No Entry for Jesus Freaks: Thriller
Von Harald Traindl
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Über dieses E-Book
Es handelt sich um eine aktualisierte Auflage! (5. Februar 2016)
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Buchvorschau
No Entry for Jesus Freaks - Harald Traindl
Harald Traindl
No entry for Jesus freaks
(Thriller)
Copyright © 2014 Der Drehbuchverlag, Wien
2. Auflage, 5. Februar 2016
Alle Rechte vorbehalten
eBook: No entry for Jesus freaks (Thriller)
ISBN: 978-3-99042-911-2
Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
1. Kapitel: Das Ende
Leere. Nichts. Einsamkeit. Keine Möglichkeit dem zu entfliehen. Ich hasse ihn. Ich hasse mich. Ich will ihn sterben sehen. Das würde auch mein Ende sein, das mir mittlerweile egal ist. Doch ich bin gefangen. Nicht mehr Herr meiner selbst. Alles seinetwegen.
2. Kapitel: Der Versuch
Mein Name ist Johann Horak, bin 22 Jahre alt, Chemiestudent. Ich sitze in meinem kleinen Labor, an dessen Tür in großen schwarzen Blockbuchstaben „No entry for Jesus Freaks" geschrieben steht. Als Jesus Freaks bezeichnete man früher eine fanatische amerikanische Hippie-Gruppe, die Drogen und Sex verpönten und stattdessen die Bibel lasen. Ich habe alles für den Versuch Nr. 372 vorbereitet. Ein kleiner Rasierspiegel steht auf dem Tisch. Ich habe in jedem Raum mindestens einen Spiegel stehen. Es ist heiß. Trotzdem ich mich heute früh rasiert habe, kommen schon wieder die ersten Stoppeln zum Vorschein. Der Friseur, bei den ich gestern war, hat mir einen guten modischen Kurzhaarschnitt verpasst. Die Instrumente und Zutaten sind in einer exakt vorbestimmten Formation auf den Tisch platziert. Das ist wichtig, um ein Gefühl der Sicherheit und Ordnung zu schaffen. Ich habe immer das Gefühl, meine grüne Augenfarbe wirkt unnatürlich. Egal. Nachdem ich mir zwei Minuten, vielleicht waren es auch drei, das Plakat mit dem Periodensystem angesehen habe, mache ich mich ans Werk. Ich sauge mit einer Pipette eine der neuen Substanzen, die ich aus der Universität mitgehen habe lassen, auf und träufle sie auf die Mischung des Versuchs Nr. 114. Durch das Mikroskop verfolgt mein rechtes Auge den chemischen Verbindungsvorgang. Die neue Substanz hat eine grünliche Farbe und geht nur ungern eine Verbindung mit der rötlichen Grundmischung ein. Dieser Vorgang fasziniert mich jedes Mal aufs Neue. Kleinere Tropfen verbinden sich zu größeren und ändern ihre Farben. Der Anblick versetzt mich zunehmend in Erregung. Ich muss an Isi, die ich bei Ack Ack kennen gelernt habe, und an ihre rosa schimmernden Lippen denken. Doch dann steigt in mir die Ungeduld. Ich rühre mit einem nadelartigen Instrument, wie es die Zahnärzte zum Kratzen benutzen, um. Während ich 160 Mikrogramm Nr. 372 auf ein kleines Stückchen Oblate träufle, spüre ich wieder ein intensives Kribbeln hinter dem rechten Ohr. Mit Versuch Nr. 372 in der Hand begebe ich mich in meine Abstellkammer, die ich zu einem Selbstschutzraum umfunktioniert habe. Es befindet sich ein bequemer Fernsehsessel darin, und die Wände sind behelfsmäßig mit Schaumstoff gepolstert. Trotz der steigenden Vorfreude verspüre ich Angst vor dem Versagen. Nach drei gezielten Handgriffen ist die Lehne in der richtigen Position. Tief durchatmend schließe ich meine Augen und versuche, mich damit in die richtige Stimmung zu bringen.
>>Du schaffst es. Diesmal wird es klappen. Kein Weg zurück<<, sage ich mir langsam.
Wie immer schalte ich das Diktiergerät ein, um den Test zu dokumentieren.
