Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

FM4 Wortlaut 19. Privat: Der FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb. Die besten Texte
FM4 Wortlaut 19. Privat: Der FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb. Die besten Texte
FM4 Wortlaut 19. Privat: Der FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb. Die besten Texte
eBook156 Seiten1 Stunde

FM4 Wortlaut 19. Privat: Der FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb. Die besten Texte

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

FM4 bietet Nachwuchsautor*innen und allen, die Lust am Geschichtenschreiben haben, die Chance, sich in kurzer Form literarisch über das Thema "PRIVAT" auszulassen. Die redaktionelle Vorjury wählt aus den cirka 1.000 Einreichungen 20 aus, die an die hochkarätige Jury weitergegeben werden. Diese kürt dann die Gewinner*innen, die zehn besten Texte schaffen es in die Anthologie Wortlaut 19. Es lauschen aufmerksam in die Privatsphäre: Marc Elsberg (Autor), Diana Köhle (Slamveranstalterin und -moderatorin), Verena Rossbacher (Autorin), Mercedes Spannagel (Wortlautgewinnerin 2018) und Daniel Wisser (Musiker und Autor).

Mit Texten von: Katherina Braschel, Sophia Fritz, Lukas Gmeiner, Anita Hetzenauer, Martin Peichl, Florian Schlederer, Anna Schwingenschuh, Julia Steinbichler, Johanna Wohlgemuth und Andrea Zipko.

Mit einem Vorwort von Verena Rossbacher.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum26. Okt. 2019
ISBN9783903081758
FM4 Wortlaut 19. Privat: Der FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb. Die besten Texte

Mehr von Katherina Braschel lesen

Ähnlich wie FM4 Wortlaut 19. Privat

Titel in dieser Serie (11)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Fiktion für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für FM4 Wortlaut 19. Privat

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    FM4 Wortlaut 19. Privat - Katherina Braschel

    Czesch

    Es muss weh tun.

    „Als Jurorin weiß man sofort: Es wird superanstrengend, ein Desaster. Es werden nur schlechte Texte kommen. Es wird unmöglich sein, irgendeine Auswahl zu treffen (schlecht, ganz schlecht, unsäglich)", schreibt die Jurorin Verena Rossbacher in ihrem Vorwort (S. 11), um nach dem Lesen der zwanzig Kurzgeschichten überrascht neue Kategorien einzufügen: „Gut, sehr gut, am besten".

    So leicht war es dann aber doch nicht – auch die anderen in der Jury hatten ihre zwanzig Texte in diese Kategorien geteilt und hatten teilweise unterschiedliche Lieblingstexte. Folglich wurde in der Jurysitzung zwar immer freundlich, aber hart diskutiert, argumentiert und verhandelt. Schweren Herzens mussten sich einige von ihren bevorzugten Kurzgeschichten trennen. „Es muss weh tun", beschrieb ein Juror diese Qual der Wahl.

    Zuvor passierte das mittlerweile übliche Wortlautprozedere. Anfang März wurde das Thema von Wortlaut, dem FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb, bekannt gegeben: „privat".

    Über 800 Texte erreichten uns bis Anfang Mai. Herzlichen Dank an dieser Stelle an alle Autorinnen und Autoren!

    Wieder und wieder las die redaktionelle Vorjury (die FM4 RedakteurInnen Zita Bereuter, Jenny Blochberger, Claudia Czesch, Ali Cem Deniz, Barbara Köppel, Conny Lee, Maria Motter, Martin Pieper, Lisa Schneider, Simon Welebil und Jürgen Lagger vom Luftschacht Verlag) die Texte, kommentierte und reichte sie weiter, bis sie sich schließlich in einer langen Sitzung auf zwanzig Kurzgeschichten einigen konnte. Die Bandbreite der Einsendungen war einmal mehr überwältigend: sie reichte von komplizierten Beziehungen zwischen Müttern und Töchtern bis zu Kurzzeitlovern und gebrochenen Herzen. Erzählt wurde von „Privat-Schildern im Schnee, an einem Badesee oder im Dorfgasthaus. ProtagonistInnen zogen durch Plattenbauten oder mazedonische Diskos oder verloren sich in versteckten Räumen. Mühsam gezüchtete Riesenschnecken oder ein fallengelassener Hase – alles ist „privat.

    Anonymisiert und gleich gestaltet wurden zwanzig Texte an die Hauptjury weitergereicht. Marc Elsberg (Autor), Diana Köhle (Slamveranstalterin & -moderatorin), Verena Rossbacher (Autorin), Mercedes Spannagel (Wortlautgewinnerin 2018) und Daniel Wisser (Musiker und Autor) haben schließlich die hier vorliegenden zehn Kurzgeschichten ausgewählt. Auch bei der Jury möchten wir uns nochmal für ihre Zeit und Arbeit bedanken!

