Die Mongolei, ein Land im Aufbruch: Rentner auf Reisen
Von Klaus-P. Wagner
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Über dieses E-Book
Wir hatten von früheren Fahrten gute Bekannte, die uns eine höchst abenteuerliche Reise ermöglichten. Darüber berichtet dieses Reisetagebuch. Es soll aber auch Mut machen, sich im fortgeschrittenen Alter auf Unwägbares einzulassen.
Klaus-P. Wagner
Es ist das dritte als eBook erschienene Kinderbuch des Verfassers. Nach allerhand kurzen Geschichten zu unterschiedlichen Tieren (Ein ganz normaler Esel), kam eine Erzählung über den Freiheitsdrang eines Esels hinzu (Ein Esel auf Achse). Jetzt ist der Wolf an der Reihe. Klaus-P. Wagner ist Vater dreier inzwischen erwachsenen Söhne, und hat 4 Enkel, von denen zwei seine Geschichten schon selbst lesen können.
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Rezensionen für Die Mongolei, ein Land im Aufbruch
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Buchvorschau
Die Mongolei, ein Land im Aufbruch - Klaus-P. Wagner
Inhalt
Titelseite
Vorbemerkungen
Von Ulan Bator nach Char Chorin
Von Char Chorin nach Bajanchongor
Von Bajanchongor nach Murun
Zurück in Ulan Bator
Unsere Reiseroute
Impressum
Klaus-Peter Wagner
Die Mongolei, ein Land im Aufbruch
Rentner auf Reisen
Heaven is under our feet
as well as over our heads.
Henry D. Thoreau
Wieder sechs Wochen im Land der Berge, Steppen und Wüsten
Meiner lieben Frau Elisabeth Brock gebührt ein ganz besonderes Lob, denn sie hat das Buch gründlich durchgesehen, an vielen Stellen korrigiert und dem Text den letzten Schliff verpasst.
Kempten im Allgäu, November 2015
Vorbemerkungen
Unsere erste Reise in die Mongolei, die oft auch „Land der zornigen Winde" genannt wird, und dies nicht zu Unrecht, liegt jetzt acht Jahre zurück; eine kurze Zeit für Veränderungen in einem Land, sollte man meinen.
Aber der Wandel vom nomadischen Sozialismus, dessen Spuren, positive wie negative, noch vielfach sichtbar sind, hin zu einem modernen demokratischen Staatswesen mit kapitalistischem Wirtschaftssystem vollzieht sich gewissermaßen im Zeitraffertempo. Die Bevölkerung ist jung – das Durchschnittsalter liegt unter 30 Jahren – dynamisch und gebildet, nutzt ganz selbstverständlich die modernen Medien, ist über die technischen Entwicklungen dank Internet und TV bestens informiert, sowohl in der Stadt als auch draußen auf dem Land, und möchte am modernen Leben teilhaben.
Vor vier Jahren, gleichsam zur Halbzeit, hielten wir uns das zweite Mal in diesem Land auf. Die Änderungen gegenüber 2007 waren augenfällig. Weitere vier Jahre später hat sich, ganz besonders sichtbar, in der ländlichen Verkehrsinfrastruktur enorm viel getan. In der Hauptstadt entwickelte sich ein regelrechter Bauboom.
Nicht alle Änderungen, die ich beobachten konnte und in dem vorliegenden Reisetagebuch anspreche, würde ich positiv beurteilen. Aber vielleicht schwingt etwas Nostalgie mit. Die alte, ursprüngliche Mongolei, wie sie noch immer in den schwer zugänglichen hinteren Winkeln der Berge anzutreffen ist, wird auch da wohl bald der Vergangenheit angehören.
Wer sie noch erleben will, muss sich vermutlich beeilen.
