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Boxer
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eBook99 Seiten1 Stunde

Boxer

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Über dieses E-Book

Nach drei Zeilen ist man »im Buch«. Nach zwanzig Zeilen überkommt einen das erste und das zugleich letzte Lächeln. Zwei Schicksale - die Bürde unvorstellbar - treffen aufeinander, die den Leser aufgewühlt von Zeile zu Zeile treiben. Wer das Buch beiseitelegen kann, verdrängt die »andere«, die Kehrseite des Lebens, oder hat sie noch nicht kennengelernt.

Kein Satz ist überflüssig. Jeder Moment ist prall gefüllt: mit aufblitzenden Hoffnungsfunken und mit derben Rückschlägen. Kann ein Mensch jene rasante Fahrt auf der Gefühlsachterbahn verkraften?

»Boxer« fesselt. Zwei geschundene Kinderseelen treten in die Reife des Lebens und müssen einen - ihren - Weg finden. »Boxernaturen« in verschiedenen Sinnen. Beide Hauptfiguren können den Schatten ihrer Vergangenheit nicht abstreifen, so scheint es. Oder gelingt es ihnen doch? Schafft es die Liebe?

Die Autorin: Annemarie Schmidt-Koppenhagen, Jahrgang 1929, eine späte Entdeckung. »Boxer« - ihr eindrückliches Debüt.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum18. Sept. 2014
ISBN9783940085160
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    Buchvorschau

    Boxer - Annemarie Schmidt-Koppenhagen

    2014

    Impressum

    Bibliografische Information der Deutschen National­biblio­thek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

    Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechts ohne Zustimmung des Verlages ist unzulässig.

    © by Verlag Neue Literatur

    www.verlag-neue-literatur.com

    Bildquelle Cover: fotolia

    Gesamtherstellung: Satzart Plauen

    Printed in Germany

    ISBN 978-3-940085-16-0

    Inhaltsverzeichnis

    Impressum

    Vorwort

    BOXER

    Vorwort

    Wenn ein Mensch von dieser Welt geht, bleiben viele offene Fragen.

    Wenn es die eigene Mutter ist, die dazu noch ein Buch mit prekärem Inhalt geschrieben hat, wird das »Warum« ein ewiges Rätseln bleiben. Sie hat immer gesagt: »Alles Fantasie. Alles frei erfunden.«

    Das literarische Beiwerk sicher. Der Kern der Geschichte sicher nicht. Ich habe in ihrem Umfeld und in der Verwandtschaft eruiert. »Das glaube ich nicht!«, »Nein!«, »Niemals!« Fakt ist, es betraf sie nicht persönlich und auch nicht den weiteren Familienkreis.

    Als ihr ältester Sohn habe ich mich mit Zustimmung meiner Geschwister dazu entschlossen, dieses kleine Werk zu veröffentlichen. Im Verlag Neue Literatur in Jena habe ich, zumal als praktizierender Lokalpatriot, einen engagierten und freundlichen Publizisten gefunden, der mir den Mut gegeben hat, ein kleines Wagnis zu starten. Ich hoffe, dass das Buch eine große Lesergemeinde finden wird und dass man in dieser Geschichte nicht nur den Skandal sieht. Vielmehr die Chancen und Möglichkeiten, einen Ausweg aus solchen und ähnlich zerstörerischen Situationen zu finden und neuen Lebensmut zu schöpfen.

    Jena, 1. August 2012

    Johannes W. Schmidt

    BOXER

    Auf einer Anhöhe liegend, im neugotischen Stil erbaut und mit weiß getünchten Mauern wacht das Gotteshaus mit strengen Augen über die Bürger der Kleinstadt. Das geöffnete Südportal lässt die junge Frau in ein düsteres Kirchenschiff eintreten. Die weit in den Innenraum hineinreichende, wuchtige, mit wertvollen Schnitzereien verzierte Empore scheint die auf dem Gestühl sitzenden Personen beinahe erdrücken zu wollen. Die dunkle Tonnendecke lässt den Raum niedriger erscheinen, als er ist. Der Chorraum wird von den mühsam durch die bunten Fensterscheiben drängenden Sonnenstrahlen nur spärlich erhellt. Ein überlebensgroßer Kruzifixus am reich verzierten Altar lässt die Betrachterin am Leiden Christi teilhaben. Das aus Intarsien gearbeitete Dekor der Kanzel zeigt Geburt, Kreuzigung und Auferstehung des Herrn. Durch das schräg einfallende Licht tritt Jesus’ gequälter Gesichtsausdruck in der Kreuzigungsszene besonders hervor.

    Gleich dem Mast eines Segelschiffes, der keine andere Aufgabe hat, als dem Sturm zu trotzen, so steht die Lehrerin vor der lärmenden Klasse. Vom Reichtum verwöhnte Menschenkinder, überhebliche kleine Prinzessinnen und selbstbewusste, übermütige Jungen sollen in dieser teuren Privatschule erzogen und für das Leben zurechtgebogen werden. Genau wie vor einem Jahr, als das Fräulein das erste Mal vor die Kinder trat, wird sie wieder von einer unbeschreiblichen, panikartigen Angst gepackt, die sie um keinen Preis zeigen darf.

