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Die berühmtesten Freibeuter und Piraten: Von Blackbeard bis Störtebeker.
Die berühmtesten Freibeuter und Piraten: Von Blackbeard bis Störtebeker.
Die berühmtesten Freibeuter und Piraten: Von Blackbeard bis Störtebeker.
eBook269 Seiten10 Stunden

Die berühmtesten Freibeuter und Piraten: Von Blackbeard bis Störtebeker.

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Über dieses E-Book

Seit dem Beginn der Seefahrt gibt es Piraterie und Freibeuterei auf allen Meeren dieses Planeten. Sie kamen im Mittelmeer während der letzten drei Jahrtausende niemals vollkommen zum Erliegen, sie verunsicherten die Nord- und Ostsee, den Atlantik, die Karibik, den endlosen Pazifik und ganz besonders die asiatischen Gewässer. Schiffe wurden aufgebracht und Küstengebiete angegriffen, es wurde gekämpft, geraubt, geplündert, gebrandschatzt - und getötet. Bedeutende Männer der Geschichte, wie Julius Caesar und Miguel de Cervantes wurden Opfer der Piraterie. Die Abenteuer der Piraten und Freibeuter haben immer wieder die Fantasie der Menschen stimuliert. Mit diesem Buch möchte der Autor einen kompakten, aber fundierten und dennoch unterhaltsamen Überblick über die Geschichte der Seeräuberei von den Anfängen bis in unsere Tage bieten. Es werden bekannte und weniger bekannte Piraten und Freibeuter in kurzen biographischen Skizzen vorgestellt und über die wichtigsten Ereignisse und Schwerpunkte des Seeraubs berichtet. dabei dürfen auch die historischen Zusammenhänge und die sozialen Hintergründe nicht fehlen, da nur dadurch gewisse Entwicklungen verständlich werden. Die wichtigsten Schiffstypen, die Ausrüstung, die Bewaffnung, die Herkunft der Mannschaften und deren Organisation stellen weitere behandelte Bereiche dar.
SpracheDeutsch
Herausgebermarixverlag
Erscheinungsdatum18. März 2013
ISBN9783843803212
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    Buchvorschau

    Die berühmtesten Freibeuter und Piraten - Helmut Neuhold

    SO ALT WIE DIE SEEFAHRT UND DOCH NOCH IMMER AKTUELL – DIE PIRATERIE

    „Ein Pirat ist ein Feind der Menschheit, dem man – nach Cicero – weder Wort noch Schwur zu halten braucht. Wer Piraten auf frischer Tat zur See ergreift, hat das Recht, sie am Mastbaum aufzuknüpfen ohne langes Gericht oder Urteil." (Hampton Court 1719)

    Wenn man Berichte über die Piraterie vor der Küste des zerfallenden Staates Somalia liest, fühlt man sich unweigerlich an längst vergangene Zeiten erinnert, in denen fast jede Seereise nicht nur wegen der Gefahren durch die Witterung oder den Zustand der Schiffe, sondern auch ganz besonders durch die Gefahr von räuberischen Angriffen durch fremde Schiffe zu einem schwer kalkulierbaren Risiko wurde. Dabei ist die Gefährdung durch Seeräuberei nie vollständig aus der Geschichte der Seefahrt verschwunden und die gegenwärtig so medienpräsente Piraterie am Horn von Afrika stellt auch nur einen von mehreren aktuellen Gefahrenherden dar.

    Seit der Antike gab es Piraterie und Freibeuterei auf allen Meeren unseres Planeten. Sie kam im Mittelmeer während der letzten drei Jahrtausende niemals vollkommen zum Erliegen, verunsicherte die Nord- und Ostsee, den Atlantik, die Karibik, den endlosen Pazifik und auch ganz besonders die asiatischen Gewässer. Schiffe wurden aufgebracht und Küstengebiete angegriffen, es wurde gekämpft, geraubt, geplündert, gebrandschatzt – und getötet. Bedeutende Männer der Geschichte, wie Julius Caesar und Miguel de Cervantes, wurden Opfer der Piraterie.

