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Verkaufte Heimat: Eine Südtiroler Familiensaga von 1938 bis 1945. Drehbuch
Verkaufte Heimat: Eine Südtiroler Familiensaga von 1938 bis 1945. Drehbuch
Verkaufte Heimat: Eine Südtiroler Familiensaga von 1938 bis 1945. Drehbuch
eBook213 Seiten3 Stunden

Verkaufte Heimat: Eine Südtiroler Familiensaga von 1938 bis 1945. Drehbuch

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Über dieses E-Book

Ein Familienschicksal und die Geschichte eines ganzen Südtiroler Dorfes zwischen 1938 und 1945 schildert Felix Mitterer in einem zweiteiligen Fernsehfilm, dessen Drehbuch er für diese Ausgabe bearbeitet hat.
Das 1919 zu Italien geschlagene Südtirol erlebte 1939 das traurigste Jahr seiner Geschichte, als sich die Tiroler südlich des Brenner in der sogenannten "Option" entscheiden mussten, als italienische Staatsbürger ohne Schutz ihres Volkstums in ihrer angestammten Heimat zu bleiben oder ins Deutsche Reich auszuwandern. Die jahrelange Unterdrückung durch das faschistische Italien und ein ausgeklügelter Propagandafeldzug der Nationalsozialisten führten dazu, dass sich fast 90 Prozent der Südtiroler nach harten inneren Kämpfen zur "Umsiedlung" entschlossen. Die Auseinandersetzung rund um die "Option" entzweite Dörfer und Familien und hinterließ bis heute schmerzende Wunden.
Der 1948 geborene Tiroler Autor Felix Mitterer, einer der wichtigsten deutschsprachigen Dramatiker der Gegenwart (u.a. "Besuchszeit", "Stigma", "Sibirien"), hat seine Kenntnisse über Zustände und Geschehen der Options- und Kriegszeit nicht nur aus der umfangreichen Literatur erarbeitet, sondern auch stundenlange Gespräche mit Zeitzeugen geführt, die den menschlichen Hintergrund aus unmittelbarem Erleben fassbar machten.
SpracheDeutsch
HerausgeberHaymon Verlag
Erscheinungsdatum15. Juli 2013
ISBN9783709974919
Verkaufte Heimat: Eine Südtiroler Familiensaga von 1938 bis 1945. Drehbuch

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    Buchvorschau

    Verkaufte Heimat - Felix Mitterer

    Offizier

    1. Teil

    »BRENNENDE LIEBE«

    MÄRZ 1938

    SÜDTIROLER DORF. Tag. — Blick auf das Dorf. Man hört Mädchenstimmen die faschistische Hymne singen.

    VOLKSSCHULE. — Auf der Schule steht in relativ kleinen Buchstaben: »Scuole elementari« und darüber in großen Lettern: »Noi sogniamo l'Italia romana« (Wir träumen vom Italien der Römer). Die italienische Fahne an einer Stange, die an der Schulmauer befestigt ist. Durch ein Fenster sieht man eine Mädchenklasse (7jährige), die stehend die Hymne singt. Nahe beim Fenster Helga Tschurtschenthaler, neben ihr Lisl Oberhollenzer, vor ihnen Hanni Rabensteiner. Helga singt nicht mit, Lisl singt lustlos, Hanni singt begeistert und trägt die Uniform der faschistischen Jugendorganisation Piccole Italiane. Durch ein anderes Fenster sieht man andere Schülerinnen und die vorne stehende italienische Lehrerin (30) mit städtischer, moderner Kleidung und modischer Frisur. Sie dirigiert freundlich und singt. Das nächste Fenster gehört zu einer Bubenklasse mit 10jährigen. In einer Fensterbank sitzt Siegfried Tschurtschenthaler, neben ihm Peter Oberhollenzer, vor ihnen Alfons Rabensteiner in der Balilla-Uniform (faschistische männliche Jugend).

    BUBENKLASSE DER VOLKSSCHULE. — Man hört leise den Gesang der Mädchenklasse. Bilder von Mussolini und vom König an der Wand. Der italienische Lehrer (zugleich Podestä = italienischer Amtsbürgermeister) trägt faschistische Parteiuniform, hat in der Hand einen Zeigestab, mit dem er an die Stiefel klopft. Er geht durch die Bankreihen und diktiert einen italienischen Text, die Schüler schreiben diesen in ihre Heft. In der ersten Bank sitzt ein Sohn des Bürgermeisters in Balilla-Uniform.