    Einig war sich die Jury recht schnell beim Gewinnertext: „erbseneintopf. Eine Geschichte, die in der Vorjury die Frage aufgeworfen hat, ob man denn aus der Sicht von Menschen mit Beeinträchtigungen schreiben dürfe. Die Jury war sich sicher: Man soll sogar so schreiben. „Es ist viel von Einfühlung und Empathie heutzutage die Rede in der Literatur und der Text „erbseneintopf ist ein Beispiel, wo das wirklich grandios gelingt. Ein Text mit einer eigenartigen Form, auch etwas eigenartigen Formatierungen, der wirklich gegen den Strich gebürstet ist und der einem stummen Charakter einen Text, eine Stimme gibt. Das ist großartig gelungen."

    Was wir alle erst später erfuhren: „erbseneintopf ist eine Geschichte von Lukas Gmeiner, die er für sein Studium der Rehabilitationspädagogik geschrieben hat. Es ging um ein Experiment in „Einfacher bzw. „Leichter Sprache". Diese richtet sich besonders an Menschen mit kognitiven Einschränkungen, mit Demenzerkrankungen oder auch Menschen, deren Erstsprache nicht Deutsch ist. Erklärungen von Lukas Gmeiner finden sich auf FM4.ORF.at/Wortlaut.

    Wichtig ist ihm: „Normalerweise werden Texte in ‚Leichter Sprache‘ durch eine Prüfgruppe getestet und solange modifiziert, bis der Text den Kriterien der Prüfgruppe genügt und als verständlich eingestuft wird. ‚erbseneintopf‘ ist nicht geprüft und demnach auch nicht LS zertifiziert. Dafür ist „erbseneintopf der beste Text von Wortlaut 2019.

    Wir gratulieren herzlich!

    Für die Zukunft wollen wir Verena Rossbachers Rat befolgen: „Dass man einfach immer den Kampf aufnehmen muss, wenn einen ein dummes Thema provoziert. Man wird es niederringen, man wird es besiegen. Das ist dabei auch klar: „Es muss weh tun.

    Zita Bereuter und Claudia Czesch

    Win-Win

    Ich weiß nicht, welche Rolle eigentlich ärger ist: die des Autors oder die des Jurors.

    Beides ist schlimm. Als Jurorin angefragt, sagt man immer sofort Ja klar und hinterher denkt man ein bisschen nach und bereut es immer sofort. Als Autor sagt man auch immer Ja klar und dann sitzt man da mit dem Thema für eine Anthologie, für eine Zeitschrift, für einen Preis und bereut es auch immer sofort. Als Jurorin weiß man sofort: Es wird superanstrengend, ein Desaster. Es werden nur schlechte Texte kommen. Es wird unmöglich sein, irgendeine Auswahl zu treffen (schlecht, ganz schlecht, unsäglich). Als Autor weiß man sofort: Zu diesem dummen Thema fällt einem im Leben nichts ein. Es ist ein dummes Thema. Immer. Themen sind dumm, es ist dumm, dass sie immer ein Thema haben und einem die Kohle nicht einfach so rüberschieben, es ist dumm, dass es einen Wettbewerb gibt, weil Wettbewerbe dumm sind, Anthologien sind auch dumm, liest kein Mensch. Zeitschriften liest man schon, zum Beispiel beim Frisör, aber bei den Geschichten blättert man immer weiter. Als Jurorin graust es einen beim schieren Gedanken an diese vielen Texte, die irgendwann über einen hereinbrechen werden, genau dann, wenn es nicht passt. Man wird sich einen Tag frei schaufeln müssen, man wird keine Ahnung haben, wo und wann man das ganze Zeug überhaupt lesen soll. Möglichst früh am Morgen am Küchentisch, á la: schnell hinter sich bringen? Am Schreibtisch, ganz: ein Job wie jeder andere auch, ich bin Profi? Lieber im Café, weil: Ich mach das so nebenbei? Angetrunken in einer Bar? Man wird wissen, es gibt keinen Ort. Keinen Ort und keine Zeit, die einen vergessen lässt, dass man wieder einmal Ja klar gesagt hat anstatt Auf keinen Fall.

