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Operette - hipp oder miefig?: Österreichische Musikzeitschrift 03/2016
Operette - hipp oder miefig?: Österreichische Musikzeitschrift 03/2016
Operette - hipp oder miefig?: Österreichische Musikzeitschrift 03/2016
eBook290 Seiten2 Stunden

Operette - hipp oder miefig?: Österreichische Musikzeitschrift 03/2016

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Über dieses E-Book

Ist die Operette verstaubt, anarchisch, kitschig, provokant, hoffnungslos reaktionär oder aufregend gesellschaftskritisch? Antworten wird man nicht nur in den Stoffen und Stücken selbst suchen müssen, sondern auch in der Weise, wie sie auf die Bühne (oder Leinwand) gelangen. Jedenfalls ist ›die‹ Operette mehr als ›bloß‹ unterhaltendes Theater oder Melodienseligkeit. Durch eine Neuproduktion kann Althergebrachtes bestätigt oder versucht werden, ein frisches Image zu schaffen. Historische und heutige Interpretations- und Aufführungsstile offenbaren denn auch die große Bandbreite einer Gattung, die von Anfang an nicht nur die Bühnen eroberte, sondern auf vielfältige Weise Einzug in die Wohnzimmer hielt, in das kulturelle Bewusstsein und mehr noch den Seelenhaushalt breiter Kreise der Bevölkerung. Längst ist sie heute auch wieder in Opernhäusern und bei Musikfestivals präsent.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum30. Mai 2016
ISBN9783990122815
Operette - hipp oder miefig?: Österreichische Musikzeitschrift 03/2016

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    Buchvorschau

    Operette - hipp oder miefig? - Hollitzer Wissenschaftsverlag

    IMPRESSUM

    Österreichische Musikzeitschrift (ÖMZ) | Jahrgang 71/03 | 2016

    ISBN 978-3-99012-281-5

    Gegründet 1946 von Peter Lafite und bis Ende des 65. Jahrgangs herausgegeben von Marion Diederichs-Lafite

    Erscheinungsweise: zweimonatlich

    Einzelheft: € 9,50

    Jahresabo: € 44 zzgl. Versand | Bestellungen: vertrieb@hollitzer.at

    Förderabo: ab € 100 | Bestellungen: redaktion@oemz.at | emv@emv.or.at

    Medieninhaberin: Europäische Musikforschungsvereinigung Wien (EMV)

    ZVR-Zahl 983517709 | www.emv.or.at | UID: ATU66086558

    BIC: GIBAATWWXXX | IBAN: AT492011129463816600

    Herausgeber: Daniel Brandenburg | dbrandenburg@oemz.at

    Frieder Reininghaus (verantwortlich) | f.reininghaus@oemz.at

    Redaktion: Johannes Prominczel | j.prominczel@oemz.at

    Judith Kemp | j.kemp@oemz.at

    Julia Jaklin (Assistenz) | j.jaklin@oemz.at

    Adresse für alle: Hanuschgasse 3 | A-1010 Wien | Tel. +43-664-186 38 68

    redaktion@oemz.at | inserate@oemz.at | www.oemz.at

    Werden Sie FreundIn der ÖMZ: Unterstützen Sie die

    Europäische Musikforschungsvereinigung Wien (EMV) oder ihren deutschen Partner Verein zur Unterstützung von

    Musikpublizistik und Musik im Donauraum e. V. (VUMD) | info@emv.or.at

    BIC: COLSDE33 | IBAN: DE07370501981930076995

    Verlag: Hollitzer Verlag | Trautsongasse 6/6 | A-1080 Wien

    Tel. +43-1-236 560 54 | office@hollitzer.at | www.hollitzer.at

    Coverbild: Fritzi Massary | Fotografie (1908) bearbeitet von Frank Hermann

    Layout & Satz: Gabriel Fischer | A-1150 Wien

    © 2016 Hollitzer Verlag. Alle Rechte vorbehalten. Die Redaktion hat sich bemüht, alle Inhaber von Text- und Bildrechten ausfindig zu machen.

    Zur Abgeltung allfälliger Ansprüche ersuchen wir um Kontaktaufnahme.