    Die Abenteuer der Piraten und Freibeuter haben immer wieder die Fantasie der Menschen stimuliert. Was dazu geführt hat, dass es eine Vielzahl von Büchern und Filmen gibt, die sich mit dem Thema beschäftigen. Den meisten Menschen sind Abenteuerromane wie „Die Schatzinsel" oder einige der vielen Filme bekannt, die seit der Stummfilmzeit über die Seeräuberei gedreht wurden. Dabei wurden immer wieder Klischees und Stereotypien über das Piratenleben benutzt und weiterverbreitet, die meistens wenig mit den historischen Verhältnissen zu tun haben. Sachbücher über das Piratenwesen mit wissenschaftlichem Anspruch gibt es im Verhältnis zur belletristischen Vermarktung der Thematik verhältnismäßig wenige. Mit diesem Buch möchte der Autor einen kompakten, aber wissenschaftlich fundierten und dennoch unterhaltsamen Überblick über die Geschichte der Seeräuberei von den Anfängen bis in unsere Tage bieten.

    Zunächst sollte man vielleicht einige Begriffe klären: Das Wort Pirat stammt eigentlich aus dem Griechischen und kam über den lateinischen Begriff „pirata" zu uns. Er entspricht dem deutschen Wort Seeräuber, einem Ausdruck, mit dem man Menschen bezeichnet, die Gewalttaten, Eigentumsdelikte und Freiheitsberaubungen unter Verwendung eines Seefahrzeuges (oder auch eines Flugzeugs) verüben. Piraten „arbeiteten" nicht im staatlichen Auftrag, während Kaperer oder Freibeuter lange Zeit der allgemein akzeptierte Teil der Seekriegsführung verschiedener Staaten waren. Dazu erhielten Kapitäne von einer staatlichen Macht die sogenannten „Kaperbriefe" ausgestellt, welche sie zum Aufbringen von Schiffen einer gegnerischen Macht berechtigten, was sie allerdings nicht davor schützte, dass sie meistens von ihren Gegnern wie Piraten behandelt wurden. Oft sind beide Bereiche schwer voneinander zu trennen, da viele Freibeuter auch als Seeräuber tätig waren. Der Begriff Korsar bezeichnete Seeräuber, die vornehmlich an der afrikanischen Küste ihr Unwesen trieben, wurde aber auch in anderen Gebieten verwendet. Die Bezeichnung Bukanier kam erst im 17. Jahrhundert auf und hat indianisch/französische Wurzeln. Mit ihm bezeichnete man Piraten, deren Schiffe einen oder mehrere Eigner hatten, die in der Regel nicht an den räuberischen Unternehmungen teilnahmen. Dieses Phänomen fand sich vor allem in der Karibik und stellte einen fließenden Übergang von Freibeuterei und Piratentum dar. Auch der Begriff „Filibuster" ist der Karibik zuzuordnen und wurde sowohl für Piraterie als auch für Kaperei verwendet.

    Der Leser wird die Namen von Männern wie Klaus Störtebeker, Blackbeard und Sir Henry Morgan hier erwarten und viele werden auch nicht überrascht sein, wenn sie mit weiblichen Piratinnen wie Anne Bonny konfrontiert werden, doch viele sehr erfolgreiche Seeräuber erfreuen sich einer nicht so großen Bekanntheit, obwohl ihr Leben und ihre Taten oft genauso einzigartig und spannend waren.

