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Über dieses E-Book

Als Mary den interessanten David kennenlernt, kann sie dem tristen Alltag und ihrer unglücklichen Ehe zeitweise entfliehen.
Bis ein Mord sie aus ihrem Doppelleben reißt.
Denn zwischen Liebe und Hass verläuft nur ein schmaler Grat.

Doch das Töten war erst der Anfang...
SpracheDeutsch
HerausgeberTWENTYSIX
Erscheinungsdatum23. Nov. 2015
ISBN9783740707613
Eiskalt berechnet
Autor

Susann S.

Ich habe schon immer Autoren bewundert, die es schaffen, dass man in eine andere Welt eintaucht und alles Drumherum vergisst. Als ich mich in einer Zeit der geistigen Unterforderung im Berufsalltag befand, habe ich jede freie Minute genutzt, um selbst so eine Welt zu kreieren. Ich hoffe, dass ich Sie genauso in den Bann ziehen kann.

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    Buchvorschau

    Eiskalt berechnet - Susann S.

    Inhaltsverzeichnis

    Prolog

    1.

    2.

    3.

    4.

    5.

    6.

    7.

    8.

    9.

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    Impressum

    Prolog

    Prolog

    Mary sah gedankenverloren aus dem Küchenfenster, ohne den Ausblick in den Garten der Villa bewusst wahrzunehmen. Wäre es an diesem nebligen Herbstmorgen nicht so nasskalt in Berlin, würde sie sich auf die große Sonnenterrasse setzen, doch so blieb ihr nur die heiße Kaffeetasse, an der sie versuchte, sich die Hände zu wärmen. Der graue Himmel spiegelte passend ihren Gemütszustand wieder, in dem ihre Gedanken wie in Endlosschleifen ständig um nur ein Thema kreisten. Obwohl Mary wusste, dass es vergebens war, zog sie ihr Handy aus der Tasche und blickte Erwartungsvoll auf das Display. Doch erneut traf sie der stechende Schmerz der Enttäuschung, dass ihr auch diesmal kein Zeichen für eine eingegangene SMS oder einen verpassten Anruf von David entgegenblinkte. Seufzend erinnerte sie sich an die letzte Begegnung mit ihm, in der die beiden in einem heftigen Streit auseinander gegangen sind, weil sie sich erst nach der Italienreise von Frank trennen wollte. Seitdem sind all ihre Versuche, ihn zu erreichen, gescheitert, was Mary fast den Verstand raubte. Als das laute Knallen der Tür durch das Haus schallte, zuckte sie plötzlich zusammen und hätte dabei fast ihr Heißgetränk verschüttet. Ohne ein Wort des Abschiedes fuhr ihr Mann in seine Kanzlei, nachdem nun auch seine Hoffnungen auf eine Rettung der Ehe geplatzt sind. Durch den kurzen Schreck wurde Mary aus den Gedanken gerissen, wodurch der Garten hinter der Fensterscheibe wieder klare Formen annahm. Dabei stach ihr ein Fleck aufgewühlter Erde auf der Wiese ins Auge, welcher nicht so recht in die sonst so gepflegte Umgebung passen wollte. Doch erst als sie außerdem einen Spaten erblickte, wurde Mary stutzig genug, um hinauszugehen. Sie zog ihren Mantel über und näherte sich stirnrunzelnd dem aufgewühlten Fleck, der sich nach mehreren Schritten als ein tieferes Loch entpuppte, aus dem ein Stück schwarze Folie ragte. Ohne weiter nachzudenken, zog sie daran und versuchte diese zu entfernen, was ihr jedoch nicht gelingen wollte. Verdutzt nahm Mary schließlich den Spaten in die Hand und legte mit mechanischen Bewegungen immer mehr davon frei. Ein süßlich-modriger Geruch wehte ihr entgegen und ließ sofort Übelkeit aufkommen, doch das hielt sie nicht davon ab, mit zittriger Hand erneut nach dem losen Ende der Folie zu greifen und diese langsam zurückzuschlagen. Mary schnappte nach Luft, als sie in ein graues Gesicht mit trüben, eingefallenen Augen blickte und rannte verstört in die Villa zurück.

