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Winkelwelt - Sagen aus dem Lungau -: Exlibris Edition
Winkelwelt - Sagen aus dem Lungau -: Exlibris Edition
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eBook498 Seiten5 Stunden

Winkelwelt - Sagen aus dem Lungau -: Exlibris Edition

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Über dieses E-Book

Auf den Spuren der Sage führt das Buch den Leser in die Vergangenheit der Lungauer Winkel, erzählt von Wildfrauen, unheimlichen Gestalten und Begegnungen mit dem Gut und Böse.

Die Landschaft des Lungaus wird durch seine Täler bestimmt, die vom Taurach-
und Murboden sternförmig ausstrahlen. Durch die Jahrhunderte waren diese
Winkel, wie sie nach ihrer ursprünglichen Bezeichnung hießen, in sich
abgeschlossene Orte, die sich durch besondere Eigenarten hinsichtlich ihrer Sprache und Tradition auszeichneten.

Als Sagenwanderung angelegt, unternimmt dieser Band einen Streifzug durch die Mythenwelt dieser Winkel, erzählt von Wildfrauen, Venediger, Mandln, verborgenen Schätzen und Begegnungen mit dem Kasmandl. Damit wird eine Lebenswelt Iebendig, wo menschliches Maß und ominöse Kräfte, profaner Alltag und Übersinnliches, Wirklichkeit und unfassbarer Zauber nebeneinander stehen und mehr noch - einander begegnen.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum5. Dez. 2014
ISBN9783738665987
Winkelwelt - Sagen aus dem Lungau -: Exlibris Edition

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    Buchvorschau

    Winkelwelt - Sagen aus dem Lungau - - Books on Demand

    Radstädter Tauern - Die Felswand am Ende der Welt

    Um das Jahr 1000 erwarb das Salzburger Domkapitel erste Güter im Lungau. Damit war der Grundstein für dessen Einbindung in das spätere Fürsterzbistum gelegt, die 1213 rechtsgültig wurde. Ein maßgeblicher Verbindungsweg nach Süden war so für Salzburg gewonnen. Der Radstädter Tauern, schon zur Römerzeit eine Verkehrsader mit enormer Schlüsselstellung, sollte in der Folge Wirtschaft und Geschichte des Lungaus entscheidend mitbestimmen.

    Auf dieser Straße, die für ihre Wetterumstürze, Lawinengefährlichkeit und Höhe gefürchtet war, bewegten sich Handelsgüter, Frachten aus dem Lungauer Bergbau, Holzfuhrwerke, Viehtriebe, Wanderer sowie Reisende in Kutschen. Unter den Erzbischöfen Leonhard von Keutschach (l495-1519) und Matthäus Lang von Wellenburg (1519-1540) war die alte Römerstraße, die im Mittelalter nur als Saumweg nutzbar gewesen war, wieder für Wagen fahrbar gemacht worden. Zur selben Zeit begann im Seekar der Kupferabbau.

    Durch Jahrhunderte wurden Ochsen für die Vorspanndienste eingesetzt. Denn mit Pferdestärken war dieser Pass nur bei leichter Belastung zu bewältigen. Fuhrwerke wie Kutschen und Postwagen wurden in Untertauern und Tweng mit einer Vorspann von Zugochsen versehen. Die Lungauer Ochsenzucht erhielt damit einen krisenfesten Absatzmarkt. Aber auch die Vorspanndienste waren einträglich, das Tauernfahren lohnte den Einsatz.

    1707 erschien die erste behördliche Vorspann-Ordnung, ein Verteilungsschlüssel der einzusetzenden Zugtiere, die auch Rechte und Pflichten, die damit verbunden waren, festlegte. Alois Kohlmayr schilderte die Aufgaben des Ansagers für diese Vorspanndienste im Distrikt Untertauern: »Trafen die Fuhrleute abends in Untertauern ein, so war es vorerst Aufgabe des Ansagers, das Ladegewicht der einzelnen Fuhrwagen festzustellen; nach diesem Ladegewicht musste er die Anzahl der erforderlichen Vorspanntiere einteilen, um sie dann bei den einzelnen Besitzern der Reihenfolge nach anfordern zu können. Spät abends ging der Ansager seinen nachtwächterartigen Gang und rief in die mit Kienspänen düster erleuchteten Stuben hinein: »Zwoa für morg‘n - Viere für morg‘no - ‚Sechse für morg‘no« usw. Die Leute wussten, was dies zu bedeuten hatte. So war der Ansager Vermittler zwischen Bauern und Fuhrleuten, er hatte dafür zu sorgen, dass bei den Vorspannen alles in Ordnung ging.

    Erst die moderne Motorisierung hat diese Ochsentouren entbehrlich gemacht. Tweng wie Untertauern verloren damit ihre einstige Stellung als Umspannstationen. Das Tauernfahren wurde zur übergangslosen Streckenbewältigung. Aber die Zederhauser Umkehr an der Hauskoppenwand, die als mächtige Felsenenge den Weg zu versperren scheint, ist den Lungauern bis heute ein Begriff. Sie erinnert an die alten Zeiten, als die Passstraße solche Wendepunkte und Umkehrorte einschloss.

