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Südtirol im 20. Jahrhundert: Vom Leben und Überleben einer Minderheit
Südtirol im 20. Jahrhundert: Vom Leben und Überleben einer Minderheit
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eBook846 Seiten10 Stunden

Südtirol im 20. Jahrhundert: Vom Leben und Überleben einer Minderheit

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Über dieses E-Book

Wie in einem Brennglas findet sich in der Geschichte Südtirols die Geschichte des 20. Jahrhunderts wieder: Vergewaltigung einer Minderheit durch die Faschisten, das Zusammenspiel der Diktatoren Hitler und Mussolini, das 1939 mit der "Option" zur "ethnischen Säuberung" führen sollte. Nach 1945 in den Mühlen des Kalten Krieges, keine Rückkehr nach Österreich, dafür eine Autonomie, die sich als Scheinautonomie erwies. Dann Bomben, Tote, Terror und mit dem "Paket" 1969 der zweite Versuch einer Autonomie, der heute von vielen Modellcharakter zugesprochen wird.
Rolf Steininger legt mit seinem neuen Buch erstmals eine Gesamtdarstellung der Südtirolfrage vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart vor. Für wichtige Bereiche - z.B. Bombenkrieg, Gruber-De Gasperi-Abkommen, Erstes Autonomiestatut 1948, die Entwicklung bis 1969 - verwendet der Autor bislang nicht zugängliches Material aus verschiedenen Archiven. Ergänzt wird der Band durch 155 Fotos, von denen zahlreiche erstmals veröffentlicht werden, ein ausführliches Literaturverzeichnis, einen bibliographischen Essay, 44 Fragen und Thesen sowie eine detaillierte Zeittafel und ein Personenregister. Ein wichtiges Buch für alle Freunde Südtirols, das durch seinen klaren Aufbau und die verständliche Sprache auch dem Nichthistoriker einen Einstieg in die jüngste Geschichte Südtirols ermöglicht.
SpracheDeutsch
HerausgeberStudienVerlag
Erscheinungsdatum14. Jan. 2016
ISBN9783706557887
Südtirol im 20. Jahrhundert: Vom Leben und Überleben einer Minderheit

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    Buchvorschau

    Südtirol im 20. Jahrhundert - Rolf Steininger

    Steininger

    I. Kapitel

    November 1918 – Juli 1919:

    Die Militärregierung

    1. Kriegsende und Besatzung

    2. Ettore Tolomei (I)

    1. Kriegsende und Besatzung

    Am 3. November 1918 wurde in der Villa Giusti in Abano in der Nähe von Padua der Waffenstillstand zwischen Österreich-Ungarn und Italien geschlossen. Anschließend begann die kampflose Besetzung Südtirols durch italienische Truppen, die bereits am 4. November Salurn, den Mendelpaß und Schluderns erreichten. Es war zwar Waffenstillstand, aber die Lage war alles andere als friedlich. Die k.u.k. Truppen lösten sich im Chaos auf. Erschöpft und hungernd strömten sie durch Südtirol über den Brenner nach Österreich zurück. Raub und Plünderungen waren an der Tagesordnung. Wie chaotisch die Situation damals war, wird in der Pfarrchronik von Kastelruth anschaulich beschrieben:

    „Allerseelenwoche [...]. Zug auf Zug fährt gegen den Brenner, vollgepfropft mit den Soldaten. Auf den Waggonstiegen, Perrons, Wagendächern – alles voll Soldaten. Manche werden abgestreift in den Tunnels, überfahren, niemand kümmert sich. Auf der Straße – alles voll Soldaten, endlose Reihen, Tag und Nacht. Die Züge hören auf zu fahren, aber auf dem Bahngleise dafür endlose Reihen von Soldaten, müde zum Umfallen, hungrig, verdrossen, verzweifelt ziehen sie einher. Ein Bild zum Weinen. Manche schießen wild umher. Es ist lebensgefährlich."1

    In der Zeitung „Der Tiroler" hieß es am 8. November über die Lage in Gries bei Bozen:

    „Was Gries seit dem Allerseelentage durch die zurückflutende Soldateska gelitten hat, ist gar nicht zu sagen. Das waren nicht mehr Soldaten, sondern eine wilde Horde, welche einer Lawine gleich alles vernichtete und verwüstete. Die hohen Herren Stabsoffiziere der k.u.k. Heereskorpskommandos hatten sich und ihre Damen bereits am Freitag, den 1. November, mit dem Wiener Schnellzug in Sicherheit gebracht, und nun konnten die herrenlosen Truppen in Gries rauben und plündern, wie sie wollten [...]. Straßen und Wege waren voll von Fuhrwerken! [...] Wie es in den Straßen aussieht, ist unbeschreiblich. Dies ist ein Ende, ein Ende mit Schrecken!"2

    Das Kommando der 11. österreichisch-ungarischen Armee ersuchte den italienischen Generalstabschef Armando Diaz, die Eisenbahnlinien Trient-Brenner und Franzensfeste-Bruneck zu besetzen, um so einen geordneten Durchzug der k.u.k. Truppen zu ermöglichen, was dann auch geschah. Andere italienische Truppenverbände drangen über das Stilfser Joch in den Vinschgau ein und besetzten am 5. November Meran. Von der Mendel kommend erreichte eine Kavalleriepatrouille am 6. November Bozen, am nächsten Tag schließlich besetzten Truppen der 7. Armee die Stadt. Aus Südtiroler Sicht stellte sich das folgendermaßen dar:

    „Heute, Donnerstag, vormittags, sind italienische Truppen in der Stärke von einigen Bataillonen Infanterie sowie etwas Kavallerie in Bozen eingerückt. Sie besetzten vor allem die Wachtposten und den Bahnhof, um den geregelten Abtransport der österreichisch-ungarischen Truppenteile nach Norden zu sichern, sowie die Reichsstraße, um dafür Sorge zu tragen, daß das auf dem Heimmarsch befindliche österreichische und ungarische Militär auf der Marschstraße bleibt und etwa zu Plünderungen geneigte Individuen von Ausschreitungen gegen die Bevölkerung abgehalten werden, so daß unsere Gegend Hoffnung hat, vor Furchtbarem verschont zu werden, welches gar viele Häuser an der Heeresstraße, insbesondere im Eisacktal betroffen hat [...]. Die unhaltbaren Zustände, welche sich allerorts durch den regellosen, in vollständiger Auflösung erfolgten Rückzug der eigenen Truppen, insbesondere in Bozen herausgestellt haben, bildeten eine ungeheure Gefahr für Leben und Eigentum der Bevölkerung. Die Heeresleitung, insofern sie überhaupt noch vorhanden war, sah sich der Lage völlig machtlos gegenüber [...]. Daher wandte sich unsere Heeresleitung mit dem dringenden Ersuchen an die italienische Heeresleitung, den Anmarsch zu beschleunigen, den Ordnungsdienst in Bozen zu übernehmen und nach Beseitigung der derzeitigen Unordnung den Truppenabmarsch, der sonst unmöglich gewesen wäre, möglichst rasch durchzuführen. Diese Aufgaben haben die italienischen Truppen heute bereits übernommen. Der Stadtmagistrat forderte die ganze Bevölkerung auf, sich dem Unabwendbaren mit Ernst und Ruhe zu fügen und den Anordnungen aller Behörden unbedingt Folge zu leisten."3

    Der italienische General Enrico Caviglia erklärte nach der Besetzung Bozens, daß die italienischen Truppen in der Stadt ausschließlich den Sicherheitsdienst übernehmen würden und daß sie sich „nur als Gäste im fremden Hause ansehen [...], daß die nationalen Gefühle der Bevölkerung durchaus geschont werden sollen und daß diesbezüglich die vollkommene Freiheit der Bevölkerung in jeder Weise gewährleistet ist".4

    Von Bozen drangen die Truppen dann durch das Eisacktal Richtung Brenner vor. Der Vorstoß erfolgte sehr langsam, da bayerische Truppen in Nordtirol eingerückt waren. 1500 von ihnen erreichten am 8. November Franzensfeste; am folgenden Tag waren sie in Brixen. Daraufhin beschloß General Guglielmo Pecori-Giraldi, auf schnellstem Wege zum Brenner vorzustoßen; er befürchtete, daß sich Teile der in Auflösung befindlichen österreichisch-ungarischen Verbände den deutschen Truppen anschließen könnten. Die bayerischen Truppen zogen aber wieder ab, und die Italiener konnten am 10. November den Brennerpaß besetzen. In Südtirol selbst waren sie in kürzester Zeit bis in die entlegensten Täler und die höchstgelegenen Dörfer und Weiler vorgestoßen.

    Der Artikel 4 des Vertrages von Villa Giusti bot den Italienern auch die Möglichkeit, Nordtirol zu besetzen; auf alliierter Seite wollte man die Voraussetzungen für eine mögliche Invasion Deutschlands von Süden her schaffen; in diesem Fall hätte das Land als Aufmarschgebiet gedient. Und so besetzten italienische Truppen am 23. November auch Innsbruck und weitere Gebiete Nordtirols. In ganz Tirol standen 80.000 bis 100.000 italienische Besatzungssoldaten.