    BÜRGERMEISTER: (diktiert langsam auf italienisch) In der Schweiz mußte Mussolini, um sein Leben zu fristen, als Hilfsarbeiter am Bau arbeiten. In seinem Tagebuch berichtet er darüber: »Elf Stunden Arbeit am Tag, 32 Centesimi die Stunde, 121mal täglich schleppten wir die mit Steinen beladene Trage in den ersten Stock.«

    VOR DEM GEMEINDEAMT — Der Wegmacher Dario (55) säubert eine Abflußrinne in der Straße von Schotter und Sand. Neben ihm ein kleiner, struppiger Hund. Dario ist fröhlich, singt ein trentinisches Volkslied. Kathl Rabensteiner und ihr Mann Sepp (sonntäglich gekleidet) kommen daher.

    DARIO: Eh, ciao, Kathl! Ciao, Sepp!

    KATHL: (italienisch) Guten Tag, lieber Dario! Wie gehts dir?

    DARIO: (Dialekt mit Akzent) Ah, guat! Mir gehts immer guat! (Italienisch:) Solange die Sonne scheint!

    Kathl und Sepp sind beim Eingang des Gemeindeamtes angelangt, Sepp hält inne.

    KATHL: Was is denn? Jetz komm schon!

    SEPP: Na, i mag nit, ostia! I tua des nit!

    KATHL: Dio mio! Is des ein Gfrett mit dir!

    Die beiden Carabinieri Ettore und Sergio gehen vorbei.

    KATHL: (italienisch) Ah, guten Tag, die Herrn!

    ETTORE: (freundlich, italienisch) Guten Tag, Frau Rabensteiner!

    SEPP: Was glaubst, wie sich die Leut dann 's Maul über uns zerreißen!

    KATHL: Ma che! Kann doch uns wurscht sein! Mir müssen leben! Du bist arbeitslos! Die andern gehn halt mit an Speck hin oder mit an Kilo Honig! Mir ham koan Speck, mir ham koan Honig! Jetzt kimm schon! Mir miaßen 's ja nit laut ausposaunen!

    Kathl zieht Sepp ins Gemeindeamt. Über dem Tor steht »Municipio«, weiter oben in großen Lettern: »Mussolini ha sempre ragione!« (Mussolini hat immer recht!)

    BUBENKLASSE DER VOLKSSCHULE. — Der Bürgermeister nimmt das Heft von Siegfried, schaut es an, sieht einige Fehler.

    BÜRGERMEISTER: (redet nur italienisch) Steh auf!

    Siegfried steht auf, der Bürgermeister schlägt ihm das Heft um die Ohren.

    BÜRGERMEISTER: Du wirst nie Italienisch lernen! Du Barbar! Tschurtschenthaler! Was ist das für ein Name? Kein zivilisierter Mensch kann so einen Namen aussprechen!

    Peter muß grinsen.

    BÜRGERMEISTER: Was grinst du, Oberhollenzer? Glaubst du, du hast einen schöneren Namen?

    Peter grinst weiter. Der Bürgermeister schaut wieder in das Heft Siegfrieds. Dort steht das Wort Centesimi, geschrieben mit einem Kurrentschrift-S.

    BÜRGERMEISTER: Geh an die Tafel, Tschurtschenthaler!

    Siegfried geht an die Tafel.

    BÜRGERMEISTER: Schreib das Wort Centesimi!

    Siegfried nimmt die Kreide, schreibt Centesimi, wieder mit Kurrentschrift-S. Peter sieht es, deutet Siegfried heftig das S in der Luft. Der Bürgermeister schaut Peter an, dieser zieht seine Hand sofort ein.

    BÜRGERMEISTER: (zu Alfons) Alfonso!

    Alfons geht zur Tafel, nimmt Siegfried die Kreide aus der Hand, schreibt das Wort richtig daneben. Siegfried bemerkt jetzt seinen Fehler.

    BÜRGERMEISTER: Bravo, Alfonso! Setz dich!

    Alfons setzt sich wieder, Peter schaut ihn verächtlich an, der Lehrer geht zu Siegfried, Peter gibt Alfons von hinten schnell eine Kopfnuß, der zuckt zusammen, macht eine drohende Gebärde gegen Peter. Der Bürgermeister zeigt auf das Kurrent-S, schaut Siegfried an.

    BÜRGERMEISTER: Was ist das, Tschurtschenthaler?