    Nach einer Sage, schreibt lgnaz Kürsinger, wollte einstmals ein Zederhauser nach Salzburg gehen; und als er an diese Schlucht kam, kehrte er wieder um und ging heim, da er glaubte, dass hier das Ende der Welt sei. Einige Jahrzehnte davor, bei den Publizisten der Aufklärung, ist der Sagenort der »Zederhauser Umkehr« noch kein Begriff. Aber Notiz genommen hat man von diesem düster imposanten Felsenkessel am Einstieg in den Tauernpass von Anfang an. Schon Joseph Benedikt Hueber, der erste Topograph des Lungaus, versäumt nicht die Erwähnung: »Dem Reisenden wird gleich beim Eintritte des Berges (von Radstadter Seite) sehr bange. Er muss in eine gräuliche Klippe hinein, aus der man kaum hinaus zu kommen glaubt. Er hat ein bisschen Himmel über sich, auf beiden Seiten hohe Felsenwände mit drohenden Marmorbrüchen, und nebenher schäumt die wilde Tauerach über die häufigen Steine hinunter.«

    Moritz Schleifer, Schöpfer des Lungau-Epithetons Sibirien von Österreich, Notar und Dichter, schreibt dann 1874 ganz ähnlich über sein Tauernerlebnis: »Die Verhältnisse der Tauernstraße sind anfangs beengend und drückend. Da muss vorerst die vorspringende Koppenwand umgangen werden, dann ein Kessel, etwas unheimlich. Lieblich dagegen ist nach etwa viertelstündigem Aufsteigen der Rückblick nach Untertauern in das heitere Ennstal, hinter dem die Donnerkögel, der Thorstein und ein Theil des Dachstein aufragen. Wir aber steigen rüstig aufwärts, den Poschacherfall (Kesselfall) zur Seite, dann fort zum Kreuzbühel, wo wir an eine Stelle gelangen, die Zederhauser Umkehr genannt. Da ist dann durch eine Wendung des Weges der Rückblick abgeschlossen, und es heißt, ein Zederhauser, der einst ausgezogen war, die Welt zu sehen, sei hier wieder umgekehrt, weil er am Ende der Welt zu sein glaubte. Es sind aber die Zederhauser, was anderwärts die Schild- oder Callenbürger sind.«

    Die Zederhauser Umkehr

    Es war einmal ein junger Zederhauser, dem es in dem Talwinkel, wo er aufgewachsen war, zu eng wurde. Sowie das Heu in Tenn und Stadel eingebracht war, packte er eines Sommertags seinen Ranzen und wünschte den Seinen „Pfiat enk God!", um die schmale Landstraße talauswärts, den Zederhauser Bach entlang, in den Markt nach St. Michael zu wandern.

    Beim Wastlwirt kehrte er auf eine Jause ein und machte sich dann auf den Weg über den Thogberg nach Mauterndorf. Dort ließ er sich beim Mühlthaler ein Seidl Bier bringen, rastete ab, denn es war schon nach Mittag und brach schließlich auf, um noch bei Tageslicht durch die Wenger Au hinauf auf den Tauern zu gehen.

    Der prächtige Julitag ging schon in eine blaue, klare Nacht über, als er endlich beim Tauernwirt am Schaidberg einlangte. Im Winter war das Haus oft bis zum Rauchfang im Schnee vergraben. Aber die Wastlwirttochter, die dort die Wirtschaft führte, blieb auch über die Wintermonate auf dem Tauern. Schlittenzieher, Postbotendienste und Viehtreiber hätten ohne diese Einkehr den Passweg schwerlich bewältigt. Die Wirtin wollte den jungen Wanderer zuerst auf eine der Almhütten verweisen, wo er neben dem Hütebuben sein Nachtlager aufschlagen sollte. Aber dann hatte sie mit dem erschöpften Burschen doch ein Einsehen, versorgte ihn mit Brot und Suppe und wies ihm eine Strohschütte als Nachtlager zu. Früh am Morgen wurde er geweckt, weil ein Postwagen abzufertigen war. Er erhob sich vom Lager erhielt noch einen Teller Milchsuppe vorgesetzt, sagte schließlich sein „Vergelt‘s Gott!" und setze den Marsch fort.

    Die Strahlen der Morgensonne leuchteten die Seekarspitze an, als er am Tauernfriedhof vorüber wanderte. Der Scheitel des Passes war erreicht, hier neigte sich die Straße wieder abwärts, über den Kirchbühel hinunter auf das Tauernhaus Wiesenegg zu. Viehtreiber kamen ihm entgegen, eine vornehme schwarze Staatskutsche, der Ochsen vorgespannt waren, dann Handwerker auf der Stea, Boten, Hausierer und Bettler. Elegante Vierspänner manövrierten an Fuhrwerken vorbei, die im Schritttempo bergaufwärts zogen. Ausweichen waren erforderlich, es wurde überholt und geschrien, mit Peitschen geknallt und erbärmlich geflucht.

