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Trotzki: Das Janusgesicht der Revolution
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eBook604 Seiten13 Stunden

Trotzki: Das Janusgesicht der Revolution

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Über dieses E-Book

Der Terror begann nicht mit Stalin. Leo Trotzki, der „Sänger der Revolution", hat zugleich die Grundlagen der Diktatur gelegt, die sein siegreicher Rivale um die Macht perfektionierte. Diese große Biographie entzaubert den Mythos Trotzki – und eine Idee, die unser Jahrhundert beherrschte.
SpracheDeutsch
HerausgeberEdition Berolina
Erscheinungsdatum30. Juni 2017
ISBN9783958415522
Trotzki: Das Janusgesicht der Revolution

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    Buchvorschau

    Trotzki - Dimitri Wolkogonow

    Berdjajew

    Statt einer Einleitung

    Das Schicksal

    eines Revolutionärs

    Der Sonderzug war auf dem Weg nach Kiew. Er brauste an den wenigen Stationen vorbei, um die Fahrgäste so schnell als möglich in die ukrainische Hauptstadt zu befördern. Es war Nacht. In einem der Waggons schlief man nicht. Es war ein großer Salon, eingerichtet mit einigen Sesseln und einem Diwan aus Leder, einem länglichen Tisch in der Mitte und einem kleineren in der Ecke, auf dem die Telefonapparate standen. Am Panzerglasfenster stand ein Mann mittleren Wuchses mit Oberlippen- und Kinnbart, der eine aufgeknöpfte Uniformjacke und Stiefel trug. Über seiner hohen Stirn wucherte üppiges Haar, das schon leicht ergraut war. Auf der charakteristischen römischen Nase saß ein feines Pincenez, hinter dessen Gläsern lebhafte hellblaue Augen funkelten. Der Mann, der aus dem Fenster schaute, hoffte vergeblich, einige Lichter in der Dunkelheit zu entdecken. Das riesige zerrissene Land lag nicht nur in Ruinen, sondern in völliger Finsternis.

    Am Tisch, mit der Feder in der Hand, saß ein junger Mann im Soldatenhemd. Ringsherum lagen Telegramme der 3. und 5. Armee der Ostfront, die auf dem Vormarsch in Richtung des Flusses Tobol waren. Die südliche Gruppierung der Front hatte sich erfolgreich in Richtung Turkestan vorgekämpft. Die knapp gehaltenen Berichte bestätigten: Admiral Koltschak wird bald am Ende seiner Kräfte sein, und dann ist der Weg nach Osten frei. Doch es waren nicht diese Probleme, die den Mann im Eisenbahnsalon beschäftigten. Sein Sekretär notierte flink die Sätze, die er ihm vom Fenster aus zuwarf. »… Das Scheitern der ungarischen Republik, unsere Misserfolge in der Ukraine und unser möglicher Verlust des Schwarzmeer-Küstenstreifens sowie unsere Erfolge an der Ostfront verändern in entscheidendem Maße unsere internationale Orientierung. Das, was gestern zweitrangig war, hat heute Vorrang …«

    Der Mann schwieg eine Weile, blickte seinen Sekretär bedeutungsvoll an und fuhr fort: »Die Lage wird sich anders darstellen, wenn wir unser Gesicht dem Osten zugewandt haben …« Diese Worte kamen aus dem Mund eines selbstbewussten Mannes, der, wie es schien, in der Lage war, durch den dichten, dunklen Vorhang einer Sommernacht weit hinter den Horizont zu schauen: »… Es besteht keinerlei Zweifel, dass auf den asiatischen Schlachtfeldern unsere Rote Armee eine unvergleichlich bedeutendere Macht darstellt als auf den europäischen. Unzweifelhaft eröffnet sich uns nun die Möglichkeit, nicht nur langfristig abzuwarten, wie sich die Ereignisse in Europa entwickeln werden, sondern auch an den asiatischen Frontabschnitten aktiv zu werden. Im Augenblick kann sich der Weg nach Indien für uns als durchlässiger und kürzer erweisen als der Weg nach Sowjet-Ungarn. Unsere Armee, die nach europäischen Maßstäben zurzeit keine große Bedeutung hat, kann das labile Gleichgewicht der Kolonialbeziehungen in Asien stören, dem Aufstand der unterdrückten Massen Antrieb geben und den Sieg eines solchen Aufstandes in Asien sicherstellen …«

    Der Mann ging vom Fenster zur Mitte des Salons und setzte sich in einen Sessel. »Fügen Sie zum letzten Satz hinzu: ›Selbstverständlich setzen die Operationen im Osten die Schaffung und Stärkung einer mächtigen Basis im Ural voraus. All jene Kräfte, die wir für Arbeitersiedlungen im Dongebiet einsetzen wollten, müssen wir nun im Ural konzentrieren. Dorthin müssen wir unsere besten wissenschaftlich-technischen Kräfte schicken, unsere besten Organisatoren und Administratoren …‹«

    Erregt von seinem großen Plan, konnte der Mann mit dem Pincenez seinen Redefluss kaum bremsen: »Wir müssen dorthin die besten Elemente der ukrainischen Partei schicken, die derzeit beurlaubt worden sind. Falls sie die Ukraine verlieren, dann sollen sie für die sowjetische Revolution Sibirien erobern …«

    »Lew Dawidowitsch, bitte etwas langsamer, ich kann Ihnen nicht folgen«, unterbrach der Sekretär den Diktierenden und blickte ihn müde an.

    »Wie? Langsamer? Nun, also langsamer …«

    Das Diktat der »Aufzeichnungen an das ZK der RKP« ging weiter. Der Autor dieser Berichte äußerte hier nicht lediglich die grundlegenden strategischen Gedanken der Revolution, sondern er konkretisierte sie weitgehend: Er forderte die Schaffung eines »Reiterkorps (30 000 bis 40 000 Reiter), welches nach Indien zu werfen ist. Der Weg nach Paris und London führt durch die Städte Afghanistans, des Pandschab und Bengalens. Unsere militärischen Erfolge im Ural und in Sibirien müssen das Ansehen der sowjetischen Revolution im ganzen unterdrückten Asien außerordentlich erhöhen. Dieses Moment muss ausgenutzt werden, und irgendwo im Ural oder in Turkestan eine revolutionäre Akademie gegründet werden, ein politischer und militärischer Stab der asiatischen Revolution, der sich in allernächster Zeit als wesentlich handlungsfähiger als das Exekutivkomitee der Dritten Internationale erweisen könnte … Unsere Aufgabe besteht darin, rechtzeitig eine dringend notwendige Schwerpunktverlagerung unserer internationalen Orientierung vorzunehmen …«

    »War das alles?«, fragte der Sekretär.

    »Nein. Fügen Sie hinzu: ›Der vorgelegte Bericht sieht es als seine Aufgabe an, die Aufmerksamkeit des ZK auf das erwähnte Problem zu lenken.‹ So, das war alles. Nun setzen Sie darunter: ›Lew Trotzki, 5. August 1919.‹« (Zentrales Armeearchiv.)