    SIEGFRIED: (auf deutsch) Des is ein S!

    Der Bürgermeister stemmt die Fäuste in die Hüfte, Siegfried erschrickt.

    SIEGFRIED: (auf italienisch) Entschuldigung, Herr Podestä! Das ist ein S!

    BÜRGERMEISTER: Ist das ein lateinisches S?

    SIEGFRIED: (redet nur mehr italienisch) Nein, ein deutsches!

    BÜRGERMEISTER: Woher hast du das?

    SIEGFRIED: Ich weiß es nicht!

    BÜRGERMEISTER: Die Hand vorhalten!

    Siegfried streckt die Hand aus, der Bürgermeister schlägt mit dem Stock darauf, Siegfried beißt die Zähne zusammen, läßt die Hand sinken.

    BÜRGERMEISTER: Laß die Hand ausgestreckt!

    Siegfried tut es.

    BÜRGERMEISTER: Woher hast du dieses S? Wo hast du das gelernt?

    SIEGFRIED: Ich weiß es nicht!

    Der Bürgermeister schlägt wieder zu, Siegfried treten Tränen in die Augen.

    PETER: (leise auf deutsch) Sauhund!

    BÜRGERMEISTER: Was? Wer hat da gesprochen?

    Niemand meldet sich, auch Alfons sagt nichts. Der Bürgermeister schaut wütend in die Klasse, schaut wieder Siegfried an.

    BÜRGERMEISTER: Glaubst du, ich weiß es nicht, woher dieser Buchstabe kommt! Das ist die alte deutsche Schrift! Du lernst Deutsch! In der Geheimschule! Hab ich recht?

    Siegfried antwortet nicht, der Bürgermeister schlägt ihm auf die noch immer ausgestreckte Hand.

    GEMEINDEAMT — Der italienische Gemeindesekretär mit einer Liste in der Hand. Vor ihm Kathl und Sepp.

    GEMEINDESEKRETÄR: (freundlich auf italienisch) Das ist die Liste! Sie können sich einen Namen aussuchen!

    Kathl nimmt die Liste, gibt sie Sepp, dieser schaut sie an, Kathl schaut auch hinein, Sepp schüttelt den Kopf, legt die Liste wieder hin.

    SEPP: (zu Kathl) I nimm doch nit an fremden Namen an!

    Der Sekretär hat ihn verstanden.

    SEKRETÄR: (italienisch) Wie heißen Sie?

    SEPP: Rabensteiner! Josef Rabensteiner!

    SEKRETÄR: (wiederholt langsam) Rabensteiner … Rabensteiner … Rabe … (Zu Kathl.) Rabe? (Macht Flatterbewegung) Rabe?

    VOR DEM GEMEINDEAMT — Dario arbeitet.

    STIMME DES BRIEFTRÄGERS: (italienisch) Nein, das hab ich nicht verdient! Das hab ich wirklich nicht verdient!

    Dario schaut auf Der neue Briefträger kommt daher. Er ist Süditaliener, hat die Posttasche umhängen.

    DARIO: (italienisch) Ah, unser neuer fliegender Bote! Was hast du denn, was schimpfst du denn?

    BRIEFTRÄGER: (italienisch) Was ich schimpfe? Was ich schimpfe, fragst du? Ich kann meinen Beruf hier nicht ausüben! Wie kann ich hier meinen Beruf ausüben? (Zeigt Dario Briefe, auf denen die Adresse in Kurrentschrift geschrieben ist.) Ich kann das nicht lesen! Ich weiß nicht, wo die Leute wohnen! Ich kenn die Wege nicht! Wie soll ich diese Briefe zustellen?

    DARIO: (absichtlich im Tiroler Dialekt) Ja, warum bist denn nit in Italien unten geblieben? (Italienisch:) Was machst du hier? Was hast du hier verloren?

    BRIEFTRÄGER: (italienisch) Ja, glaubst du, ich bin freiwillig hier im Hochgebirge? Bei den Barbaren! Bei den Ostgoten!

    DARIO: (italienisch) Ja, das glaub ich, daß du nicht freiwillig hier bist! Haben sie dich strafversetzt, was? Hast du die Post weggeschmissen, was? Wahrscheinlich kannst du nicht mal lesen!

    BRIEFTRÄGER: (italienisch) Ach, leck mich, du Scheiße-Wegräumer! (Geht weiter.)