    Von fern her mischte sich das leise Tosen der Wasserfälle in das geschäftige Treiben auf der Passstraße. Vorbei an Latschen, Almrausch und Weidevieh gingen da feine Kutschen und einfache Fuhrwerke, wanderte Eisen, Vieh und Holz von hüben nach drüben.

    In langen, ermüdenden Kehren führte der Weg in die Tiefe und lief schließlich auf eine Felsenenge zu, die wie eine gewaltige Talsperre aufragte. Rechts lag eine Felsenwand, von der sich schäumend ein Wasserfall ergoss. Links toste der Tauernbach in seinem schmalen Felsenbett. Da konnte selbst einem Zederhauser die Reiselust vergehen. Ein heftiges Heimweh packte ihn und der elterliche Hof daheim, mitten zwischen Wiesen und Wald, stand ihm wie ein kleines Paradies vor Augen.

    „Die Welt, die hab‘ ich gesehen!", sagte er sich, machte kehrt und wanderte heimzu. Dort freilich schilderte er jedem, der es hören wollte, aber auch allen andern, die es schon einmal und noch einmal gehört harten, wortreich und mit Witz nicht sparend, wie er einst aus dem Zederhauser Tal aufgebrochen und hinausgewandert ist - bis ans Ende der Welt.

    Zwei Beweggründe gab es für die einstigen Zederhauser, ihren schönen Winkel zu verlassen, den Viehtrieb und die Sauschneiderei. Eine drohende Felsenenge hätte sie aber gewiss nicht abhalten können, ihren Weg zu machen, zählten sie doch nach Sage wie Geschichte zu den besonders bewanderten, also welterfahrenen Lungauern.

    Der Sagenort der Zederhauser Umkehr, wo die Welt »wie mit Brettern verschlagen scheint«, ist vielmehr den alten Gepflogenheiten des Tauernfahrens ein Andenken. Hier endete der Lungauer Vieh- und Ochsentrieb, aber auch für die Fuhrleute, die Vorspanndienste leisteten, war die Zederhauser Umkehr ein einprägsamer Wendepunkt ihrer Tauernfahrten.

    Der Volkskundler und Sagensammler Michael Dengg hat in seiner Jugend einen solchen Viehtrieb über den winterlich verschneiten Tauern, wo Lahn und Almsturm drohten, mitgemacht und seinen Erlebnisbericht 1924 in »Der Volksbote« veröffentlicht. Dieses Dokument über ein Stück Wirtschaftsgeschichte des Lungaus ist hier auszugsweise wiedergegeben.

    ElN WINTERLICHER VIEHTRIEB ÜBER DEN RADSTÄDTER TAUERN

    Es war an einem klaren Wintertag, als der Viehhändler David zu mir kam und mich bat, ihm bei einem Viehtrieb über den Tauern zu helfen. Da ich anderes zu tun hatte und den wetterwendischen Tauern mit seinen winterlichen Gefahren nur zu gut kannte, so wollte ich anfangs nichts davon wissen. Da er aber nicht nachgab und auch gerade nicht schlecht zahlte, so sagte ich endlich zu. Wir brachen mit dem Vieh am Nachmittag von Mauterndorf auf nach Tweng, wo wir gegen Abend ankamen und, da wir hier zu nächtigen gedachten, die Tiere in den Stall trieben. Nach uns kamen noch mehrere Händler mit ihrem Vieh hier an, so dass in den Stallungen des Postgasthofes bei 80 Stück Vieh eingestellt waren, die am andern Tag über den Tauern gehen sollten. Das Wetter war an diesem Tag schön und der Himmel fast wolkenlos, so dass man für den kommenden Tag gutes Wetter erhoffte. Aber es sollte anders kommen. Als wir am anderen Morgen gegen vier Uhr früh uns zur Fütterung des Viehs in den Stall begaben und vor das Tor des Wirtshauses traten, sahen wir zu unserem Schrecken, dass es über Nacht einen fast metertiefen Neuschnee gemacht hatte, und dazu schneite es noch darauf los, als wenn der Himmel offen wäre, so dass die Schneeflocken nur so um unsere Köpfe wirbelten.

    »Nun, das kann schön wer‘n heut‘ übern Tauern!«, hieß es allgemein, und aus den besorgten Mienen der Händler erkannte man, dass sie nichts Gutes erwarteten. Gegen sechs Uhr früh erfolgte der Austrieb. Es wurde von den Händlern vereinbart, gemeinsam aufzubrechen. Und so folgte in langer ununterbrochener Kette ein Viehtrieb dem andern. Die stärksten Tiere, die großen, schweren Zugochsen, eröffneten den Zug. sie mussten den schwächeren Tieren, dem Jungvieh und den trächtigen Kühen und Kälbern durch den tiefen Schnee den Weg bahnen. Zwei Handwerksburschen, die ebenfalls über den Tauern wollten, wurden als Viehtreiber gedungen. In dieser langen Kette von Rindern waren die Treiber so eingeteilt, dass jeder von ihnen eine Anzahl Rinder vor sich herzutreiben hatte. Ich befand mich so ziemlich an der Spitze des Zuges. Infolge des vielen Schnees gingen die Tiere meistens eins hinter dem andern her, sodass sich der Viehtrieb ins Endlose hinzog.