    Den Bericht an das ZK der RKP diktierte Lew Trotzki, Vorsitzender des Revolutionären Kriegsrats der Republik, Volkskommissar der Verteidigung und Mitglied des Politbüros der Partei. Niedergeschrieben wurde dieser Bericht von seinem treuen Sekretär Nikolaj Sermuks. Während seines Lebens schrieb und diktierte Trotzki ca. 30 000 Dokumente, die in der Mehrzahl erhalten geblieben sind und sich in den unterschiedlichsten Archiven befinden. Die Auszüge aus seinen »Aufzeichnungen«, die ich oben anführte, sind äußerst charakteristisch für diese ungewöhnliche Persönlichkeit.

    Beinahe alles, was Trotzki sagte und schrieb, hat eine Verbindung zur Revolution. Er war ihr Barde, ihr Orakel, wobei er bisweilen einen gewissen Hang zum Abenteurertum an den Tag legte. Die russischen Jakobiner hielten es für gesetzmäßig, für normal, für richtig, eine Revolution zu initiieren und ihr »die Sporen« zu geben.

    Tausende, Millionen von Menschen wählten den revolutionären Weg und hinterließen tiefe Spuren auf der Erde. Die Spuren der meisten dieser Menschen sind von der Zeit ausgelöscht worden und unwiederbringlich verschwunden. Über Trotzki jedoch streitet und spricht man ebenso wie vor siebzig Jahren – hasserfüllt oder mit Hochachtung, feindselig oder begeistert. Der Mann mit dem ungewöhnlichen Schicksal lässt niemanden gleichgültig. Um es gleich am Anfang dieses Buches zu sagen: Ein Porträt Lew Trotzkis kann weder »weiß« noch »schwarz« ausfallen. Um ein Porträt dieses Mannes zu zeichnen, benötigen wir das gesamte Spektrum der Farben. Die öffentlichen Stellungnahmen und Urteile über den berühmten Revolutionär umfassen die ganze Bandbreite von der feierlichen Erhebung zum Führer der Weltrevolution bis zu Ächtung und Bannfluch – und endlich auch die objektive Würdigung einer bedeutenden, komplexen historischen Persönlichkeit.

    Hier einige Urteile über Trotzki, die zu verschiedenen Zeiten geäußert wurden.

    »Proletarischer Poet« heißt das Gedicht, welches N. W. Sarnizyn aus Nowgorod im Februar 1922 an die Moskauer Zeitungen und an Trotzki, »den Führer der Roten Armee und der Weltrevolution«, schickt:

    »In Deiner Seele – so wie im lodernden Element –

    Ist das Brausen des Sturmes, sind die wütenden Wogen der Empörung.

    Du – proletarischer Sohn des entzürnten Russland,

    In Deinen Worten klingt die donnernde Stimme der Kommune.

    Paris, London, New York, Berlin –

    Jede Hauptstadt kann Deine Worte hören.

    Doch klarer erklingt die Melodie Deiner Rede

    In Deinem heimatlichen Tal.

    Dort, wo die Revolution purpurrot ist und prachtvoll!«

    (Zentrales Armeearchiv.)

    Derartige Verse, Artikel und Kommentare, die in den führenden Zeitungen Sowjetrusslands, den Organen der Roten Armee, aber auch in ausländischen Blättern (und ihrer waren viele) erschienen, drückten die Begeisterung vieler Menschen für den »Führer der Revolution« aus.

    Die erste Biographie über den russischen Revolutionär dürfte die Arbeit G. A. Siws sein: Der ehemalige Schulkamerad veröffentlichte 1921 in New York das nicht sehr umfangreiche Buch »Trotzki«, das sich im Wesentlichen auf persönliche Erinnerungen stützt. Dann folgte eine offizielle Biographie: Auf Weisung des ZK (im Mai 1924) schrieb Bosch, ein Mitarbeiter des Istpart (der Kommission für Parteigeschichte), eine Biographie L. D. Bronsteins. Dem fünfseitigen Text wurde folgendes Parteibegleitschreiben beigefügt: »Die Biographie des Genossen Trotzki und die Liste seiner literarischen Arbeiten, die der Genosse Bosch auf Anweisung des Istpart erstellt hat, sind zur Aufbewahrung in einer Sonderabteilung des Istpart vorgesehen, von wo aus sie an wissenschaftliche Mitarbeiter vergeben werden.« (Zentrales Armeearchiv.) Diese ersten Biographien sind relativ oberflächlich. In ihnen werden äußere Fakten und Erscheinungen einer außergewöhnlichen Persönlichkeit beschrieben, aber man spürt in diesen Porträts des Revolutionärs nichts von dem scharfen, besessenen Intellekt Trotzkis.

    Eineinhalb Jahrzehnte später wird Trotzki nicht mehr in hymnischen Versen besungen. Vor allem in den offiziellen Dokumenten erscheint das Bild Trotzkis als unheilvoll, widerwärtig, abstoßend. In J. W. Stalins Bericht vor dem Plenum des ZK der RKP vom Februar/März 1937 werden Trotzki und die »Trotzkisten« als eine »zügellose Bande von Saboteuren« charakterisiert. (Zentrales Parteiarchiv.)

    In der sowjetischen Presse jener Jahre wird Trotzki als die Verkörperung aller Übel, Laster und Untugenden betrachtet, vom Spion bis zum Seelenverderber. Derartige Schmähungen, wie Trotzki sie während der letzten fünfzig Jahre erfuhr, wurden meines Wissens noch niemand anderem zuteil.

    Erst in jüngster Zeit gibt es Versuche einer objektiven Würdigung von Trotzkis Persönlichkeit. Heute erkennt man, dass diese Persönlichkeit nicht nur den Radikalismus der kommunistischen Idee symbolisiert, ihre Kompromisslosigkeit, ihren utopischen Gehalt, sondern ebenfalls die Tragödie der Realisierung bolschewistischer Programme. Trotzki war an der Schaffung des sowjetischen Staates beteiligt, er war einer der Hauptarchitekten des bürokratischen Systems, dessen Demontage heute unter so schwierigen und schmerzhaften Bedingungen in unserem riesigen Lande vollzogen wird.

    Das Schicksal hat es gewollt, dass Trotzki in sich den unerschütterlichen Glauben an kommunistische Ideale und die Unerbittlichkeit der proletarischen Diktatur vereinigte, er war einer der Inspiratoren des roten Terrors und sein Opfer zugleich. Ich glaube, dass Trotzki in dieser Hinsicht eine einmalige Erscheinung ist. Er verkörperte gleichzeitig die anziehendsten und abstoßendsten Eigenschaften eines russischen Revolutionärs.

    Während ich plante, ein Triptychon der »Führer« zu schreiben – konkreter gesagt, drei politische Porträts von Lenin, Trotzki und Stalin –, war mir klar, dass sie alle sich historisch ergänzten. Lenin trat in der russischen revolutionären Geschichte als Inspirator auf, Trotzki war der Aufrührer und Stalin der Exekutor. Durch das Prisma der Schicksale dieser Persönlichkeiten betrachtet, sind die Konflikte, die Zickzackbewegungen, die Tragödie der russischen und der sowjetischen Geschichte plastisch erkennbar. Mir scheint, dass in diesem Fall die biographische Methode besonders dazu geeignet ist, durch das persönliche Gewebe des menschlichen Daseins tiefere Einsichten in eine ganze historische Epoche zu gewinnen.

