Kleine Mann - was nun?
Von Helmut Zenker
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Über dieses E-Book
Mit einem Toten auf der Kühlerhaube ihres Taxis endet für die Detektivin eine durchzechte Nacht. Da Christian Votruba nicht durch den Wagen, sondern durch eine Gewehrkugel zu Fall gebracht wurde, dauert es nicht lange, bis sich Minnis Intimfeind Oberst Lucky Bittner am Tatort blicken lässt. Unermüdlich kämpft sich die Mann durch ein Verwirrspiel aus spendierfreudigen AuftraggeberInnen und prominenten Erpressungsopfern, die das plötzliche Ableben des amtsbekannten Besitzers von Spiel- und Animierclubs nicht besonders traurig stimmt.
Es handelt sich um eine aktualisierte Auflage! (5. Februar 2016)
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Buchvorschau
Kleine Mann - was nun? - Helmut Zenker
Helmut Zenker
Kleine Mann - was nun?
(Kriminalroman in 12 Runden)
Copyright © 2014 Der Drehbuchverlag, Wien und Jan Zenker
2. Auflage, 5. Februar 2016
Alle Rechte vorbehalten
eBook: Kleine Mann - was nun? (Kriminalroman in 12 Runden)
ISBN: 978-3-99041-976-2
Inhaltsverzeichnis
Zitat
Wer kommt vor?
Abwaage
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Auszeit (eins)
Kapitel 5
Kapitel 6
Auszeit (zwei)
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Ein Kapitel für sich (Joeys Bericht)
Kapitel 12
Anmerkungen
Ich denke, also bin ich. Ich denke, weil ich davon absehen kann, dass ich bin. Gerade weil ich nicht bin, denke ich. Ich BIN also NICHT. Wer aber denkt? Ich bestimmt nicht. Da denkt niemand.
Alexander Kluge
When I grow up I want to be an old woman.
Michelle Shocked
Wer kommt vor?
Minni Mann, 22, richtiger Vorname: Hermine; von Geburt an behindert; Telefon-Hostess i. R.; Philosophiestudentin; betreibt eine Detektei mit zumindest vornehmer Adresse.
Joey Howorka, 31, ständiger Student, Assistent, regelmäßiger Vernichter von Knoblauchbroten; dementsprechend übergewichtiger Fotograf.
Wussow, 3, 70 Kilo schwerer Landseer-Hund, der mit Minni Mann Wohnung und Büro teilt.
Lucky Bittner, 40, Polizei-Oberst und Pomade-Fan, hasst ungebrochen den anonymen Idioten, der Minni Mann die Lizenz bewilligt hat. Gelegentlich schreibt er auch Briefe.
Christian Votruba, 42, hat viel Vergangenheit und wenig Zukunft. Stirbt schon auf Seite 27 und eignet sich trotzdem zum Witwer.
Josefine Votruba, 48, Witwe und Klientin.
Hubert Schlossarek, 37, ist bewaffnet und hält sich am liebsten in fremden Wohnungen auf.
Roman, „Petzi", Josef, Heribert u.a., lesen Zeitung und schreiben Briefe.
Sissi Schnablegger, 29 und Tommy Puttner, 26, geraten am Rande einer unfreiwilligen Leiche freiwillig in Streit.
Hermann Spankl, 36, Geschäftsführer und Schaf.
Matthias Bircher, 32, hat kein Talent; zum Fernsehsprecher nicht; zum Auftraggeber schon gar nicht.
Herbert Resovsky, 50, Taxifahrer und redende Mehrheit.
Sophia Mertens, 23, und Wolfgang Wilken, 30, beleben nur eine Geschichte der Geschichte.
Und zahlreiche weitere Personen, die in den Tagen und Nächten dieser Geschichte einmal, zweimal oder sogar dreimal auftauchen. Der Roman spielt Ende der achtziger Jahre in Wien und Umgebung. Ähnlichkeiten mit dem richtigen Leben sind unbeabsichtigt, aber möglich. Änderungen vorbehalten.
Abwaage
Mein schönes Fräulein, darf ich wagen,
meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?
