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Der Feuergeist
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eBook256 Seiten3 Stunden

Der Feuergeist

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Über dieses E-Book

Fernweh und enttäuschte Liebe sind für Dr. Markus Wagner Grund genug, seinen sehr gut bezahlten Job als Schönheitschirurg in Deutschland aufzugeben und mit seinem Freund, Dr. Peter Bender an einem Hilfsprojekt in Indonesien teilzunehmen.
Hier finden beide die Liebe ihres Lebens. Sie lernen die Bewohner und ihre Armut kennen, aber auch deren Lebensfreude, Gastfreundschaft und Mut. Sie helfen den Einheimischen beim Aufbau einer Handelsstation und einem Krankenhaus.
Sie erleben Romantik - Liebe und Abenteuer pur, aber auch die Schattenseiten dieses einmaligen Landes - Krankheiten, Armut, Banditen und Resignation.
SpracheDeutsch
HerausgeberTWENTYSIX
Erscheinungsdatum8. März 2016
ISBN9783740709631
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    Buchvorschau

    Der Feuergeist - Rüdiger Frisch

    Inhaltsverzeichnis

    Textbeginn

    Impressum

    Rüdiger Frisch

    - Der Feuergeist -

    Rohari apa api

    Wütendes Hupkonzert riss Markus aus seiner Gedankenwelt in die Realität zurück. Die Ampel hatte schon längst auf Grün umgeschaltet.

    „Ja, ja!, murmelte er bissig vor sich hin, „ich bin vielleicht blind, aber nicht taub, legte den ersten Gang ein, ließ den Motor aufheulen und den Wagen mit kreischenden Reifen aus dem Stand über die Kreuzung preschen.

    Markus ertappte sich dabei, zornig zu reagieren, was so ziemlich völlig gegen seine Grundsätze verstieß. Er war müde, abgespannt und unausgeglichen in letzter Zeit. Wütend über sich selbst, schlug er mit der Faust auf das Lenkrad ein, als sei es Schuld an der Misere, gegen die er ja so machtlos schien.

    Als Arzt hatte er einen Eid abgelegt und als Chirurg stand er seinen Patienten ganz besonders im Wort. Er konnte und durfte sich so einen Ausrutscher aber nicht leisten. In seinem Beruf hatte er eine ganz besondere Sorgfaltspflicht walten zu lassen. Schon der kleinste Fehler konnte tödliche Folgen nach sich ziehen.

    Mit einer Hand wischte er sich über sein sorgenvolles Gesicht, so als könne er die Geschehnisse der vergangenen Tage einfach abstreifen, wie eine zweite Haut.

    „Guten Morgen, Dr. Wagner!" Schwester Susanne begrüßte ihn, die soeben die Nachtschicht beendet hatte und ihm im Eingangsbereich zur Klinik entgegen kam. Sie hielt ihm lächelnd die Tür offen.

    „Oh, ja – danke! Ihnen auch einen guten Morgen!", brummte er mechanisch und schritt an ihr vorbei. Schwester Susanne sah ihm lange nach, wie er den hell erleuchteten Gang entlang tapste. Kopfschüttelnd musste sie sich eingestehen, dass aus diesem jungen, draufgängerischen und gut aussehenden Mann eine lebende Leiche geworden war.

    Sie konnte sich noch sehr gut daran erinnern, wie Dr. Wagner zum ersten Mal auf ihre Station kam. Wie ein frischer Frühlingswind war er durch die Station gefegt und hatte sofort die Herzen aller gewonnen. Sicher nicht nur, weil er unzweifelhaft gut aussah, wie sie sich eingestand, sondern vielmehr durch die Tatsache, dass er Enthusiasmus, Lebensfreude und Energie versprühte, wie ein lebender Vulkan.

    Er war der geborene Arzt. Weder die 'Wehwehchen' seiner zugegebenermaßen oft hysterischen Patienten, noch der weiteste Weg schienen ihm zu viel zu sein. Nichts entging seinen stahlblauen Augen. Stets hatte er ein offenes Ohr für die Probleme seiner Schwestern und Mitarbeiter, obwohl er fast täglich bis zu vierzehn Stunden schwer arbeitete. Was war nur aus ihm geworden? Was hatte ihn so verändert, dass er in sich gekehrt und manchmal sogar abwesend und mürrisch reagierte?