>>Es ist Donnerstag der 25. Juli, 23 Uhr 30. Versuch 372. Puls normal. Keine erkennbaren Erkrankungen. Okay, lass das Schauspiel beginnen.<<
In solchen Momenten neige ich dazu, leicht theatralisch zu werden. Ich stelle mir dabei immer vor, in einem Film die Hauptrolle zu spielen. Die Handlung des Films: Mein Leben. Diese Vorstellungen helfen mir über einsame Momente hinweg. Ich spanne meinen ganzen Körper drei Sekunden lang an und lasse danach locker, um wirklich total entspannt zu sein. Zumindest hat mir das mein ehemaliger Sportlehrer immer eingetrichtert. Jetzt ist es soweit. Versuch 372 beginnt. Ein metallischer Geschmack macht sich in meinem Mund breit. Obwohl ich mit diesem Geschmack vertraut bin, muss ich das Gesicht vor Ekel verziehen. Ich blicke routinemäßig auf mein Handy, das neben mir auf dem Boden liegt. Zu meiner eigenen Sicherheit platziere ich es mit voreingestellter Rettungsnummer in meiner Nähe, um im Notfall mit einem Tastendruck Hilfe zu rufen. Stillschweigend sitze ich da und warte leicht angespannt auf mögliche Schockwirkungen oder Stressreaktionen. Nach fünf Minuten ist die erste Gefahrenperiode vorüber.
>>23 Uhr 36. Da ich die erste Gefahrenperiode ohne Vorfall überstanden habe, werde ich mich nun kurz auf die Toilette begeben.<<
Also verlasse ich die Kammer, um mein Pissoire zu wässern. Ich besitze eine große Wohnung, deshalb kommt es mir jedes Mal wie ein kleiner Spaziergang vor, wenn ich die Toilette aufsuche. Auf dem Weg dorthin muss ich wieder an Isi denken. An ihr braunes lockiges Haar. An ihre Zunge, die ihre Zähne umschmiegt. An die Art, wie sie ihre Zigarette hält und an ihre Stimme.
Ich höre sie sagen: >>Komm, mach’s mir. Ich will deinen Körper spüren. Jetzt.<<
Meine Finger berühren ihre rosa Lippen. Sie blickt mich durchdringend an, so, dass mir ein kalter Schauer über den Rücken läuft. Ich bin ihr verfallen. Der Raum um uns herum scheint zu zerfließen. Nur wir, sonst nichts. Sie streicht durch meine braunen Haare. Wir küssen uns leidenschaftlich und meine Erregung steigert sich ins Unermessliche. Dann fühle ich einen stechenden Schmerz an meinen Lippen, der mich in Extase versetzt. Als wir uns vom Kuss lösen, erkenne ich mit Schrecken ihren blutverschmierten Mund. Selbst ihre Zähne sind von meinem Blut rot gefärbt. Ich prüfe mit meinem Finger meinen Mund, kann jedoch kein Blut sehen. Ich blicke auf und Isi ist verschwunden. Als ich mich umsehe, bemerke ich, dass ich mich keine zwei Meter von der Kammer entfernt habe. Isi war eindeutig die erste Halluzination, hervorgerufen von Versuch 372. Das schockiert mich, da normalerweise die Wirkung erst nach einer halben Stunde eintreten sollte. Trotzdem steigt ein wohliges Gefühl der Hoffnung in mir auf, da ich denke, meinem Ziel ein Stückchen näher gekommen zu sein. Ich teste meine fünf Sinne auf deren Funktionalität. Alles okay. Im Spiegel kontrolliere ich meine Pupillenerweiterung. Auch okay. Daraufhin beschließe ich kurzer Hand, mich auf das Sofa im Wohnzimmer zu setzen und damit eine meiner eigenen Regeln zu missachten, die besagt: Mindestens drei Stunden nach Einnahme nicht die Selbstschutzkammer verlassen. Enttäuscht, dass die Wirkung so schnell nachgelassen hat, zünde ich mir eine Zigarette an.
Es wird mir nun klar, dass ich mein Ziel nicht erreicht habe und ich schreie laut in Richtung Kammer, wo das Diktiergerät liegt: >>Fuck! Versuch 372 ist gescheitert. Erreichen der Bewusstseinsebene O.S.C.A.R.: Negativ. Versuch vorzeitig abgeschlossen!<<
Um meinen Frust zu dämpfen, nehme ich einen kräftigen Zug an meiner mit Pot erweiterten Zigarette und lasse diesen lange in meiner Lunge zirkulieren.