    Die Südtiroler Bevölkerung reagierte auf die Okkupation im ersten Moment mit lähmendem Entsetzen, ungläubigem Staunen und Zurückhaltung. Über das Eintreffen der Italiener heißt es in der Chronik von Kastelruth:

    „14. November: Die ersten Italiener kommen. Vormittags Quartiermache, etwas scheu, aber ruhig. Nachmittags eine ganze Kompanie Soldaten. Die Offiziere scheinen etwas verärgert, weil kein Empfang stattfand. Die Bevölkerung aber ist müde, müde, vollständig interesselos. Es wird Reis, Suppe unentgeltlich verteilt an arme Kinder, welche jedoch von manchen trotz der Lebensmittelnot nicht angenommen wird."5

    Auf das, was man jetzt erlebte, war man nicht vorbereitet gewesen. Über Nacht war die Welt mit der bewährten Ordnung, die sich in den Begriffen „Gott-Kaiser-Vaterland" ausgedrückt hatte, zusammengebrochen. Von November 1918 bis zum 31. Juli 1919 unterstand Südtirol einer Militärregierung unter General Guglielmo Pecori-Giraldi. Pecori-Giraldi war 1856 in Florenz geboren, hatte an den Kolonialkriegen in Eritrea (1903) und Libyen (1911) teilgenommen und war 1915 zum Oberkommandierenden der 1. italienischen Armee ernannt worden.

    Die Zeit der Militärregierung wird von den italienischen Historikern, die sich mit Südtirol beschäftigen – Sergio Benvenuti, Mario Toscano, Luciano Dallago, Paolo Alatri oder Antonio Zieger -, nur kurz behandelt und sehr positiv dargestellt. Alle betonen das tolerante und gemäßigte Vorgehen von Pecori-Giraldi. Ausführlicher beschäftigt sich Umberto Corsini mit diesem Zeitraum. Für ihn war

    „in Wahrheit die ganze Tätigkeit der Militärregierung von gewissenhaftem Respekt für Freiheit und Mäßigung inspiriert worden. Man kann nicht auf diese Zeit der außerordentlichen Verwaltung zurückblicken, [...] ohne die Leute aufrichtig zu bewundern, die damals im liberalen und demokratischen Italien die Macht innehatten. [...]. In der gesamten Tätigkeit des Militärgouverneurs [...] erschien der Geist der Mäßigung, des Respekts für die lokalen Traditionen, für den Charakter der Völker, für ihre Geschichte und des aufrichtigen Verständnisses für die deutschsprachige Minderheit, das man als exemplarisch bezeichnen kann."6

    Für ihn war die Arbeit Pecori-Giraldis von „Unparteilichkeit, Gerechtigkeit und von genauestem Verständnis der Probleme" geprägt.7

    In einem abschließendem Rechenschaftsbericht beschrieb Pecori-Giraldi seine Tätigkeit selbst so: „Diese Duldsamkeit [...] verwirrte natürlich auch die Ansichten unserer größten Gegner [...], und sie sind nun schweren Herzens gezwungen zu bestätigen, daß wir sie nicht schlecht behandelt haben."8 Auch in der deutschsprachigen Geschichtsschreibung wird anerkannt, daß sich Pecori-Giraldi in seiner Politik von liberalen und gemäßigten Grundsätzen und von Rücksicht auf die deutschsprachige Minderheit leiten ließ.

    „Wie hätte sich dieses Südtirol, wie das Verhältnis Österreichs zu Italien (oder Tirols zu Italien) entwickelt, wenn man 1919 in Rom die Berichte des ersten Militärgouverneurs [...] gründlicher gelesen, wenn man seine Ratschläge befolgt hätte?"

    Diese Frage stellt Claus Gatterer mit Blick auf vier Berichte, die Pecori-Giraldi über das Trentino und Südtirol am Ende seiner Tätigkeit verfaßte und in denen er gleichzeitig versuchte, der Regierung in Rom Ratschläge zur Behandlung der neuen Staatsbürger zu geben. „Man behauptet, so Gatterer weiter, „Militärs hätten Zement im Hirn. Am Beispiel des Generals Pecori-Giraldi können wir beweisen, daß die Regel, die gewiß einiges für sich hat, Ausnahmen zuläßt. Nach Gatterer hätte „ein aufgeklärter, verständigungsbereiter Südtiroler vielfach keine besseren Ratschläge geben können".9

    Was ist so bemerkenswert an diesem General? Wohl in erster Linie die Tatsache, daß er sich den radikalen Entnationalisierungsbestrebungen italienischer Nationalisten vehement widersetzte. Dabei stand für ihn allerdings von Anfang an außer Frage, daß Südtirol bei Italien bleiben würde. Er wünschte sich nur andere Methoden. Es ging vorerst darum, den Besitz Südtirol zu sichern. Entsprechend sahen die von ihm durchgeführten Maßnahmen aus. Da war zunächst jene berühmte Proklamation, mit der er am 18. November die Grundzüge seiner Politik darlegte. In dieser zweisprachigen Proklamation, die in allen Südtiroler Gemeinden ausgehängt wurde, hieß es:

    „An die Bevölkerung des ALTO ADIGE:

    Der italienische Staat, gestützt auf Grundsätze der Freiheit und Gerechtigkeit, bekundet hiermit seinen Willen, daß im Lande und in der Welt das feste Bewußtsein des unabänderlichen Zusammengehörens der erlösten Gebiete mit dem Vaterlande besteht, gleichzeitig wird er die in denselben wohnenden Staatsangehörigen fremder Zunge mit Gerechtigkeit und Liebe behandeln. Indem nun Italien auf die Behauptung des eigenen Rechtes und der eigenen Schaffenskraft in diesen Landesteilen besteht, legt es jeden Gedanken an Vergewaltigung seiner Untertanen anderer Rasse oder anderer Zunge ab, mit denen es vielmehr gegenseitige brüderliche Beziehungen knüpfen will.

    Die italienische Bevölkerung der Val d’Adige, Isarco, Gardena, Badia und Marebbe (Etsch- und Eisacktal, Gröden, Abtei und Enneberg) sowie die in irgendeiner Gemeinde ansässigen Italiener werden dank der Fürsorge der Gemeinden und der jeweiligen als zweckmäßig erachteten Unterstützung der Regierung italienische Schulen bekommen.

    Im gemischtsprachigen Gebiete werden gemischtsprachige Schulen errichtet werden. Für die deutsche Bevölkerung können von den Gemeinden die deutschen Volksschulen behalten werden. Den bestehenden privaten und konfessionellen Schulen wird das Recht eingeräumt, die deutsche Unterrichtssprache beizubehalten, vorausgesetzt, daß der Lehrplan und die Schulbücher mit der Würde und den Rechten Italiens in keinem Widerspruch stehen.

    Die Gerichts- und Verwaltungsbehörden werden vorläufig die Aussagenablegung und die Aktenführung sowohl in der italienischen Amtssprache als auch in der deutschen Sprache, wo sie Umgangssprache ist, vornehmen.

    Bürger!

    Während die vielsprachige österreichische Monarchie hier verfassungsmäßig das Nationalgefühl aller Völker in der Schule hätte schonen müssen, das italienische Volk in diesen Tälern vergewaltigt und unterdrückt hat, ist Italien gewillt, als einzige vereinte Nation mit voller Gedanken- und Wortfreiheit den Staatsangehörigen anderer Sprache die Erhaltung eigener Schulen, eigener Anstalten und Vereine zu gestatten.

    Auf Grund dieser Prinzipien steht zu erwarten, daß jede Sprach- und Kulturfrage eine baldige friedliche Regelung finden wird.

    Dato a Trento, addi 18 novembre 1918

    Il Tenente Generale Comandante della 1a Armata          G. Pecori-Giraldi."

    Die Besetzung Südtirols war fast reibungslos vor sich gegangen; zu ernsteren Zwischenfällen war es nicht gekommen. Die Bevölkerung folgte dem Aufruf der Militärs, Ruhe und Disziplin zu bewahren; die Soldaten selbst verhielten sich korrekt. Otto von Guggenberg, Rechtsanwalt und Politiker aus Brixen (später, 1947 bis 1952, Generalsekretär der SVP), beschrieb das folgendermaßen: „Die Offiziere bewiesen eine aufrechte Haltung. Sie erkundigten sich auch vielfach nach der Verpflegungslage und boten aus freien Stücken Unterstützung an, vor allem in Form von Lebensmitteln."10

    Aber schon bald wurde deutlich, daß Südtirol besetzt war und unter Militärverwaltung stand. Das Land wurde sofort nach der Besetzung hermetisch von Österreich und dem Ausland abgeriegelt. Damit war jeder Personen- und Warenverkehr mit Nordtirol und Österreich unterbunden.11 Telegraphische Apparaturen und Brieftauben mußten abgegeben werden. Bei Mißachtung dieser Verordnungen drohten hohe Kerkerstrafen. Die Presse wurde einer strengen Zensur unterworfen. Die deutschsprachigen Zeitungen waren der Willkür des italienischen Zensors ausgeliefert, der seine Aufgabe mit übertriebener Genauigkeit ausführte. Seine Aufgabe bestand darin, den „gefährlichen Inhalt" in den Artikeln zu zensurieren; dazu gehörten die Frage des Selbstbestimmungsrechts, der Friedenskonferenz, die wirtschaftliche Notlage Südtirols und die Tätigkeit von Politikern in Südtirol. In jeder Stadt, in der eine Zeitung erschien, gab es einen Zensor. Eduard Reut-Nicolussi, einer der bekanntesten Südtiroler Vertreter in der provisorischen österreichischen Nationalversammlung 1918/19, Abgeordneter im römischen Parlament 1921-1923, der 1928 Südtirol verlassen mußte und dann nach 1945 in Innsbruck aktiv war (als de facto-Leiter der Landesstelle für Südtirol der Tiroler Landesregierung und bis 1958 Professor für Völkerrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Innsbruck), schrieb dazu über Meran:

    „Strenge Pressezensur ist den Meranern sicherlich nichts Neues. Auch der k.u.k.- Zensor war in diesen vier harten Jahren zuweilen recht emsig [...]. Gestrichen wird jetzt gut zehnmal soviel wie früher, aber die weißen Flecken müssen stets mit einem zumeist genau vorgeschriebenen Füllsel verdeckt werden. Sogar die durch die Streichung unterbrochenen Sätze müssen wieder verbunden werden, was nicht selten deren Sinn just in das Gegenteil des beabsichtigten Sinnes verkehrt. Der italienische Zensor will vorerst dadurch erzielen, daß das Blatt vollständig unzensuriert aussieht [...]. Der italienische Zensor in Meran strich bisher glattweg alles weg, was die Blätter von Bissolati [ein Gegner der Annexion Südtirols] den XIV Punkten Wilsons vom Selbstbestimmungsrecht der Deutschen in Böhmen oder anderswo brachten, selbst wenn die Nachrichten aus italienischen Zeitungen entnommen waren [...]. Schreiben die Blätter von ‘unseren’ Kriegsgefangenen, ‘unseren’ Soldaten und dgl. wird das Wort ‘unseren’ gestrichen. Heißt ein Titel ‘Wilson gegen Annexionen’ wird eine ‘Rede Wilsons’ daraus gemacht [...]. Der Leser erhält den Eindruck, als stünde das Blatt ganz auf italienischer Seite."12

    Auch im Post- und Telegraphenbereich gab es harte Einschränkungen. Nach Österreich, Deutschland, Ungarn, Bulgarien und in die Türkei durften keine Briefe mehr geschickt werden. Aus diesen Ländern kommende Briefe wurden nicht an die entsprechenden Adressaten verteilt. Alle übrigen Briefsendungen waren der Zensur unterworfen.

    Gleich nach der Besetzung verbot das Comando Supremo, das militärische Oberkommando in Padua, die Einfuhr von österreichischem Geld: Die im Umlauf befindlichen Kronen galten noch als legales Zahlungsmittel. Die deutschsprachigen Bezirkshauptleute wurden allmählich durch italienische Kommissare ersetzt – sicherlich eine der einschneidendsten Maßnahmen der Militärregierung, weil damit ein großer Teil der österreichischen Verwaltung liquidiert wurde. Dies war ein eindeutiger Verstoß gegen die Waffenstillstandsbedingungen, genauso wie die Entscheidung, die Beamten in Südtirol einfach vor die Wahl zu stellen, entweder beim italienischen Staatsdienst um eine Arbeitsstelle anzusuchen oder die Beamtenstelle aufzugeben. Die Funktionen des früheren Landgerichts von Innsbruck übernahm eine Sektion des Oberlandesgerichtes in Trient, der das Kreisgericht Bozen und alle Bezirksgerichte unterstanden. Die Verwaltungskompetenzen übernahm das „Generalsekretariat für Zivilangelegenheiten beim militärischen Oberkommando. Im Bereich der Gemeindeverwaltung blieben lediglich die vor dem 3. November 1918 gewählten Volksvertreter und die Bürgermeister im Amt. Mit diesen Maßnahmen wurden zwar teilweise Bestimmungen des Waffenstillstandsabkommens und der Haager Landkriegsordnung verletzt, aber sie hatten mit einer konsequenten Entnationalisierungspolitik noch nichts zu tun. So kam es etwa im Bereich Schule zu keinen tiefgreifenden Maßnahmen. Die Südtiroler durften die deutschen Schulen behalten und auch weiterhin selbst führen, auch wenn in Städten wie Bozen, Meran oder Brixen und in einigen Orten des Unterlandes und der ladinischen Täler italienische Schulen errichtet wurden. Es kam allerdings zu gewissen Modifikationen, die dem deutschen Schulwesen einen italienischen Anstrich geben sollten. Der Religionsunterricht wurde zum Freifach erklärt. Dies führte dazu, daß das bei der überwiegend katholisch-konservativen Bevölkerung und beim Klerus Südtirols bereits seit der Zeit des „Kulturkampfes bestehende Feindbild vom „liberal-freimaurerischen Kirchenstaatsräuber Italien" weiter gestärkt wurde. Entsprechend der Verordnung des Comando Supremo vom 15. Januar 1919 wurde Vaterlandskunde der österreichisch-ungarischen Monarchie durch die Geschichte und Geographie Italiens ersetzt, wobei besonders das Risorgimento und der Krieg hervorgehoben werden sollten, und in den deutschen Schulen wurde die italienische Sprache zur zweiten Unterrichtssprache (in den italienischen Schulen Südtirols konnte hingegen das Deutsche durch Englisch oder Französisch ersetzt werden). Immerhin sprach sich Unterrichtsminister Agostino Bernini im Juli 1919 bei einem Besuch Südtirols für die Erhaltung der bestehenden Einrichtungen, für das Belassen der Schultypen, der Lehrerbildung, der Prüfungen und Lehrpläne aus.13

    Wie soll man diese Politik insgesamt beurteilen? Zunächst einmal bleibt festzuhalten, daß Fakten gesetzt wurden, um den neuerworbenen Besitz Südtirol zu sichern. Von einer gezielten Entnationalisierungspolitik kann dagegen noch nicht gesprochen werden. Mitentscheidend hierfür dürfte allerdings auch gewesen sein, daß die Regierung in Rom Österreich und den Alliierten bis zur Entscheidung der Friedenskonferenz in Paris auf keinen Fall Argumente hinsichtlich einer eventuell zu befürchtenden nationalen Unterdrückung der deutschsprachigen Minderheit geben und die Aufnahme entsprechender Schutzbestimmungen in den Friedensvertrag vermeiden wollte. Ministerpräsident Vittorio Orlando und Außenminister Giorgio Sidney Sonnino, die beide nationalen Kreisen nahestanden, waren einer raschen Entnationalisierung nach dem Waffenstillstand keineswegs abgeneigt. Diese Tendenz äußerte sich vor allem durch die Tatsache, daß sie Ettore Tolomei nach der Besetzung Südtirols als „Kulturkommissar" nach Bozen entsandten. Orlando änderte angesichts der schwierigen Situation bei den Pariser Friedensverhandlungen seine Taktik. Am 14. April 1919 schickte das Comando Supremo auf seine Anordnung hin Pecori-Giraldi ein Telegramm, in dem dieser aufgefordert wurde, in Südtirol eine minderheitenfreundliche Politik zu betreiben:

    „Der Ministerpräsident ordnet an, daß bei der Anwendung der erteilten Weisungen in Bezug auf die Behandlung des cisalpinen Deutschtums mit größter Vorsicht vorgegangen werde. Stop. Im Gegenteil, er empfiehlt, die Maßnahmen zu mäßigen."14

    Das Ziel dieser Weisung war, den an der Friedenskonferenz beteiligten Mächten eine demokratische und minderheitenfreundliche Behandlung der Südtiroler zu demonstrieren.15 Das ändert allerdings nichts am obersten Ziel von Orlando und Sonnino, nämlich der friedlichen Durchdringung und langsamen Assimilierung Südtirols.16

    2. Ettore Tolomei (I)

    Der extremste italienische Nationalist war Ettore Tolomei. Ein Erbe seines „Werkes ist noch heute in jeder Südtiroler Gemeinde zu sehen: die doppelsprachigen Ortsbezeichnungen. Die endgültige Inbesitznahme und Italianisierung Südtirols waren die beiden wichtigsten Anliegen Tolomeis. Die Realisierung dieser beiden Punkte – mit beinahe allen Mitteln – machte er zu seiner Lebensaufgabe. Als die Faschisten 1922 an die Macht kamen, schlug seine Stunde. Wer war dieser Mann? Tolomei (1865-1952) stammte aus einer italienischnationalgesinnten Familie aus Rovereto. Über seine Mutter kam er bereits in frühester Jugend in Kontakt mit Südtirol; er verbrachte viel Zeit bei seinen Großeltern in Glen bei Neumarkt. Auf ähnliche Weise lernte er die Dolomiten bei Cortina d’Ampezzo kennen, wo Verwandte ein Hotel besaßen. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Rovereto begann er 1883 in Florenz sein Studium der Geschichte und Geographie. Das zweite Studienjahr verbrachte er in Rom, wo er in Verbindung zur nationalistischen „Dante Alighieri-Gesellschaft trat. Nach dem Studium war er als Lehrer zunächst in Tunis (1888) tätig, dann an den italienischen Schulen von Saloniki (ab 1894), Smyrna (1897) und Kairo (ab 1898). 1901 kehrte er nach Italien zurück und erhielt im Außenministerium eine Stelle im Generalinspektorat für die italienischen Schulen im Ausland. Sein Kampf um den Gewinn Südtirols für Italien begann bereits im März 1890, als die erste Ausgabe der von ihm initiierten und mitherausgegebenen Wochenschrift „La Nazione Italiana erschien. Die selbstgestellte Hauptaufgabe dieses Kampf- und Propagandablattes war die Popularisierung der nationalen und kulturellen Vorstellungen der „Dante Alighieri-Gesellschaft. Außerdem wollte sie insgesamt zur Förderung ihrer irredentistischen Konzepte im Sinne des aufkommenden Nationalismus beitragen. Sie war eindeutig als Kampf-und Propagandablatt konzipiert. Den thematisch breitesten Raum nahmen Aufsätze über die beiden „klassischen Ziele des Irredentismus, „Trento e Trieste, ein. Mehrere Artikel behandelten aber auch Gebiete in der Levante oder Nordafrika. Sie griffen damit dem späteren Programm des faschistischen Nationalismus, dem Traum vom Mittelmeerimperium und der Wiederherstellung der Größe des Alten Rom, vor.