    „Schwester Barbara!, rief Dr. Wagner aufgebracht und völlig außer Atem, als er in das Stationszimmer gestürmt war. „Wo ist Frau Herzog?, fragte er mit einem Unterton in der Stimme, der nichts Gutes ahnen ließ.

    „Die Patientin wurde gestern Abend auf die Neurologische verlegt!", antwortete Schwester Barbara erschrocken und verlegen zugleich, denn so kannte sie ihren Doktor gar nicht.

    „Wer hat das angeordnet?" 

    Schwester Barbara blätterte nervös und eigentlich unsinniger Weise in einigen Unterlagen, bevor sie antwortete, obgleich sie genau wusste, wer das angeordnet hatte. In Gedanken sah sie schon das Donnerwetter auf sich hernieder prasseln. Sie saß zwischen zwei Stühlen. Einerseits die Anweisungen des Arztes Dr. Wagner, andererseits die sehr oft gegensätzlichen Anweisungen der Verwaltungschefin, Frau von Amerungen. Sie war nicht nur die Verwaltungschefin, sondern ganz nebenbei auch noch die Tochter des Professors, dem diese Privatklinik gehörte. Zu allem Überfluss kam auch noch hinzu, dass Dr. Wagner und Frau von Amerungen so etwas wie eine Hassliebe verband.

    „Mmmh, das hat Frau von Amerungen angeordnet, murmelte Schwester Barbara und sah verlegen zu Boden. Sie konnte ihm nicht in die Augen schauen. Sie persönlich tendierte jedenfalls immer zu Dr. Wagners Entscheidungen, doch ihr Job hing eben nicht von ihm ab. Schnell fügte sie noch hinzu, wie eine Art Entschuldigung: „Die Patientin sei so weit, dass sie...

    Ihre Worte verhallten jedoch im Nichts, da Dr. Wagner wie ein Derwisch auf dem Absatz kehrtgemacht hatte und nun mit wehendem Kittel den langen Gang hinunter stürmte. Sie zuckte nur mit den Schultern, denn was konnte sie schon daran ändern, dass sich Dr. Wagner und Frau von Amerungen ständig gegenseitig die Hölle heiß machten?

    Vor der Tür, auf der in goldenen Lettern „Verwaltung – Frau von Amerungen" stand, blieb Markus erregt stehen. Zweimal holte er tief Luft, bevor er wütend, ohne anzuklopfen die Tür aufriss und in das Zimmer trat.

    Hinter ihm fiel die Tür mit lautem Krachen wieder ins Schloss. „Was um Himmels Willen berechtigt dich, meine Anweisungen zu ignorieren?", Markus versuchte seine Stimme im Zaum zu halten. Er wollte seine Erregung nicht zeigen, ihr nicht die Genugtuung geben, ihn besiegt zu haben. Allein der Gedanke an das Wort 'besiegt' behagte ihm gar nicht, denn von Sieg und Niederlage konnte und durfte hier nicht gesprochen werden, ja nicht einmal daran gedacht werden. Schließlich sollte immer das Wohl der Patienten im Vordergrund stehen und nicht das Wohl der Klinik. Breitbeinig stand er vor ihrem Schreibtisch und wischte sich eine Haarsträhne aus der Stirn.

    „Wovon sprichst du, mein Schatz?", säuselte sie und deutete mit der Handfläche auf einen Stuhl vor ihrem mächtigen Schreibtisch aus Rosenholz.

    „Reicht es dir nicht, mich mit deiner Eifersucht nächtelang wach zu halten? Musst du dich immer wieder auch noch in die Klinikbelange einmischen?", Markus stakste von einer Ecke des Zimmers in die andere, wie ein Tiger in seinem Käfig, bewusst seiner Kraft, aber auch seiner Ohnmacht.

    „Ich verstehe nicht..."