Johann Wolfgang Goethe
Der Mann, der sich endgültig entschlossen hat, seinen ersten Mord zu begehen, betritt das zugige Stiegenhaus nicht zum ersten Mal. Das Geburtsjahr des Hauses wird auf einer Marmortafel mit 1913 angegeben. Die Tür zum Müllhof ist frisch lackiert. Dem ersten Mord müssen weitere folgen. Das geeignete Fenster, schon vor Wochen ausgesucht, befindet sich auf der kaum mehr benutzten Treppe zum Dachboden. Der Mann öffnet das ovale, verstaubte Fenster mit der rechten, schwieligen Hand, über die er einen Nylonhandschuh gezogen hat.
Ein Auge des Mannes sucht durch das Zielfernrohr den beschlossenen Tatort auf der anderen Straßenseite ab. Der Winkel passt. Der Mann wird mit dem Gewehr, das zum Fernrohr gehört, wiederkommen. Sein erstes Opfer hat er erst vor wenigen Tagen und durchaus zufällig kennen gelernt: Wissen auf den ersten Blick.
Der nackte Mann auf dem Polaroidbild vor mir steht unscharf auf einem französischen Bett vor einem breiten, unverdeckten Fenster. Im Hintergrund ist die halbe beleuchtete Stadt zu sehen. Ich wähle die Telefonnummer, die mit Kugelschreiber über den dürftig behaarten Kopf des Mannes geschrieben und verwischt worden ist.
››Hallo?‹‹
››Ich bin klein‹‹, sage ich, ohne meinen Namen zu nennen, ››und rothaarig. Fällt Ihnen dazu was ein?‹‹
Die Stimme meines Gesprächspartners, die nach ewigem Stimmbruch klingt, zerfließt in fast gesungene Freundlichkeit.
››Sie haben mein Brieferl bekommen?‹‹
››Könnte ich Sie sonst anrufen?‹‹
››Ich bin überrascht.‹‹
››Im Sinn von erschrocken oder angenehm überrascht?‹‹
Sein Mut scheint nicht unterentwickelt zu sein.
››Was machen wir? Direkt in meine Laube werden Sie ja nicht kommen wollen?‹‹
››Wir treffen uns im Café.‹‹
Ich streichle seinen eingezogenen Fotobauch mit dem rechten Daumen.
››Darf ich einen Vorschlag machen?‹‹
››Nein. Wir treffen uns im Café Kanaille.‹‹
››Kenn ich nicht.‹‹
››In der Alserstraße. Landesgerichtsnähe.‹‹ Diese Nähe scheint ihm nichts auszumachen. Er gluckst zustimmend. ››Passt Ihnen 21 Uhr?‹‹
››Sicher.‹‹
››Dort reden wir über alles.‹‹
Der Freundlichkeit folgt Angst.
››Auch übers Geld?‹‹
››Ja. Bis gleich.‹‹
››Servus Mausi‹‹, sagt er und küsst anscheinend den Hörer, bevor er auflegt. Ein paar Stunden zum hoffnungsvollen Träumen bleiben ihm noch. Mein zu kurz geratenes Bein im hohen Schuh juckt. Wer will mich heute noch ärgern?
Meine Inserate in den Samstagausgaben haben unterschiedliche Resonanz gefunden. Auf die Detektivanzeige ist nur ein einziger Anruf gekommen; aus dem Sicherheitsbüro von
Oberst Bittner. Nur ein Satz ist ihm in die Leitung gerutscht: ››Geben Sie noch nicht auf?‹‹ Er hat aufgelegt, bevor ich nein sagen konnte.
Dem gedruckten Korrespondenz-Köder, der mich 520 Schilling gekostet hat, sind 102 Männer auf den Leim gegangen. Der statistische Mustermann schaut (nach eigenen Angaben) so aus: 42, 170, 80, Geschäftsmann, gepflegt und nicht ganz ungebunden, wenig Freizeit, seriös und angeblich gut aussehend.¹ Die ersten drei kommen heute dran. Ich kann es nicht lassen, ich will es nicht lassen. Ich bin die beste Herrenfalle. Dabei bin ich nicht einmal geldscharf. Ab halb zwei bin ich schon (wie meistens: in Schwarz und mit Regenschirm) unterwegs.