    Das ungewöhnliche Schicksal Trotzkis wirkt noch heute aktuell, aufwühlend, mitreißend. Trotzki wurde schon früh mit Ruhm und Ehre bedacht. Er hatte Gelegenheit zu streiten, sich zu begeistern, mit den herausragendsten Menschen seiner Epoche zusammenzutreffen: Kautsky, Plechanow, Adler, Parvus, Martow, Dan, Axelrod, Lenin, Frunse, Bucharin, Kamenew und anderen großen Persönlichkeiten, die für lange Zeit ihre Spuren auf den staubigen Stufen der Pyramide des historischen Fortschritts hinterließen.

    Trotzkis größter Triumph war die Revolution im Oktober 1917, aber es war nicht der einzige. Ja, zeitweise schien es, als würde die Phase der Triumphe nie enden. Doch bald nach der Beendigung des Bürgerkriegs musste Trotzki sich wohl im Angesicht des grauen Alltags überflüssig fühlen. Überall hieß es: Dieser Mensch sei wie geschaffen für Umstürze, Explosionen, Katastrophen, für internationalen Ruhm. Doch die Weltrevolution »stolperte«. Nicht einmal die »asiatische« gelang. Die Tragödien nahmen ihren Lauf, und derart viele davon betrafen Trotzki, dass man glauben konnte, sie seien für eine ganze revolutionäre Legion bestimmt gewesen.

    Der Verlust aller Ämter, die Verbannung, Deportation, das Umherirren zwischen den Kontinenten unseres Planeten waren begleitet von Ermordungen beinahe aller Verwandten und Freunde und zahlreicher Mitstreiter. Mit dem Brandmal »Trotzkist« starben nicht nur seine tatsächlichen Mitstreiter und Anhänger, sondern auch Millionen seiner Landsleute, die man verdächtigte, dass sie unloyal dem diktatorischen Regime gegenüberstanden. Wenn man bedenkt, wie groß Stalins Hetzjagd auf Trotzki angelegt war, ist es erstaunlich, dass es ihm gelungen ist, nach der Deportation noch ein ganzes Jahrzehnt zu überleben. Zwei Monate vor seiner tragischen Ermordung schrieb er: »Ich kann sagen, dass es nicht den Gesetzmäßigkeiten entspricht, dass ich noch unter den Lebenden weile, sondern dass es eine Ausnahme ist.« (B. O., Nr. 87, S. 5.) Das Schicksal dieses Revolutionärs ist märchenhaft, ein atemberaubender Flug zur Spitze des Weltruhms und ein langes Drama des Kampfs, der Verzweiflung, der Enttäuschung und der Hoffnung, das schließlich mit der letzten Tragödie in Mexiko endete.

    Trotzki selbst, der in großen historischen Dimensionen dachte, hat sein Leben nicht als Tragödie gesehen. Zumindest nicht 1930, als er auf Prinkipo weilte.

    »›Nun, wie sehen Sie Ihr persönliches Schicksal?‹, fragt man mich«, schreibt der Revolutionär. »… Ich messe den historischen Prozess nicht mit dem Metermaß meines persönlichen Schicksals … Ich kenne keine persönliche Tragödie. Ich kenne den Wechsel zweier Kapitel der Revolution.« (Trotzki, Moja shisn, S. 336.) Ich erlaube mir, dem Revolutionär zu widersprechen. Trotzki konnte, da er eine große historische Persönlichkeit war, mit Würde scheitern, ohne dabei die Hoffnung zu verlieren. Früh wurde ihm klar, dass seine Niederlage sich würdiger darstellen würde als der Sieg seiner Gegner.

    Trotzki schrieb zahlreiche Bücher, Artikel, Essays, Manifeste, Reportagen. Seine Biographen können auf einen reichhaltigen Nachlass zurückgreifen. Wie sich Natalja Sedowa-Trotzkaja erinnerte, hatte Trotzki geplant, noch eine Reihe umfangreicher Bücher zu schreiben. Doch »der Druck der täglichen Ereignisse verwies diese Arbeiten auf den zweiten Platz. Die Arbeit über Stalin wurde ihm von äußeren Umständen diktiert: materiellen Gründen und dem Drängen seiner Verleger. Nicht nur einmal hatte Lew Davidowitsch geplant, ein ›gut gehendes‹ Buch zu schreiben, wie er sagte, um damit Geld zu verdienen und dann auszuruhen, um sich anschließend Themen zu widmen, die ihn interessierten. Aber das gelang ihm nicht, er war nicht fähig, ›gut gehende‹ Bücher zu schreiben …« (B. O., Nr. 87, S. 8.) Trotzki war einer der ersten Politiker, der das intellektuelle Potential seiner vielen Sekretäre, die sehr engagiert für ihn arbeiteten, optimal nutzte: Sermuks, Posnanski, Butow, Bljumkin, Klement, Weber, Hansen. Jeder seiner Auftritte, jede seiner improvisierten Reden, jeder Befehl – alles wurde mitstenographiert, niedergeschrieben, gedruckt. Nicht zufällig enthalten die 21 Bände seiner Werke, die in der UdSSR bis zum Jahre 1927 veröffentlicht wurden (wobei einige Bände ausgelassen wurden), hauptsächlich seine Berichte, Reden, publizistischen Arbeiten. Dies ist ein wichtiger Teil der Materialien, auf die sich ein Porträt über Trotzki stützen kann.

    Der andere (wahrscheinlich sogar der wichtigere) Teil befindet sich in Archiven. Wahrscheinlich bin ich einer der sehr wenigen Wissenschaftler, denen es möglich war, in ausländischen und sowjetischen Archiven Dokumente Trotzkis einzusehen. Zu nennen wären hier besonders das Archiv der Houghton Library in der Harvard University (wo sich ca. 20 000 Dokumente Trotzkis, darunter 3000 Briefe befinden), das Internationale Institut für Sozialgeschichte (IISG) in Amsterdam (hier findet man mehr als tausend Briefe aus verschiedenen Lebensphasen, darunter auch den Briefwechsel zwischen Lenin und Trotzki), die große Sammlung B. Nikolajewski im Archiv des Hoover-Instituts und die Sonderabteilungen der sowjetischen Archive, deren Bestände bis vor kurzer Zeit nicht zugänglich waren. Dies waren vor allem große Komplexe im Zentralen Parteiarchiv des Instituts für Marxismus-Leninismus, des Zentralen Archivs der Oktoberrevolution, des Zentralen Staatlichen Archivs der Sowjetischen Armee, des Zentralarchivs des Ministeriums für Verteidigung, des Zentralarchivs des Komitees für Staatssicherheit und einiger anderer Archive. Ebenso hatte ich Gelegenheit, mich mit verschiedenen handschriftlichen Varianten einiger Bücher Trotzkis vertraut zu machen, was mir erlaubte, tiefer in das Laboratorium der publizistischen Schaffenskraft des Revolutionärs vorzudringen. Eine wichtige Quelle waren auch persönliche Stellungnahmen von Verwandten und Bekannten Trotzkis, die den Albtraum des Stalinismus überlebten. In diesem Zusammenhang möchte ich der Nichte Trotzkis, A. A. Kasatikowa, dem Großneffen W. B. Bronstein, der Frau seines jüngsten Sohnes Sergej, O. E. Grebner, und anderen Verwandten meinen Dank aussprechen. Interessante Berichte aus seinem Leben, Aussagen zu Charakter und Persönlichkeit lieferten mir N. A. Marennikowa, eine seiner Stenographinnen, A. P. Balaschow, einer der Sekretäre Stalins, sowie N. A. Ioffe, D. T. Schepilow, A. K. Mironow, W. M. Poljakow, N. G. Dubrowinski, D. S. Slatopolski, F. M. Nasarow, ferner I. I. Wratschew, Tamara Deutscher, die kürzlich verstorbene Frau Isaac Deutschers (des meiner Meinung nach größten Biographen Trotzkis) und einige andere Personen, denen ich ebenfalls zu großem Dank verpflichtet bin.