    „Doch! Du verstehst ganz genau. Du malst dir in deiner kranken Phantasie schon wieder Dinge aus, die mit meiner Patientin zusammenhängen könnten, nicht wahr? Doch noch bin ich der Arzt und gebe hier die Anweisungen. Erst dann, wenn ich das OK gebe, wird ein Patient verlegt!", Markus verriet äußerste Anspannung und seine Stimme überschlug sich fast.

    „Wenn eine Frau auf den Mann aufpasst, den sie gerne heiraten möchte – was ist daran falsch?"

    „Deine Liebe in Ehren, Amelia, doch deine Eifersucht ist krankhaft!, Markus hatte sich wieder unter Kontrolle. „Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass ich etwas mit einer Patientin anfangen würde?, Er starrte sie an, wobei sich seine Augenbrauen düster zusammenzogen.

    „Nein, nein!, beeilte sich Amelia zu antworten. „Ich habe sie aus rein technischen Gründen verlegen lassen. Wir brauchten das Bett dringend für einen anderen Patienten!, Amelia war um den Schreibtisch herumgekommen und legte ihre Arme beschwichtigend auf Markus Schultern.

    „Heirate mich endlich! Du weißt, dass mein Vater sich zur Ruhe setzen will und einen Nachfolger sucht. Du könntest ein ruhiges Leben führen – 'wir' könnten ein ruhiges Leben führen."

    Markus hatte ihre Arme von sich abgeschüttelt. Zu sehr hatte Amelia ihn in letzter Zeit unter Druck gesetzt. Ihre Eifersucht war ins Unermessliche gestiegen. In jeder Frau, die Markus auch nur näher als zehn Meter kam, sah sie eine Nebenbuhlerin. Selbst die miesesten Mittel waren Amelia recht, wenn sie nur dazu führten, ihren geliebten Markus für sich beanspruchen zu können. Entlassungen, Anschuldigungen und Verleumdungen waren die gängigsten Mittel aus ihrem umfangreichen Repertoire.

    Anfänglich hatte Markus ehrliche Liebe für sie empfunden und Amelia auf Händen getragen. Er hatte ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen und ihr gerne erfüllt. Er war glücklich, solange Amelia glücklich war.

    Markus konnte es selbst nicht begreifen, oder in Worte fassen. Langsam, aber stetig und irgendwie unaufhaltsam, war er in diesen Strudel, diesen Teufelskreis geraten. Amelia drängte ihn immer wieder zur Heirat, und aus genau diesem Grunde schob Markus den Gedanken an eine Heirat immer wieder hinaus.

    Professor von Amerungen, Amelias Vater, hatte ihn an diese Privatklinik geholt. Markus kannte Amelia damals noch gar nicht und es wäre besser für ihn gewesen, sie nie kennen gelernt zu haben. Vom ersten Tage an stellte sie ihm nach. Sicher gefiel ihm das, denn er sah sich bestätigt, als Mann anerkannt und es schmeichelte ihm sehr. Zudem sah Amelia sehr gut aus. Sie war jung, vielleicht etwas exzentrisch, hatte aber eine Ausstrahlung, der man sich einfach nicht entziehen konnte. Er hatte sich in Amelia verliebt.

    Im Laufe der Zeit drängte sich Amelia von Tag zu Tag mehr in sein Leben und schob seine Persönlichkeit dabei ganz langsam immer weiter an den Rand, ohne dass er es bewusst wahrgenommen hätte. Nach ihren ersten Eifersuchtsausbrüchen wurde ihm klar, wie sehr sie sich ihm aufgedrängt hatte, ihm die Luft zum Atmen nahm. Markus spürte die unsichtbare Wand in seinem Rücken. Er konnte sich nicht mehr bewegen, ohne Amelias Atem auf seiner Haut zu spüren. Sie hatte ihn wie eine Beute eingefangen, ihn umschlungen mit ihren Tentakeln.

    Markus wurde langsam bewusst, in welcher Situation er sich befand, doch je mehr er versuchte, seine Fesseln zu lockern, umso strammer zog Amelia die Fäden. Immer wieder hatte sie ihm in ihrer unnachahmlichen Weise klargemacht, dass es ihre Villa war, in der sie zusammen lebten, es aber seine werden könne, sollte er sie heiraten. Heirat – eine inzwischen zur fixen Idee ausgewachsene Wahnvorstellung in Amelias Gehirn.