    Hinter dem Dorfe Tweng beginnt der Aufstieg auf den Tauern, wo die Straße sich stetig emporschlängelt. Langsam ging es nun dieselbe hinan. Da wir zeitig aufgebrochen, so mussten wir anfangs noch in völliger Dunkelheit dahinschreiten. Doch nach und nach hellte sich das Dunkel immer mehr auf. Ein trüber, unfreundlicher Morgen brach an. graues, düsteres Gewölk, aus dem der Schnee unablässig hernieder flockte und alles umhüllte.

    Sonst war es ruhig. Nur die Rufe der Viehtreiber, welche die Tiere zu schnellerem Gange anspornten, waren bald vorne und bald hinten zu hören. Endlich ward es Tag. Nun konnte man die Schneemassen sehen, die sich während der Nacht angesammelt. An den Berghängen und an den Felswänden, auf den Ästen der Bäume und auf den Dächern der Almhütten, überall lag massenhaft viel Schnee. Die Niederungen und Talmulden waren fast ganz von ihm angefüllt.

    Langsam, aber stetig geht es voran. Immer wieder ertönen die Rufe der Viehtreiber, vom Peitschenknallen untermischt.

    Da erschallt plötzlich von vorne her ein lauter Ruf: „Still sein, sonst kommt der Lahn! Die Tauernwegmacher, die voraus den Weg bahnen durch den Schnee, sind es die rufen: „Der Lahn!

    Wie ein Echo trug sich dieser Ruf nach hinten. Und es ward Stille. Kein Ruf, kein Peitschenknall war mehr zu hören, kein Mensch rührte sich mehr, denn alle fürchteten den Lahn. Und lahngefährlich war‘s hier. Wir befanden uns am sogenannten Breiten Lahn. Ein lauter Ruf, ein Peitschenknall konnte genügen, um den Lahn zu lockern, und er war da. Doch in der nun eingetretenen Ruhe konnte man etwas anderes hören, das zwar kein Lahn, aber nicht minder gefürchtet war als dieser. Es war der Almsturm.

    Wie das Rauschen einer Meeresbrandung drang es von fern her zu uns. Schon sah man, wie er sich in Gestalt einer finsteren Wolke hernieder senkte von den Höhen des Tauern. Erst kamen vereinzelte Windstöße, wirbelten dort und da Schnee auf und führten ihn mit sich fort. Doch bald wurde es ärger. Die Windstöße wiederholten sich in immer kürzeren Zwischenräumen, der Menge des aufgewirbelten Schnees wurde immer mehr, bis schließlich ein regelrechtes Schneetreiben begann.

    Doch dies war nicht so schlimm, solange wir uns im Gehölz befanden. Schlimmer wurde es, als wir hinauf zum Schaidberg, einem unterhalb der Tauernhöhe gelegenen Gasthaus, kamen. Hier, wo das Gehölz uns verlässt und die Hochfläche des Tauernkares sich auftut, fing der grimmige Almsturm an, uns mit einer Wut anzupacken, als wolle er seinen ganzen Zorn an uns auslassen.

    Beim Schaidbergwirt wurde ein wenig angehalten und jeder, der wollte, konnte eine Erfrischung zu sich nehmen. Auch musste man hier die Post, die uns mittlerweile von Tweng aus eingeholt hatte, vorbeilassen, da dies später wegen des vielen Schnees nicht mehr möglich gewesen wäre.

    Das Postgefährt bestand aus dem mit einem Pferd bespannten Schlitten, dem Postillion und zwei sie begleitenden Tauernwegmachern. Der tägliche Postverkehr über den Radstädter Tauern, der den Lungau mit Salzburg verbindet, ist zugleich das einzige und unentbehrlichste Verkehrsmittel, um den Tauern über Winter offen zu halten.

    Von Schaidberg bis zum Tauernwirt in Wiesenegg ist die gefährlichste Strecke des Tauernübergangs, weil zwischen beiden Asylen der höchste Punkt des Tauernpasses, die Tauernhöhe, liegt.

    Bisher hatte das Schneewehen noch zuweilen ausgesetzt und man konnte, wenn auch nur auf Augenblicke, einen Ausblick auf die nächste Umgebung gewinnen. Aber damit war es von nun an zu Ende. Wir wurden immer mehr in die uns umgebende Schneewolke hineinversetzt und je weiter wir vordrangen, desto fester verdichtete und verfinsterte sich diese Wolke. Dazu kam das unaufhörliche Brausen des Sturmwindes.