    DARIO: (schreit ihm italienisch nach) Geh dort hin, wo du hergekommen bist, du Scheiß-Süditaliener! Sowas! Unter Kaiser Francesco Giuseppe hätte es sowas nicht gegeben, nein, bestimmt nicht! (Zum Hund:) Was, Sissi? Hab ich nicht recht?

    GEMEINDEAMT — Sepp und Kathl vor dem Gemeindesekretär.

    SEKRETÄR: Rabe! — Stein! — Corvo! — Pietra! (Strahlend:) Corvopietra! (Deutsch.) Gut?

    SEPP: (deutsch) Was?

    KATHL: Corvopietra! Des is die genaue Übersetzung! Klingt doch guat, oder?

    SEPP: Corvopietra … Furchtbar klingt des!

    SEKRETÄR: (italienisch) Pietracorvo! Das ist besser! (Deutsch:) Das ist schöner! Pietracorvo! Giuseppe Pietracorvo!

    KATHL: Giuseppe Pietracorvo! Catarina Pietracorvo! (Italienisch zum Sekretär) Wundervoll!

    Der Sekretär ist stolz, schaut erwartungsvoll Sepp an.

    SEPP: Na, guat! (Zum Sekretär) Einverstanden! Der

    Bürgermeister kommt herein.

    SEKRETÄR: (italienisch) Gut! Sehr gut! (Trägt den Namen in eine Kartei ein.)

    Kathl sieht den Bürgermeister.

    KATHL: (italienisch) Ah, guten Tag, Herr Podestä!

    BÜRGERMEISTER: (italienisch) Guten Tag!

    SEKRETÄR: (freudestrahlend) Sie haben ihren Namen italianisieren lassen!

    BÜRGERMEISTER: (italienisch) Bravo! Das freut mich! (Zu Sepp:) Wie heißen Sie?

    SEPP: Rabensteiner! Äh — Pietracorvo! Giuseppe!

    BÜRGERMEISTER: Pietracorvo! Gut! Klingt gut! Ihr Sohn ist mein Schüler, nicht wahr?

    KATHL: Si! Alfonso!

    BÜRGERMEISTER: (italienisch) Ein braver Schüler! Und bei der Balilla einer der eifrigsten! Das freut mich! Das freut mich wirklich! Sagen Sie, kann ich etwas für Sie tun? Ich würde gerne etwas für Sie tun!

    KATHL: (lächelnd, italienisch) Na, sicher können Sie etwas für uns tun!

    HINTERHOF IM DORF. — Siegfried Tschurtschenthaler (10) und Peter Oberhollenzer (10) schleppen in ihrer Mitte Alfons Rabensteiner (10) daher. Hinter ihnen Helga Tschurtschenthaler (7), Lisl Oberhollenzer (7), Berta Oberhollenzer (12) und Hanni Rabensteiner (7). Alle mit Schultaschen am Rücken, Alfons trägt seine Balilla-Uniform, Hanni die Uniform der Piccole Italiane. Alfons blutet aus der Nase. Hanni versucht, ihrem Bruder zu helfen, schlägt auf Siegfried ein.

    HANNI: Laßts ihn aus! Auslassen, sag i!

    Siegfried stößt Hanni weg.

    BERTA: Geh, laßts ihn doch! Hast ghört, Peter? Er hat euch doch nix Roggen, Buchweizen …tan!

    PETER: Misch di da nit ein!

    Sie kommen an eine Senkgrube, Peter macht zwei Bretter auf Siegfried stößt den sich wehrenden Alfons in die Grube.

    BERTA: Nit!

    Siegfried und Peter lachen. Alfons sinkt bis zum Hals ein, das scharfe Gas nimmt ihm die Luft.

    BERTA: So eine Gemeinheit!

    PETER: (zu Alfons) Des hast jetzt davon, du walsche Fack!

    HELGA: Walsche Fack!

    Peter und Lisl, Siegfried und Helga laufen davon. Hanni weint, kniet sich zum Rand der Senkgrube, streckt ihre Hand aus, kann Alfons nicht erreichen, Berta kniet sich auch hin, reicht Alfons die Hand.

    GASTHOF »SCHWARZER ADLER«. — Der Briefträger steht an der Schank, trinkt ein Glas Rotwein, der Wirt Kofler neben ihm. Sonst keine Gäste. Anna Tschurtschenthaler spült Gläser ab.

    KOFLER: (ganz freundlich und deutsch zum Briefträger) Du faule Drecksau, du! Trottel, walscher! Nacha laß die Post halt da! I wer sie schon austeilen!