    Wenn sie ihn schon jetzt so umklammerte mit ihren Gefühlen, ihn ein wob in ein Netz aus Lügen und Intrigen, wie sollte es da erst nach der Heirat werden?

    Markus tigerte wieder durch den Raum, er brauchte Platz, um seine Gedanken zu ordnen. Wie konnte er Amelia nur beweisen, dass er sie liebte, sie ihn aber mit ihrer wahren Affenliebe erdrückte?

    Markus hatte sich entschlossen. Er wollte ihr jetzt auf der Stelle klarmachen, dass es so nicht weitergehen könne und er notgedrungen sogar so weit gehen würde, zu kündigen. Er holte tief Luft und drehte sich auf dem Absatz zu Amelia um.

    „Ich möchte...", begann er, beließ es dann aber dabei, als er sie ansah. Amelia stand ihm direkt gegenüber. Ihr ganzes Wesen schien sich schlagartig geändert zu haben. Sie lächelte ihn selig und verträumt an, wie es eigentlich nur eine total verliebte Frau kann. Die Grübchen auf ihren Wangen vertieften sich. Eine gewisse Traurigkeit spielte um ihre Lippen und die schwarzen Augen schienen all seinen Unmut in ihrer unergründlichen Tiefe zu verschlucken.

    Markus fühlte sich ausgebrannt und vollkommen hohl. Seine Gedanken waren einer großen Leere gewichen. Bevor er seine Gedanken wieder ordnen konnte, wallten animalische Gefühle in ihm auf und brachten sein Blut zum Kochen. Amelia hatte es wieder einmal geschafft. Markus konnte sich dem Bann ihres jugendlichen Körpers nicht entziehen. Er wusste selbst nicht, was ihn zu einer Marionette werden ließ, wenn Amelia ihn so ansah.

    „Komm her zu mir, mein Liebster!", säuselte ihre Stimme wie ein frischer Frühlingswind an seine Ohren. Obwohl seine Gedanken aufschrien und sich zu wehren versuchten, setzte sich sein Körper in Bewegung. Seine Hände griffen zu, rissen ihren schlanken, fraulichen Körper an sich.

    Amelia hatte den Kopf in den Nacken gelegt und ihre Brüste spannten den dünnen Stoff ihrer Bluse. Sie drängte ihr Becken seinem Schoß immer wieder entgegen und lockte damit seine Männlichkeit.

    „Du gehörst mir – nur mir allein!", hörte Markus wie eine geheime Botschaft in seine Gedanken einfließen. Er konnte dem nichts entgegensetzen. Seine Urinstinkte hatten ihn vollkommen in der Gewalt, wie es schon viele Male zuvor geschehen war. Amelias Körper strahlte eine magische Anziehungskraft aus, der er sich nur schwer zu entziehen vermochte und in den meisten Fällen auch gar nicht wollte.

    Amelia hatte die Bluse geöffnet und seine Hände an ihre nackten Brüste gelegt. Brennende Begierde schoss blitzartig in seinen Lenden auf und wischte mit einem Schlag die letzten Bedenken hinfort.

    Wollüstige Ekstase hatte ihn ergriffen und sein Handeln wurde nun nicht mehr von seinen Gedanken getragen. Amelia hatte ihn, wie einen kleinen Hund an der Leine, zum Schreibtisch geführt, wobei sie nicht vergessen hatte, zuvor die Tür zu ihrem Büro zu verschließen, ohne dass Markus es mitbekommen hätte.

    Amelia stöhnte leise, als Markus ihren Rock anhob und sie auf die Schreibtischplatte setzte. „Mmmh, jaaah! Mach’s mir!", keuchte Amelia, denn jetzt hatte sie gewonnen.

    Markus riss ihr den Slip herunter, presste ihre Beine gegen seine Schultern und drang in sie ein.

    „Ja bitte!", rief Markus, als es leise an seiner Bürotür klopfte.

    „Frau Weidthofer ist da. Sie wissen schon, die mit...", versuchte Schwester Barbara zu erklären.

