Ein Stern für die 3a
Von Elfriede Wimmer
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Über dieses E-Book
Elfriede Wimmer
Elfriede Wimmer lebt mit Ihrem Mann in Mödling bei Wien und arbeitet als Kinder-und Jugendbuchautorin. Ihr Workshop „Gewaltfrei miteinander reden“ ist bereits an vielen Schulen verbreitet. Mit Leidenschaft und persönlichem Engagement hat sie sich zum Ziel gesetzt, Kinder im Schulalltag zu unterstützen und deren soziale Kompetenz zu stärken.In ihren Büchern greift sie aktuelle Themen auf und verpackt sie zu spannenden, immer mit einem Schuss Humor versehenen Geschichten, die mit feinem, sozialen Hintergrund berühren. Elfriede Wimmer ist ausgebildeter Einzel- und Team-Coach sowie Kreativtrainerin.
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Buchvorschau
Ein Stern für die 3a - Elfriede Wimmer
R.
Die Grauboden
Der Name Grauboden passt hervorragend zu der riesigen Sportschule. Sie wurde vor Jahren von dem damaligen Bürgermeister Georg Grauboden eröffnet und erhielt, weil niemanden etwas Besseres einfiel, kurzerhand seinen Namen. Die Wände, die damals in einem hellen Gelb erstrahlten, sind mittlerweile bedeckt mit Schmierereien und schmutzigen Handabdrücken. Die Klassenzimmer sind vollgestopft mit Schreibtischen und Stühlen, die alle schon bessere Zeiten gesehen hatten. In den Bänken liegen verschimmelte Essensreste, und unter den Tischen klebt der eine oder andere Kaugummi. Der Schulwart jammert über Rückenbeschwerden und, dass ihm sowieso alles zu viel wird mit den Fratzen und dem Dreck, den sie machen. Er schiebt immer einen Wischmopp vor sich her, mit dem er sorgfältig über den hartnäckig festsitzenden Schmutz drüberstreicht. Ja, er poliert ihn geradezu, bis er glänzt. Dann stellt er sich vor, er hätte seine Aufgabe hervorragend erfüllt.
Es ist kurz vor acht und auf den Gängen geht es ziemlich laut zu. Genaugenommen kann man sein eigenes Wort nicht verstehen. Tom trommelt wie immer überall auf irgendetwas herum, das ihm auch nur annähernd als Schlagzeug dienen kann. Max hat wieder einmal keine Geduld mit dem kleinen Flo, der ständig im Weg herumsteht. Ein kräftiger Stoß und das Problem ist gelöst. Flo landet mit seiner Schultasche auf dem Rücken unsanft in einer Ecke auf dem Boden. Der große Lukas und der feiste Oliver lachen und steigen über den kleinen Flo einfach hinweg, nicht ohne ihn vorher mit dem Schuh noch ein bisschen in die Seite zu kicken, so als wäre er ein Fußball.
„Wie ein Käfer auf dem Rücken", kichert Patrizia, und das erinnert Amelie mit Schrecken an ihre fehlende Sachunterrichtshausübung.
„Hast du mir die Unterlagen für morgen mitgebracht?", fragt sie leise ihre Freundin.
„Ich verstehe bei dem Lärm kein Wort, du musst lauter sprechen." Patrizia nimmt sich nicht die Zeit, Amelie zuzuhören. Sie entdeckt Leonie, die eben mit ihrem coolen Schulrucksack durch das Schultor kommt, und lässt die unglücklich dreinblickende Amelie einfach stehen. Soll sie sich doch selber um ihre Hausübungen kümmern! Immer fehlt ihr irgendetwas. Ehrlich, das nervt gewaltig und ist voll uncool! Was kann sie dafür, dass Amelie so langsam ist und immer nur die Hälfte mitschreibt?