    Deshalb sollen bekannte und weniger bekannte Persönlichkeiten, die das Handwerk der Piraterie und Freibeuterei betrieben, in biografischen Skizzen dargestellt und die Hauptströmungen und wichtigsten geografischen Schwerpunkte des Seeraubs sollen dem Leser nahegebracht werden. Auch auf die historischen Zusammenhänge und die sozialen Hintergründe soll eingegangen werden, da nur dadurch gewisse Entwicklungen verständlich erscheinen. Die wichtigsten Schiffstypen, die Ausrüstung, Bewaffnung, die Herkunft der Mannschaften und deren Organisation stellen weitere behandelte Bereiche dar. Nur so kann sich trotz aller Kompaktheit ein für den Leser einigermaßen nachvollziehbares Bild des Piratenwesens quer durch die Jahrhunderte ergeben.

    Es wurde neben neuerer auch ältere Literatur und Selbstzeugnisse von Piraten und deren Opfern herangezogen. Einige Zitate aus vor allem zeitgenössischen Quellen sollen das Gesamtbild abrunden und den Leser auch mit uns teilweise sehr fremden Denkweisen und Verhaltensmustern konfrontieren.

    „Seeräuber ist, wer als Führer eines bewaffneten Fahrzeuges ohne Auftrag eines Herrschers oder selbständigen Staates auf dem Meer umherfährt, um Raub oder irgendwelche Gewaltakte zu begehen." (Portugiesisches Strafgesetzbuch 1886)

    RUND UMS ANTIKE MITTELMEER: HEUTE HÄNDLER, MORGEN SEERÄUBER

    „Schweift ihr wohl gar, dem Gewerb der Piraten zu frönen? Kühnlich wagen das Haupt sie und bereiten den anderen Kummer."

    (Homer)

    Eine griechische Sage handelt davon, dass eine Gruppe einfältiger Piraten den Gott des Weines, Dionysos, gefangen nahm und ein Lösegeld für ihn erpressen wollte. Der Gott nahm daraufhin die Gestalt eines Löwen an und die erschreckten Piraten sprangen ins Meer, Dionysos verwandelte sie zur Strafe in Delfine. In Homers Ilias und Odyssee finden sich einige interessante Passagen zum Thema Seeraub, dabei schien der Erwerb von Sklaven durch Raub ein allgemein anerkanntes Vorgehen zu sein. Auch hat angeblich die winkelige Anlage von Siedlungen jener Zeit mit ihren sehr engen Gassen damit zu tun, dass man bei Angriffen von See her die Eindringlinge leichter zersplittern und niedermachen konnte.

    Niemand kann genau sagen, wann es den ersten Akt von Piraterie in der Geschichte der Menschen gab, doch tauchen in den ersten Berichten über die Seefahrt auch schon solche über den Raub zur See oder von See aus auf. Dieser konnte schon früh große Ausmaße annehmen, wenn man an den Kampf der Ägypter gegen den Angriff der „Seevölker denkt. Auch der Raub des „Goldenen Vlieses durch Jason und die Argonauten stellt eigentlich einen Akt der Piraterie dar, wenn man annimmt, dass es ihn wirklich gegeben hat.

    Schon mehr als 1.000 Jahre vor Christus musste sich ein ägyptischer Einkäufer von Bauholz namens Wen-Amun gegen Seeräuber verteidigen, die an der Levanteküste tätig waren, wie einem Papyrus zu entnehmen ist. Da die Schiffe des Altertums das offene Meer mieden und fast immer in Küstennähe segelten, hatten die Piraten meistens leichtes Spiel. Besonders die Ägäis mit ihren vielen kleinen Inseln, den zerklüfteten Küsten, den vielen Buchten und Grotten war eine ideale Gegend für die Form der küstennahen Piraterie. Bot sich doch dort eine Vielzahl von Verstecken an, von denen aus man leicht und überraschend zuschlagen, aber schwer gefunden werden konnte.

    Aber nicht nur in der Ägäis gab es in der Antike Piraterie in größerem Maßstab. So führte der assyrische König Sanherib im Jahre 694 v. Chr. einen groß angelegten Seekrieg gegen chaldäische Seeräuber, die in sein Königreich an der Küste von Elam eingedrungen waren. Dieser Seekrieg im nördlichen Teil des Persischen Golfes scheint die Bedrohung durch die Piraten für einige Zeit beendet zu haben und wurde von den Assyrern groß gefeiert.