    „Ja, danke! Ich weiß Bescheid."

    Markus musste erst noch die Szene in Amelias Zimmer verdauen, doch sein Dienst ging schließlich weiter und Frau Weidthofer war eine junge Frau, die als Patientin kam.

    „Nehmen sie bitte Platz", forderte er die junge, ansehnliche Frau auf, die hinter Schwester Barbara sein Büro betreten hatte.

    „Ich habe mir die Fotos angesehen, die sie mir beim letzten Mal freundlicherweise überlassen hatten", begann Markus und nahm wieder in seinem Sessel Platz.

    „Und? Können sie da was machen?", fragte sie ängstlich.

    „Ja und nein!", antwortete Markus lakonisch. Er kannte diese Frauen zur Genüge, die sich einer Schönheitsoperation unterziehen wollten. Die Klinik lebte zu 70 Prozent von solchen Operationen, die aus medizinischer Sicht jeder Notwendigkeit entbehrten.

    „Wie darf ich das verstehen? Ich meine...", stotterte die junge Frau verlegen. Sie schaute auf ihre Hände, die verkrampft in ihrem Schoß lagen.

    „Ja heißt, wir könnten schon operieren, nein bedeutet, dass ich mit ihnen erst noch einmal darüber sprechen will, bevor sie sich zu diesem Schritt entschließen."

    Markus hatte sich die Bilder der jungen Frau angesehen, über die er schon mit Amelia heftig in Streit geraten war, da sie diese Bilder irrtümlich für die einer Nutte gehalten hatte, als sie die Fotos in seiner Tasche gefunden hatte. Ja, dachte Markus, selbst in meinen persönlichsten Dingen kramt sie herum.

    Er schüttelte den Kopf, weil er sich wieder von ihr hatte einwickeln lassen. Die junge Frau hatte das Kopfschütteln allerdings fälschlicherweise auf sich bezogen. Sie legte einen Schmollmund auf und sah ihn verärgert an.

    „Entschuldigen sie bitte – das galt nicht ihnen!", versuchte Markus sein Verhalten zu korrigieren. 

    „Ich hatte schon Angst, sie würden ablehnen."

    Erleichterung konnte Markus in den Zügen des hübschen Gesichtes erkennen.

    „Monika, wie alt sind sie?", fragte er und schaute der jungen Frau offen ins Gesicht.

    „Ich bin gerade 25 geworden – weshalb...?"

    „Es ist so, ich möchte gerne die Beweggründe meiner Patientinnen wissen, bevor ich eine so genannte Schönheitsoperation durchführe – egal welcher Art auch immer. Es gibt immer gewisse Risiken und oft lässt sich eine OP nicht rückgängig machen. Darüber sollten sie schon genau aufgeklärt sein."

    „Das müssen sie schon mir überlassen!", sagte sie zornig, doch nicht gerade überzeugend. Ja sie hatte sogar den Anflug eines Rotschimmers in ihrem Gesicht.

    „Selbstverständlich ist das ihre eigene Entscheidung. Ich werde sie auch operieren, wenn sie nach diesem Gespräch immer noch der Meinung sind.", lächelte Markus sie freundlich an.

    Monika spielte verlegen mit ihren Fingern und wich seinem strengen Blick aus. Markus kannte seine Patienten inzwischen sehr genau und wusste, wie er sie zu behandeln hatte – und das nicht nur als Arzt, sondern vielmehr als Mensch.

    „Ich habe mir die Fotos angeschaut und bin ganz ehrlich begeistert, aber auch gleichzeitig etwas verstört", sagte er betont langsam und atmete geräuschvoll aus.

    Monika sah ihn entrüstet an, schließlich waren es Fotos ihrer Brüste, und damit ging sie nicht hausieren. Er sollte sich daran nicht aufgeilen, sondern sie nüchtern als Arzt betrachten.

    „Bitte verstehen sie mich jetzt nicht falsch, doch neben dem Beruf als Arzt bin ich auch noch ein Mann. Im Vergleich zu anderen Frauen sind sie doch völlig normal gebaut. Nicht zu klein, nicht zu groß, weder schief, noch unregelmäßig. Ich verstehe also nicht ihren Wunsch nach einer Brustvergrößerung. Helfen sie mir!", Markus schaute seiner Patientin wieder gerade heraus ins Gesicht.