Von Ulan Bator nach Char Chorin
Sonntag,
14. Juni 2015
Eigentlich wollten wir zu diesem Datum längst in Ulan Bator sein und schon unterwegs auf dem Land, aber die MIAT hatte ganz kurzfristig den gebuchten Flug gestrichen, wie üblich bei solchen Überraschungen, ohne Angabe von Gründen. Man kann sich aber seinen Teil denken, wenn man feststellt, dass auch der Flug drei Tage später nur vielleicht dreiviertel ausgebucht ist. Seit letztem Jahr bietet die mongolische Fluglinie MIAT vier Direktflüge aus Deutschland an, gegenüber zweien vor vier Jahren, zwei Flüge ab Berlin und auch zwei ab Frankfurt. Das deutet auf verstärkte Nachfrage hin, ob von Geschäftsreisenden oder von Touristen ist nicht recht ersichtlich. Die Businessclass jedenfalls war auch nicht voll belegt. Das Fluggerät, sehr modern und sichtbar wenig abgenutzt, bot vielen Fluggästen Platz: Jeweils zwei pro Reihe auf den Fensterseiten und in der Mitte vier Sitze. Die Fensterplätze waren gut belegt, in der Mitte dagegen blieben ganze Reihen frei, was der Mongole, bzw. auch die Mongolin bedenkenlos nutzt, um lang über die freien Sitze ausgestreckt zu schlafen. Wir auf Folgsamkeit dressierte Deutsche harrten brav angeschnallt auf den zugewiesenen Fensterplätzen eingequetscht acht Stunden aus, nickten ein und wurden hin und wieder vom Kommando aus dem Lautsprecher aufgeschreckt: Bitte wegen Turbulenzen den Platz einnehmen und sich festzurren, und zwar bei aufrecht gestellter Rücklehne. So saßen wir ja bereits. Tja, da mussten sich auch unsere Mitreisenden aus dem Tiefschlaf erheben.
In Erinnerung ist mir auch das Gepäckschleppen quer durch den Frankfurter Airport: 25 kg im Seesack und dazu acht im Rucksack, meine liebe Frau mit prallvollem Koffer und dem Handgepäck auf dem Rücken. Das gesuchte Terminal wurde dann schließlich mit der Flughafenbahn erreicht und der Transport, eingepfercht in viel zu enge Aufzüge, schlussendlich bis zur Schalterreihe für’s Einchecken bewältigt. Dort meldeten sich sorgenvolle Gedanken wegen meines massiven Übergepäcks. Ich hatte nämlich zu meinem normalen Bedarf noch ein großes Zelt in den Seesack gepresst, komplett mit allem Zubehör, einschließlich eines prächtigen Gummihammers. Alles halb so schlimm: Ein nettes, lockeres Gespräch mit der Dame am Schalter über die Schönheit unserer Allgäuer Heimat, und das Übergepäck war vergessen. Unsere Fahrt an den Main mit dem ICE bei wechselnden Sitzplätzen – wir hatten keine gebucht, fanden aber doch immer welche – das Warten auf’s Boarding in Gesellschaft einer bierseligen mongolischen Reisegruppe und der Abflug liegen nun schon länger hinter uns.
Montag,
15. Juni 2015
Morgens um sechs setzt die Maschine auf dem holprigen Rollfeld auf. Wir sind wieder in der Mongolei.
Mit unserem glücklicherweise vollständigen Gepäck auf der Rollkarre treten wir hinaus in die uns wohl bekannte Eingangshalle. Hier haben wir vor vier Jahren auf der Suche nach unseren vorausgeschickten Luftfrachtkisten schon manche Stunde verbracht. Wir hatten erwartet, die Wintermonate im Land zu verbringen, was sich dann doch als Illusion entpuppte. Aber das ist eine andere Geschichte. Heute warten wir auf Alimaa, unsere mongolische Freundin. Ein Taxichauffeur rückt uns etwas zu dicht auf die Pelle. Er würde uns liebend gerne ins Hotel Sant Asar bringen, wo die erste Übernachtung vorgebucht ist. Auf meinem Smartphone gebe ich die Handynummer vom „Äpfelchen" ein, wie der Name Alimaa deutsch übersetzt lautet. Aber O2 fehlt ein Roamingpartner hier im fernen Osten. Da ist der Taxista doch wieder willkommen. Mit seinem Handy klappt die Verbindung. Alimaa befindet sich auf der Anfahrt, aber der Verkehr …
Unsere erste Anlaufstelle ist die Einwanderungsbehörde, die nicht weit entfernt vom Flughafen residiert, denn dort müssen wir, da wir zwei Monate bleiben wollen, unsere nur dreißig Tage gültige Aufenthaltserlaubnis verlängern lassen. Alimaa hat umsichtig vorgearbeitet, Erkundigungen eingeholt und die Antragsformulare bereits zur Hand. Bis zum Beginn der Bürostunden bleibt noch Zeit zum Ausfüllen und Aufsetzen eines Schreibens zur Begründung des Begehrs. Dabei können wir uns mit Alimaas Hilfe auch schon mit Bolgroo, dem Fahrer, besser bekannt machen. Er ist zwar noch recht jung, aber sehr zuverlässig, wie sich später, auf unserer abenteuerlichen Tour herausstellt. Der Sachbearbeiter hinter dem Schalter wird von moderner Technik unterstützt und arbeitet korrekt. Bald weisen uns Stempel und Eintrag in den Pässen als aufenthaltsberechtigt aus. Früher hat die Prozedur viel länger gedauert. Wir waren damals über Wochen ohne Papiere.