Liebe OHO! ²
Man soll sich vom Leben das nehmen, was man will. Ich will Sie. Ich will bei regelmäßigen Treffen Ihr großzügiger Freund sein. Gemeinsame Stunden mit einer rothaarigen Gespielin wären für einen Ehekrüppel wie mich ein Traum. (Was halten Sie davon, wenn Sie sich bei jedem Rendezvous um 1.000 Schilling Rosen kaufen?) Im Wesen bin ich unaufdringlich, verständnisvoll, diskret und verständnisvoll. Sind Sie zu mehr als 08/15 bereit? Gehen Sie noch in die Disco? Im Verlauf einer kleinen, offenen Plauderei kann ich Sie sicher von mir überzeugen. Rufen Sie mich bitte werktags zwischen 7 Uhr 30 und 8 Uhr 30 unter der Nr. 33 98 997 an. Bitte aus Diskretionsgründen den CHEF verlangen, ich werde mich dann Ihnen genau vorstellen. Am 2. und 3. Mai bin ich nicht erreichbar, da ich mich im Ausland befinde und nicht daheim bin.
Mit liebsten Grüßen
Ihr Josef
Roman Freud
1090, Berggasse Wien, 22. 4.
Liebe sehr kleine, noch unbekannte Rothaarige! Eben bin ich auf Ihre nette Anzeige von heute gestoßen. Ich bin hoffentlich der Erste, der sich freut, Sie kennen lernen zu dürfen. Jedenfalls erwarte ich Sie am 30. 4. um 14 Uhr im Naturhistorischen Museum im Haifisch-Saal.
Um Ihr Kommen ersuchend,
mit herzlichen Grüßen
Roman.
Roman
Anbei: Eintrittskartenzuschuss.
Liebes „Mausi"! Wien, 25. April
Soeben habe „Ich in der Zeitung (wo sonst?) „Dein
Inserat gelesen. Bin „Ich zu spät dran? Dieser „Ich
, der Dir schreibt, heißt mit dem Kosenamen „Petzi. Alle anderen Daten findest „Du
auf der beigelegten Visitenkarte. Dein Kosename ist ab sofort „Mausi. Wenn „Du
nicht willst, musst „Du mir nie Deinen richtigen Namen gar nicht sagen. Wie „Petzi
aussieht, zeigt ja mein ebenfalls beigelegtes Farbbild. „Ich bin wie „Du
auch sehr klein, aber wie „Du ganz oho - auch mein Spatzi (Glied). Allerdings bin „Ich
sicher ein „paar Tage älter als „Du
. Bin 39 Jahre jung (okay: alt), 1,67m groß (in Ordnung: klein). Bin „Gott sei Dank geschieden und möchte auch künftighin nur ein Mäderl (Dich?!) ohne weitere Verpflichtungen zum „Dingsbumseln
haben. (Proleten sagen dazu Geschlechtsverkehr.) Was hältst „Du von „Mund-zu-Spatzi-Beatmung
?
„Ich habe wirklich eine „Superliebesgrotte
und kann mir für unsere Liebesspiele fast immer Zeit nehmen. Zum Schluss noch eine fällige Frage. Was ist die „Mausi-Vorstellung von Großzügigkeit? Möchte Dir nur gleich schreiben, sehr viel Geld kannst „Du
von mir nicht „erben. Anbei 20 Schilling für eine eventuelle Telefongebühr oder für dein Rückantwortbrieferl. Schickst „Du
mir zwei, drei Haare mit? „Du" weißt schon von wo, oder? Ein ganz ein heißes Zungenbussi schickt Dir noch
„Dein „Petzi
Der Mörder hat sein Opfer zum Essen ins Restaurant Wieselburger im Prater eingeladen: Barack, Leberknödelsuppe, geröstete Leber, Topfentorte und noch einmal Barack. Geduldig hört sich der Mörder, er nennt sich in Gedanken selbst nur