    Als Autor natürlich dasselbe in Grün. Er hat gedacht, das wäre eine gute Idee, zum Beispiel Wortlaut, aber natürlich ist es keine gute Idee. Auch bei Wortlaut haben sie Themen, diesmal „privat", es ist zweifellos ein dummes Thema, nie wird einem was dazu einfallen, aber der Autor ist ein seltsames Wesen: anstatt dass er ganz vernünftig denkt, das ist ein dummes Thema, schreibt euch eure dummen Texte selber, ich geh lieber Nussschnecken essen im Liebling, stattdessen also hockt er an seinem Schreibtisch. Es wurmt ihn. Sobald der Autor ein Thema kriegt, wurmt es ihn. Er fühlt sich provoziert. Da ist ein Thema und er ist ihm nicht gewachsen, das macht ihn fertig. Der Autor ist einer, der denkt, das Thema ist der Feind, ich muss ihn besiegen. Also schreibt er los.

    Die Jurorin ist mit einem furchtbaren Stapel Texten im Café angekommen: Sie macht so was nebenbei. Die Sonne scheint. Die Kellnerin ist hübsch. Die Jurorin fragt sich, wie sie diesen schlampigen Knoten auf dem Kopf hinbekommt, so dass er nicht schlampig aussieht. Überhaupt sehen alle super aus, schönes Licht. Alle haben gute Laune.

    Der Autor hat den Kampf aufgenommen, nach und nach schreibt er sich in Rage, es geht immerhin um alles: Ist das Thema stärker als ich oder kann ich es bezwingen? Komischerweise kriegt er eine diebische Freude. Er weiß wieder, warum er Autor ist, wegen der diebischen Freude nämlich, ah! denkt er enthusiastisch, Schreiben! Autor sein ist schön. Er liest, was er da geschrieben hat und es ist gut. Er spürt, er wird als Sieger diesem Fight entsteigen, nicht, weil er etwa schon den Preis gewonnen hätte (Wettbewerbe sind dumm), nein, es ist sein ganz persönlicher Sieg. Er hat einem dummen Thema einen guten Text abgerungen, wenn das nicht fantastische Neuigkeiten sind, weiß er auch nicht. Er tüftelt noch eine Weile daran herum, dann schickt er es zusammen mit den anderen 800 Autoren fünf Minuten vor Einsendeschluss ein. Fünf Minuten vor Schluss. Es ist eine geheime Autorensolidarität.

    Zwischenzeitlich ist das alles, wir erinnern uns, bei der Jurorin angekommen, Café, Sonne, schicke Kellnerin, Fiestastimmung rundherum, alles klar, sie liest den ersten Text und dann den zweiten, dem Äther abgerungen von heldenhaften Autoren, die sich immer wieder und wieder diesen dummen Themen stellen und die hübsche Kellnerin fragt, ob sie die Schnecke anwärmen soll – und warum nicht! denkt die Jurorin, plötzlich selbst allerbestens gelaunt, weil: Sie hat ja im Grunde auf einmal einen freien Tag. Sie muss nicht selbst als Autorin am Schreibtisch sitzen und mit den ganzen dummen Themen kämpfen, nein, sie hockt in der Sonne, alle lachen und sind fröhlich, eine warme Nussschnecke ist herrlich, das Leben ist schön. Sie liest noch ein paar Texte. Sie schaut auf und ein wenig in die Ferne, weil manchmal kommt von da eine Antwort, denn sie fragt sich ehrlich und schonungslos: Bin ich eigentlich dumm oder sind diese Texte wirklich so gut? Und: Was mach ich jetzt mit meinen Kategorien (schlecht, ganz schlecht, unsäglich)? Und vor allem: Wie schaffen die das bloß alle, einem so dummen Thema so gute Texte abzuringen? Gott sei Dank bin ich bei der ganzen Sache nicht als Autorin beteiligt, mir wär im Leben nichts eingefallen. Jurorin sein, denkt sie zufrieden, ist wunderbar. Lauter prima Texte. Ein Tag in der Sonne, noch eine Nussschnecke und nachher lern ich von der Kellnerin, wie man so einen tollen Knoten macht, damit es bei mir nicht immer aussieht wie eine Irrenanstalt für Spatzen.

    Sie macht ein paar neue Kategorien. Gut, sehr gut, am besten. Sie weiß, dass das dumm ist, weil Wettbewerbe dumm sind, sie hat sich beim Mensch-ärgere-dich-nicht schon immer geärgert, sie weiß, dass Autoren sich beim Mensch-ärgere-dich-nicht ärgern und wenn sie bei Wettbewerben nicht gewinnen. Sonst haben sie ein Gemüt wie ein Hackstock, aber diese beiden Dinge: schlimmer Ärger. Trotzdem findet sie – und das findet sie als Jurorin und als Autorin – dass eigentlich alle Sieger sind. Da war dieses dumme Thema und sie haben den Kampf aufgenommen und sie haben es niedergerungen.

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1