Schließlich gelangen wir, anfangs auf neuer vierspurig ausgebauter Straße, flott zum Innenstadtrand. Links, dem Tuul-Fluss zu, stehen viele nagelneue noch nicht bezogene Wohnblocks. Hierhin sollen aber bald Bewohner aus dem Jurtengürtel, der sich rings um die Hauptstadt ausdehnt, umgesiedelt werden. Man hofft so, langsam der katastrophalen winterlichen Luftverschmutzung Herr zu werden, die u.a. von den zahllosen Holz- und Kohleöfen in den Gers und Häuschen verursacht wird. Ab der Brücke über den Fluss beginnt der Stop-and-Go-Verkehr, der bis zum Hotel in einer Parallelstraße der Peace Avenue kein Ende nimmt.
An der Rezeption heißt es, unser Zimmer sei noch nicht frei. Die Wartezeit nutzen wir zum Geldtausch in einer nahen Filiale der Chan-Bank. Wir tragen nämlich jeder ein dünnes Bündel Fünfhundert-Euro-Scheine in der Tasche, insgesamt zwölf Stück. Mit dicken Bündeln Tugrik kommen wir wieder aus dem Bankhaus heraus. Alimaa verstaut sie gleich im Rucksack. Meine Kreditkarte will ich auch unbedingt ausprobieren, möglichst mit Pass am Schalter, weil wir mit Geldautomaten vielerorts schon schlechte bis sehr schlechte Erfahrungen machen mussten. Das geht hier aber nicht. Dafür arbeitet der Automat tadellos, obwohl die Bankangestellte meinte: keine Chance, völlig unmöglich!
Um Vieles schlauer dürfen wir nun unser Zimmer beziehen und Freundin samt Fahrer fürs Erste entlassen. Alimaa wird uns am Abend zum Essen bei ihr zu Hause per Taxi abholen.
Wir sind überrascht: Alimaa und ihr Mann Luja leben unter sehr einfachen Bedingungen am Rand der gemauerten, betonierten, asphaltierten Stadt im Jurtenviertel. Sie wohnen in einem selbst gebauten Häuschen hinter einem hohen Bretterzaun an der Staubstraße, umgeben von ähnlichen Häuschen, die oft ein kleines Ger auf dem Grundstück haben. Wir kennen die beiden als gebildete, gepflegte Persönlichkeiten, was aber offenbar kein Widerspruch ist, denn es gibt in dieser Siedlung weder fließendes Wasser noch eine Kanalisation oder ein WC in den Häusern. Das Wasser wird in Kanistern an der einige Minuten entfernten öffentlichen Wasserstelle geholt und soll sicherheitshalber nur abgekocht getrunken werden. Die Toilette im Holzhäuschen in der Ecke des Grundstücks am Zaun besteht aus einer Grube und zwei Brettern mit einem Spalt dazwischen. Eine nahegelegene öffentliche Duschanstalt wird in der Regel einmal pro Woche aufgesucht. Auch bei uns wurde früher auf dem Land nur samstags in der Blechwanne gebadet, die Kinder oft alle im selben warmen Wasser. Elektrizität steht im Haus zur Verfügung, auch ein nur wenig benutztes Fernsehgerät, dazu ein Computer mit Internetzugang, und beide telefonieren mobil. Das Paar lernte sich in den achtziger Jahren in Karl-Marx-Stadt an der Uni kennen, im damaligen sozialistischen Bruderstaat, wo Luja Nachrichtentechnik und Alimaa Lederbearbeitung studierte. Schon in dieser Zeit hatte Luja ein großes Faible für Literatur, besonders für Bücher über die Mongolei und die deutsche Sprache. Statt wie seine Kommilitonen im Fluggepäck Gebrauchsgegenstände zu transportieren, brachte er Bücher mit nach