    Die in diesen Jahren entstandene „Naturgrenztheorie wurde von Tolomei begeistert aufgenommen. Bereits in der ersten Nummer der „Nazione Italiana berichtete er darüber und unterstrich seine Artikel durch kartographische Darstellungen. Für ihn war im „Alto Trentino, wie er Südtirol damals noch nannte, das ladinische Element von besonderem Interesse. Er erkannte damals zwar noch die ethnische Eigenständigkeit der Ladiner an, hielt aber die Assimilation ihrer Sprache an das Italienische für eine notwendige Voraussetzung zur Verwirklichung seines Programms: Das Ladinische betrachtete er als das lateinische Element in Südtirol. Durch eine Italianisierung der Ladiner hoffte er einen italienisch-ladinischen Keil in das deutschsprachige Gebiet zu treiben, der die „Re-Italianisierung begünstigen würde. Die Deutschsprachigen waren „Eindringlinge" in italienisches Gebiet, die nun mit Absorbierung oder Aussiedlung zu rechnen hatten.

    Im Dezember 1890 mußte die „Nazione Italiana aus finanziellen Gründen eingestellt werden. Von dieser ersten journalistischen Unternehmung Tolomeis sind aber zahlreiche formale und inhaltliche Züge in die größere Publikation des „Archivio per l’Alto Adige übergegangen. Das breit angelegte thematische Spektrum, später im „Archivio auf Südtirol beschränkt, umfaßte hier wie dort eine Vielfalt an historischen, geographischen, literarischen, kunstgeschichtlichen, toponomastischen, ökonomischen und folkloristischen Beiträgen. Auch kann man bereits in der „Nazione Italiana jenes für Tolomei bezeichnende Argumentationsverfahren feststellen, bei dem ideologische Denkschemata prägend auch auf die mit wissenschaftlichem Anspruch geschriebenen Artikel einwirken.

    Der Gründung des „Archivio per l’Alto Adige gingen journalistische Tätigkeiten Tolomeis bei den Zeitschriften „Giornaletto und „Minerva voraus, ebenso im Jahre 1904 seine Besteigung – die er als Erstbesteigung deklarierte, obwohl diese bereits 1895 durch Fritz Koegel stattgefunden hatte – des Glockenkarkopfes (auch Glockenkarkofel) in den Ahrntaler Alpen, den er zur „Vetta d’Italia erklärte. Die Wahl des Namens entsprach der „Naturgrenztheorie und stattete diese Region mit dem äußeren Anschein der Italianität aus. Damit setzte Tolomei ein eindeutiges Zeichen für seinen Kampf um den Gewinn Südtirols für Italien. Das Instrument in diesem Kampf wurde das „Archivio, dessen erste Ausgabe im August 1906 in Glen bei Neumarkt erschien.

    Entsprechend dem Programm des „Archivio, das den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit und strengste Objektivität erhob – wobei Anspruch und Wirklichkeit sehr weit auseinanderklafften -, wollte Tolomei die „Italianität Südtirols beweisen und propagieren. Der Anspruch auf Wissenschaftlichkeit schien durch die Mitarbeit namhafter Wissenschaftler aus dem Königreich Italien gewährleistet.

    Tolomei selbst meinte, daß der erste Band des „Archivio in seiner Konzeption und Ausstrahlung für die österreichisch-tirolische Öffentlichkeit einem Machwerk verräterischer Gesinnung gleichkommen müßte. Er berichtete sogar mit Stolz von deutschen Demonstrationen gegen ihn und das „Archivio in Neumarkt.

    Die österreichischen Behörden reagierten zunächst zurückhaltend. Das entsprach dem toleranten Pressegesetz, ging aber auch auf eine Fehleinschätzung der politischen Absichten Tolomeis zurück. Das änderte sich in den folgenden Jahren und führte zu einer Reihe von Prozessen und Verurteilungen, die Tolomei unter dem Schlagwort „Pressekampf gegen Österreich („Battaglia di stampa contro l’Austria) wirkungsvoll für Propagandazwecke ausnützte. Die Tatsache, daß die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift vor allem in öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken auflag, verhalf ihr indirekt zu einem hohen Maß an Autorität; mit der Zeit erhielt sie sogar den Charakter eines Handbuchs oder Quellenwerkes. Für die Bevölkerung Italiens war es ab 1914 die einzige Quelle zur Südtirolfrage.

    Tolomei war aber auch in anderer Hinsicht aktiv: Er ließ Flugblätter mit Angaben über die „wahren ethnographischen Verhältnisse in Südtirol und Postkarten mit kartographischen Darstellungen der Region verbreiten; sein Bericht über die Besteigung der „Vetta d’Italia und Listen italianisierter Ortsnamen Südtirols wurden kostenlos an die Abonnenten des „Archivio verschickt. Mitarbeiter der Zeitschrift wurden zu den verschiedensten Kongressen der „Dante Alighieri-Gesellschaft und zu den „Congressi Geografici Italiani entsandt. Tolomeis Aktion war durchaus erfolgreich. Die Zeitschrift fand in Italien schon bald die gewünschte Verbreitung, die von ihm besorgten italienischen Ortsnamen wurden allmählich in Landkarten, Lehrbücher, öffentliche Fahrpläne, Zeitungen und Zeitschriften aufgenommen. Bis zu Beginn des Ersten Weltkrieges gelang es Tolomei, das Gebiet zwischen Salurner Klause und Brenner mit einem Anschein von Italianität zu versehen, der von einem Großteil der über die lokalen Verhältnisse unkundigen Leserschaft als allgemein verbindlicher Rechtsanspruch aufgefaßt wurde. Im „Archivio wurden zwar alle möglichen Themen abgehandelt, aber bestimmte Themenschwerpunkte kristallisierten sich immer mehr heraus: Neben Beiträgen zur Illustration der Naturgrenzen – etwa in Form der Wasserscheidentheorie – wurde die Toponomastik immer wichtiger. Tolomei begriff die toponomastischen Studien als „Re-Italianisierungswerk" der angeblich vor nicht allzulanger Zeit gewaltsam germanisierten Orts- und Flur-, aber auch Familiennamen.

    Seit 1915 wurde das „Archivio in Rom gedruckt. In den nun verlegten „Serie di guerra läßt sich hinsichtlich des Themenspektrums und des Mitarbeiterstabs eine signifikante Veränderung feststellen: Den überwiegenden Teil der Beiträge verfaßte Tolomei jetzt selbst. Der wissenschaftliche Anspruch des „Archivio, der besonders durch die Mitarbeit kompetenter Fachleute gewährleistet werden sollte, erwies sich nun als bloßes Dekor, das gerade in den Kriegsjahren nur dürftig die rein propagandistische Tendenz der Zeitschrift zu überdecken vermochte. 1915 verbreitete Tolomei bereits ausführlich seine Vorstellungen über eine mögliche Annexion Südtirols und über die in diesem Falle zu treffenden Maßnahmen. Mehrere diesbezügliche Denkschriften gingen an den damaligen Ministerpräsidenten, an andere Regierungsstellen und verschiedene nationale Vereinigungen. Für die deutsche Bevölkerung war die Assimilierung vorgesehen, auch der Gedanke einer eventuellen Aussiedlung tauchte bereits auf. Im „Archivio-Band 11 von 1916 veröffentlichte Tolomei dann sein erstes „Prontuario dei nomi locali dell’ Alto Adige" mit der Übersetzung von ca. 10.000 Orts- und Flurnamen. Es waren ganz oberflächliche Übersetzungen, oftmals ohne Kenntnis der etymologischen Bedeutung des deutschen Namens; manchmal war der deutschen Bezeichnung lediglich eine italienische Endung angehängt worden.17 Ein weiteres Betätigungsfeld der Jahre 1916/17 bildete die Anfertigung von geographischen Karten für das „Istituto De Agostini", das die italienische Namensgebung Tolomeis unterstützen sollte.