    Gedruckt mit freundlicher Unterstützung von

    Bild: stadttheater-sterzing.it

    Liebe Leserinnen und Leser,

    Österreich ist ein Operettenland. Die in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Paris kreierte, dann in besonderer Weise in der k.k. Monarchie ausgeprägte Form des Musiktheaters ist fortdauernd Bestandteil des Bühnenbetriebs und des sommerlichen Fremdenverkehrswesens. Ob die Legitimationskrisen für immer der Vergangenheit angehören, ist nicht gewiss. Aber im Moment sind sie nicht virulent – im Gegenteil: Die Operette behauptet sich. Dass und wie sie sich vor 1918 in »die offizielle Staatsidee Kakaniens« fügte, erläutert Christian Glanz. Zugleich, was sich da bis zur Gegenwart als »österreichischer Gedächtnisort« bewährte. In welcher Weise die jüngere und leichtlebigere Schwester der Oper in der Sommerfrische überwintert, beschreibt der Intendant von Bad Ischl.

    Die zum Teil geradezu aberwitzigen Produktionsbedingungen in der guten alten Zeit nimmt der Thementeil ebenso unter die Lupe wie die Operettenideologie der NS-Jahre – exemplarisch am Beispiel von Heinrich Strecker (Küsse im Mai und Ännchen von Tharau). Mit dem Weißen Rößl trabt noch einmal die Erinnerung an gealtertes Glück vor die Tür und nicht zufällig ist Fritzi Massary aufs Cover gekommen – auch in Erinnerung an das Emigrantenschicksal vieler ProtagonistInnen der Operettenszene in der Zeit des Nationalsozialismus. Aktuellere Formen der Aneignung und Aufbereitung von Operette werden anhand der Pionierarbeit von Herbert Wernicke (1946–2002) und der »Kippkünste« von Christoph Marthaler gewürdigt. Barrie Kosky, Intendant der Komischen Oper Berlin und in erheblichem Umfang operettenerfahren, charakterisiert die »kleine Schwester« der Oper als hybride Kunstform und meint, dass zu dieser »eben unabdingbar auch die Seitensprünge« gehören. Ob Operette allerdings in Gänze eine »Kunst« ist und nicht weithin eine Unterabteilung der »Ansichtenindustrie«, wollte und konnte das Oktett der Beiträge zu ihrer ästhetischen Gegenwart und schillernden Vergangenheit nicht beantworten. »Ich habe nichts dazugetan, dass Sie mich, wofür ich nichts kann, einen Künstler nennen«, bemerkte Johann Strauß (Sohn) in kluger Voraussicht – und wollte, wie viele Künstler, nichts weniger als Weltverbesserer sein: »Die Harmonie, die alle Menschen in Freude vereint, war mein einziges Ziel«. Dies hat die Operette in den letzten 150 Jahren freilich weit verfehlt. Auch scheiterten allzu hochgesteckte Ansprüche hinsichtlich des gesellschaftlichen Einspruchs; dennoch hat sie sich als die realistischste unter den Bühnenkünsten erweisen. Zugleich als zuverlässiger Seismograph für die Gründe und Abgründe des Allzumenschlichen wie der politischen Zeitumstände: warum es ist, wie es ist.

    Die Anregung zur neuerlichen Annäherung ans unsterbliche Operetten-Thema verdanken wir Wolfgang Fuhrmann und Stefanie Acquavella-Rauch, dem 90. Geburtstag von Friedrich Cerha einen weiteren Schwerpunkt. Akzente setzen auch die Erinnerung an den vor hundert Jahren geborenen argentinischen Komponisten Alberto Ginastera als Magier der Moderne, an die ambivalente Rolle des Dirigenten Kurt Masur im Leipzig des Jahres 1989 und an Arbeiten des Malers »Balthus« – Balthasar Klossowski de Rola – für das Theater. › Die Redaktion

    Inhalt

    Operette hipp oder miefig?

    Christian Glanz: Die Wiener Operette als österreichischer Gedächtnisort

    Stefan Frey: »Du hast so etwas Plastisches, Elastisches, Phantastisches …«. Die Operette und ihre Produktions- bedingungen

    Carolin Stahrenberg: »Der unverwüstlich lustige Gaul« kehrt in die Heimat zurück. Österreichische Blicke auf das Weiße Rößl

    Konstanze Fladischer: Fritzi Massary und die »Delikatesse des Schamlosen«

    Matthias Kauffmann: »Deutsches Gefühlsleben, kriegerischer Geist und Freundestreue«. Operettenideologie im »Dritten Reich« am Beispiel von Heinrich Streckers Küsse im Mai und Ännchen von Tharau

    Frieder Reininghaus: Notärzte oder Vampire? Wernicke, Marthaler und die Operetten-Folgen

    Michael Lakner: Die »(un)erträgliche« Leichtigkeit der Operette. Bad Ischl und der Festspielsommer

    Barrie Kosky: Die uneheliche Schwester. Über die Hybridität der Operette

    Karl Kraus: Auszüge aus »Grimassen über Kultur und Bühne«, in: Die chinesische Mauer, Leipzig 41918

    Operette und Vernunft

    Den Unsinn zu Ehren bringen

    Pädagogische Funktionen der Operette

    Opposition gegen das Protektorat der Vernunft

    Reine Vernunft und Operettenblödsinn

    Extra

    Volker Tarnow: Magier der Moderne. Weit mehr als nur Argentiniens Nationalkomponist: 100 Jahre Alberto Ginastera

    Roland Mey: Kurt Masur – Dirigent und Revolutionär?