    Über die Seeräuberei bei den alten Griechen gibt es nur wenige und bruchstückhafte Aufzeichnungen. Die lange Zeit auf dem Meer dominierenden Phönizier betätigten sich sowohl als Händler als auch als Piraten, besonders wenn es gegen fremde Völker ging. Bereits der sagenhafte König Minos von Kreta soll die phönizischen Piraten bekämpft und zahlreiche von ihnen vernichtet haben, berichtete zumindest der Geschichtsschreiber Thukydides. Dass die Griechen selbst niemals der Seeräuberei ganz abgeneigt waren, geht aus anderen Berichten hervor.

    So schrieb Thukydides: „Nachdem die früheren Griechen und diejenigen Nichtgriechen, die an der Festlandsküste oder auf den Inseln wohnten, damit begonnen hatten, häufiger zu Schiff miteinander Kontakt aufzunehmen, wandten sie sich der Piraterie zu, und dabei wurden sie von ihren jeweiligen Eliten angeführt, die die Sache um des Gewinnes willen und für den Lebensunterhalt ärmerer Schichten betrieben; daraus, dass sie unbefestigte Städte und dörfliche Siedlungen überfielen und diese ausplünderten, zogen sie den größten Teil ihres Lebensunterhalts; dieser Beruf war noch nicht stigmatisiert, sondern verschaffte im Gegenteil nicht geringes Ansehen." (Grieb 2012, S. 26)

    Spätestens mit der griechischen Kolonisation weiter Teile des gesamten Mittelmeerraumes ab etwa 750 v. Chr. nahm die Seeräuberei wohl allgemein zu. Im westlichen Mittelmeer trafen die Griechen auf die Karthager und Etrusker, die auch seefahrerisch aktiv waren. Man mochte sich nicht besonders und es gab immer wieder räuberische Aktivitäten gegen Schiffe oder Küstenorte der anderen Völker. Doch kam es auch immer wieder vor, dass griechische Schiffe von Griechen überfallen wurden, wenn sie aus einem anderen Stadtstaat kamen. Herodot berichtete ziemlich beiläufig über die seeräuberischen Aktivitäten der Griechen aus Phokaia. War schon im Frieden das Befahren der Gewässer des Mittelmeeres ein großes Risiko, so war Freibeuterei bei militärischen Konflikten natürlich ein wesentliches Mittel der Seekriegsführung. Und Kriege gab es zur Zeit der griechischen Stadtstaaten sehr viele.

    Es gibt einige wenige Darstellungen von Piratenangriffen auf Handelsschiffe auf griechischen Keramiken. Man sieht, dass so manches Piratenschiff eigentlich wie eine griechische Kriegsgaleere gebaut war, inklusive Rammsporn. Schnellen und gut bewaffneten Räubern dieser Art hatten die schwerfälligen antiken Handelsschiffe nichts entgegenzusetzen. Sehr oft wurden aber nur kleinere Ruderboote eingesetzt, die schnell auftauchen und rasch wieder verschwinden konnten.

    Viele nutzten die Piraterie und die großen damit verbundenen Gewinne auch für einen raschen Aufstieg. Wie heute wurde in Regionen ohne fest gefügte Territorialität und Staatlichkeit wenig nach der Herkunft des Vermögens gefragt und oft waren Nachkommen in der von Großkriminellen in der zweiten Generation schon regelrecht „nobilitiert". Wichtig bei Piratengruppen war jedoch immer, dass es eine Hierarchie gab und der Anführer gewisse Privilegien hatte, während allgemein jedoch bei der Aufteilung der Beute ein gewisses Prinzip von Gleichrangigkeit vorherrschte.