    Die Besetzung Südtirols durch italienische Truppen war für Tolomei ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur „Wiedergewinnung Südtirols. Für ihn ging es jetzt darum, die Situation radikal zu verändern und den Südtirolern zu zeigen, daß ihr Land endgültig italienischer Besitz war. Bereits im Oktober 1918 wurde in Rom das „Büro für die Behandlung des Cisalpinen Deutschtums eingerichtet. Daß Ministerpräsident Vittorio Orlando den Gedanken Tolomeis nicht so furchtbar weit entfernt stand, macht die Tatsache deutlich, daß er dieses Büro im November als „Kommissariat für die Sprache und Kultur des Oberetsch" nach Bozen verlegte und Tolomei zum Leiter dieser Institution ernannte. Für sein Kommissariat konnte Tolomei einige Räume des Bozner Stadtmuseums requirieren.18

    Die Aufgabe des Kommissariats faßte Tolomeis Mitstreiter Adriano Colocci-Vespucci in seinem Tagebuch in einem Satz zusammen: „Der Zweck des Kommissariats war die Durchdringung der Italianität beim ersten Zusammentreffen mit der Bevölkerung."19 Nach Meinung Tolomeis durfte es „keine Art von cisalpiner deutscher Autonomie geben: „Das Alto Adige muß ein unlösbarer Bestandteil der Venezia Tridentina bleiben. Um dies zu erreichen, hieß es in einem Sofortprogramm: „Sofortige Erlassung von Regierungsdirektiven über die Behandlung des cisalpinen Deutschtums – keine Gewaltätigkeit, aber auch keine Schwäche; dem gemischtsprachigen Gebiet Stempel der Italianität aufprägen!20 Dem Militärgouverneur Pecori-Giraldi wurde Mitte November 1918 eine Liste mit 22 Südtiroler Persönlichkeiten überreicht; diese politisch „gefährlichen Elemente sollten zwangsweise entfernt oder interniert werden. Was diese Liste betraf, so stellte Pecori-Giraldi später lakonisch fest: „Die Maßnahme der Internierung haben wir in einem einzigen Fall angewandt [...]. Wir gingen vom Grundsatz aus, daß wir keine Märtyrer schaffen wollten.21 Auch bei den anderen Punkten konnten sich Tolomei und sein Kommissariat nicht durchsetzen. Der Militärgouverneur hatte andere Vorstellungen von italienischer Politik in Südtirol, und von der Regierung in Rom kam mit Blick auf die laufenden Verhandlungen in Paris ebenfalls keine ausreichende Unterstützung für Tolomei. So beschränkte sich die Tätigkeit des Kommissariats hauptsächlich auf provokatorische Demonstrationen gegenüber den Südtirolern.22 Neben Pecori-Giraldi war der Generalsekretär des Amtes für Zivilangelegenheiten beim italienischen Oberkommando, General Agostino D’Adamo, einer der hartnäckigsten Gegner des Kommissariats. Er wollte es sogar auflösen lassen, was ihm allerdings nicht gelang. Immerhin konnte er durchsetzen, daß das Oberkommando die Verlegung des Kommissariats nach Trient veranlaßte.23 Colocci-Vespucci schrieb entsetzt in sein Tagebuch: „Die einzige Phase der Italianität bis jetzt ist dieses Kommissariat, das Ettore Tolomei [...] hier heroben errichtet hat, und D’Adamo will es auslöschen!24

    Nach heftigem Protest Tolomeis bei Außenminister Sonnino hob die Regierung die Entscheidung des Oberkommandos am 18. Dezember 1918 wieder auf. Damit wurde das Kommissariat zwar gerettet, aber es blieb in seiner Arbeit auch weiterhin ziemlich erfolglos. Der größte Konflikt zwischen Militärregierung und Tolomeis Kommissariat entzündete sich im Bereich der Toponomastik.25 Schon im November 1918 forderte das Kommissariat von der Militärregierung die sofortige Einführung von italienischen Ortsbezeichnungen in allen Gemeinden und an den Bahnhöfen.26 Dabei stützte es sich auf Tolomeis „Prontuario. Das Kommissariat wandte sich auch direkt an die Regierung in Rom und forderte, daß das „Prontuario als Grundlage für die Benennung der Ortsnamen in Südtirol verwendet werden sollte. Diese Forderung wurde in Rom nicht nur abgewiesen, die Regierung hielt auch weiterhin an den deutschen Bezeichnungen fest. So waren in den von der Staatsbahn am 20. November 1918 veröffentlichten Fahrplänen die Namen aller Bahnhöfe Südtirols in deutscher Sprache abgedruckt.27 Auch in den von Pecori-Giraldi später erlassenen Manifesten wurden im Unterschied zum ersten Erlaß vom 18. November deutsche Ortsbezeichnungen verwendet. Pecori-Giraldi rechtfertigte seinen Widerstand mit dem Hinweis, daß „unverantwortliche Elemente, gedeckt durch den Namen, das Prestige und die Stärke des Heeres auf dem Gebiet der Toponomastik nicht vollendete Tatsachen schaffen könnten, die dem „Ansehen Italiens bei dieser Bevölkerung nur geschadet hätten.28 Verärgert fuhr Colocci-Vespucci mit zwei Soldaten die Bahnlinie entlang, um die deutschen Ortsnamen zu überpinseln und durch italienische zu ersetzen,29 die dann von der italienischen Armee wieder entfernt wurden.30

    Auch in drei anderen Bereichen, die später noch eine entscheidende Rolle spielen sollten, war dem Kommissariat aufgrund der Interventionen des Oberkommandos kein Erfolg beschieden. Zum einen ging es um die Gründung einer italienischen Tageszeitung mit dem Namen „Isarco", zum anderen um den Versuch, deutsche Ländereien und Realbesitz Italienern zu übertragen. Das Kommissariat nahm Kontakt mit der italienischen Hoteliersvereinigung auf, um den Ankauf von Hotels in Südtirol zu forcieren. Im Februar 1919 intervenierte das Comando Supremo, genauso wie bei dem Versuch des Kommissariats, italienische Schulen in Ortschaften mit italienischer Bevölkerung einzurichten und die deutschen Schulen in den ladinischen Tälern in italienische umzuwandeln. Man hatte dafür sogar schon Lehrkräfte aus ganz Italien gewonnen, die bereit waren, zu diesem Zweck nach Südtirol zu kommen.31 Colocci-Vespucci schrieb enttäuscht in sein Tagebuch, Südtirol habe „noch fast nichts von seinem österreichischen Charakter verloren.32 Erst Ende April 1919, als klar war, daß Südtirol als Kriegsbeute Italien definitiv zugeschlagen würde, gab Orlando seine Zurückhaltung auf. Er genehmigte neue Richtlinien zur Behandlung des „Germanismo cisalpino, die unter maßgeblichem Einfluß Tolomeis ausgearbeitet worden waren. Sie sahen u.a. vor: 1. Entfernung „pangermanistischer" Persönlichkeiten; 2. sofortige Errichtung italienischer Schulen gemäß dem Manifest vom 18. November 1918; 3. Einführung der italienischen Nomenklatur; 4. Errichtung der Einheitsprovinz Trient; 5. möglichst weitgehende Unterbrechung der Beziehungen mit Nordtirol. Die sofortige Durchführung dieses Programms scheiterte allerdings wiederum an Militärgouverneur Pecori-Giraldi und D’Adamo. Für sie war dies der falsche Weg, die Südtiroler für Italien zu gewinnen.

    Der neue Ministerpräsident Francesco Nitti sah die Dinge ähnlich. Tolomei zog daraufhin die Konsequenzen und löste das Kommissariat am 10. September 1919 selbst auf. Wäre die innenpolitische Entwicklung in Italien in den nächsten Jahren anders verlaufen, wäre dies wahrscheinlich auch das politische Ende von Tolomei gewesen. Wir wissen, daß es anders kam und Tolomeis Stunde erst noch kommen sollte.

    Anmerkungen

    1Rainer Seberich, Vom Alten zum Neuen Kastelruth, Kastelruth 1850-1927, in: Gemeinde Kastelruth. Vergangenheit und Gegenwart. Ein Gemeindebuch zum 1000-Jahr Jubiläum der Erstnennung der Orte Seis und Kastelruth, hrsg. v. Josef Nössing, Kastelruth 1983, S. 305-327, hier S. 320.

    2Staffler/Hartungen, Geschichte Südtirols, S. 50.

    3„Der Tiroler", zit. ebd., S. 49.

    4Cäcilia Alber, Südtiroler Landesgeschichte im Spiegel der liberalen „Meraner Zeitung" (1900-1926), Dipl. Innsbruck 1989, S. 103.

    5Seberich, Kastelruth, S. 320.

    6Corsini, Trentino, S. 155 f.

    7Corsini, Pecori-Giraldi, S. 21.

    8Zit. n. Falkensteiner, Südtirolpolitik, S. 28.

    9Gatterer, Aufsätze und Reden, S. 113; Ders., Kampf, S. 115 f.

    10 Trafojer, Lage, S. 26.

    11 Diese Art der „Separierung" hatte es allerdings bereits während des Krieges unter dem österreichischen Militärkommando gegeben. Vgl. Eisterer/Steininger, Tirol im Ersten Weltkrieg, S. 150.

    12 Zit. n. Trafojer, Lage, S. 88 f.

    13 Ebd., S. 50 f.

    14 Zit. n. Falkensteiner, Südtirolpolitik, S. 27.

    15 Adler, Minderheitenpolitik, S. 21.

    16 Steurer, Südtirol 1918-1945, S. 189.

    17 Bis heute ist die Ortsnamengebung ein heiß diskutiertes Thema in Südtirol. S. dazu Steurer, Glaubenskrieg, sowie Südtiroler Schützenbund, „Colle oder Pichl".