    Ferner hatte ich Gelegenheit, mit wichtigen Funktionären und Wissenschaftlern der sowjetischen Organe für Staatssicherheit Kontakt aufzunehmen, die von der Tragödie des Revolutionärs nicht nur aus dritter Hand wussten. Stellvertretend nenne ich hier P. A. Sudoplatow, E. P. Pitowranow und N. A. Schelepin. Die Spezialabteilungen der UdSSR – die GPU (Staatliche Politische Verwaltung), die OGPU (Vereinigte Staatliche Politische Verwaltung), das NKWD (Volkskommissariat für Inneres) – verfolgten Trotzki von den zwanziger Jahren an bis zu seinem Tod, den diese Organe ihm schließlich brachten. Das NKWD wusste über den Verbannten weitaus mehr, als sich der deportierte Revolutionär vorstellen konnte. Stalin wurde regelmäßig über alle Schritte des Führers der Vierten Internationale unterrichtet. Auf dem Schreibtisch des Generalsekretärs der KPdSU tauchten nicht selten Schriften Trotzkis auf, die noch nicht einmal veröffentlicht waren. Hier ein Auszug aus einem Dokument, der uns vor Augen führt, wie dicht das NKWD Trotzki auf den Fersen war:

    »Streng geheim.

    An die Genossen Stalin, Molotow.

    Ich übersende Ihnen von uns beschlagnahmte Kopien zweier Artikel Trotzkis vom 13. und 15. Januar 1938 aus dem Briefwechsel Sedows … Erwähnte Artikel sind zur Veröffentlichung in der März-Ausgabe des ›Bjulleten Opposizii‹ vorgesehen.

    Volkskommissar für innere Angelegenheiten der UdSSR

    Generalkommissar für Staatssicherheit

    28. Februar 1938 Jeshow« (Archiv des KGB.)

    Außerdem hatte ich Gelegenheit, Berichte von Mitarbeitern des NKWD einzusehen, die sich in die persönliche Umgebung Trotzkis eingeschlichen hatten. Ich habe sogar mit einigen Personen gesprochen, die »auf Weisung des ZK der RKP(B)« die Liquidierung Trotzkis organisierten.

    Während ich am Porträt Trotzkis arbeitete, machte ich mich mit dem größten Teil der biographischen Arbeiten über den Revolutionär vertraut, die im letzten halben Jahrhundert in Europa und Amerika veröffentlicht worden sind. Den größten Eindruck hinterließ bei mir die umfassende Arbeit Isaac Deutschers, der meiner Meinung nach die objektivste Biographie des russischen Revolutionärs schrieb. Beeindruckend sind auch die wissenschaftlichen Leistungen Juri Felschtinskis, der wesentlich dazu beitrug, dass die Öffentlichkeit sich mit den Arbeiten Trotzkis bekannt machen konnte. Eine große wissenschaftliche Monographie erstellte der Historiker Baruch Knei-Paz. Hervorzuheben ist auch die Forschertätigkeit von Dale Reed, Michael Jakobson, Joel Carmichael, Isaac Levine, Harold Nelson, Robert Tucker und Harry Shukman. Die Analyse des Lebens und des Wirkens Trotzkis als politischer Führer und Revolutionär in unserem Lande begann vergleichsweise spät. Die Arbeiten von Ju. I. Korablew, W. I. Starzew, N. A. Wasezki, Ju. A. Poljakow, P. W. Wolobujew und einigen anderen Wissenschaftlern haben hierbei einen bedeutenden Beitrag geleistet.

    Ich möchte unterstreichen, dass ich mich schon seit langem mit dem Schicksal und der Rolle der drei Führer in der Geschichte unseres Landes und der Weltgeschichte beschäftigt habe. Allmählich und Schritt für Schritt begann ich mit dem Sammeln wenig bekannter Materialien, Fakten und Publikationen, ebenso persönlicher Zeugenaussagen in unserem Lande, aber auch im Ausland. Würde man der wissenschaftlichen Methodik folgen, so müsste man zunächst über Lenin, dann über Trotzki und schließlich über Stalin schreiben. Es kam jedoch ganz anders – und das war kein Zufall. Das Buch über den sowjetischen Diktator, der heute den historischen Misserfolg unseres Vaterlandes verkörpert, war bereits 1985 fertig. Damals war eine kritische Analyse der Rolle Lenins in unserem Land schlichtweg unmöglich. Eine solche Arbeit hätte keine Chance gehabt, veröffentlicht zu werden. Unabhängig von seinem Urteil über diese Biographie wird der Leser einräumen müssen, dass dies das erste Buch über Trotzki ist, welches sich auf sowjetisches und ausländisches Archivmaterial stützt.

    Die Vorurteile gegen diesen Mann sind in der sowjetischen Gesellschaft auch heute noch außerordentlich groß. Und obgleich ich ständig bemüht bin, in meinen Publikationen lediglich die Wahrheit zu sagen, ein objektives Bild zu zeichnen, mich nur von Fakten und historischer Logik leiten zu lassen, so ist doch bei einem Großteil der Leser und Hörer meiner Vorträge allein das Vorhaben, ein Buch über Trotzki zu schreiben, mit dem Stigma der Abtrünnigkeit behaftet. In den Köpfen vieler sowjetischer Menschen spuken immer noch Vorurteile gegen Trotzki und das Feindbild des »Trotzkismus« herum, die durch langjährige Diffamierung erzeugt und genährt wurden. Noch immer ist nicht allen klar, dass die Ontologie des Marxismus in Russland sich in drei Grundlinien teilt: Leninismus, Trotzkismus und Stalinismus. Doch alle diese Zweige wuchsen aus einer Wurzel. Alle (obgleich sie sich stark voneinander unterscheiden) haben etwas gemein: Sie setzen auf gesellschaftliche Gewalt, sie sind überzeugt von der absoluten Wahrheit einer einzigen Ideologie, überzeugt davon, dass es rechtens ist, über das Schicksal von Millionen von Menschen zu entscheiden.