    „Psssst! Antworten sie nicht!, Markus legte den Zeigefinger auf seine Lippen und deutete ihr an, sie solle schweigen, da sie schon Luft geholt hatte, um sich zu rechtfertigen. „Ich werde an ihrer Stelle antworten.

    Markus sah in das erstaunte Gesicht der jungen Frau, die ihn jetzt wie ein Gespenst anschaute.

    „Sie sind ledig, haben aber einen Freund. Dieser wiederum ist der Meinung, sie müssten sich unbedingt einen größeren Busen zulegen. Liege ich da in etwa richtig?"

    Sie schwieg. Betreten schaute sie zu Boden und räusperte sich verlegen, denn Dr. Wagner hatte genau ins Schwarze getroffen.

    „Woher wissen sie...?", fragte sie kleinlaut.

    „Ich weiß gar nichts, doch sie haben einen schönen Busen, sehen gut aus und sind ansonsten auch gesund. Was in aller Welt kann eine Frau also dazu bringen, sich unter das Messer zu begeben, als ein anderer Mensch, der sie dazu drängt?", Es war inhaltlich mehr eine rhetorische Frage. Er hatte eine Antwort gar nicht erwartet, doch Monika sah ihn jetzt ganz anders an. Sie konnte ihre Tränen nicht unterdrücken.

    „Ich liebe ihn doch so sehr", schluchzte sie und gab sich Mühe ihren Tränenstrom zu bändigen.

    „Das ist doch noch lange kein Grund. Wie lange kennen sie sich denn schon, wenn ich fragen darf?"

    „Morgen sind es genau vier Monate!", lächelte sie wieder glücklich bei dem Gedanken an ihren Freund.

    Dr. Wagner nutzte die Gunst der Stunde. „Sicher haben sie als Kind auch viele Geschichten gehört. Kennen sie die Geschichte vom hässlichen Entchen?"

    „Ja, das ist doch das Schwanenküken, das der Entenmutter untergeschoben wurde", antwortete sie verdattert, denn sie konnte sich keinen Reim darauf machen, worauf der Doktor hinaus wollte.

    „Genau! Die Entenmutter brütet neben ihren eigenen Eiern, ein Ei eines Schwanes mit aus. Das Schwanenküken wird von allen als ´hässliches Entchen´ angesehen, bis es endlich Selbstvertrauen fasst und sich als das sieht, als was es geboren wurde."

    Markus legte eine Pause ein, damit sich Monika in die Geschichte hineinversetzen konnte. „Was hätten sie gesagt, wenn jemand verlangt hätte, das Schwanenküken solle operativ verändert werden, damit es dem Ebenbild einer Ente gleicht?"

    Monika lächelte. Sie hatte begriffen, was ihr Dr. Wagner damit sagen wollte. „Ich glaube zu verstehen, was sie mir auf solch dramatische Art erklärt haben", lächelte sie, wobei sie das Wort `dramatisch` extra betont hatte.

    „Jedoch, setzte sie betrübt hinzu, „habe ich Angst, meinen Freund zu verlieren. Er steht nun einmal auf große Brüste. Was soll ich denn nur machen? Wieder rannen die Tränen ihre Wangen hinunter. Nur versteckte sie sie nicht mehr, sondern schaute Dr. Wagner in die Augen, als könne sie dort eine Antwort auf ihre Frage finden.

    „Ich will es einmal anders ausdrücken. Wie viele Freunde hatten sie schon in ihrem Leben?"

    „Oh, einige, warum?", antwortete sie etwas vorschnell und legte wieder ihren Schmollmund auf.

    „Jeder dieser Freunde war doch anders – und doch haben sie alle geliebt, oder sich zumindest von ihnen angezogen gefühlt. Nie wären sie auf die Idee gekommen, den einen, oder den anderen körperlich zu verändern. Und genauso darf auch keiner von Ihnen verlangen sich zu verändern, solange sie dem normalen Aussehen

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