    18 Framke, Kampf, S. 91.

    19 Zit. n. Trafojer, Lage, S. 63 f.

    20 Zit. n. Gatterer, Kampf, S. 296.

    21 Gatterer, Aufsätze und Reden, S. 125.

    22 Framke, Kampf, S. 91.

    23 Vgl. Schober, Tiroler Frage, S. 186.

    24 Zit. n. ebd.

    25 Gatterer, Kampf, S. 296.

    26 Vgl. Framke, Kampf, S. 92.

    27 Vgl. Trafojer, Lage, S. 67.

    28 Zit. n. Gatterer, Kampf, S. 296.

    29 Vgl. Schober, Tiroler Frage, S. 186.

    30 Vgl. Gatterer, Kampf, S. 296.

    31 Vgl. Trafojer, Lage, S. 66.

    32 Zit. n. Gatterer, Kampf, S. 295.

    II. Kapitel

    1918/19: Die Teilung Tirols

    Die militärische Niederlage der Mittelmächte besiegelte auch das Schicksal Tirols. Alle Versuche von seiten Österreichs und Tirols, die Einheit des Landes zu retten, schlugen fehl. Am Ende der Friedensverhandlungen in Saint Germain wurde Südtirol als „billige Kriegsbeute Italien zugeschlagen und am 10. Oktober 1920 offiziell annektiert. Bei allen Untersuchungen über dieses Thema steht ein Mann im Mittelpunkt, der letztlich für diese Entscheidung verantwortlich gemacht wird: der amerikanische Präsident Woodrow Wilson. Er galt seit den von ihm im Januar 1918 verkündeten „14 Punkten als Garant für das Selbstbestimmungsrecht der Völker, das Grundlage künftiger Friedensverhandlungen werden sollte. Am Ende waren die von der Mißachtung dieses Prinzips Betroffenen zutiefst enttäuscht und voll Verachtung für diesen Mann. Das betraf nicht nur Österreich und Tirol, sondern auch Deutschland. Als Wilson 1924 starb und in Washington auf den Botschaftsgebäuden die Fahnen auf Halbmast gesetzt wurden, erhielt der deutsche Botschafter aus Berlin die Anweisung, dies nicht zu tun – ein diplomatischer Eklat erster Ordnung. Es ist erstaunlich und zugleich bedauerlich, daß nach fast 80 Jahren immer noch keine aus den Quellen gearbeitete Darstellung vorhanden ist, die Aufschluß über die Entscheidungen auf alliierter Seite gibt, die letztlich zur Teilung Tirols führten.1

    In Punkt 9 der 14 Punkte hatte es geheißen: „Es sollte eine Berichtigung der Grenzen Italiens nach den klar erkennbaren Linien der Nationalität durchgeführt werden."2 Wäre es nur danach gegangen, hätte es eine Grenze am Brenner nicht geben dürfen. Tatsache ist, daß die 14 Punkte als „Grundsatzerklärung von den Verlierern maßlos überschätzt worden sind. Bindender und verpflichtender als noch so schön klingende „Grundsatzerklärungen waren Verträge, die während des Krieges abgeschlossen worden waren. Und mit Blick auf Südtirol gab es jenen „Londoner Vertrag, den Italien, Großbritannien, Frankreich und Rußland am 26. April 1915 unterzeichnet hatten (dessen Anerkennung Wilson allerdings immer verweigert hatte). Darin wurden Italien gegen Norden und Osten das Maximum der Hauptwasserscheide, das Trentino und das cisalpine Tirol „in seiner geographischen und natürlichen Grenze, ferner die Länder Görz und die Gradiska, das Einzugsgebiet des Isonzo und der Krainische Distrikt Idria sowie Triest und die Halbinsel Istrien zugesagt.3 Wie war es dazu gekommen?

    Seit 1882 war Italien im „Dreibund mit Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich verbündet. Nach der Kriegserklärung des Habsburgerreiches an Serbien am 28. Juli 1914 beschloß die Regierung in Rom am 31. Juli die Neutralität Italiens, auch aus Protest dagegen, daß „die Verständigung der Verbündeten4, wie es im Vertrag hieß, unterblieben war. Berlin und Wien hatten allen Grund, gegenüber Italien mißtrauisch zu sein, waren doch bereits während des Balkankrieges geheime Informationen über Rom bis nach St. Petersburg gelangt.5 Laut Artikel VII des Dreibundvertrages hatte Italien durch das österreichisch-ungarische Vorgehen auf dem Balkan Anspruch auf Kompensationen. Bereits am 2. August wurde vom italienischen Außenminister als Kompensationswunsch das Trentino genannt. Berlin übte damals starken Druck auf die Regierung in Wien aus, Italien territoriale Zugeständnisse zu machen. Wien allerdings stand einer Abtrennung altösterreichischer Gebiete äußerst unwillig gegenüber; die entsprechenden Vorstöße der Deutschen wies man mit dem Vergleich einer Abtrennung Elsaß-Lothringens an Frankreich zurück. Außerdem befürchtete man, bei einem noch so kleinen Gebietszugeständnis an eine andere Nation einen Präzedenzfall zu schaffen, dessen Ausweitungen unabsehbar wären.

    In Wien versuchte man in der Folgezeit, bei den Verhandlungen mit Italien Zeit zu gewinnen. Es ist eine offene Frage, ob dies eine vertane Chance auf seiten Wiens gewesen ist. Am 29. Januar 1915 forderte der italienische Botschafter in Wien, Herzog von Avarna, offiziell eine „territoriale Konzession aus dem Besitz der Monarchie". Am 9. März, nach einer weiteren Intervention und verstärktem Druck aus Berlin, erklärte der österreichische Außenminister, Baron Stefan von Burián, seine grundsätzliche Bereitschaft zur Abtretung von k.u.k.-Gebieten an Italien. Am 28. März nannte er das Trentino, allerdings nur bis zur natürlichen Sprachgrenze und unter bestimmten wirtschaftlichen und militärischen Bedingungen. Die Italiener waren mit diesem Angebot nicht zufrieden. Sie forderten die sofortige Übergabe der Gebiete – und nicht erst bei Kriegsende – und die strikte Geheimhaltung der laufenden Verhandlungen.6 Am 10. April 1915 legte Italien seine Forderungen auf den Tisch: das Trentino in den Grenzen von 1810 (nördlich von Bozen, im Etschtal auf der Höhe von Gargazon, im Eisacktal auf der Höhe von Kollmann-Waidbruck, d.i. die napoleonische Grenze), das Isonzogebiet, das Kanaltal, Görz, Gradiska, die Inselgruppe Curzona, sowie Triest, das Freihafen und -stadt werden sollte.7 Burián ging auf diese Forderungen nicht ein, erklärte sich jedoch am 16. April bereit, die Wasserscheide zwischen Vinschgau und Sulzberg als Grenze zu Österreich zu akzeptieren.8

    Die Entente hatte mehr zu bieten. Schon seit August 1914 gab es entsprechende Kontakte; Italien wurden das Trentino, Triest und Valona für den Fall eines Kriegseintritts angeboten. Am 4. März 1915, parallel zu den Forderungen an Österreich-Ungarn, beauftragte der italienische Außenminister Giorgio Sonnino Botschafter Guglielmo Imperiali in London, der Entente die präzisen Forderungen Italiens vorzulegen. Dazu gehörte auch Südtirol bis zum Brenner. In London wurden diese Forderungen akzeptiert, wobei der Brenner als Tauschobjekt für die italienischen Forderungen am Balkan stand, die Rußland strikt ablehnte. Der Londoner „Geheimvertrag" wurde am 26. April 1915 unterzeichnet, am 23. Mai überreichte der italienische Botschafter in Wien die Kriegserklärung seiner Regierung.

    Wenn von italienischen Nationalisten wie Tolomei die Rede ist, die Südtirol italianisieren wollten, dann sollten jene Tiroler Nationalisten nicht vergessen werden, die das Trentino germanisieren wollten. Hier ist in erster Linie der 1905 gegründete „Tiroler Volksbund zu nennen, in dem mit Ausnahme der Sozialdemokraten Vertreter aller Parteien aktiv waren. So wie für Tolomei die deutschsprachigen Südtiroler keine Deutschen waren, waren für den Volksbund jene Trentiner, die italienisch sprachen, keine Italiener. Italianisierte Tolomei die Südtiroler Orts- und Flurnamen, so wurden jene im Trentino eingedeutscht – aus Riva wurde Reif, Rovereto zu Rofreit, der Gardasee zum Gartensee usw. Deutschnationale Tiroler formulierten neue Kriegsziele am „Südabhang der Alpen, am Rande der Poebene.9 Man sprach sogar von einer partiellen Aussiedlung der Trentiner und der Ansiedlung deutscher Soldaten.10 Traurige Berühmtheit erlangte der Sterzinger Volkstag am 9. Mai 1918 (!), eine Veranstaltung des Tiroler Volksbundes unter Beteiligung von offiziellen Vertretern aller bürgerlichen Parteien. Es wurde ein 14-Punkte-Programm verabschiedet, in dem es u.a. hieß: „2. Gegenüber Italien natürliche Grenzen, die Tirol und Österreich besser schützen und altdeutsche Siedlungen [...] an Österreich gliedern", mit anderen Worten: die Vorverlegung der Grenze an die Südspitze des Gardasees und Grenzkorrekturen zur Einbeziehung deutscher Siedlungsinseln. Weitere Forderungen lauteten:

    „4. Deutsche Staatssprache und deutsche Staatsrichtung in Österreich [...]. 5. Einheit und Unteilbarkeit Tirols von Kufstein bis zur Berner Klause, schärfste Ablehnung jeglicher Autonomie des südlichen Landesteiles, des sogenannten Welschtirols. 6. Unnachsichtige Bekämpfung der welschen Irredenta, vor allem durch Schutz und Förderung des Deutschtums in Südtirol einerseits und Ausweisung der irredentistischen Elemente andererseits, damit ‘Welschtirol’ endlich wieder österreichisches Land werde [...]. 9. Besetzung des bischöflichen Stuhles in Trient mit einem Deutschen; guttirolerische, deutschfreundliche Priesterausbildung im Bistume Trient. 10. Vollständige Umgestaltung des Schulwesens in Welschtirol durch Einführung des deutschen Sprachunterrichtes als Pflichtfach aller Schulen und Pflege tirolisch-vaterländischer und deutschfreundlicher Gesinnung unter Jugend und Lehrerschaft [...]."11