    Um 530 v. Chr. gab es den räuberischen Flottenkommandanten Polykrates, der als einfacher Seeräuber begann und sich unter Ausschaltung des örtlichen Adels zum Herrn von Samos aufschwang. Er wird als raublustig, kühn, listig und grausam beschrieben. Polykrates eroberte Lesbos und Milet und bedrohte die Schifffahrt in der Ägäis so sehr, dass die meisten ihm freiwillig Tribut zahlten. Die ehemaligen „Kollegen vom Beginn seiner Laufbahn als Pirat waren ihm bald unangenehm und er rottete sie alle mit großer Brutalität aus. Schließlich wurde der erfolgsverwöhnte Polykrates immer übermütiger und stieg in die große Politik zwischen Ägypten und Persien ein. Das führte dazu, dass er ein schlimmes, aber für ihn vielleicht angemessenes Ende fand: „Polykrates aber wurde wie ein Pirat ans Kreuz genagelt, und so denn verreckte der wilde Wogenfürst nackt und arm, vom Regen gewaschen, von der Sonne gefleckt… (Leip 1969, S. 25)

    Herodot berichtete von einem gewissen Dionysios aus der für ihre Seefahrer bekannten kleinasiatischen Stadt Phokaia, der durch Seeraub zu großer Macht, Reichtum und Ansehen gelangte. Dionysios hatte während des Ionischen Aufstandes gegen die Perser im Jahre 495 v. Chr. das Kommando in einer Seeschlacht, die allerdings für die Griechen recht erfolglos verlief. Doch Dionysios konnte drei persische Schiffe kapern und entschloss sich, nicht in seine Heimat zurück zu segeln, sondern weiter einen Kaperkrieg auf hoher See zu führen. Seine Hauptopfer waren phönizische Schiffe, die ihm nach und nach großen Gewinn einbrachten. Mit diesem Kapital begann er dann, sich in größerem Maßstab auf Sizilien als Seeräuber festzusetzen. Von hier aus griff er allerdings nur die Karthager und Etrusker an, während er griechische Schiffe verschonte. Dionysios erlangte große Macht und Reichtum und wurde in seiner Region gefürchtet.

    Auch im Peloponnesischen Krieg spielten das Kaperwesen und die Piraterie eine große Rolle, wobei Athen lange Zeit versuchte, sie zu bekämpfen und unter Kontrolle zu bringen. Besonders Sparta setzte während der großen innergriechischen Auseinandersetzung auf angeheuerte Seeräuber, um das wirtschaftlich mächtigere Athen zu bekämpfen. Auch in der spätklassischen Zeit war die Seeräuberei ein bedeutender Faktor der griechischen Lebenswelt und auch die Hauptquelle des Menschenraubs für die Sklaverei. Nun wurde ganz besonders die kilikische Küste zum Schwerpunktgebiet der Piraterie, was sich bis in die Zeit des römischen ersten Jahrhunderts v. Chr. halten sollte. Aber auch Illyrien, einige ägäische Inseln und besonders Kreta wiesen zahlreiche Piratenstützpunkte auf, wobei letzteres darin schon eine lange Tradition hatte.

    Der antike griechische Autor Heliodorus von Emesa beschrieb, wie sich so ein Überfall abgespielt haben könnte, als ein phönizisches Handelsschiff von einem Piratenschiff aus Kreta verfolgt wurde: „Als eine Windstille eintrat, mussten wir zu den Riemen greifen, aber die Barke kam immer näher. Dort legten sich alle in die Riemen, und es war ein leichtes Schiff. Auf unserem Fahrzeug herrschte ein fürchterlicher Tumult. Die Leute jammerten und liefen durcheinander… Als einer der Piraten an Bord sprang, ein paar unserer Leute niederschlug, und weitere ihm folgten, verloren die Phönizier den Mut, warfen sich zu Boden und flehten um Gnade." (Mitchell 1976, S. 26)