    BRIEFTRÄGER: (italienisch) Was? Ich versteh leider nicht!

    Anna muß das Lachen verhalten.

    KOFLER: (italienisch) Gib her die Briefe! Ich teil sie aus!

    BRIEFTRÄGER: (italienisch) Danke! Vielen Dank, Herr Kofler!

    Der Briefträger holt das Paket Briefe aus seiner Tasche, gibt sie dem Wirt, der schaut sie durch.

    KOFLER: Mahnungen! Lauter Mahnungen! Von der Bank! Vom Finanzamt! Wenn des so weitergeht, mach ma alle fertig! Verfluachte Sauwirtschaft, walsche! (Zum Briefträger) Was, du Hosenscheißer?

    BRIEFTRÄGER: (grinst) Ja, ja!

    Bei der Tür herein kommen Sepp und Kathl, letztere sehr zufrieden.

    KATHL: Griaß enk!

    KOFLER: (mag Kathl nicht) Griaß di, Sepp!

    SEPP: Griaß di!

    Anna mag Kathl auch nicht besonders, weil diese so italienerfreundlich ist. Kofler ist erstaunt, daß die beiden armen Leute am Werktag ins Gasthaus kommen. Kathl und Sepp setzen sich, Anna geht hin.

    KATHL: So, Anna! Wie tuats?

    ANNA: Du schaust so zfrieden aus! Habts was zum Feiern?

    KATHL: Ja, hamma! Bring uns a halbe Roten! I bin die neue Schuldienerin, woaßt!

    ANNA: So?

    Anna sieht draußen Ettore und Sergio vorbeigehen. Ettore schaut her, sieht Anna, lächelt, salutiert leicht. Anna wendet sich unwillig ab. Ettore schaut traurig.

    ANNA: (zu Kathl) No, des is ja der richtige Posten für di! Du redest ja eh gern walsch!

    KATHL: Was willst damit sagen?

    ANNA: I will damit sagen, daß die alte Schuldienerin entlassen worden is, weil sie mit'n Herrn Lehrer und Bürgermeister alleweil nur Deutsch gredet hat! Und des mag der Herr Bürgermeister nit!

    KATHL: Tua mi bittschön nit ausrichten, Anna! Man muaß schaun, wia ma durchs Leben kimmt! Wir ham drei Kinder zum Derhalten!

    ANNA: Geht mi ja eh nix an! Also, a halbe Roten, hast gsagt

    Anna geht weg, Sepp ist beschämt, blickt zum Fenster hinaus, sieht etwas.

    SEPP: Ja, was ist denn des?

    Kathl schaut auch. Alfons kommt dreckig bis zum Hals die Straße entlang, neben ihm geht mit einigem Abstand Hanni und weint.

    VOR DEM GASTHOF »SCHWARZER ADLER«. — Alfons trottet dahin, Hanni neben ihm. Sepp und Kathl kommen aus dem Gasthaus. Ein eisernes Gasthausschild mit einem schwarzen Adler. An der Wand steht: »Albergo«.

    KATHL: Alfons!

    Alfons bleibt stehen, dreht sich um. Hanni läuft zur Mutter, drückt sich weinend an sie.

    SEPP: Was hat denn gmacht, Alfons?

    ALFONS: In die Surgruaben hams mi gschmissen!

    SEPP: Wer? Wer hat des gmacht?

    Alfons antwortet nicht, will es nicht sagen.

    KATHL: (schreit) Carabinieri! He, Carabinieri!

    Ettore und Sergio hören den Ruf, sie drehen sich um, kommen zurück. Sergio hält sich die Nase zu, weil Alfons so stinkt! Kathl deutet auf Alfons.

    KATHL: (deutsch) Da, schauts euch des an! Schauts euch de Schweinerei an!

    ETTORE: (deutsch) Was ist passiert?

    Anna schaut aus dem Gasthausfenster, Kofler erscheint in der Tür.

    KATHL: In die Surgruaben hams ihn gschmissen!

    ETTORE: Scusi, ich versteh nicht!

    KATHL: (italienisch) In die Scheiße haben sie ihn geworfen! Weil er eine Balilla-Uniform anhat!

    Kofler schaut finster. Für ihn ist Kathl eine Verräterin. Er spuckt aus.

    ETTORE: (zu Alfons auf deutsch) Wer ist gewesen?

    ALFONS: Des sag i nit! De der wisch i schon no!

    ETTORE:

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