     1.

    1.Teil

    Mary drehte den Stiel des Weinglases ungeduldig zwischen den Fingern hin und her, während ihr Blick ständig zwischen der Eingangstür des Restaurants und ihrer Armbanduhr hin und her pendelte. Langsam schwand die Hoffnung endgültig, dass Frank noch auftauchen würde. Heute war ihr 7. Hochzeitstag, welchen er anscheinend vergessen hatte. Sie hatte ihn gestern Abend extra noch einmal an die Reservierung erinnert, was er mit einem knappen nicken bestätigte, doch anscheinend hatte er überhaupt nicht zugehört. Neidvoll sah Mary zu dem Pärchen am Nebentisch, welches zärtlich Händchen hielt und dabei verliebte Blicke austauschte. Vor vielen Jahren leuchtete auch in ihren grünen Augen dieser Glanz, nachdem sie Frank mit Neunzehn auf einer Studentenparty näher kennenlernte. Mit seinen blonden Haaren und der athletischen Figur ist ihr der gutaussehende Mann schon vorher mehrmals aufgefallen, doch durch seinen Ruf als beliebten Mädchenschwarm hatte sie kein richtiges Interesse an ihm. Daher wehrte Mary auch jeden seiner hartnäckigen Annäherungsversuche ab, doch er war so sehr von ihrer Natürlichkeit und ihrem sonnigen Gemüt begeistert, dass er nicht aufgab. Eines Tages machte sich Franks Beharrlichkeit schließlich bezahlt und sie ließ sich auf einen Drink von ihm einladen. Dabei unterhielten sich die beiden angeregt über tiefgründige Themen, bei denen sie feststellte, dass sich hinter der angeberischen Fassade ein sehr liebevoller und ehrgeiziger Mann mit großen Zukunftsplänen verbarg. Schließlich verliebte Mary sich bis über beide Ohren in den klugen Jungen, welcher ihr die Sterne vom Himmel holte und Alles tat, um sie glücklich zu machen.

    Bei der Erinnerung an die schöne Vergangenheit, nippte Mary traurig an ihrem Rotweinglas, wobei ihr erneut bewusst wurde, wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert hatten. Doch der Wandel stellte sich so schleichend ein, dass ihr nun erst richtig bewusst wurde, dass Frank mehr mit seinem Beruf, als mit ihr verheiratet war. Alles begann nach seinem erfolgreich abgeschlossenen Jurastudium, woraufhin er von einer namenhaften Kanzlei in Berlin das Angebot erhielt, für diese zu arbeiten. Da er diese vielversprechende Chance unmöglich ablehnen konnte, zog Mary mit ihm aus ihrer gemeinsamen Heimat Potsdam um, und richtete sich dort ein neues Leben ein. Sie war unglaublich stolz auf Frank und hatte für seinen Arbeitseifer, mit dem er gerade am Anfang glänzen wollte, volles Verständnis. Als Ausgleich dafür waren die kurzen Momente, welche sie in der Freizeit zusammen erlebten, umso intensiver. Nachdem er so oft von der Kanzlei schwärmte, welche ihnen eines Tages ein sorgenfreies Leben ermöglichen könnte, wollte Mary sich schließlich ein eigenes Bild davon machen und besuchte Frank. Staunend stand sie vor dem großen, modernen Glasgebäude, welches hoch hinauf in die Luft ragte und einen großen Eindruck auf sie machte. Doch es dauerte nicht lange, und an Franks Arbeitsplatz folgte die Ernüchterung: Sein Büro glich einer fensterlosen Abstellkammer, in der selbst der winzige Schreibtisch zu groß war und damit das Schließen der Tür verhinderte. Auf den wenigen Quadratmetern des Bodens stapelten sich in hohen Türmen die Akten, welche auf seine geduldige Bearbeitung warteten. Bei diesem Anblick verschlag Mary es die Sprache, sodass sie Frank nur mitleidig ansehen konnte. Er jedoch lächelte stolz und bescheiden und wusste, dass sich die Mühe eines Tages bezahlt machen würde. 