    Alexander der Große ärgerte sich sehr über die Piraterie an den Küsten seines riesigen Machtbereiches und ordnete an, die Meere von den Seeräubern zu säubern. Da der Makedone über die nötigen Machtmittel verfügte, fielen dieser Aktion eine große Anzahl von Piraten zum Opfer. Doch auszurotten war das Übel damit nicht, zumal dem großen Alexander nur wenige Lebensjahre beschieden waren und seine Nachfolger weitaus weniger konsequent vorgingen. Es gibt noch eine kleine Geschichte über Alexander und die Piraten: Angeblich hat er einmal einen gefangenen Piraten befragt, warum dieser seinem Handwerk nachginge. Darauf soll der Pirat geantwortet haben: „Aus dem gleichen Grund, aus dem du die die ganze Welt belästigst. Aber da ich es in einem kleinen Schiff mache, nennt man mich einen Piraten. Weil du es mit einer großen Flotte tust, nennt man dich einen Imperator." (Platt 1995, S. 9)

    Der Hellenismus bescherte uns auch einen Fachausdruck für die kriminellen Aktivitäten zur See. Die Seeräuber hießen von nun an „peirates, was im Lateinischen als „pirata übernommen wurde. Sie hielten sich selten fern von der Küste auf und führten ihre Unternehmen in der Regel nur bei Tageslicht durch. Somit wäre es ein Leichtes gewesen, ihnen zu entkommen, wenn man zum Beispiel außer Sichtweite der Inseln oder nachts unterwegs gewesen wäre. Aber derlei war in der Antike eher ungewöhnlich und wurde als sehr gefährlich angesehen, somit musste man die Gefahr durch die Piraten in Kauf nehmen.

    Eine griechische Sage berichtet von einer Gruppe etwas dümmlicher Piraten, die Dionysos, den Gott des Weines, gefangen nehmen wollten, um ein Lösegeld für ihn zu erhalten. Dionysos aber verwandelte sich in einen Löwen und trieb die Piraten ins Meer. Sie wurden zur Strafe in Delfine verwandelt, wie sie auf vielen antiken Mosaiken zu sehen war. Die Römer kannten später die gleiche Sage, allerdings hieß ihr Weingott nunmehr Bacchus. (Platt 1995, S. 9)

    ROMS LANGER KAMPF MIT DER PIRATERIE

    „Merkwürdig bleibt, wie hin und wieder erstaunlich kleine Volksgruppen die Seefahrt des ganzen Mittelmeeres zu beunruhigen vermochten."

    (Leip 1969)

    Lange Zeit hatte die Macht Karthagos zumindest im westlichen Mittelmeer für Ordnung gesorgt und die Piraterie in erträglichem Rahmen gehalten. Doch als die Römer im Jahre 146 v. Chr. dem ungeliebten Konkurrenten im Dritten Punischen Krieg endgültig den Todesstoß versetzten, entstand in gewisser Weise auch ein maritimes Machtvakuum, das von der römischen Flotte nicht so schnell beseitigt werden konnte. Große Kaperflotten tauchten mit einem Male auf, der See-, Küsten- und Menschenraub blühte auch im westlichen Mittelmeer. Sogar Ostia, die wichtigste römische Hafenstadt, wurde geplündert und vornehme Römer gerieten immer wieder in die Gefangenschaft der Piraten. Diese problematischen Zustände hielten lange an.