Da ist Leonie ganz anders. Die ist nicht so langweilig und macht gleich ein Drama wegen einer fehlenden Hausübung. Im Gegenteil. Mit ihr kann man auch mal was anstellen, wie zum Beispiel in der Freistunde heimlich auf die Martinistraße gehen, was selbstverständlich streng verboten ist. Gestern wollte Amelie unbedingt mitgehen. Klar, dass sie erwischt wurde. Leonie und sie hatten es gerade noch geschafft und waren vor dem Schulwart in die Schule geschlüpft. Aber Amelie musste natürlich wieder erst ihr Schuhband zumachen und ist dann mitten in den fetten Herrn Krauser hineingelaufen. Der liebt es, wenn er ein Kind bei etwas Verbotenem erwischen kann. Das genießt er richtig. Da helfen keine Bitten und auch keine Bestechungen mit Erdbeerschokolade. Leopold Krauser isst für sein Leben gerne Erdbeerschokolade, der er normalerweise nicht widerstehen kann. Aber noch lieber erwischt er Kinder. Kinder machen Lärm und Schmutz, und es geschieht ihnen recht, wenn sie bestraft werden. Er schleppt jedes gnadenlos zur Frau Direktor Schacherl.
Ein Lehrer namens Stern
Amelie hat Angst. Sie will nicht zur Schachterl, wie die Kinder die Frau Direktor heimlich nennen. Sie weiß, bei drei Verweisen, kann man richtig Ärger bekommen. Und unangenehm auffallen will die schüchterne Amelie ganz, ganz bestimmt nicht. Genaugenommen möchte sie überhaupt nicht auffallen. Im Gegenteil, manches Mal wünscht sie sich, sie wäre unsichtbar. Besonders dann, wenn sie in Mathe an die Tafel muss. Die gemeinen Rufe aus der Klasse und der Spott, wenn sie etwas nicht weiß, sind unerträglich. Jedes Mal hat sie dann stundenlang Bauchweh.
Herr Krauser klopft an die Tür der Frau Direktor und öffnet nach einem energischen „Herein!" unterwürfig die Tür. Ja, Herr Krauser kann auch anders sein. Wenn er zum Beispiel vor der Frau Direktor steht, wird er ein bisschen kleiner. So, als wäre er wieder ein Schüler. Er zieht dann den Kopf zwischen die Schultern und schaut zu Boden.
„Was ist Krauser?, fragt die Direktorin, und ihr Blick wandert zu Amelie, die sich genau wie der Schulwart ganz klein macht. Aber so sehr sie sich auch bemüht, sie kann sich nicht in Luft auflösen. Leopold Krauser nimmt seine Kappe, die er immer auf dem Kopf hat, um seine dünnen, farblosen Haare zu verstecken, herunter und dreht sie zwischen den Händen. „Eh, h-hm … Ich will nicht stören, eh … aber ich habe wieder eine erwischt.
„Ja, und? Die Direktorin zieht abwartend die Augenbrauen in die Höhe und neigt ihren Kopf. „Ich höre, Krauser
, sagt sie, und etwas Ungeduld mischt sich in ihre Stimme.
Der Schulwart tritt von einem Fuß auf den anderen und stottert: „Dies-dies-dieses Mädchen wa-wa-war auf der verbotenen Straße."
„Eine verbotene Straße? Das klingt ja spannend."
Amelie und Krauser blickten beide in die Richtung aus der die Stimme kommt. Im Schatten des Bücherschranks, rechts von der Tür steht ein großer, schlanker Mann in einem hellen Mantel. Er kommt näher und blickt neugierig auf Amelie. Er beugt sich zu ihr hinunter, und noch bevor die Schachterl etwas von sich geben kann, sagt er: „Manchmal sind die Dinge anders, als es zunächst den Anschein hat. Der nette Herr Krauser hier hat etwas gesehen und daraus einen Schluss gezogen. Aber war es tatsächlich so, wie er geglaubt hat? Der Mann richtet sich wieder auf und blickt mit einem kleinen Lächeln in die Runde. Keiner sagt ein Wort und so fährt er fort: „Ich denke, dazu müssen wir auch Amelies Sicht der Dinge hören.
Herr Krauser ist empört. Das wäre ja noch schöner, wenn jetzt die Fratzen die Möglichkeit haben mit ihren Lügen, die Ordnung durcheinanderzubringen. Nein, nein, nein! Er, Leopold Krauser, weiß immer genau, was er sieht und hört. Dazu braucht er nicht auch noch die Meinung der Kinder.
Aber die Direktorin hebt die Hand und Krauser sackt in sich zusammen. Er schnappt noch einmal nach Luft und schluckt seine Erwiderung hinunter. Auffordernd blickt die Frau Direktor auf die kleine Amelie. „Nun, Amelie, dann wollen wir von dir hören, was da heute passiert ist."
Amelie