    Dieses Buch über Trotzki ist keine politische Biographie, sondern ein politisches Porträt. Zwischen diesen beiden Genres sehe ich einen gravierenden Unterschied: Wenn der »Porträtist« sich streng an die historische Wahrheit hält, hat er das Recht, nach seinem Dafürhalten den Ereignissen und Prozessen eine Interpretation zu geben, die nicht nur ein Wissenschaftler sehen kann, sondern auch ein Künstler. Das politische Porträt unterscheidet sich also von der politischen Biographie wie die Fotografie vom Gemälde.

    In meinem »Porträt« wollte ich auch zeigen, wie die Entwicklung von Freiheit zu Unfreiheit verlaufen kann. So kämpften alle Revolutionäre, unter ihnen auch Trotzki, vor der Oktoberrevolution für die Freiheit des Worts. Nachdem die Bolschewiki und die linken Sozialrevolutionäre die Macht erobert hatten, schien es zunächst so, als würden sie diesem Ideal treu bleiben. Jedoch ‒ es schien nur so. Als M. Gorki erklärte, dass die Herrschaft der Bolschewiki »ein Weg zur Anarchie, zum Untergang des Proletariats und der Revolution« sei, folgten sogleich harte Sanktionen vonseiten der Sieger, die sich nicht nur gegen die menschewistische Zeitung »Nowaja shisn«, wo Gorki seinen Appell »An die Demokratie« veröffentlichte, sondern gegen die gesamte freie Presse richteten.

    Auf einer Versammlung des Rats der Volkskommissare im Dezember 1917 forderte Trotzki, man solle strenger »gegen die bourgeoise Presse und die schändlichen Verleumdungen über die Sowjetmacht vorgehen …« (Zentrales Parteiarchiv). Diese Versammlung, die dann auch Beschlüsse über strenge Maßnahmen verabschiedete, wurde von Lenin geleitet, anwesend waren außer ihm Teodorowitsch, Swerdlow, Jelisarow, Schlichter, Stalin, Glebow, Bontsch-Brujewitsch, Lazis. Während Trotzki und seine Mitstreiter für die Freiheit kämpften, schienen sie nicht zu bemerken, dass sie diese immer weiter einengten und damit die Bedingungen für ihre vollständige Vernichtung schufen.

    Dieses politische Porträt L. D. Trotzkis spiegelt das gesamte Paradoxon des Bolschewismus wider. Während sie die Freiheit als Ziel ihrer Revolution priesen, taten die Bolschewiki alles, um sie dem Volk, den einfachen Menschen, die an sie glaubten, zu nehmen. Und diese Freiheit schenkten sie der Partei, die sich des Staates bemächtigt hatte, daraufhin dem bürokratischen Apparat und schließlich einem Diktator. Trotzki hat bis zum Ende seines Lebens nicht erkannt, dass viele Ausgangspunkte der marxistischen Theorie, die er niemals irgendwelchen Zweifeln unterzog, falsch sind. Und ebendiese zutiefst fehlerhaften fundamentalen Gedanken der Lehre über die Diktatur des Proletariats und des Klassenkampfs wurden zur Grundlage des Scheiterns. Die Verabsolutierung dieser Postulate (und diesen blieb Trotzki zeit seines Lebens treu) musste schließlich zum historischen Fehlschlag werden. Deshalb ist das Porträt Trotzkis ein Versuch, einen vertiefenden Blick auf das Schicksal der Freiheit in Russland zu werfen, welches zweifellos tragisch ist.

    In diesem Zusammenhang ist es mir ein Anliegen, dem Leser den künstlerischen und philosophischen Ansatz bei der Arbeit an diesem Buch darzulegen. Über jedem Kapitel meines Buchs steht als Motto ein Zitat des herausragenden russischen Denkers Nikolaj Alexandrowitsch Berdjajew. Und auch im Text selbst wird der Leser nicht selten den Einschätzungen und Voraussagen dieses bemerkenswerten Philosophen und Historikers begegnen. Damit unternehme ich den Versuch, die Sichtweisen zweier völlig verschiedener, jedoch intellektuell herausragender Persönlichkeiten zu dem Problemkomplex Revolution – Moral – Mensch miteinander zu konfrontieren. In diesem Widerstreit, der Gegensätzlichkeit ihrer Gedanken zu Fragen des historischen Alltags, lässt sich der Kampf zweier Ausgangspunkte verfolgen: des klassenkämpferischen und des humanistisch-gesellschaftlichen. Es wird wohl kaum nötig sein zu erwähnen, welcher Seite die geschichtliche Entwicklung recht gegeben hat. Ich bin überzeugt davon, dass Berdjajews Gedanken sehr hilfreich sein werden, um Trotzki und das Phänomen des Bolschewismus zu verstehen.

    Es drängt sich die Frage auf, ob Trotzki und Berdjajew einander persönlich kannten. Sie waren Zeitgenossen. Bislang ist es mir jedoch nicht gelungen, Dokumente ausfindig zu machen, die beweisen, dass diese herausragenden Persönlichkeiten jemals zusammengetroffen sind. Wir wissen, dass Trotzki entfernten Verwandten Berdjajews in Kiew begegnete.

    Bekannt ist, wie diese beiden Männer übereinander dachten. In seinem Essay »Mereshkowski«, den Trotzki im Jahre 1911 schrieb, charakterisierte er N. A. Berdjajew als »koketten, philosophischen Müßiggänger«, der zu »Halbmystik und Mystik« neigt (Kiewskaja mysl vom 20. Mai 1911). Ähnliche beleidigend-herablassende Bezeichnungen finden sich auch in einer Reihe anderer Artikel Trotzkis.

    Berdjajew blieb ihm nichts schuldig. Allerdings war er nicht besessen vom Dämon der revolutionären Zerstörung, sondern ruhig und besonnen. Seine Urteile über Trotzki sind klar und scharfsichtig. Bevor Berdjajew zusammen mit anderen herausragenden Kulturschaffenden auf Weisung Lenins, die vom Politbüro (also auch von Trotzki) unterstützt wurde, Russland verlassen musste, wohnte er ganz in der Nähe von Trotzki. Den Sommer 1922, so schreibt der russische Schriftsteller in seinem autobiographischen Buch, »verbrachten wir im Kreis Swenigorod, in Barwich, einem entzückenden Ort am Ufer der Moskwa, in der Nähe von Archangelskoe Jussupowitsch, wo damals Trotzki lebte« (Berdjajew, Samoposnanie, S. 263). Weiter erinnert sich Berdjajew: »Die Wälder um Barwich herum waren zauberhaft, wir sind oft zum Pilzesammeln gegangen. Darüber vergaßen wir das grauenhafte Regime, im Dorf spürte man es weniger als anderswo …« Während der russische Denker mit seinen Freunden »Pilze sammelte«, gab Trotzki ausländischen Journalisten ein Interview, dessen Inhalt das Schicksal nicht nur Berdjajews, sondern auch der künftigen Kultur des Landes bestimmen sollte: »Im Falle neuer militärischer Komplikationen … werden all jene unversöhnlichen und unverbesserlichen Elemente zu einer militärisch-politischen Agentur der Feinde, und wir werden genötigt sein, sie nach den Gesetzen des Krieges zu erschießen. Das ist der Grund, warum wir es vorgezogen haben, während der ruhigen Periode sie rechtzeitig zu verbannen, und ich hoffe sehr, dass Sie unsere Umsicht und Humanität anerkennen werden.« (Iswestija, 30. August 1922.) Über diese Art von »Humanität« lässt sich durchaus streiten.