    Ein halbes Jahr später war dieser Traum ausgeträumt. In Südtirol und Teilen Nordtirols stand die italienische Armee. Jetzt ging es nur noch darum, die Einheit des Landes zu retten. Weder in Innsbruck noch in Bozen konnte oder wollte man sich vorstellen, daß Südtirol an Italien verlorengehen würde. In Südtirol weigerte man sich zunächst einfach, die Realitäten nüchtern zu sehen. Der deutschnationale Bürgermeister von Bozen, Julius Perathoner, lehnte es kategorisch ab, die Bilder des österreichischen Kaisers aus seinen Amtsräumen zu entfernen.12 Man ignorierte die Italiener einfach und verweigerte auch jede Art der Zusammenarbeit mit ihnen. Aus „Gründen der nationalen Würde13 entsandte man z.B. keinen Vertreter an den als beratendes Organ der Militärregierung eingerichteten Provinzialrat für die „Venezia Tridentina, die Bezeichnung für das Trentino und Südtirol. Jede Kontaktaufnahme wurde gleichgesetzt mit einer Anerkennung der bestehenden Situation oder gar mit Volksverrat. Wie dies manchmal im täglichen Leben aussah, beschreibt Eduard Reut-Nicolussi in seinen Erinnerungen:

    „Jeder Annäherungsversuch der Italiener wurde abgelehnt. Einladungen der Offiziere zu Festmählern blieben unbeantwortet. Die Militärbehörde in Bozen kam auf den Gedanken, sich auf dem Wege der Wohltätigkeit an die Bevölkerung heranzumachen. Für derartige Aktionen hatte der Südtiroler immer eine Schwäche gehabt. Die Militärmusik veranstaltete im Bozner Stadttheater ein Wohltätigkeitskonzert zugunsten der Stadtarmen. Da war es nun schwer, einen Boykott durchzuhalten. Man fand einen Ausweg: Einige Bürger kauften noch vor dem Konzert alle Eintrittskarten auf. Das Konzert selbst blieb unbesucht. So hatten die Armen ihr Geld und die Italiener keinen politischen Nutzen davon."14

    Die Rettung des Landes erhoffte man sich von Innsbruck, Wien, der Friedenskonferenz und dem von Wilson verkündeten Selbstbestimmungsrecht.

    Am Anfang ließ sich die Sache sogar gut an. Am 4. November 1918 gründeten Vertreter der Tiroler Volkspartei und der Freiheitlichen Partei Südtirols unter Vorsitz von Julius Perathoner einen Provisorischen Nationalrat für Deutsch-Südtirol. Dieser Nationalrat gab sogar ein eigenes Amtsblatt heraus und proklamierte am 16. November die „Unteilbare Republik Südtirol".15 Im Januar 1919 wurde deutlich, daß diese Politik auf Illusionen aufgebaut war. Das Comando Supremo löste den Nationalrat am 19. Januar auf. Josef Raffeiner, ein Zeitgenosse jener Ereignisse und von 1945 bis 1947 dann Generalsekretär der SVP, erklärt die „verfehlte Politik" der Südtiroler Führungsschicht teilweise damit, daß

    „nach dem Ersten Weltkrieg sowohl in Südtirol als auch in Innsbruck und Österreich unter den gebildeten Schichten zahlreiche Stände waren, die einfach nicht glauben wollten, daß Südtirol von Nordtirol abgetrennt und mit Italien vereinigt werden sollte. Man glaubte an das Selbstbestimmungsrecht und an die 14 Punkte Wilsons und fürchtete, die Sache durch Verhandlungen mit Rom zu kompromittieren. Dieser Glaube zeugt aber von einer großen Kurzsichtigkeit. Man bedachte zu wenig, daß Österreich in der Villa Giusti bedingungslos kapituliert hatte und daß das sogenannte Selbstbestimmungsrecht eine so fragwürdige Angelegenheit ist, über dessen Tragweite die Großen der Welt auch heute noch nicht einig sind. Zu bemerken ist, daß nach dem Ersten Weltkrieg in Südtirol bei den Bauern und einfachen Leuten viel mehr als bei den sogenannten gebildeten Schichten die Auffassung verbreitet war, daß das Land infolge des verlorenen Krieges unwiderruflich bei Italien verbleiben werde. Es bestand die Tendenz, alles Heil von Innsbruck und Wien zu erwarten und deshalb möglichst wenig mit Rom zu verhandeln."16

    Daß die Südtiroler die Möglichkeit hatten, eine „Republik Deutsch-Südtirol" auszurufen, ist für Mario Toscano der erste Beweis für die Mäßigung und Toleranz der Militärregierung17, und die Überlegung dieser „Republik, Steuern einzuheben und eigene Banknoten und Briefmarken zu drucken – woraus nach Intervention des italienischen Oberkommandos allerdings nichts wurde –, ist für Umberto Corsini die „eigenartigste, utopistischste und fantastischste Willensäußerung der Südtiroler, nicht von Italien annektiert zu werden.18

    Die – letztlich erfolglose – sozialistische Anschlußeuphorie der Wiener Regierung hat den Tiroler Interessen damals wohl entscheidend geschadet. Anschluß an Deutschland und Einheit Tirols waren zwei Dinge, die nicht miteinander zu vereinbaren waren. Außenminister Otto Bauer wußte dies sehr wohl, dennoch forcierte er seine Politik. Am Ende hatte man gar nichts, weder Anschluß noch Einheit Tirols. In Südtirol glaubte man Ende November 1918 noch daran, daß der Anschluß Österreichs an Deutschland die Einheit Tirols sichern werde. Der Anschluß an Deutschland, so hieß es in der ersten Südtiroler Denkschrift, gelte als das „höchste Streben". Als weitere Möglichkeiten wurden genannt: Anschluß ganz Tirols an die Schweiz, eine selbständige Republik Tirol, ein neutrales Südtirol, Südtirol als Freistaat unter italienischer Herrschaft, und zuletzt ein autonomes Südtirol als Bestandteil Italiens.19

    Anfang 1919 war man einen Schritt weiter. In einer Proklamation vom 7. Januar 1919 war von einem Anschluß keine Rede mehr, weil dies „den italienischen strategischen Argumenten für die Brennergrenze in die Hände arbeite. „Der einzig gangbare Weg zur Rettung liegt nunmehr in der sofortigen Selbständigkeitserklärung des deutschen Teiles von Tirol. Die Proklamation wurde von einer Generalversammlung aller Südtiroler Parteien beschlossen, auch wenn die Sozialdemokraten ihre Zustimmung für den Fall einschränkten, daß die deutsch-österreichische Südtirolpolitik scheitere.20

    Wenn überhaupt die Einheit des Landes zu retten gewesen wäre, dann durch einen mutigen, entschlossenen Schritt, nämlich die von den Südtiroler bürgerlichen Parteien geforderte Erklärung eines unabhängigen Tirols. Dazu aber waren die Sozialdemokraten mit Blick auf Wien weder in Bozen noch in Innsbruck bereit. So kam es am 20. Januar 1919 nur zu einem einstimmigen Beschluß der Tiroler Landesversammlung, in dem die Rede von der Bereitschaft zu „schwersten Opfern" war, sollte Südtirol nicht anders zu retten sein.21 Mit Protestversammlungen, Bittschriften und Appellen war damals keine Politik zu machen. Aber genau dies blieb den Südtirolern nur mehr übrig, genauso wie später nach dem Zweiten Weltkrieg. Ähnlich wie 1946 Unterschriften über den Brenner geschmuggelt und im April in Innsbruck Bundeskanzler Leopold Figl überreicht wurden, wurde ein Memorandum der Südtiroler Bürgermeister an Präsident Wilson im Februar 1919 vom Schnalstal aus über den 3600 Meter hohen Similaun in das Ötztal und von dort weiter nach Innsbruck gebracht. In eindringlichen Worten appellierte man an Wilson:

    „Es kann, es darf nicht sein, daß man den Namen Tirol nach einer tausendjährigen glänzenden Vergangenheit aus der Geschichte löscht, die freien Söhne dieses Berglandes unter fremdes Joch zwingt und ihnen ihre Sprache, ihre Art und Kultur raubt.

    Seien Sie unserem Volkstum, unserem Lande der gerechte Richter, und das Volk von Deutsch-Südtirol wird Ihren Namen von Geschlecht zu Geschlecht vererben als den des Retters unserer Heimat."22

    Wilson entschied aus realpolitischen Überlegungen anders. Seine Erklärung zur Adriafrage am 24. April bestätigte alle Befürchtungen: Südtirol würde von Italien annektiert werden. In dieser Situation beschloß die Tiroler Landesversammlung am 3. Mai 1919, Tirol als „neutralen Freistaat auszurufen, falls nur dadurch die Einheit dieses Gebietes erhalten bleibt".23 Zum einen kam diese Erklärung viel zu spät, zum anderen waren aber auch jetzt die Sozialdemokraten immer noch nicht – mit Rücksicht auf die Wiener Anschlußpolitik – bereit, diesen Beschluß mitzutragen. Die Wahlergebnisse in späteren Jahren waren die Quittung dafür.