    Evelyn Benesch: Unbekannter Balthus. Zu »Rokoko«-Ausstattung und Bühnenbild des Künstlers für Così fan tutte in Aix-en-Provence (1950)

    Neue Musik im Fokus: Friedrich Cerha

    Judith Kemp: Ein Fest für die Sinne. Das Archiv der Zeitgenossen und das Forum Frohner in Krems feiern Friedrich Cerha

    Philip Röggla: Drei Generationen nigelnagelneu

    Lothar Knessl: Nachlese spätleseveredelt. Konzerte und CD-Neuerscheinungen zum 90. Geburtstag Friedrich Cerhas

    Berichte Feste und Spiele

    Osterfestspiele Salzburg und Osterfestival Tirol (Walter Weidringer)

    MaerzMusik (Barbara Eckle)

    Festkonzert zu Ehren von Erich Urbanner (Lena Dražić)

    Berichte Großes Theater

    Eötvös’ Tri sestri in Wien (Lena Dražić)

    Händels Agrippina in Wien (Johannes Prominczel)

    Strauss’ Capriccio in Wien (Judith Kemp)

    Martinůs Die Griechische Passion in Graz, Saariahos Only the Sound Remains in Amsterdam, Thomallas Kaspar Hauser in Freiburg und Offenbachs Hoffmanns Erzählungen in Stuttgart (Frieder Reininghaus)

    Berichte Kleines Format

    Borodins Fürst Igor in Wien (Konstantin Hirschmann)

    Klangforum Wien (Markus Hennerfeind)

    Rezensionen

    Bücher

    CDs

    Das andere Lexikon

    Operettenstoff (Judith Kemp)

    News

    News

    Zu guter Letzt

    Ablesen, aussitzen, auflockern (Frieder Reininghaus)

    Vorschau

    THEMA

    Die Wiener Operette als österreichischer Gedächtnisort

    Christian Glanz

    Die offizielle Staatsidee Kakaniens präsentierte sich bekanntlich als übernationales Konzept. Derartiges bedurfte entsprechender Symbole. Das vielbeschworene, in der politischen Praxis zunehmend vernachlässigte viribus unitis spiegelte sich primär in der Person des Kaisers und in den gesamtstaatlichen Institutionen. Vor allem in der Armee. Eine breitenwirksame »Kunstgattung der Gesamtstaatsidee« (Moritz Csáky) fehlte. Aber war es überhaupt ein Ziel der Kunst- und Unterhaltungsbranche, eine solche zu kreieren?

    Vom französischen Vorbild hatte sich die Operette Wiener Prägung rasch emanzipiert. Franz von Suppé, Karl Millöcker und Johann Strauß als zentrale Gestalten der ersten (später golden genannten) Phase der Wiener Operette entwickelten demgegenüber schon in ihren ersten Werken andere Schwerpunkte. Wobei ihnen der betonte kompositorische Ehrgeiz gemeinsam war. Bei Suppé äußerte sich dies beispielsweise in einer deutlichen Orientierung an Stilelementen der italienischen Oper, und Johann Strauß hatte die komische Oper als deklariertes Ziel vor sich: Der Zigeunerbaron wurde auch als komische Oper zur Uraufführung gebracht und in der Fledermaus ist der musikalische Anspruch noch weiter forciert. Millöcker, der aufgrund seiner Theaterpraxis enge Verbindung zum Volksstück und zur Posse hatte, setzte zwar deutlicher auf operettenspezifische Situationskomik, besonders in seinen Ensembles und im tendenziellen Bemühen um eine »Volksoper« weicht aber auch er deutlich vom Offenbach-Modell ab. Insbesondere das Modell der Travestie auf die Götterwelt als Mittel zur satirischen Demaskierung gegenwärtiger Zustände fand mit Ausnahme von Suppés Die schöne Galathée hierorts keine nennenswerte Nachfolge. Die privat geführten Operettenbühnen hatten sich vor allem am unmittelbaren Publikumszuspruch zu orientieren.