    Berdjajew litt unter der Revolution. Möglicherweise war dies der Grund, dass er erklärte: »Die russische Revolution ist widerwärtig. Nun, jede Revolution ist widerwärtig. Gute, würdige, begrüßenswerte Revolutionen hat es niemals gegeben und kann es nicht geben … Die Französische Revolution, welche als ›groß‹ betrachtet wurde, war ebenfalls widerlich und erfolglos … Die Revolution vergiftete Russland mit Bosheit und tränkte es mit Blut … Man muss die Revolution und die Bolschewiki mehr hassen, als man Russland und das russische Volk lieben muss …« (Nikolaj Berdjajew, Nowoe srednewekowje, S. 59, 68.) Intuitiv fühlte Berdjajew, dass im 20. Jahrhundert nicht Revolutionen, sondern eher Reformen positive Früchte tragen können.

    Für das Verständnis des Bolschewismus, des bürokratischen Absolutismus, der sich bald in Russland entwickelte, und ebenso für das Verständnis der Persönlichkeit Trotzkis sind nicht nur die Bücher Berdjajews über die russische Revolution von Bedeutung, sondern auch seine unmittelbaren Stellungnahmen zu Trotzki. In diesem Zusammenhang möchte ich einige Urteile anführen, die Nikolaj Berdjajew über das »Orakel« der russischen Revolution geäußert hat.

    Als im Jahre 1930 in Berlin Trotzkis Autobiographie »Mein Leben« erschien, verfasste Berdjajew sogleich einen nicht sehr umfassenden, aber erstaunlich tiefgründigen Artikel. »Das Buch soll Trotzki loben als einen großen Revolutionär, und mehr noch, es soll seinen Todfeind Stalin als einen armseligen Tropf und erbärmlichen Epigonen zeigen … Zweifellos ist L. Trotzki in jeder Beziehung den anderen Bolschewiki haushoch überlegen, wenn man Lenin nicht mitrechnet. Lenin ist selbstverständlich größer und stärker, er ist der Kopf der Revolution, jedoch Trotzki ist talentierter und glänzender …« Möglicherweise wird der Leser nicht mit allen Urteilen Berdjajews einverstanden sein. Aber ich glaube, dass diese Urteile durchaus nützlich sind für die »Einführung« in die Welt des Revolutionärs. »Das Leben Trotzkis«, schreibt Berdjajew weiter, »ist außerordentlich interessant und behandelt ein sehr ernsthaftes Thema – das Thema des dramatischen Schicksals eines revolutionären Individuums, das Thema der undankbaren Revolution, die ihre vormals gelobten Schöpfer verstößt und vernichtet.«

    Berdjajew wollte wohl das Paradoxon der Persönlichkeit Trotzkis unterstreichen, als er Folgendes ziemlich überspitzte, ja abwegige Urteil formulierte: »Von ihrem ersten Auftauchen in Russland an wirkten die Bolschewiki hässlich und abstoßend, ihre Gesichter waren abstoßend, ihre Gesten waren hässlich, sie brachten hässliche Sitten und Gebräuche mit sich. Diese Hässlichkeit zeugt von ontologischer Verletzung … L. Trotzki ist einer der wenigen, die den Wunsch haben, das ›schöne Bild‹ des Revolutionärs zu erhalten. Er liebt theatralische Gesten, hat eine Schwäche für revolutionäre Rhetorik, in seinem Stil unterscheidet er sich von dem Großteil seiner Genossen …« (Nowy Grad 1931, 1, S. 91–94.)

    Wahrscheinlich ist dieses Urteil Berdjajews ziemlich kategorisch, doch man muss einräumen, dass Trotzki sich von den anderen Führern deutlich »unterschied«. So ging er in die Geschichte ein als der erste kommunistische Führer, der gegen die ungeheuerlichen Abscheulichkeiten des Stalinismus aufgetreten ist. Trotzki wird im Pantheon der Geschichte bleiben als kompromissloser Prophet der kommunistischen Idee und als ihr ewiger Gefangener. Sein Leben beweist – unabhängig davon, wie man zu ihm stehen mag –, dass er eine große Persönlichkeit mit Idealen war. Die Beschäftigung mit diesem Menschen, der in einer finsteren Zeit sterben musste, als unser riesiges Land noch weit davon entfernt war, sich vom Stalinschen Joch zu befreien, hilft uns, den Ursprung vieler Tragödien im Leben der sowjetischen Menschen zu begreifen. Der Trotzkismus selbst als Linie des Marxismus kann nicht ausschließlich als negatives politisches Gedankengut betrachtet werden. Der positive Aspekt dieser Ideen ist unzweifelhaft: die konsequente Ablehnung des Stalinismus als totalitäre Variante eines modernen Cäsarismus.

    Andererseits hat der Trotzkismus als Ausdruck eines linksradikalen Marxismus von seiner Grundlage her keine Perspektive.

    Am Vorabend des neuen Jahrhunderts

    »Die Revolution bestätigte noch einmal

    die Bitternis des russischen Schicksals.«

    N. Berdjajew

    Die wichtigsten Führer der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution wurden während der Regierungszeit Alexanders II. geboren. Bereits damals begannen die noch kaum spürbaren Konvulsionen der Selbstherrschaft. Ein charakteristisches Symptom war die Ermordung des Zaren durch Mitglieder der revolutionären Gruppe im Jahre 1881. Das russische Imperium war in seiner Entwicklung weit hinter den europäischen Staaten zurückgeblieben, was die zahlreichen Widersprüche innerhalb des riesigen Landes nur noch verschärfte. Früher als alle anderen wandte sich die nicht sehr große, aber geistig wache Schicht der Intelligenz von der Monarchie ab. Die rückständigen Bauern hegten immer noch die Hoffnung auf einen »guten Zaren« – eine jahrhundertealte russische Illusion¹.

    I. M. Wasilewski, der Autor des 1929 erschienenen Buches über den letzten russischen Selbstherrscher, schrieb: »Das Volk war schon immer unterdrückt. Das Land wurde schon immer regiert. Die Beamten stahlen, die despotischen Verwalter wüteten nach Gutdünken.« (Wasilewski, Nikolaj II., S. 2.)