    Nachdem er nun heute als Partner der Kanzlei in einem geräumigen Büro mit großflächiger Glasfront auf dem Chefsessel thront, hatte er erreicht, wonach er so lange strebte. Nur eben auf Kosten ihrer Ehe, dachte Mary bitter. Der liebenswerte Junge von damals ist einem angespannten Mann unter Dauerstress gewichen, welchen die Jahre der harten Arbeit bereits zeichneten. Durch sein Geld konnte sich Mary zwar den Traum eines eigenen Fotostudios erfüllen, doch viel lieber wäre sie so glücklich mit ihm, wie sie es früher war. Aber inzwischen hatte sie es schon längst aufgegeben, mit ihrem Mann darüber zu diskutieren. Die Sterne waren Geschichte und damit hatte Mary sich bereits abgefunden. Doch das Frank sie nun hier in dem Restaurant einfach sitzen ließ, schlug dem Fass den Boden aus. Erneut rief Mary ihn auf seinem Handy an, wobei ihr seine Mailbox nur den üblichen Spruch aufsagte, welcher sie immer mehr zum Kochen brachte. Der Versuch, ihn in seiner Kanzlei zu erreichen, scheiterte genauso kläglich. Seine Sekretärin Ina teilte ihr nur im schroffen und genervten Ton mit, Frank sei in einem Meeting und daher nicht zu sprechen. Aufgebracht stopfte Mary das Telefon zurück in die Handtasche, wobei ihr ein Brief in die Hände fiel, welcher heute Morgen im Fotostudio zugestellt wurde. Es handelte sich dabei um eine Anfrage, ob sie einen Aufbaukurs in Fotografie & Porträts für Journalisten, Studenten und ambitionierte Fotografen leiten möchte, da für diesen Zweig eine immer größer werdende Nachfrage herrschte. Mary wurde nicht zum ersten Mal dazu angeschrieben, denn nachdem sie sich anfangs auf dem Gebiet der Landschaftsfotografie spezialisiert hatte, machte sie zusätzlich auf dem Zweig Porträtfotografie große Fortschritte. Daher bot sie in ihrem Studio neben Bewerbungsfotos, Aktfotografie, Paar-und Familienaufnahmen an, was meistens eine sehr vielseitige Arbeit mit interessanten Menschen bedeutete. Doch den Schritt zu einem Seminar hatte sie bisher noch nicht gewagt, wodurch Mary diese Anfragen stets abgelehnt hatte. Schon allein die Vorstellung, vor mehreren, fremden Leuten sprechen zu müssen, erzeugte bei ihr enorme Nervosität. Aber langsam hatte sie es satt, immer nur auf der Stelle zu treten und ewig lang die Pros und Contras abzuwägen, wodurch sich durch das ständige Zögern nur immer alles weiter nach hinten schob. Es wurde langsam Zeit, die Unsicherheit und die Angst vor Unbekannten zu überwinden. Der Kellner holte sie schließlich aus ihren enthusiastischen Gedanken zurück, indem er an ihren Tisch trat und sich nach weiteren Wünschen erkundigte. Doch ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es endgültig Zeit war zu gehen, nachdem sie über eine Stunde vergebens auf Frank gewartet hatte. Also zahlte Mary ihre zwei Gläser Wein und ging mit leerem Magen hinaus in die frische Abendluft. Während dem viertelstündigen Fußweg nach Hause, dachte sie weiter über die Einladung, ein Seminar zu leiten, das erste Mal ernsthaft nach. Eigentlich war das gar keine so schlechte Idee, denn der tägliche, langweilige Trott stumpfte sie immer mehr ab. Das Lächeln mit den kleinen Grübchen, welches Mary einst stets auf den Lippen trug und andere Menschen damit ansteckte, ist einem nachdenklichen Ausdruck gewichen, welcher ihre positive Ausstrahlung trübte. Doch mit ihren Einunddreißig Jahren konnte das doch nicht schon Alles in ihrem Leben gewesen sein?! Sie brauchte zwar eine gewisse Routine und hatte anfangs immer etwas Angst vor Veränderungen, doch so wie es jetzt war, reichte es ihr auch nicht. Eine ungreifbare Sehnsucht war ständig gegenwärtig und erfüllte Mary mit innerer Leere. Vielleicht sollte sie zur Abwechslung auch einfach mal wieder eine kleine Ausstellung ihrer Arbeit in der Umgebung machen, wie sie es vorher getan hatte. Das war ein weiteres Ziel, welches Mary neben dem Seminar ins Auge fassen wollte, um Wege aus dem tristen Dasein zu finden. Außerdem ermöglichte ihr der Zuverdienst, unabhängiger von Frank zu werden. Sie hatte sich zwar inzwischen daran gewöhnt, dass er ihr in schwierigen Zeiten von schlechter Marktlage ab und zu finanziell unter die Arme griff, doch wohl fühlte sie sich nicht dabei. Denn was Geld betraf, stand Mary bereits bis an ihr Lebensende tief in Franks Schuld. 