    Was bewegt sich hinter diesem Gesicht mit den zusammengekniffenen Lippen, die dünnen Strichen gleichen? Das akkurat zurückgekämmte und zu einem Knoten gebundene braune Haar lässt die hohe Stirn hervortreten und beinahe eckig erscheinen. Kein Haar des exakt gezogenen Mittelscheitels­ wagt, sich auch nur um einen Millimeter in die falsche Richtung zu legen. Die breit gequetschte Stupsnase kann doch nicht in dieses derbe Gesicht gehören! Weil sie immer Blusen und Hosen trägt, die eine Nummer zu groß sind, hat sie sich bei den Kindern den Spitznamen »Kleiderständer« eingehandelt. Warum sie sich so kleidet, dass man weder vorn noch hinten auch nur die kleinste Rundung erkennen kann, ist auch ihren Kollegen schleierhaft.

    Mit unerbittlich harter und schriller Stimme ruft sie die drei Schülerinnen der letzten Bank zu sich. Die Mädchen erheben sich kichernd und im Zeitlupentempo, als die Lehrerin mit hochrotem Kopf ruft: »Ich schaue auf die Uhr …« und mit einer plötzlich veränderten, tiefen, klaren Bassstimme den Satz beendet: »Für jede Sekunde, die ihr später hier erscheint, werde ich eure Strafe um ein Vielfaches erhöhen.«

    Totenstille herrscht in der Klasse. Erschrocken kommen die drei, nun mit unsicheren, aber schnellen Schritten nach vorn. Sie wissen ganz genau, welches Schulgesetz sie überschritten haben und erwarten dafür eine harte Strafe von ihrem »Kleiderständer«, denn der denkt sich doch immer verteufelte Strafen aus. Die Kinder schauen gebannt auf die Lehrerin und warten. Selbst in den hinteren Bänken traut sich keiner, auch nur einen Mucks von sich zu geben. Um Fassung ringend, atmet das Fräulein hörbar tief ein und aus, ein und aus … Endlich verkündet sie in gewohnt derber Weise und mit harten Worten:

    »Da ich euch drei erneut beim Rauchen in der Toilette erwischt habe, wird euch am kommenden Wochenende der Ausgang gesperrt, sodass ihr nicht nach Hause fahren könnt. Dafür werdet ihr an beiden Tagen je sechs Stunden im Schulgarten arbeiten. Ich werde eure Eltern benachrichtigen­.«

    Gerade als sich Marie, die ihren Mitschülerinnen in ihrer körperlichen Entwicklung weit vo­raus ist, über das Strafmaß empören will, ertönt das Klingelzeichen und alles stürmt zum Ausgang. Im Handumdrehen steht die Lehrerin, immer­ noch um Fassung ringend, allein im Klassenraum. Nun ist es doch passiert! Ganz leise summt sie, um sich und ihre Stimme wieder in Ordnung zu bringen.

    Während der großen Pause stehen einige Jungen aus der Klasse auf dem Schulhof in einer Ecke und unterhalten sich. Sie diskutieren über ein Rätsel und vergessen dabei, wie gewohnt herumzutollen. Ralf, der Klassenbeste, will ganz genau wissen, dass der Kleiderständer eine gute Schauspielerin ist und deshalb ihre Stimme so verstellen kann, wie sie es jeweils für notwendig hält. Die anderen denken nach, während sich der kleine, pfiffige Tobi an den Kopf greift und sagt, dass es so etwas nicht gibt.

    »Das glaubst du doch selbst nicht! Die trägt unter ihrer schlabberigen Hose ein Mikrofon und aus dem Lautsprecher hinter ihrem Ohr kommen die transp-, die transportierten Worte. Die Leitung dazu hängt an ihrer Brille, die sie nur manchmal aufsetzt. Ihr müsst sie nur mal genau anschauen­! Das hat sie alles nur dran, damit sie uns schocken kann!«

    Jonas fällt ihm ins Wort:

    »Was nützt es, wenn ihre Reden transportiert werden? Du meinst wohl transponieren. Das könnte vielleicht eher klappen­.«

    Keiner ist mit des Rätsels Lösung so recht zufrieden, als die Pause zu Ende ist und sie in den Unterrichtsraum zurücktrotten.

    Es ist spät geworden, als das Fräulein Lehrerin das letzte Heft aus der Hand legt. Alle zweiundzwanzig Klassenaufsätze sind zu ihrer Zufriedenheit ausgefallen. Natürlich lässt die Rechtschreibung bei einigen noch zu wünschen übrig, aber mit viel Übung wird sich das sicher noch verbessern lassen. Wie gern sie doch in ihrem Beruf arbeitet! Sie liebt die Kinder, wenn auch ihre Strenge zuweilen einen anderen Eindruck erweckt. Aber die Wildfänge brauchen eine straffe Hand! Da sie als junge und unerfahrene Lehrerin bisher immer auf ihren verständnisvollen Schuldirektor zählen konnte, wird sie an ihrer Erziehungsmethode auch nichts ändern. Sie nimmt sich vor, die drei Mädchen am kommenden Wochenende bei der Strafarbeit nicht nur zu beaufsichtigen, sondern auch selbst mitzuarbeiten und mit gutem Beispiel voranzugehen. Warum nur musste ihr das heute passieren, dass sie schon vor Verkündung der Strafe innerlich zu zittern begann? Doch warum soll sie sich nach dem anstrengenden Tag noch damit belasten? Ein Gläschen Rotwein würde ihr jetzt sicher guttun.

    Aber trotz des wohlschmeckenden Gutenachttrunkes will das Einschlafen einfach nicht gelingen. Immer wieder drängen sich die schrecklichen Bilder vor ihr geistiges Auge. Wie in einem bösen Albtraum wird sie von dicken Mauern eines klösterlichen Internates fast erdrückt. Ein Knabe, im gleichen Alter

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