    Der Vorabend des 20. Jahrhunderts war für das russische Imperium von Verworrenheit und Unbeständigkeit geprägt. Der Glanz früherer Zeiten verblasste, der Adel geriet in eine tiefe Krise. In der Arbeiterklasse wuchs die revolutionäre Unzufriedenheit, selbst unter den Bauern, die von der Ausweglosigkeit ihres Schicksals niedergedrückt wurden, regte sich etwas. Der führende Teil der russischen Intelligenz vertrat ein Freidenkertum mit aufrührerischem Geist. Die Intelligenz bemühte sich, im Namen der Unterdrückten zu sprechen, einmal rief sie zu Reformen auf, dann wieder predigte sie äußersten Radikalismus, oft sogar bis hin zum individuellen Terror. Die Kirche, die Polizei und die Zensur versuchten mit allen Mitteln, den Thron zu stützen. Weitsichtige Menschen spürten jedoch bereits zu jener Zeit die kaum wahrnehmbaren unterirdischen »Stöße« und ahnten, dass die Zeit der großen Veränderungen und Erschütterungen gekommen war. So wie es im Februar kaum merklich nach Frühling riecht, so konnte man in Russland vor der Jahrhundertwende eine Atmosphäre erleben, die der Zeit vor dem Gewitter gleicht.

    Wer konnte damals ahnen, dass nach Lenin, Plechanow, Martow ein junger revolutionärer Nachschub folgen würde, der eine besondere Rolle in allen Akten des russischen Revolutionsdramas spielen würde? Zwanzig Jahre waren beide, als das 20. Jahrhundert begann; Nur zwei Monate trennten Lew Bronstein und Josef Dshugaschwili, der später den Namen Stalin annehmen sollte.

    Wenden wir uns nun den Wurzeln des Mannes zu, den Lenin im Jahre 1923 einen »herausragenden Führer« nennen sollte.

    Die Familie der Bronsteins

    Die Bewegungsfreiheit der Juden in Russland war in bedeutendem Maße durch den »Ansiedlungsrayon« eingeschränkt. Nach Gutdünken weiteten Alexander I. und Nikolaj I. die Grenze dieses Rayons aus oder engten sie noch mehr ein. Einige jüdische Familien wollten sich nicht in armseligen »Städtchen« zusammenpferchen lassen und zogen so gen Süden, um dort »Neuland« zu bewirtschaften. Im 19. Jahrhundert förderte die Regierung die Besiedlung des fruchtbaren Landes an den nördlichen Ufern des Schwarzen Meeres. Neben russischen und ukrainischen Bauern, Griechen und Bulgaren gab es hier auch eine geringe Zahl von jüdischen Kolonisten. Dies war eher ungewöhnlich, da die Juden sich sehr selten mit landwirtschaftlicher Arbeit und Viehzucht beschäftigten.

    Die Familie der Bronsteins stammte aus einem kleinen jüdischen Städtchen in der Nähe von Poltawa. Dawid Leontjewitsch Bronstein, Trotzkis Vater, der noch die Triumphe seines Sohnes erlebte und 1922 an Typhus starb, war ein zäher und tüchtiger Mann. Er hatte in der Nähe der kleinen Stadt Bubrinez, welche sich im Gouvernement Cherson befindet, ca. 100 Desjatinen (1 Desjatine = 1,09 Hektar) Land von einem Oberst a. D. namens Janowski gekauft und war durch harte Arbeit und große Sparsamkeit allmählich zu Wohlstand gelangt. Er pachtete, kaufte und verkaufte Land und wurde so zu einem Großgrundbesitzer. Während des Bürgerkriegs nach der Oktoberrevolution befand sich Dawid Bronstein in einer durchaus zwiespältigen Lage: Die »Weißen« sahen in ihm den Vater eines Revolutionsführers; die »Roten« betrachteten ihn als Großgrundbesitzer und Ausbeuter. Es sind einige Telegramme aus jener Zeit erhalten geblieben, aus denen klar hervorgeht, dass die Verwandten Trotzkis weder von den Weißen noch von den Roten verschont worden sind. Nachdem die Roten seinem Vater seinen Besitz genommen hatten, schickte dieser dem Sohn folgendes Telegramm:

    »Moskau. An den Vorsitzenden des Revolutionären Kriegsrats Trotzki zum Aufenthaltsort. Auf Weisung Denikins sind Onkel Grigori, seine Frau, sein Cousin Lew Abramowitsch Bronstein verhaftet worden und als Geisel nach Noworossijsk gebracht worden. Ihre Lage ist sehr schwierig. Bitte, alles Mögliche zu tun, um ihre Befreiung zu erwirken, und über das, was in Odessa unternommen wird, Mitteilung zu machen. Erbitte Antwort über Sturm 14 Bronstein.« (Zentrales Armeearchiv.)

    Nachdem sein Vater sein Vermögen verloren hatte, verhalf Trotzki ihm zu einer Stellung als Verwalter in einer Mühle bei Moskau, die zum Wohle des Volks beschlagnahmt worden war. Bis zu seinem Tod sah Bronstein mit begeisterter Bewunderung zu seinem Sohn auf. Der Analphabet lernte gegen Ende seines Lebens sogar ein wenig Lesen, um die Überschriften der Bücher, Broschüren und Artikel seines jüngsten Sohnes entziffern zu können.

    Anna, die Mutter Trotzkis, war eine typische jüdische Kleinbürgerin aus der Umgebung von Odessa, wo sie eine nicht sehr umfangreiche Schulbildung erhalten hatte. Trotzkis Vater war ein schöner Mann, und so hatte sie sich entschlossen, den An­alphabeten Dawid Bronstein zu heiraten und Bäuerin zu werden, was für eine echte Städterin nicht einfach ist. Es ist ihr jedoch gelungen, einige fürs Dorf untypische Elemente geistiger Kultur in die Familie einzubringen. Anna Bronstein las gerne und ließ sich manchmal Bücher per Post schicken. Außerdem engagierte sie sich sehr für die Bildung ihrer Kinder.

    Von den acht Kindern, die aus der Ehe hervorgingen, überlebten Trotzki, zwei Schwestern und ein Bruder.

    Lew Bronstein wurde am 25. Oktober (7. November nach der neuen Zeitrechnung) 1879 geboren – 38 Jahre vor der großen Revolution.

    In seiner kurzen Autobiographie, die 1919 veröffentlicht wird, schreibt Trotzki: »Ich wurde im Dorf Janowka, im Gouvernement Cherson, Kreis Jelisawetgrad, auf dem kleinen Besitz meines Vaters, eines Bauern, geboren.« (Zentrales Parteiarchiv.) Hier ist Trotzki ungenau: Seine Familie hatte bereits zu jener Zeit mehr als 100 Desjatinen und mehr als 200 Desjatinen Pachtland (und später viel mehr), die Familie besaß eine Dampfmühle und einiges Vieh. Auf dem Gut der Bronsteins arbeiteten Dutzende von Tagelöhnern.

    Über seine frühen Jahre schreibt Trotzki außerordentlich knapp: »Meine Kindheit war nicht von Hunger und Kälte begleitet. Zurzeit meiner Geburt kannte die Familie meiner Eltern bereits den Wohlstand. Jedoch war es der hart errungene Wohlstand von Menschen, die sich aus der Not emporgearbeitet haben und nicht auf halbem Wege stehen bleiben wollten. Alle Muskeln waren angespannt, alle Gedanken kreisten um die Arbeit und um Sparsamkeit. In diesem Alltag blieb für die Kinder ein bescheidener Platz. Wir kannten zwar keine Not, doch kannten wir auch nicht die Großzügigkeit des Lebens, seine Liebkosungen. Meine Kindheit stellt für mich keine sonnige Lichtung dar wie bei einer kleinen Minderheit, aber auch keine finstere Hölle des Hungers, der Gewalt und der Verletzungen wie die Kindheit vieler, wie die Kindheit der Mehrheit. Es war eine graue Kindheit in einer kleinbürgerlichen Familie, im Dorf, in einer abgelegenen Ecke, wo die Natur wundervoll, doch die Neigungen, Sichtweisen, Interessen dürftig und begrenzt waren.« (Trotzki, Moja shisn I, S. 17.)