    Endlich hatten wir mit viel Mühe den steilen Petersbühel erklommen und befanden uns auf der Höhe des Tauernpass. Die Tiere, die unter dem Schneesturm nicht weniger als wir zu leiden hatten, griffen nun wieder besser aus. Schnelleren Schritts ging es nun dahin. Und als es an dem auf der Tauernhöhe gelegenen Friedhof vorbei den Kehrbühel hinunterging, da wurde das Gedränge der hinterher gehenden Tiere gegen die vorderen so groß, dass manche von ihnen beiseite geschoben wurden, wo sie abseits vom Pfad im tiefen Schnee versanken, aus dem sie sich nur mit harter Mühe, oft nur unter Mithilfe der Viehtreiber und Tauernwegmacher, die mit ihren Schneehauen den Schnee beiseite schafften, herauszuarbeiten vermochten. Hierbei geschah es, dass einer von den als Viehtreiber mitgehenden Handwerksburschen von den mit Ungestüm nachdrängenden Tieren erfasst und zu Boden getreten wurde, sodass ein Großteil des Viehs über den armen Mann hinwegging.

    Unter vielen Mühen und unter Mithilfe der Tauernwegmacher gelang es endlich, uns durch Sturm und Schneewehen zum Tauernhaus durchzuarbeiten. Dabei war das durch das schreckliche Unwetter ganz zaghaft gewordene Vieh in solche Unordnung geraten, dass es mit wildem Ungestüm zu den Stallungen stürmte, wo die armen, von Hunger und Kälte geplagten Tiere, in dichtem Knäuel zitternd und frierend beisammen standen.

    Nachdem es so zur Notdurft untergebracht war, wurde eine Zählung vorgenommen. Kein Stück war abgängig.

    Nach kurzer Rast brachen wir wieder auf, und der Viehtrieb setzte sich unter Mithilfe der Tauernwegmacher und der Knechte des Tauernwirtes wieder in Bewegung.

    Als wir vom Tauernwirtshaus aufbrachen, wütete zwar der Sturmwind noch immer mit unverminderter Heftigkeit fort, doch konnte man mit zunehmender Entfernung ein allmähliches Nachlassen desselben bemerken. Der Wind nahm an Stärke ab und auch das Schneetreiben war nicht mehr so arg als vorhin. Mit jenem Gefühl des Wohlbehagens, das man nach überstandener Mühe und Gefahr empfindet, ging es die Straße abwärts, Untertauern zu. Von hier noch eine Gehstunde und wir waren in der Ortschaft Hammer angelangt.

    Das Vieh wurde in den Stall gebracht und gefüttert. Dann begab ich mich zu dem Haus des Viehhändlers David, das in nächster Nähe lag, um zu übernachten und wurde freundlich aufgenommen.

    In der Nacht erwachte ich plötzlich. Der heulende Nachtsturm hatte mich geweckt. Stoßweise überfiel er das Haus, dass die Holzwände ächzten. »Nun, dachte ich mir, »wenn es schon hier in diesem sonst windstillen Tal so arg ist, wie wird es wohl droben am Tauern sein?« Und morgen sollte ich ihn wieder passieren, sollte zurück, wieder heimwärts gehen. Und noch dazu allein, ohne Reisegefährten. Am nächsten Morgen stand ich beizeiten auf. Es war noch ziemlich dunkel. Es hatte während der Nacht nicht unbedeutend geschneit, und da noch niemand gegangen, noch gefahren war, so musste ich mir durch den Neuschnee den Weg bahnen. »Das hebt schön an!«, dachte ich mir, »wenn schon hier unten der Weg so schlecht ist, wie wird es erst droben am Tauern sein?«

    Endlich kamen mehrere mit Holz beladene Fuhrwerke daher und diese ebneten etwas den Weg, so dass mir das Gehen bis Untertauern erleichtert wurde. Beim Wirt in Untertauern hielt ich Einkehr und ließ mir ein Viertel Wein mit Zucker geben. Nach kurzer Rast brach ich wieder auf, denn mir war darum zu tun, möglichst rasch voran zu kommen. Ich hoffte, die Tauernwegmacher einzuholen, was mir aber nicht gelang. Bei den Wetterlöchern holte mich die Post ein. Zwei Pferde hintereinander gespannt zogen den Schlitten, auf dem diesmal nur der Postillion saß.

    Je mehr ich den gewaltigen Bergrücken des Tauern hinan klomm, desto mehr verschlimmerte sich das Wetter. Und als ich mich dem unheilvollen Kehrbühel näherte, da war der Sturm wieder da. Hier war es auch, wo ich die Post, die mich bis heran überflügelt hatte, wieder einholte. Beim Wegmacherhaus am Fuße des Kehrbühels stand sie stille. Vorne arbeiteten ein Dutzend Schneeschaufler, die Tauernwegmacher mit den Knechten des Tauernwirtes, um der Post einen Weg zu bahnen.

    »No, wirst wohl steck‘n bleib‘n im Schnee!«, meinten die Schaufler, als ich vorging. »S‘wird nit so g‘fährlich sein, und wenn schon, so müsst‘s mi halt ausgrab‘n «, lachte ich und ging weiter. Aber das Vorwärtskommen war doch nicht so leicht. Stellenweise steckte ich bis zur Brust im Schnee, aber ich wühlte mich mit Händen und Füßen durch.