    2.

    Wie erwartet, war Frank noch nicht zu Hause. Um das Hungergefühl zu vertreiben, ging sie auf direktem Weg zum Kühlschrank und suchte nach etwas schnellem zu Essen, wurde dabei jedoch kaum fündig. So bestand die heutige Abendmahlzeit aus einer zusammengerollten Scheibe Käse und Salami, welche sie auf dem Weg nach oben in das Badezimmer hastig verschlang. Mary warf ihre Kleidung in die Wäschetruhe, welche die verschiedenste Essensdüfte des Restaurants angezogen hatten und duschte sich anschließend ausgiebig. Obwohl der Abendspaziergang ihre Müdigkeit vertrieben hatte, legte sie sich danach in das große, leere Ehebett. In der Dunkelheit kam jedoch erneut die Enttäuschung über den Abend hoch, welche damit das Schlafen erst recht verhinderte. Als Frank gegen 01.00 Uhr Nachts das Schlafzimmer betrat, knipste sie sofort das Licht auf dem Nachtschrank an und sah ihn verständnislos an. 

    „Entschuldige das ich dich geweckt habe."

    „Hast du vielleicht etwas vergessen?", zischte sie vorwurfsvoll, was sonst eigentlich nicht ihrer Art entsprach. Normalerweise versuchte Mary stets durch ihre harmoniebedürftige Art Auseinandersetzungen zu vermeiden, doch diesmal reichte es ihr. 

    „Was meinst du?" fragte er irritiert. 

    „Wir haben uns im Restaurant La Casserole verabredet, da heute unser Hochzeitstag ist!" sagte sie ungehalten. 

    „Oh Mary, das habe ich ganz vergessen! Es tut mir wahnsinnig leid!" erwiderte Frank mit reuevollem Blick. 

    „Ach, vergiss es einfach.", fauchte Mary und löschte das Licht, um ihm dann verärgert den Rücken zuzudrehen. Der Entschluss, gleich am nächsten Morgen die Sache mit dem Seminar in Angriff zu nehmen und wirklich durchzuziehen, stand für sie nun endgültig fest.Wenn Mary damals nur geahnt hätte, wie gravierend sich ihr Leben durch diese Entscheidung verändern würde...

    3.

