Seewölfe - Piraten der Weltmeere 147: Sturm über Bilbao
Von Kelly Kevin
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Rezensionen für Seewölfe - Piraten der Weltmeere 147
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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 147 - Kelly Kevin
10
1.
Waffen klirrten.
Laut hallten die schweren Stiefeltritte der Soldaten zwischen den weißen Hauswänden. Im Außenhafen von Bilbao waren die engen Gassen wie ausgestorben. Ab und zu zeigte sich eine verstohlene Bewegung an einem der Fenster, und in den ärmlichen Hütten hielten die Menschen den Atem an.
Am Ende der Gasse verstummten die Schritte der Soldaten.
Flackerndes Kerzenlicht erfüllte die einzige Stube im Haus des Fischers Diego Durango. Mamma Durango ließ die Maisfladen sinken, die sie zu Tortillas formte. Am Tisch hob ihre Schwiegertochter Maria den Kopf und lauschte. Ein halbes Dutzend Kinder lugte aus dem Alkoven, der mit einer bunten, gewebten Dekke verhängt war.
Kein Zweifel: die Soldaten verharrten vor diesem Haus.
Jetzt hämmerte eine harte Faust gegen die Tür. Mamma Durango wischte ihre Hände an der Schürze ab und straffte die hageren Schultern.
„Rasch, Maria! flüsterte sie. „Nimm die Hintertür! Du weißt, wo du dich verstecken kannst.
„Aber die Kinder …"
„Sie werden den Kindern nichts tun. Schnell jetzt!"
Die junge Frau sprang auf.
Angst verzerrte ihr hübsches Gesicht. Sie dachte an Diego, ihren Mann, den die spanischen Soldaten verhaftet hatten. Jetzt saß er im Kerker der Festung und wurde vielleicht gefoltert. Aber warum wollte man auch sie holen? Weil sie Diegos Frau war? Weil sie Baskin war? Als ob sie sich je um die Freiheit des Baskenlandes gekümmert hätte! Freiheit – das hieß für sie, genug zu essen zu haben. Das hieß Schuhe und warme Kleider für die Kinder, Geld für den Medico, wenn eins von ihnen krank wurde.
Ihre Gedanken stockten.
Sie hatte die Hintertür erreicht. Ihr Herz hämmerte schmerzhaft, als sie die schweren Stiefeltritte im Torweg hörte. Die Soldaten ahnten, wohin sie floh und wollten ihr den Weg abschneiden. Mit zitternden Fingern stieß Maria Durango die Tür auf, aber da war es bereits zu spät.
Pechfackeln erfüllten den Hof mit ihrem flackernden Licht. Zwei, drei von den Soldaten in ihren Kürbishosen, Brustpanzern und glänzenden Helmen sprangen hinzu und packten Marias Arme. Die junge Frau schrie auf. Verzeifelt versuchte sie, sich zu wehren, doch gegen die kräftigen Männer hatte sie keine Chance.
„Was wollt ihr? rief sie. „Ich habe nichts getan! Ich schwöre es!
„Nichts getan? Der Anführer der Soldaten lachte roh. „Du bist mit dem baskischen Rebellenpack im Bunde, du Hexe. Der Comandante will dich sehen.
„Uvalde?"
Maria hauchte den Namen nur. Sie erwartete keine Antwort. Benito Uvalde – das war der Hafenkommandant von Bilbao. Sein Name verbreitete Furcht und Schrecken. Er haßte die Basken, und die Basken haßten ihn. Ein Haß, den er kannte, der ihn dazu brachte, sich so selten wie möglich in Bilbao oder Portugalete sehen zu lassen, sich fast ständig in seinem Haus im Innern der Feste zu verkriechen, die sich grau und wehrhaft an der Flußmündung erhob und die Häuser des Außenhafens überragte.
Und Uvalde wollte sie, Maria Durango, sehen?
Sie zitterte, als sie zwischen den Soldaten die steile Gasse hinunterging. Deutlich spürte sie die Blicke, die ihr folgten, Blicke voll ohnmächtigen Zorns, voll Erbitterung und Verzweiflung. Hier draußen in Portugalete standen die meisten Basken auf der Seite der Rebellen. Aber was nutzte das? Sie waren einfache Fischer und Bauern, haben kaum Waffen und mußten an ihre vielköpfigen Familien denken. Nur wenige wagten es, sich offen zu El Vasco zu bekennen, dem legendären Rebellenführer, der irgendwo in den kantabrischen Bergen seinen Schlupfwinkel hatte.
Einer dieser wenigen war Diego Durango, Marias Mann.