    Wenn ich nur den Kehrbühel einmal droben bin, dann werde ich es bis zum Tauernhaus auch noch weiter machen, dachte ich, und es ging. Nach einiger Anstrengung langte ich glücklich und wohlbehalten beim Tauernhause an, wo ich mir‘s in der Gaststube beim warmen Ofen gemütlich machte. Ich saß schon längere Zeit in der Wirtsstube, als endlich auch die Post, nämlich die von Untertauern, anlangte. Die von Tweng war noch ausständig. Hier beim Tauernwirt findet nämlich der Postwechsel statt.

    Ich hatte nun wohl Lust zu gehen, aber ich ging nicht. Denn ich dachte mir also: Solange von der Lungauer Seite weder die Post noch ein Wegmacher hier anlangt, ist es auch für mich ausgeschlossen, hinüber zu kommen. Und mein Verstand gab mir recht. Es dauerte noch eine geraume Weile, bis die Post von Tweng hier eintraf, aber ohne Gefährte, sondern der Postillon in Begleitung zweier Wegmacher, zu Fuß. Das Fahren, hieß es, sei heute von Schaidberg weg unmöglich gewesen. Nun, da hatte ich die Bescherung! Also weglos! Da wäre ich, allein fortgegangen, meinem sicheren Verderben entgegen gerannt.

    Als der Postillion mit den zwei Wegmachern nach einiger Zeit wieder aufbrach, schloss ich mich ihnen an. Es musste ein neuer Pfad ausgetreten werden. Da das Durchwaten des Schnees besonders für den Vorgeher äußerst mühsam und beschwerlich ist, so wurde gewechselt, so dass bald der eine, bald der andere von uns Vieren vorausging.«

    LEGENDÄRE WETTERLÖCHER

    Im Nahbereich der Zederhauser Umkehr, bergwärts Richtung Kreuzbühel gelegen, waren zu Zeiten, als noch nicht das Auto den Straßenverkehr beherrschte, zwei Vertiefungen im Felsen als sogenannte Wetterlöcher im Gebrauch. Es handelt sich dabei um Windröhren, also feine Felskanäle, die auf meteorologische Umschwünge reagieren.

    Schon lgnaz Kürsinger hat sie gekannt und auch Heinrich Wallmann, der zusammen mit Franz V. Zillner seine »Culturhistorische Streifzüge durch Pongau und Lungau« verfasste, hielt dieses Naturphänomen einer Erwähnung wert. »Weiter aufwärts sahen wir zur Linken an der Straße die Felswand ausgehöhlt. Daher heißt diese Partie die Hohlwand. Zur Rechten stürzt ein Katarakt über die Felswand. Tauernwanderer pflegen bei der Hohlwand die Hände in die Aushöhlungen zu stecken, welche als sogenannte Wetterlöcher gelten. Geht kalte Luft heraus, so deutet das auf Schönwetter; der warme Luftzug prophezeit Regen. Bewundernd stiegen wir die Tauernstraße hinan... «

    Dieser Wetteranzeiger war nicht nur Wanderern nützlich. Auch Passagiere der Post blieben beim Tauernfahren vielfach Wind und Wetter ausgesetzt, denn die Wagen und Vehikel mit Personenbeförderung waren oftmals unbedacht, dazu schwerfällig und langsam. J. Gugg berichtet über die Postbotenfahrten, die seit 1877 als kostengünstiger Ersatz für die vornehmeren Malle-Posten über den Tauern eingesetzt waren: »lm Winter stand ein sogenannter Zigeunerschlitten in Verwendung, auf dem die Postpassagiere ihre Sitze auf den Postpaketen einrichten mussten. Im Sommer waren dann die berüchtigten Gratlwagl im Gebrauch, mit denen die Fahrgäste besondere Annehmlichkeiten erlebten, denn sie hatten ihre Plätze mitten unter dem Frachtgut. Bei Geldabfuhren des Steueramtes Tamsweg an das Landeszahlamt Salzburg wurde der Postbotenfahrt von Tamsweg bis Mauterndorf ein Gendarm als Sicherheitswache mitgegeben. Aber kein Mensch machte sich etwas daraus, dass von Mauterndorf bis Radstadt diese Wertsendungen wohl im Postbeutel verwahrt, aber für gewöhnlich in unversperrten Sitztruhen untergebracht waren und oft unterwegs überladen werden mussten, und das alles ohne Gendarmerie-Assistenz.«

    ElN VERLORENES MARTERL

    Die längste Zeit haben Fußreisende das Straßenbild über den Radstädter Tauern geprägt - Boten, Träger, wandernde Handwerker, Viehtreiber, Almleute, Hausierer, Bettler und schließlich Alpinisten. Sie behaupteten neben den Fuhrwerken, Kutschen und Karren ihren Platz. Wie gefährlich gerade den Wanderern eine Überquerung des Tauern werden konnte, bezeugt der Friedhof der Namenlosen auf der Scheitelhöhe des Passes. An einen dieser Unbekannten, der durch einen komischen Zufall dem Tod entrinnen konnte, erinnerte ein Marterl, das später abhanden gekommen ist.

