannoversch oder kurz Hann. Münden. Namenspate war das Kurfürstentum bzw. spätere Königreich Hannover, zu dem Münden gehörte.
Der weitgereiste Naturforscher Alexander von Humboldt soll gesagt haben, dass Hann. Münden zu den sieben am schönsten gelegenen Städten der Welt gehöre. Ich denke, dass jeder Besucher zumindest zu einem ähnlichen Ergebnis kommt, wobei unklar bleibt, welches die übrigen sechs Städte sind.
Über fast 600 Jahre (1247 – 1823) gehörte die Stadt Münden zu den wichtigen Handelsstädten entlang der Weser bis nach Bremen und besaß das sogenannte Stapelrecht. Handelsschiffe, die Werra, Fulda und die Weser als Transportweg benutzten, mussten ihre Waren für drei Tage abladen und zum Verkauf anbieten, bevor sie weiter verschifft werden durften. Eine Felsbarre (Untiefe, meist in der Nähe einer Flussmündung) in der Werra erzwang ein Umladen der Ware auf weiterfahrende Schiffe. Männer der Sackträgerinnung fanden hier Arbeit und ein gutes Auskommen. Das Stapelrecht machte die Stadt zu einem attraktiven Marktplatz und verhalf ihr zu Wohlstand. Dass die Waren mit einem Preisaufschlag weiter verkauft wurden, versteht sich von selbst. Dies alles geschah an den Schlagden, den Uferbefestigungen, die gegen Unterspülung der Ufer früher aus Strauchgeflecht und später aus Steinen gemauert, eine Anlegemöglichkeit für Schiffe boten. Aus den Namen Bremer-, Wanfrieder- oder Fuldaer Schlagd ergibt sich, welche Schlagd für welche Schiffe fungierte.
In der Altstadt sind Fachwerkhäuser aus verschiedenen Stilepochen zu sehen. Das von 1603 – 1618 erbaute Rathaus präsentiert sich nach mehreren Umbauten als besonderes Schmuckstück im Stil der Weserrenaissance. Hier findet auch heute noch, gespielt von dem Fremdenführer Jürgen Flentje, von Mai bis Oktober die kleine Sprechstunde des umstrittenen Doktor Eisenbarth statt. Der Wanderarzt Dr. Johann Andreas Eisenbarth (1663 - 1727) zog als praktizierender Arzt mit Gauklern und einem kleinen Wanderzirkus von Stadt zu Stadt. Erfolgreich war er mit selbst entwickelten Geräten als Operateur und Starstecher (Starstechen: eine Jahrhunderte alte Methode den grauen Star zu behandeln). Seine ärztlichen Künste zeigte er teilweise in der Öffentlichkeit und galt als weltberühmter und erfahrener Arzt. In der ersten Strophe eines Spottliedes sind folgende Zeilen zu finden:
Ich bin der Doktor Eisenbarth, Kurier die Leut’ nach meiner Art, Kann machen, dass die Blinden geh’n, Und dass die Lahmen wieder seh’n.
Dominiert wird das Stadtbild vom kürzlich renovierten und im Stil der Weserrenaissance erbauten Schloss (ursprünglich gotisch), das heute ein Museum, das Amtsgericht und das Stadtarchiv beherbergt.
Weserrenaissance: Bezeichnung einer eigenen regionalen Stilentwicklung an Bauwerken im Weserraum, die zu Beginn des 16. Jahrhunderts ihren Anfang nahm. Ausgelöst wurde der Bauboom durch die gute wirtschaftliche Entwicklung in der Zeit, wobei die Weser als Verkehrsweg eine wesentliche Rolle spielte. Er zeichnet sich aus durch ausgefallene dekorative Gestaltungsformen an Häusern reicher Bürger. Schweifgiebel (geschwungene Giebelkontur), Fächerrosetten, Utluchten (Fenstervorsprung einer Gebäudefront), Bossenquader (vorstehendes Material eines Natursteins im Mauerwerk) und Beschlagwerk (Dekorationselemente für Räume und Fassaden).⁰
Sowohl die Hauptkirche St. Blasius, als auch die 2006 entwidmete Aegidienkirche, mit dem Grabstein von Doktor Eisenbarth sind es wert, besucht zu werden. In der Kirche wurde inzwischen ein Cafė eingerichtet, in dem man es sich in besonderer Atmosphäre bei Kaffee und Kuchen gut gehen lassen kann.
Auf einem Rundgang entlang der alten Stadtbefestigung gelangt man zum Fangen- und dem Fährenpfortenturm, in dem bis in die jüngste Vergangenheit Hagelschrot hergestellt wurde. Hierbei ließ man Blei durch ein Sieb in die Tiefe tropfen, wo es sich im Fallen zu Kugeln formte und erkaltete. Die Rotunde, heute Gedenkstätte für Kriegsgefallene und Gewaltopfer, und gut erhaltene Teile der Stadtbefestigungen zeugen von einer bewegten Vergangenheit.
Tilly eroberte im Dreißigjährigen Krieg (1626) die Stadt, wütete und plünderte, wie es damals üblich war. Der Aussichtsturm Tillyschanze wurde 1881 hoch über der Stadt genau an der Grenze zum Kurfürstentum Hessen erbaut. Das dazugehörige Ausflugslokal steht jenseits der Grenze in Hessen. Ein Ort ohne Postleitzahl und offiziellem Straßenzugang. Ob der Feldherr seine Geschütze dort hinaufgeschleppt hat, darf bezweifelt werden. Auf jeden Fall ist es ein lohnendes Ausflugsziel, mit einem fantastischen Blick über die Stadt und die dahinter liegenden dichtbewaldete Berge.
Ein weiterer Aussichtspunkt, die Weserliedanlage, befindet sich gegenüber auf der nördlichen Seite des Tales. Auf einer Relieftafel sind die ersten Zeilen des Liedes zu lesen. Auch Gedenktafeln zu Ehren des Dichters Franz von Dingelstedt und des Komponisten Gustav Pressel, sind dort angebracht.
Auch über Hochwasser kann die Stadt ein Lied singen. Nicht nur durch starke Unwetter und Schneeschmelze verursachtes Ansteigen der Flüsse, sondern auch die Sprengung der Staumauer des Eder-sees durch britische Bomber am 17. Mai 1943 bescherte der Stadt „nasse Füße". Die verschiedenen Hochwasserstände sind eindrucksvoll an der Tür zum Packhof dokumentiert.
Im Jahre 2000 wurde die Stadt zur Weltausstellung in Hannover um ein Kunstwerk reicher. Rund um die St. Blasius Kirche