Er war verhaftet worden, als er am hellichten Tag versuchte, Gewehre in das Rebellennest zu transportieren – zusammen mit Gian Malandrés, El Vascos Bruder. Jeder wußte, daß Benito Uvalde die Gefangenen foltern ließ, um das Wissen über El Vascos Versteck aus ihnen herauszupressen. Aber bei den Basken gab es keinen Verrat. Niemand zweifelte daran, daß die Männer der Tortur widerstanden hatten.
Und jetzt? Holte sich Uvalde jetzt ihre Frauen, um zu erzwingen, was er anders nicht erreichen konnte? Er war niederträchtig, skrupellos und zu jeder Gemeinheit fähig. Deutlich glaubte Maria, das feiste Gesicht vor sich zu sehen, und die Furcht jagte ihr eisige Schauer über den Rücken.
Quer durch Portugalete wurde sie zu der Landzunge geführt, auf der sich die Festung erhob.
Blindlings sperrte sie sich gegen die Griffe der Männer, als das schwere Tor vor ihr aufschwang. Sie wußte, daß es sinnlos war, aber sie kam nicht an gegen die Reaktion der Panik. Mit einem dumpfen, endgültigen Laut fiel das Tor wieder ins Schloß, und Maria Durango wurde weitergestoßen.
Die äußere Befestigungsanlage.
Das Haus des Hafenkommandanten, die Unterkünfte der Soldaten, ein paar holprige Gassen – und die innere, die eigentliche Festung. Die meisten Soldaten blieben zurück. Nur der Anführer der Horde und zwei seiner Männer zerrten Maria Durango weiter, einen kahlen, feuchten Gang entlang, eine Wendeltreppe hinunter, die tief in die Gewölbe der Festung führte.
Ein kaltes, schmutziges Verlies war das Ziel.
Pechfackeln warfen ihr unruhiges Licht über die feucht schimmernden Steinquader. Maria zuckte zurück, als sie das breite, rote Gesicht des Hafenkommandanten sah. Benito Uvalde stand mit verschränkten Armen an der Wand und sah ungerührt zu, wie die zitternde Frau in Ketten gelegt wurde.
„Gut, sagte er schließlich zufrieden. „Und jetzt holt ihn her!
Maria schloß die Augen.
Sie wußte, was folgen würde. Die Schritte der Soldaten entfernten sich. Nach ein paar Minuten kehrten sie zurück – und jetzt mischte sich in das harte Klappern der Stiefel das Geräusch schleppender, mühsamer Schritte.
„Maria!"
Der Schrei brach sich zwischen den Wänden. Die junge Frau hob den Kopf und sah in das bärtige, verzerrte Gesicht mit den verzweifelten Augen. Schmerz schnürte ihr die Kehle zu. O Diego, Diego! Er würde nicht ertragen, daß ihr etwas geschah. Er würde reden, alles verraten, und er würde es sich nie verzeihen.
„Sag es nicht, flüsterte sie. „Sag ihnen nichts, Diego, nichts …
Ein Schlag traf ihr Gesicht.
Diego stieß einen wilden Schrei aus, und durch den Schleier der Benommenheit sah sie, wie er sich aufbäumte und sich die Soldaten von allen Seiten auf ihn stürzten, um ihn niederzuringen.
Der Kerker der Festung bestand aus einem großen Gewölbe, in dem fauliges Stroh die einzige Bequemlichkeit für die unglücklichen Gefangenen bildete.
Ein stabiles Gitter mit armdicken Eisenstäben trennte den Raum für die Wachen ab. Im Schein einer blakenden Öllampe hockte sie an ihrem roh gezimmerten Holztisch, würfelten oder spielten mit schmierigen Karten – tagaus, tagein. Sie kümmerte es nicht, was mit den Gefangenen geschah. Ob die ausgemergelten, bärtigen Gestalten stundenlang stumpf vor sich hinstarrten, ob sie zu toben begannen oder flüsternd beieinandersaßen — den Wächtern konnte es gleich sein. Sie nahmen nur ihre schweren Musketen zur Hand, wenn jemand geholt oder wieder zurückgebracht wurde, und sorgten dafür, daß dann niemand dem Gitter zu nahe geriet.
Gian Malandrés, der baskische Rebell, kauerte in einer der gewölbten Nischen und drückte die Schultern gegen die Wand.
Drei, vier dunkle, drahtige Basken waren um ihn – und ein halbes Dutzend hochgewachsener, blondhaariger Männer mit hellen Augen. Marius van Helder, der Geusenkapitän, lehnte ebenfalls an der Wand. Seine rechte Hand war mit einem Holzbrett und ein paar Stoffstreifen provisorisch geschient: er hatte sie sich im Kampf um sein Schiff gebrochen, die „Oranje", die im Golf von Biscaya von einem Verband spanischer Kriegsgaleonen versenkt worden war. Aber die gebrochene Hand war nicht Van Helders einzige Verletzung. Die Spanier hielten ihn für einen wertvollen