    Die Römer nannten das Mittelmeer „mare nostrum" (unser Meer), doch war das über viele Jahrhunderte nur bedingt richtig. Ganze Flotten von Piraten machten fast das ganze Meer unsicher und die Existenz dieser Seeräuber hatte auch Auswirkungen auf die römische Geschichte. Als zum Beispiel der Gladiator Spartacus, der den wohl für Rom gefährlichsten Sklavenaufstand aller Zeiten anführte, im Jahre 71 v. Chr. mit seinem riesigen Sklavenheer im Süden Italiens stand, trat er mit den Kilikischen Piraten in Verbindung. Der Grund dafür war, dass er wollte, dass ihn die Piratenflotte mit Tausenden seiner Leute nach Sizilien übersetzen sollte. Geld zur Bezahlung der Piraten hatte er durch seine Raubzüge genug, Spartacus wurde aber von den Piraten betrogen und im Stich gelassen, obwohl sie sein Geld genommen hatten. Die Römer dürften noch viel mehr geboten haben, um den Plan des Sklavenführers zu vereiteln. Letztlich musste Spartacus mit seinen Leuten auf dem Festland bleiben und sah seinem Untergang entgegen. Wenn er mithilfe der Piraten die wichtige Insel Sizilien unter seine Kontrolle gebracht hätte, wäre es vielleicht zu einer anderen geschichtlichen Entwicklung gekommen.

    Selbst der stolze Gaius Julius Caesar wurde in jungen Jahren ein Opfer der Piraten. Im Jahre 75 v. Chr. reiste er nach Rhodos, um das Studium seiner Redekunst zu vollenden, doch sein Schiff wurde bei der kleinen Insel Pharmakussa südlich von Milet von Piraten gekapert. Der stolze Römer war nun etwa fünf Wochen lang auf einer kleinen ionischen Insel gefangen, bis endlich das geforderte Lösegeld von 50 Talenten eintraf. Der später mächtigste Mann Roms setzte nach seiner Freilassung alle Hebel in Bewegung, um seine Entführer zu fassen. Eiligst wurde eine bewaffnete Expedition mit fünf Schiffen losgeschickt, die vorwiegend von Caesar finanziert wurde, er übernahm auch gleich das Kommando und folgte den Piraten in ihre Schlupfwinkel an der kilikischen Küste. Die arglosen Seeräuber wurden schließlich während eines Gelages, mit dem sie ihren Erfolg feierten, überrascht und überwältigt. Caesars Leuten fielen 350 überlebende Piraten und die erpressten 50 Talente in die Hände. Zudem konnten die restlichen Gefangenen der Piraten befreit werden. Der rachsüchtige junge Römer musste sich dann noch gegen den Statthalter durchsetzen, der die Hinrichtung der gefangenen Piraten ablehnte. Aber Caesar, der nie zartbesaitet war, wollte blutige Rache. Unter Einsatz seiner finanziellen Mittel gelang es ihm durchzusetzen, dass 300 der Kilikier erwürgt wurden und der Rest ans Kreuz geschlagen wurde. Genau das hatte er ihnen angekündigt, doch ließ er einigen der Anführer vor der Kreuzigung „gnadenhalber" die Gurgel durchschneiden.

    Nachdem die Römer die griechische Welt vollkommen unter ihre Kontrolle gebracht hatten, mussten sie sich auch massiv mit der Piraterie in der Region auseinandersetzen. Zum Teil waren sie selbst schuld an dem Problem, denn sie hatten den Machtverfall der auf das Reich Alexanders des Großen folgenden Diadochenstaaten gefördert und ihnen dann den Gnadenstoß gegeben. Durch diese Entwicklung wurde das Entstehen schlagkräftiger Piratengruppen gefördert, die einige Zeit lang kaum wirksam bekämpft werden konnten. Im an der Südküste Kleinasiens gelegenen Kilikien entstand sogar eine fast wie ein Staat organisierte Freibeuter-Gemeinschaft, die auch aufgrund ihrer Größe einen bedeutenden Machtfaktor zur See darstellte. Deren Hauptopfer wurden zunehmend die immer präsenteren römischen Handelsschiffe. Diese Entwicklung nahm bald ein sehr bedrohliches Ausmaß für das römische Wirtschaftswesen an.

    Die Römer hatten den Hafen auf der griechischen Insel Delos zum Freihafen erklärt, das zog viele Handelsschiffe

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