>>Musik<<, denke ich mir und ergreife die Fernbedienung der teueren Stereoanlage.
Ich drücke den Shuffleknopf, da ich sowieso nur eine Art von Musik im CD-Wechsler habe. Alles frei von Klassik, Heavy Metal, Kommerz oder Oldies. Die einzige Gruppe, die nicht in dieses Schema passt, sind die Doors. Ich bin ein großer Fan. Ich habe die komplette Sammlung. Jim Morrisons Stimme gehört einfach zu einem vollkommenen Trip. Das Plakat mit Jim Morrison hängt genau über der Stereoanlage. Aber im Moment ist keine Doors-CD im Player. Stattdessen erklingt eine Drum ’n Bass Musik mit leichtem Technoflair aus dem Surroundsystem. Meine Wohnungswände sind mit klassischen Filmplakaten zugepflastert, alle schön in Rahmen gesetzt und bewusst an bestimmten Stellen verteilt. Gerade jetzt betrachte ich das Plakat des Westernklassikers „12 Uhr Mittags". Es befindet sich direkt über meinem 16:9 Fernseher mit Dolby Surround. Daran fasziniert mich Gary Coopers Blick auf eine transparente Zeigeruhr, die auf exakt 12 Uhr steht. Ich sehe mir dieses Plakat täglich an und ich erkenne bis heute nicht genau, was dieser Blick zu bedeuten hat. Angst? Zorn? Mitleid? Einsamkeit? Sehnsucht? Traurigkeit? Oder kann er es nicht erwarten, Katy Durado und Grace Kelly flachzulegen, die unter der transparenten Uhr abgebildet sind. Dieser Blick fasziniert mich so, dass ich den gleichen Blick aufsetze, wenn ich während eines Versuchs auf die Stoppuhr blicke. Aber als ich jetzt hinstarre, fällt mir irgendetwas Eigenartiges auf. Zu Beginn realisiere ich nicht, was mich stört. Die Zeiger der Uhr bewegen sich rückwärts. Warum drehen sie sich rückwärts? Eigentlich hätte mich die Tatsache, dass sie sich überhaupt bewegen, wundern sollen. Aber mich stört die Rückwärtsbewegung der Zeit. Wie hypnotisiert starre ich auf das Plakat. Alle Farben werden intensiver. Jetzt fühle ich die Musik und beginne zu verstehen. Alles wird eins. Die Musik verschmilzt mit der Umgebung. Es gibt keine Kanten mehr, nur Übergänge. Alles pulsiert mit der Musik. Alles ist nun so klar. Dann höre ich ein Geräusch, das sich nicht in das Gesamtbild einfügt. Ich versuche, meinen Kopf dorthin zu drehen, was mir nur sehr langsam gelingt. Schweißperlen lösen sich aus meinen Poren und bahnen sich ihren Weg über mein bleiches Gesicht. Nun habe ich den Durchgang zur Küche im Blickfeld. Schemenhaft kann ich eine verschwommene Figur erkennen. Könnte ein Mensch sein. Sie ist viel verschwommener als der Rest. Sie bewegt sich zackig, was in dieser Situation unnatürlich wirkt. Diese Figur passt sich einfach nicht dem Ganzen an.
>>Wer bist du?<<, denke ich mir.
Die Figur scheint zwanghaft zu versuchen, zu mir zu gelangen. Nun kann ich deutlich einen Körper erkennen, der mit den Armen gestikuliert. Ich glaube ein leises Seufzen zu vernehmen. Es steigt in mir ein warmes Gefühl der Geborgenheit auf.
Ich entschließe mich, das Schweigen zu brechen und flüstere: >>Bist du es? Bitte sag was.<<
Doch die Figur scheint sich bewusst zu werden, dass sie immer unschärfer wird und starrt auf ihre ausgestreckten Arme. Es ist klar, sie löst sich auf. Ein stechender Schmerz in meiner Brust.
>>Nein, geh nicht!<<, brülle ich.
Mit einem dumpfen Schrei löst sich die Figur völlig ins Nichts auf.
>>OSCAR!<<, schreie ich mir die Seele aus dem Leib.