    In Saint Germain wurde inzwischen nicht verhandelt, sondern diktiert und der österreichischen Delegation am 2. Juni 1919 der erste Teil der Friedensbedingungen übergeben. Die Versuche auf österreichischer Seite, noch etwas zu ändern, scheiterten. Am 20. Juli erfolgte dann die Übergabe der kompletten Fassung der Friedensbedingungen. Otto Bauer zog die Konsequenz aus einer gescheiterten Politik und trat zurück. Die endgültigen Friedensbedingungen vom 2. September 1919 stellten den Schlußpunkt für Südtirol dar: Ohne Autonomiebestimmungen, ohne Minderheitenschutz kam das Land zu Italien.

    Am 6. September 1919 stimmte die Nationalversammlung in Wien dem Diktat mit 97 gegen 23 Stimmen zu. Die Tiroler Abgeordneten beteiligten sich zum Zeichen des Protestes nicht an dieser Abstimmung. Vier Tage später unterzeichnete Karl Renner den Vertrag von Saint Germain. Die italienischen Nationalisten, allen voran Tolomei, triumphierten. Tolomei schrieb noch 30 Jahre später voller Genugtuung in seinen Memoiren:

    „Keine Zulassung einer Volksabstimmung, keine Garantie [...], die Grenze bei der Vetta! Der wunderbare Erfolg nach Jahrhunderten sollte durch keinen Augenblick der Schwäche in Paris getrübt werden [...]. Finis Austriae, die Irredenta ist zu Ende [...], es gibt keine Südtirolfrage mehr, Österreich hat unterzeichnet."24

    In der Sitzung der österreichischen Nationalversammlung am 6. September 1919 hieß es für die Südtiroler Abgeordneten, Abschied zu nehmen. Reut-Nicolussi ergriff zum letzten Mal das Wort. Was er sagte, sollte zum Vermächtnis werden:

    „Gegenüber diesem Vertrage haben wir mit jeder Fiber unseres Herzens, in Zorn und Schmerz nur ein Nein! Ein ewiges, unwiderrufliches Nein! (Stürmischer Beifall im ganzen Haus, in den auch die dichtgefüllten Galerien einstimmen). [...] Es wird jetzt in Südtirol ein Verzweiflungskampf beginnen, um jeden Bauernhof, um jedes Stadthaus, um jeden Weingarten. Es wird ein Kampf sein mit allen Waffen des Geistes und mit allen Mitteln der Politik. Es wird ein Verzweiflungskampf deshalb, weil wir – eine Viertelmillion Deutscher – gegen vierzig Millionen Italiener stehen, wahrhaft ein ungleicher Kampf."25

    Reut-Nicolussi ahnte, was kommen würde, trotz anderslautender Versprechungen von seiten der Italiener. Was der Leiter ihrer Delegation in Paris und Präsident des italienischen Senats, Tommaso Tittoni, am 27. September 1919 in der römischen Kammer erklärte, daß nämlich Italien der Gedanke einer Unterdrückung und Entnationalisierung der nationalen Minderheiten vollkommen fernliege, daß Sprache und kulturelle Einrichtungen geachtet würden, daß in Südtirol niemals ein Polizeiregiment mit Verfolgungen und Willkürherrschaft eingeführt werde, was König Viktor Emanuel III. wenig später noch einmal bestätigte,26 das alles hatte schon bald keine Bedeutung mehr.

    Anmerkungen

    1Auf der Grundlage der vorhandenen Literatur hat sich zuletzt Hans Haas mit diesem Thema beschäftigt; vgl. Haas, Südtirol; vorher Schober, Tiroler Frage.

    2Ursachen und Folgen, Bd. 2, S. 375.

    3Vgl. Haas, Südtirol, S. 96.

    4Josef Fontana, Geschichte des Landes Tirol, Bd. 3. Die Zeit von 1848 bis 1918, Bozen-Innsbruck-Wien 1987, S. 28.

    5Ebd., S. 427.

    6Schober, Tiroler Frage, S. 49.

    7Fontana, Tirol, S. 431.

    8Schober, Tiroler Frage, S. 50.

    9Haas, Südtirol, S. 100.

    10 Ebd.

    11 S. Abb. 6.

    12 Vgl. Steurer, Südtirol, S. 31.

    13 Ebd.

    14 Reut-Nicolussi, Tirol, S. 27.

    15 Vgl. Parteli, Südtirol, S. 8-13.

    16 Zit. n. Trafojer, Lage, S. 28.

    17 Toscano, Storia, S. 69 f.

    18 Corsini, in: Corsini/Lill, Südtirol, S. 61.

    19 Schober, Tiroler Frage, S. 469.

    20 Ebd., S. 371.

    21 Haas, Südtirol 1919, S. 129.

    22 S. Abb. 13.

    23 Schober, Tiroler Frage, S. 265 u. S. 588.

    24 Ettore Tolomei, Memorie di vita, Roma 1948, S. 415 ff.

    25 Reut-Nicolussi, Tirol, S. 30.

    26 Tittoni, zit. n. Reut-Nicolussi, Tirol, S. 38; Viktor Emanuel in seiner Thronrede am 1.12.1919, zit. n. F.K. Hennersdorf, Südtirol unter italienischer Herrschaft. Eine Schilderung mit urkundlichen Belegen, Berlin 1926, S. 12.

    III. Kapitel

    Die Entwicklung bis zur Machtergreifung der Faschisten 1922

    1. Die Regierung Nitti

    2. Autonomie für Südtirol - ein „Staat im Staate"?

    3. 10. Oktober 1920: Die Annexion

    4. 24. April 1921: „Blutsonntag" in Bozen

    5. 15. Mai 1921: Parlamentswahlen

    6. Juli 1921 bis Februar 1922: Die Regierung Bonomi

    7. 1. Oktober 1922: Der Marsch auf Bozen

    1. Die Regierung Nitti

    Für Italien stellte sich seit dem Sommer 1919 die Frage: Was tun mit den neuen Provinzen? Betrachtet man den Zeitraum bis Herbst 1922, so kann man von vertanen Möglichkeiten und Chancen für Südtirol sprechen. Die Frage bleibt, wer letztlich dafür verantwortlich war, daß Südtirol keine Selbstverwaltung, sprich Autonomie, erhielt. Die Chancen waren wohl am größten in der Zeit der Regierung Francesco Nitti. Nitti wurde im Juni 1919 Nachfolger von Vittorio Emanuele Orlando und blieb bis Juni 1920 im Amt. Am 6. August 1919 erklärte er im römischen Parlament, daß er gegenüber den Südtirolern mit Blick auf deren Sprache, Kultur und wirtschaftliche Interessen „eine großzügige und liberale Politik" betreiben wolle.1 Ähnlich äußerten sich, wie bereits erwähnt, sein Außenminister Tommaso Tittoni und König Viktor Emanuel III. Die ersten Maßnahmen der neuen Regierung deuteten denn auch in diese Richtung. Im Juli 1919 wurde in Rom das „Zentralamt für die neuen Provinzen errichtet und Francesco Salata zum Leiter ernannt. Salata war Abgeordneter des ehemals österreichischen Istrien gewesen, Irredentist und Autonomist, und war ausgesprochen deutschfreundlich eingestellt.2 Paul Herre nannte ihn eine „sympathische Persönlichkeit, die aus ihrer istrianischen Heimat die Schwierigkeiten des Zusammenlebens verschiedener Nationalitäten kannte und gewillt war, die Politik des Entgegenkommens während der Militärregierung fortzusetzen.3 Leiter des neuen Generalkommissariats Venezia Tridentina in Trient wurde der Liberale Luigi Credaro. Er war für die gesamte Zivil- und Lokalverwaltung zuständig, für die Erledigung aller Verwaltungsgeschäfte und für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Indirekt untergeordnet waren die in den einzelnen politischen Bezirken eingesetzten Zivilkommissare; er selbst war direkt dem Ministerpräsidenten verantwortlich.

    Credaro, 1860 in Sondrio (Veltlin) geboren, war Professor für Pädagogik an den Universitäten von Pavia und Rom gewesen, 1895 bis 1919 Abgeordneter im Parlament und 1910 bis 1914 Unterrichtsminister. Für seine Ernennung werden drei Gründe genannt: 1. Er hatte ein Jahr in Leipzig studiert und konnte deutsch. 2. Er stammte aus dem Südtirol benachbarten Veltlin und war 3. ein Parteifreund Nittis. Das Urteil über Credaro fällt unterschiedlich aus. Reut-Nicolussi bestätigte ihm damals zumindest für den Anfang seiner Tätigkeit „besten Willen".4 Die ersten Maßnahmen, die er setzte, sahen auch tatsächlich so aus. Die hermetische Abriegelung der Grenzen zu Österreich wurde aufgehoben, Nordtiroler und ausländische Zeitungen konnten wieder ins Land kommen, die Pressezensur wurde gelockert; der Briefverkehr nach Österreich und Deutschland war wieder ohne größere Einschränkungen möglich. Einige Ortsnamen, die unter der Militärregierung italianisiert worden waren, wurden wieder ins Deutsche übertragen; an den Eisenbahnstationen wurden die deutschen Namen wieder angebracht.5 Lediglich 29 historisch gewachsene italienische Ortsnamen

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