    Ich denke, dass die Kinderjahre, die so bedeutend für die Entwicklung eines Menschen sind, sehr wohl ihren Stempel im Bewusstsein des kleinen Jungen hinterlassen haben. Vor allen Dingen war der jüngste Sohn Bronsteins von Kindheit an mit Menschen konfrontiert, die schwere körperliche Arbeit verrichteten.

    Auf Wunsch des Vaters musste Trotzki die Geldsummen, die der Verkauf von Weizen einbrachte, auflisten, er musste die Pud (1 Pud = 16,38 kg) Getreide, die die Bauern zum Mahlen brachten, sowie die Tageslöhne der Landarbeiter eintragen. Bei dieser Aufgabe hatte der jüngste Bronstein durchaus Gelegenheit, sich mit den harten Realitäten des Lebens vertraut zu machen.

    Die andere Seite der Kindheit war eng mit der Mutter verbunden, die unentwegt bemüht war, ihren Kindern den Wunsch nach Wissen nahe zu bringen. »Die langen Winter«, erinnerte sich Trotzki, »wenn der Steppenschnee Janowka von allen Seiten zuschüttete, sich Schneewehen auftürmten, die höher als die Fenster waren, dann las Mutter gerne vor … Sie machte häufig Fehler beim Lesen und blieb oft bei schwierigem Satzbau stecken. Manchmal korrigierten wir Kinder sie, und das von ihr Vorgelesene bekam eine ganz andere Bedeutung. Doch sie las beharrlich, unermüdlich, und während der freien Stunden der ruhigen Wintertage konnte man ihr gleichmäßiges Flüstern hören.« (Trotzki, Moja shisn I, S. 36.)

    Wer weiß, möglicherweise hat die Mutter gerade in diesen Abenden jene Samen geistiger Kultur ausgestreut, die bald eine reiche Saat bringen sollten? Möglicherweise hat auch die Begegnung mit den Tagelöhnern, die zu Hunderten auf das Gut zur Ernte kamen, bei dem späteren Marxisten einen tiefen Eindruck hinterlassen.

    Das waren dürftig gekleidete Menschen, die lediglich magere Kohlsuppe und Brei zu Mittag und Hirsebrühe zum Abendessen erhielten. Fleisch gab es nicht, Butter auch nicht. Sie arbeiteten für Hungerlöhne. »Als Behausung dienten ihnen das weite Feld«, erinnerte sich Trotzki, »und bei Regen – die Heuschober.«

    Wahrscheinlich hat die Schule den jüngsten Bronstein am meisten beeinflusst. Zunächst ging er auf die private religiöse jüdische Schule. Dort war Lew ein mittelmäßiger Schüler, da er sich nicht sonderlich für religiöse Schriften interessierte – in seiner Familie spielte Religion lediglich eine symbolische Rolle. Außerdem konnte er schlecht Jiddisch. In der Schule lernte der Junge Schreiben und Lesen auf Russisch. Kaum war er des Schreibens mächtig, begann er Gedichte zu schreiben. Zu Hause war man von ihnen begeistert. Die poetischen Versuche Trotzkis aus Kindertagen sind, im Gegensatz zu denen Stalins, nicht erhalten geblieben.

    Die Mutter setzte sich sehr dafür ein, dass der junge Bronstein 1888 die Schule in Odessa besuchen konnte. M. F. Schpenzer, ein Verwandter der Bronsteins, sorgte dafür, dass Trotzki an der staatlichen Schule, die ein hohes Ansehen genoss, aufgenommen wurde. Und dies war nicht einfach, da nur ein bestimmter Prozentsatz an jüdischen Kindern an dieser Schule aufgenommen wurde. In seiner dienstlichen Autobiographie schreibt Trotzki: »Ich besuchte die Realschule des Heiligen Pawel und war während der ganzen Zeit ein ausgezeichneter Schüler.« (Zentrales Parteiarchiv.)

    Die Realschulen unterschieden sich damals vom Gymnasium darin, dass die humanistischen Fächer zugunsten der naturwissenschaftlichen und mathematischen vernachlässigt wurden. Dennoch konnte sich der Realschüler dort mit Werken von Tolstoj, Shakespeare, Puschkin, Nekrasow, Dickens, Weresajew und Uspenski vertraut machen.

    Die Fähigkeiten und der Ehrgeiz des Jungen zeitigten Wirkung: Trotzki war während der ganzen Schulzeit Klassenbester in allen Fächern. Die Leichtigkeit, mit der er lernte, prägte Trotzkis Charakter. Seinen Klassenkameraden gegenüber fühlte er sich intellektuell überlegen, er war selbstbewusst und beharrlich. In diesem Zusammenhang sind die Beobachtungen von Professor G. A. Siw, der L. Bronstein während der Jugendjahre kannte, interessant. Die frühe Bekanntschaft mit Trotzki ermöglichte es Siw, nach seiner Emigration aus Russland ein Buch über Trotzki zu schreiben. Darin heißt es: »… Immer und überall Erster zu sein – das machte im großen und ganzen die Persönlichkeit Bronsteins aus.« Die Natur hatte L. Bronstein ein schönes Äußeres geschenkt: lebhafte blaue Augen, wildes schwarzes Haar, ebenmäßige Gesichtszüge. Da der junge Mann überdies gute Manieren an den Tag legte und sich geschmackvoll kleidete, waren viele Menschen von ihm begeistert. Andere mochten ihn nicht – Talente werden niemals verziehen. Trotzki muss wohl sehr deutlich gespürt haben, dass er ein außergewöhnlicher Mensch war, und das mag dazu geführt haben, dass sich bei ihm starke egoistische und egozentrische Züge herausbildeten. Möglicherweise hatte dies auch zur Folge, dass er in der Zeit seiner Triumphe keine Freunde hatte, denen er wirklich vertrauen konnte. Für jede zwischenmenschliche Beziehung ist Gleichheit eine unabdingbare Voraussetzung; in diesem Bereich kann es keine Schuldner und Gönner geben. Schon als Jugendlicher war Trotzki nicht bereit, intellektuelle Ebenbürtigkeit anzuerkennen. Und später erkannte er einzig Lenin eine geistige Überlegenheit zu – und das erst nach der Oktoberrevolution. Ich denke, dass diese Charaktereigenschaft des künftigen »her­ausragenden Führers« eine der Ursachen für seine persönliche Tragödie ist. Mit Nebenrollen konnte Trotzki sich nicht zufrieden geben, er wollte nur Hauptrollen in der Geschichte spielen. Nicht einmal an die Schule, die für gewöhnlich einen sonnigen Fleck in der

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