    DIE SAGE VOM BROTTRÄGER

    Am Nesselgraben bei der Gnadenalm, nicht mehr weit vom Johanniswasserfall, wo die Tauernreisenden über die Weiße Lahn genannte winterliche Gefahrenstelle auf den Kehrbühel zuwanderten, führte eine Brücke über den tiefen Graben. Hier zog einst ein Brotträger mit schwer beladener Kraxe seines Weges. Der weite steile Passweg hatte ihn schon arg mitgenommen, denn hart und schwer drückte der Korb auf seinen Rücken. Absetzen wollte er seine Last erst beim Tauernhaus in Wiesenegg, aber bis dorthin war es noch eine gute Stunde Wegzeit. Ein bisschen Verschnaufen musste er aber doch, also schob er hier seine Kraxe auf das Brückengeländer und stützte sie darauf ab. So ans Geländer gelehnt, ruhte er ein wenig, aber da wurden ihm die Augen schwer und er nickte ein.

    Die Brotkraxe rutschte hintüber und zog den Brotträger mit sich, so dass er kopfüber in den tiefen Graben stürzte. »Um Himmelswillen! Da hat sich einer Hals und Bein gebrochen!,« dachte ein zweiter Wanderer, der so schnell er konnte, herzu eilte. Aber da sah er, wie sich der Totgeglaubte in dem steinigen Bachbett des Nesselgrabens aufrappelte, seine Kleider ausschüttelte und die Semmeln wieder in den Korb einsammelte.

    Lange Zeit stand ein Marterl an der Stelle, um an dieses Glück im Unglück zu erinnern. Darauf war die sagenhafte Begebenheit nicht nur bildlich, sondern dazu mit einem Gedicht festgehalten:

    Ein Brotträger kam einst hier durch;

    hatte schwer zu tragen

    und setzte sich ermüdet ans Straßengelander,

    schlief ein und stürzte in den Abgrund tief.

    Doch beschützte ihn der liebe Gott!

    Er fiel auf seinen Korb, fand nicht den Tod,

    Wohl aber seine Semmeln wieder

    Und acht Laib Brot!

    Sagen vermischen das Wunderbare mit dem Alltäglichen. Was diesen Brotträger betrifft, bleibt zu fragen: Konnte der Lungau seinen Brotbedarf nicht aus eigenem Anbau decken? Offensichtlich nicht. Die Landwirtschaft war in der Hauptsache auf Vieh und Holz abgestellt. Der Getreideanbau konnte in dieser Höhenlage nur eine untergeordnete Rolle spielen. Bohnen und andere Hülsenfrüchte ersetzten auf dem Lungauer Speisezettel das nobler eingeschätzte Korn, voran den begehrten Weizen.

    Um 1800 zeichnete Franz Michael Vierthaler dieses Bild vom Küchenleben der Lungauer: »Die Höfe und Geuschen, heißt es da, sind nämlich von hohen Gerüsten umstellt, auf welchen Puff-, Pferd- und Saubohnen - die gewöhnliche, beinahe einzige Mittagskost der Maurer, Zimmerleute und Taglöhner - an der Luft und Sonne getrocknet werden.«

    Klagen über das schlechte Lungauer Brot sind weniger aus dem Redwerk der Sage, denn aus sachlichen Darstellungen überliefert. Der Mattseer Arzr und Lungauwanderer Heinrich Wallmann schrieb 1863: »Das Brod besteht häufig nur aus Gerstenmehl mit Bohnenmehl und Kleien untermengt und ist zu einem unförmlichen Klumpen gebacken.«

    Der sagenhafte »Brotträger vom Nesselgraben« erinnert an diese Mangelzeiten, als ein Korb voll köstlich frischer Semmeln, gebacken aus Weizenmehl, für die meisten Lungauer einen so gut wie unerschwinglichen Luxus darstellte. Das Verlangen nach gutem, bekömmlichem Brot spricht noch ein zweites Mal aus einer Lungauer Sage.

    DER HOFMETZGER PERNER UND DAS LUNGAUER BROT

    Der Salzburger Hofmetzger Perner hatte häufig im Lungau zu tun, wo er für die erzbischöfliche Tafel und anderes wählerisches Stadtpublikum Mastochsen, junge Rinder und gelegentlich Kälber einkaufte. Gern hielt er deswegen auch im Zederhaustal Umschau.

    Dort hatte er einmal in einem Bauernhaus seinen Einkauf mit Handschlag abgemacht und hernach führten ihn die Bauersleute auf einen Imbiss in ihre gute Stube. Nicht mehr als Brot und Butter wurde ihm da zum Zirbenschnaps aufgetragen, denn das Leben in Zederhaus war bescheiden und der Hofmetzger ein arger Rechner, der einen jeden unter den Tisch handelte.

    Er aß die Butter und trank den Schnaps, das Brot aber steckte er ein und bemerkte dazu: „Das ist mir zu schlecht, ich nehm‘es mit, damit die Herren draußen sehen, was für ein schlechtes Brot ihr habt."