    Gute und böse Bosniaken

    Die Stoffe stammten aus verschiedensten Quellen. Historisches (von der Theresianischen Sitten-Commission im Zigeunerbaron über das Ambiente des sächsischen Krakau in Der Bettelstudent bis zum Florenz des Trecento im Boccaccio), Mythologisch-Märchenhaftes (Die schöne Galathée, Apajune der Wassermann), Militärisches (Leichte Kavallerie, Der Regiments-Tambour, Der Feldprediger) und traditionell Exotisches (neben Storchs Der Schneider von Kabul oder Suppés Afrikareise auch aus der Feder des nachmaligen kroatischen Nationalkomponisten Ivan Zajc, beispielsweise Nach Mekka) sind zentrale inhaltliche Kategorien. Dazu kommen neben dem beliebten ländlichen Ambiente (Der Vogelhändler, Das verwunschene Schloss) auch Themen und Schauplätze aus der kakanischen Gegenwart oder unmittelbaren Vergangenheit, wobei hier eine deutliche Übereinstimmung der Libretti mit offiziellen, offiziösen und dem »common sense« breiter Schichten verpflichteten Haltungen und Wertungen festzustellen ist. Dies äußert sich zuweilen höchst konkret, beispielsweise in der offenen Unterstützung der Okkupation Bosniens und der Herzegowina (1878) in Carl Michael Ziehrers 1888 uraufgeführter Operette Ein Deutschmeister: Okkupationsfreundliche (und daher »gute«) Bosniaken stehen den mit allen Bestandteilen der damals üblichen Balkanklischees charakterisierten Okkupationsfeinden gegenüber. Die Kritik honorierte ausdrücklich die »patriotische Politik« der Librettisten Bruno Zappert und Richard Genée. Auch in anderen Werken mit unterschiedlich aktuellen Stoffen findet sich diese Spiegelung herrschender Haltungen und Einschätzungen, besonders im Hinblick auf die Beurteilung von Staaten und Völkern, die die kakanische Politik zu ihren Feinden zählte, insofern gab man sich also staatstragend. So gibt es den von Russland gesteuerten Panslawismus, den getreuen deutschen Bundesgenossen und vor allem die unberechenbaren, verschlagenen und hinterhältigen »Balkanesen«. Als vollgültige Exoten werden aber nicht nur Rumänen, Bulgaren und Montenegriner vorgeführt, sondern auch Nationalitäten und Völker, die zumindest teilweise im Rahmen der Donaumonarchie lebten, wie die Serben Südungarns und der Vojvodina, die Slowaken und ganz besonders die »Zigeuner«. Von einer tatsächlich der schwarzgelben Idee verpflichteten Darstellung dieser »Völker unter dem Doppeladler« in der Operette kann nicht gesprochen werden. Musikalisch äußert sich dieser Aspekt in einer Anwendung des etablierten Exotismusvokabulars vom Bordun über das »Zigeunermoll« zum melodischen Pathos der geradezu inflationär eingesetzten übermäßigen Sekund.

    Ländliches Ambiente wie in Carl Zellers Vogelhändler bildete einen beliebten Handlungsort der Operette im 19. Jahrhundert (hier Alexander Girardi als Adam). Bild: wikimedia.org

    Zu den populärsten Exoten auf den Operettenbühnen des späten 19. Jahrhunderts zählt der »Zigeuner«, wie ihn auch Johann Strauß in seinem Zigeunerbaron auf die Bühne brachte. Bild: Undatierte Illustration aus der Zeitung Die Bombe/wikimedia.org

    Die um und nach 1900, also am Beginn der vorgeblich silbernen Ära feststellbaren Entwicklungen im stilistischen und inhaltlichen Bereich führten in Österreich zu keinen neuen Gewichtungen. Neue Akzente brachten die Einbeziehung kabarettistischer Elemente im Hinblick auf die Klassengegensätze, die in der häufigen Thematisierung des sozialen Aufstiegs in zahlreichen Operetten zu beobachten ist. Der Tendenz zur Errichtung von illusionären Scheinwelten wirkten nur vereinzelt parodistisch-satirische Konzeptionen entgegen, beispielsweise in Oscar Straus’ Die lustigen Nibelungen (1904). Daneben ist auch eine Auseinandersetzung mit aktuellen Stoffen und Themen festzustellen, wobei von offener Gesellschaftskritik nicht gesprochen werden kann. Die wichtigen Akzente liegen im zwischenmenschlichen Bereich, wo in Entsprechung zu den Cabarets und Lachtheatern der prickelnde Reiz des

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