    Der Ärger mit Frank war über die Nacht kaum verflogen, doch sie wollte sich ihren freien Tag davon nicht verderben lassen. Als sie nach dem Ausschlafen die Gardinen der Fenster im Schlafzimmer aufzog, strahlte ihr die Sonne freundlich entgegen und ließ damit ihre Laune sofort aufhellen. Nachdem sie sich im Badezimmer fertig gemacht hatte, bereitete Mary anschließend in der Küche eine Scheibe Toast und einen Kaffee zu und ging mit einem Roman und ihrem Frühstück hinaus, auf die großzügigen Terrasse. Genau hier hatte sie, kurz nach dem Einzug, sehr viele schöne Abendstunden mit Frank verbracht und bei einem Feuer im Außenkamin stundenlange Gespräche geführt, welche meist bis tief in die Nacht gingen. Inzwischen war jedoch eine Unterhaltung mit ihm, welche länger als zehn Minuten dauerte, zu einer Seltenheit geworden. 

    Mary setzte sich auf einen der Liegestühle und ließ ihren Blick durch den weitläufigen Garten schweifen, der nach dem harten, langen Winter endlich immer grüner wurde. Der Frühling ließ an den Obstbäumen und Ziersträuchern die Knospen sprießen und verwandelte das Grün der Bäume und Wiesen in einen saftigen Ton. Das Grundstück, mit dem kleinen Schuppen, grenzte an den Wald und war von keiner Seite einsehbar, sodass sie sich bei einem Sonnenbad immer unbeobachtet fühlen konnte. Eigentlich war es absolut traumhaft, denn das Vogelgezwitscher wurde von keinem nervenden Verkehrslärm unterbrochen, da die große Villa in einer guten und ruhigen Wohngegend mit Einfamilienhäusern lag. Viele Bekannte beneideten sie um das imposante Anwesen, doch der vorherrschende Luxus schaffte es nicht, Mary zu blenden. Nach dem Einzug wurde ihr schnell klar, dass dieses Haus viel zu groß und unpersönlich ist. Und auch bis jetzt hatte sie keinen Weg finden können, um sich hier richtig wohl und heimisch zu fühlen. 

    Die wärmenden Sonnenstrahlen erinnerten Mary wieder daran, dass sie sich heute erholen wollte, also lehnte sie sich zurück und schloss die Augen. Doch die Entspannung währte nur kurz, denn es dauerte nicht lange, bis ihre Gedanken wieder zu Frank zurückkehrten. Um sich davon abzulenken, nahm sie ihr Buch zur Hand, doch auch das legte Mary wenig später frustriert beiseite. Ihre Augen flogen zwar über die Buchstaben, doch ihr Kopf konnte die Wörter nicht aufnehmen und zu etwas sinnvollem verbinden. Was konnte sie mit ihrem freien Tag nur anstellen, außer sich sinnlos den Kopf zu zermartern? Kurzerhand griff Mary zum Telefon und fragte ihre beste Freundin Josie, ob die beiden sich in der Mittagspause zum Lunch treffen wollen. Glücklicherweise stimmte diese zu, was ihre Laune sofort aufhellen ließ. Um sich bis dahin die restliche Zeit zu vertreiben, ging Mary zurück ins Haus und zog sich bequeme Kleidung an, um endlich einmal wieder joggen zu gehen. Diesem Hobby ging sie früher mehrmals pro Woche nach, aber inzwischen dominierte die Trägheit, mit der auch ihre Eitelkeit mehr und mehr verschwand. Doch als Mary in den vergangenen Tagen anhand der kneifenden Hosen feststellen musste, dass sich die vielen Fertiggerichte langsam begannen zu rächen, wurde ihr klar, dass sie dem Einhalt gebieten musste. An ihrer sonst so schmalen Taille zeigten sich unschöne Fettablagerungen und auch von einem flachen Bauch war nichts mehr zu sehen. Also lief Mary zielstrebig vom Ehrgeiz geweckt ein kurzes Stück die Straße entlang und bog in den Wald ein, bis wenig später starkes Seitenstechen sie zum Verlangsamen brachte. Es war erschreckend, wie schnell sich ihre Kondition abgebaut hatte und sie somit nach einer halben Stunde total erschöpft abbrach und zurückkehrte. Doch um den zweiten guten Vorsatz in die Tat umzusetzen, 

    unterschrieb Mary gleich nach dem Duschen für die Teilnahme als Seminarleiterin und machte sich anschließend auf den Weg ins Stadtzentrum. Sie traf zur verabredeten Zeit mit Josie in dem kleinen Café ein und erinnerte sich während des Wartens daran zurück, wie sich die beiden Freundinnen damals kennenlernten:

    Nachdem Josies Eltern nach einem schweren Schicksalsschlag nicht mehr dazu in der Lage waren, für ihre Tochter zu sorgen, wurde sie von ihrer alleinstehenden Tante Karin in Potsdam aufgenommen. Da die beiden sich vorher, aufgrund der weitentfernten Wohnorte, selten gesehen hatten, bestand anfangs keine Bindung zwischen ihnen. Karin kümmerte sich aber aufopfernd um ihre kleine Nichte und versuchte ihr die Liebe zu geben, welche ihr nun nach dem Verlust der Eltern fehlte. Doch durch den Schulwechsel in eine fremde Stadt kannte sie niemanden und saß daher in den Pausen immer allein und ohne Freunde am Tisch. Mary hatte Mitleid mit dem verschlossenen Mädchen und setzte sich eines Tages zu ihr.

    „Hi, ich bin Mary Ahnberg. Wie heißt du?"

    „Josie Weinstein." antwortete sie leise und zurückhaltend. 

    „Wo kommst du her?"

    „Ich bin aus München."

    „Sind deine Eltern umgezogen?"

    „So ähnlich." antwortete Josie nur ausweichend. 

    „Wollen wir mal zusammen spielen? Ich wohne nur eine Straße weiter. Komm doch einfach mal vorbei."

    Dann ertönte die Glocke, welche den Unterrichtsbeginn ankündigte. Schnell packten die Mädchen ihre Sachen zusammen und machten sich auf dem Weg in ihr Klassenzimmer. Da die beiden in Parallelklassen gingen, winkte Mary ihr noch kurz zu und verschwand in einer anderen Tür auf dem Gang. Dies war der Beginn einer tiefen Freundschaft, die bis heute andauerte. Nach dem Umzug mit Frank wurde der Kontakt zwar spärlicher, brach aber nie ganz ab. Als Josie dann ihr Medizinstudium und die anschließende Ausbildung zur Fachärztin abgeschlossen hatte, trat sie eine Arbeitsstelle als Rechtsmedizinerin in Berlin an, wodurch die beiden Freundinnen wieder vereint waren. Inzwischen ist aus dem einst schüchternen Mädchen eine taffe und energiegeladene Frau von einer kühnen Schönheit geworden, die auf dem ersten Blick jedoch immer etwas unnahbar wirkte, was durch ihre stechenden, stahlblauen Augen noch zusätzlich unterstrichen wurde.

    Mary was so tief in Gedanken versunken, dass sie heftig zusammenfuhr, als Josie ihr in dem Café auf die Schulter tippte. 

    „Hallo Sonnenschein. Tut mir Leid, dass es etwas später geworden ist." '

    „Das macht nichts, ich habe die Zeit eh ganz vergessen."

    „Da ist ja gut. Hat Frank heute gar keinen Urlaub mit dir genommen?", wunderte sich Josie. 

    „Nein.", brummte Mary und konnte den bedrückten Beiklang ihrer Stimme nicht verbergen. 

    „Was ist denn los?" 

    Sie erzählte von dem gestrigen Hochzeitstag, an dem Frank sie sitzen ließ, weil ihm sein Beruf mal wieder wichtiger war. 

    „Frank hat eben viel um die Ohren. Und welchem Mann passiert das nicht?", beschwichtigte Josie, die kaum erahnte, wie unglücklich ihre Freundin war.

    4.

    In den nächsten Tagen herrschte zwischen Mary und Frank eisiges Schweigen. Ihm schien diese Situation völlig gleichgültig zu sein, doch sie kochte innerlich vor Wut, welche sich immer mehr steigerte, anstatt zu verebben. Beide

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