    Auf dem Heimweg überfiel ihn auf dem Tappenkar ein Unwetter mit Eis und Schneetreiben. Bald kämpfte er mit jedem Schritt gegen den Sturm und wurde so kraftlos, dass er bei einem Unterstand hinsank vor Erschöpfung und nicht mehr weiterkonnte. Wie ein Geschenk des Himmels erschien ihm nun das verachtete Lungauer Brot in seiner Tasche. Vorsichtig zog er es heraus, damit er kein Krümelchen abstreifte und aß es mit kleinen, bedächtigen Bissen. So köstlich hatte ihm noch kein feines Salzburger Weizenbrot gemundet.

    Sowie der Himmel aufriss, setzte er seinen Weg fort, kam wohlbehalten heim, vergaß jedoch nicht das Erlebte. In Dankbarkeit fur die Rettung aus der Not stiftete er der Kirche Zederhaus einen silbernen Kreuzpartikel, der dort noch heute gezeigt wird.

    DAS TAUERNHAUS WIESENEGG

    Auf der Höhe des Erzherzog-Johann-Wasserfalls tritt der Passweg in das den Winden preisgegebene Tauernkar ein. ln einer geschützten Mulde vor dieser letzten Steigung liegt das ehemalige Tauernhaus Wiesenegg mit dem Vikariat und der Kirche. Bereits 1198 stand ein Hospiz in Wiesenegg und in einer Urkunde von 1517 ist von »zween Wirten am Tauern« die Rede, die den Weg freihalten sollten. Gemeint waren die Tauernwirte von Wiesenegg und Schaidberg. Erzbischof Johann Jakob Khun von Belasy, der das Anwesen 1562 renovierte, ließ über dem Hauseingang sein Wappen anbringen. Die Maut auf der Tauernstraße ist bereits 1143 urkundlich erwähnt und wurde 1899 aufgehoben. Von 1558 an führte die Familie der Wiesenegger hier über 260 Jahre die Wirtschaft.

    1764 ließ Erzbischof Siegismund Graf Schrattenbach eine Poststation einrichten. Der besondere Stellenwert, der Wiesenegg über das Tauernhaus Schaidberg sowie die Wirte in Untertauern und Tweng heraushob, ist durch das Vikariat und Kirchlein, das 1759 eingeweiht wurde, unterstrichen. Nach 1818 gab es etliche Besitzerwechsel, bis Sektionschef Karl Wurmb, der legendäre Erbauer der Tauernbahnen, die Anlage zu einem zeitgemäßen Alpenhotel umgestaltete. Es wurde nach dem Ersten Weltkrieg durch einen Brand verwüstet.

    Der Kapuziner Josef Hackl, vulgo Tauernsepp, 1830 in diese Einsamkeit versetzt, soll von der kaiserlichen Familie bei ihrem Besuch 1844 ein Geldgeschenk von 50 Gulden erhalten haben. Die Lungauer werden ihm die gut 3.500 Euro nach heutiger Rechnung kaum geneidet haben. Sie wussten um den harten Posten, auf dem der Vikar ausharrte, musste doch dieser, wie der Volkswitz behauptete, bis zum Jakobitag (25. Juli) heizen und an St. Anna (26. Juli) wieder neu beginnen. Sein Gärtchen brachte dementsprechend nichts weiter hervor als Schnittlauch und weiße Rüben.

    Die Hauschronik von Wiesenegg meldet auch noch weitere hochgestellte Besucherschaft. 1844 fuhren Kaiser Ferdinand mit Gemahlin und den Erzherzögen Ludwig und Franz Josef, dem späteren Monarchen, über den Tauern. Der Reisekutsche waren, zum Entzücken der kaiserlichen Passagiere, die landesüblichen Ochsen vorgespannt.

    Wohl wahrscheinlich, aber doch in das Reich der Sage zu verweisen ist die Überlieferung, dass Wiesenegg einmal überraschenden Besuch von einem Erzbischof erhalten habe.

    VERBOTENES WILDBRET IM TAUERNHAUS

    Bei einem alten Wiesenegger stellte sich einmal ohne Vorankündigung höchster Besuch aus Salzburg ein. Die schwarze Kutsche, die vor dem Tauernhaus ausgespannt wurde, zeigte zu beiden Seiten des Wagenschlags die aufgeprägten Wappen des Erzbischofs. Dieser selbst nahm ohne weitere Umstände in der guten Stube des Wieseneggers Platz und wartete auf angemessene Bewirtung. Die rauhe Tauernluft kann auch einen Bischof hungrig machen.

    In der Küche aber brach einige Bestürzung aus, denn das Beste, was die Fleischkammer zu bieten hatte, war ein frisch geschossener Hirsch. Einen Jagdschein besaß der Tauernwirt aber nicht. Der Wiesenegger konnte sich nun aussuchen, womit er den Erzbischof verärgern wollte. Mit altem Brot und einem harten Stück Käse oder mit einem köstlichen Wildbraten von nicht ganz lauterer Herkunft. Wie alle Wirtsleute war auch dieser Wiesenegger ein Menschenkenner und entschied sich für Zweiteres. Das servierte Wildbret mundete denn auch vortrefflich. Der Erzbischof und seine Begleitung griffen herzhaft

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