Mein Versuch aufzustehen scheitert. Der stechende Schmerz in der Brust weitet sich auf meinen ganzen Oberkörper aus und ich beginne nach Luft zu ringen. Mir wird weiß vor Augen. Ich schließe sie. Jetzt bekomme ich wieder genug Sauerstoff. Ich atme dreimal tief durch und der stechende Schmerz verschwindet schlagartig. Leere, Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit, das sind die Gefühle die mich jetzt übermannen. Es sind keine Schweißperlen, die mir nun über die Wange laufen. Ich weine hemmungslos. Ich habe versagt. Ich bin wieder allein.
3. Kapitel: Der Anfang
Es geschah an einem Samstagabend vor 12 Jahren im Haus meiner Eltern, etwas außerhalb der Stadt. Ich war erst 10 Jahre alt und hatte schon die ersten Narben fürs Leben. Eine ziert meine linke Gesichtshälfte heute noch. Sie ist zwar kaum zu sehen, aber erinnert mich immer an diese Zeit. Mein Vater war nicht gerade zimperlich im Umgang mit mir. Ihn als streng und autoritär zu bezeichnen, würde ich als maßlose Untertreibung ansehen. Er ist Richter und teilt die Gesellschaft in zwei Schichten. Die Privilegierten und der Rest. Geld und die High Society sind die Werte, die er schätzt. Immer in edle Anzüge gekleidet stellt er seinen sportlichen Körper zur Schau. Er ist angesehen und ich bin kein würdiger Imagevertreter. Meine Mutter war anders, aber um keinen Deut besser. Sie schlug mich zwar nie, aber versuchte meinen Vater auch nie daran zu hindern. Sie war zu sehr von seinem Geld abhängig, als dass sie sich getraut hätte, sich gegen ihn zu stellen. Eigentlich war es ihr egal. Sie war genauso versnobt wie er. Sie sah gut aus. Als Teenager gewann sie irgendeinen Schönheitswettbewerb. Den Pokal präsentierte sie jedem neuen Gast. Mode, Schmuck und Make-up und das Ansehen bei den Frauen der anderen Privilegierten waren ihr wichtig. Aber sie war die einzige, von der ich Liebe zu spüren bekam. Vielleicht nur, um bei Besuchern Eindruck zu schinden und eine vorbildliche Familie vorzutäuschen. Doch an diesem Tag war sogar sie über meines Vaters Wutausbruch schockiert.
>>Perverses Schwein!<<, schrie er und schlug mir mit der flachen Hand ins Gesicht.
Die Wucht des Schlages schleuderte mich auf das weiße Ledersofa im Wohnzimmer. Mein Gesicht war von Tränenflüssigkeit bedeckt. Ich konnte den salzigen Geschmack des Schmerzes und der Demütigung schmecken.
>>Herbert, lass uns gehen. Sonst kommen wir noch zu spät<<, flüsterte meine Mutter.
Sie hatte einen entsetzten Ausdruck im Gesicht. Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob sie wirklich seinetwegen so schockiert war. Ich hatte damals von einem Schulkollegen ein Hochglanzpornomagazin bekommen, das mein Vater bei der wöchentlichen Zimmerkontrolle entdeckt hatte.
>>Warte, ich muss das noch regeln<<, sagte mein Vater mit hochrotem Kopf.
Dann wendete er sich wieder in meine Richtung. Ich heulte lauthals und drehte mich nach meiner Mutter um. Aber sie war aus dem Zimmer gegangen. Nun war ich alleine mit ihm. Sie hatte mich im Stich gelassen. Jetzt waren es nicht mehr die Schläge und auch nicht die Beschimpfungen von ihm, die mich quälten, sondern die Tatsache, dass ich nun wirklich alleine da stand. Allein. Verlassen. Verraten. Einsam.
>>Was soll das? Ich hab dir alles gegeben. Alles. Eine Stereoanlage, einen Computer, genügend Spielzeug und was auch immer. Einfach alles. Und so dankst du es mir?<<, brüllte er mich an.
Er war so aufgeregt, dass sich schon etwas Speichelschaum in seinen Mundwinkeln bildete.
>>Woher hast du diesen Schmutz? Woher?<<, er legte ein kurze Pause ein und ich zitterte vor Angst, >>Aus der Schule?<<, ich versuchte seinem Blick zu entweichen, >>Ich schicke dich um ein Vermögen in die beste Privatschule und dann so etwas. Sag schon. Wo hast du das her?<<, dabei gestikulierte er heftig mit dem zerknüllten Pornoheft.
Ich rang nach Atem, bekam aber kein Wort heraus. Dann