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Wortlaut 11. Zirkus
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eBook118 Seiten1 Stunde

Wortlaut 11. Zirkus

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Über dieses E-Book

"Wie also wird man zum Schriftsteller? Indem man schreibt? Veröffentlicht? Indem man davon leben kann? Mitnichten. Ausschlaggebend ist allein der Wille, das Schaffen von Literatur in seinen Lebensmittelpunkt zu rücken", meint der Schriftsteller Stefan Slupetzky im Vorwort zum Wortlaut-Buch 2010. Damals war er Jurymitglied des FM4-Literaturwettbewerbs.

Auch heuer hatten Nachwuchsautoren die Chance ihre Texte einem großen Publikum zu präsentieren. Gefragt waren Kurzgeschichten um das Thema "Zirkus". Eine prominent besetzte Jury entscheidet, welche zehn der rund 1.000 erwarteten Beiträge es in die Anthologie Wortlaut 11 schaffen.

Die Hauptjury: Sibylle Berg (Schriftstellerin), Viktor Gallandi (Wortlaut-Gewinner 2010), Paulus Hochgatterer (Schriftsteller und Kinderpsychiater), Eva Jantschitsch (Musikerin), Clemens Setz (Schriftsteller).


Mit Texten von: Rosemarie Eichinger, Christa-Madhu Einsiedler, Karl W. Flender, Daniel Kindslehner, Markus Mittmansgruber, Nikolaus Neu, Romina Pleschko, Wolf Schmid, Susanne Schramm, Isabella Straub.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum23. Sept. 2011
ISBN9783902844033
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    Buchvorschau

    Wortlaut 11. Zirkus - Luftschacht Verlag

    Bauer

    Alles Zirkus

    Mit der selektiven Wahrnehmung ist das ja so eine Sache. Wir sind seit Frühjahr 2011 auf das Themengebiet „Zirkus" sensibilisiert. Clowns, AkrobatInnen oder Zirkuszelte – wir nehmen sie überall wahr. So wissen wir, welche Zirkusfamilien in Deutschland heftig um den Standort ihres Zeltes gestritten haben, welcher Zirkus derzeit in der Umgebung seine Kunststücke zeigt und welcher Akrobat welchen Preis gewonnen hat. Ob Zirkusfotos, Zirkusplakate oder Zirkustexte – wir zucken kurz und denken an Wortlaut, den FM4-Literaturwettbewerb.

    „Zirkus" war das Thema von Wortlaut 2011 und gut 800 Kurzgeschichten von Hörerinnen und Hörern sind bei uns eingelangt. Die redaktionelle Vorjury (Jenny Blochberger, Claudia Czesch, Elisabeth Gollackner, Markus Keuschnigg, Maria Motter, Martin Pieper, Pamela Rußman, Christian Stiegler, Markus Zachbauer sowie Jürgen Lagger vom Luftschacht Verlag und die beiden Herausgeberinnen) hat sich wochenlang durch diese Texte gelesen.

    „Hereinspaziert, Hereinspaziert!"

    Die Schauplätze der eingereichten Kurzgeschichten reichen von Hochhaussiedlungen zu Dorfgasthäusern, von Hinterhöfen zu Vorlesungsräumen und natürlich von Zirkuszelten zu Wohnwagen. Von dieser Bandbreite waren wir ebenso überrascht wie von den unterschiedlichsten ProtagonistInnen: Töchter, Tanten, Tunten; Politiker, Punks, Popliteraten; Mädchen, Maler, Mutige. Dazu kommen durchgeknallte Papageien, durchtriebene Geschäftsleute und durchgemachte Nächte. Und dazwischen natürlich Clowns, ArtistInnen und Publikum. Verstört, verliebt oder verletzt. Kriminell, kleinbürgerlich oder kindisch.

    Die Vorjury hat sich nach langen Diskussionen auf zwanzig Kurzgeschichten einigen können. Aus diesen hat die Jury, Sybille Berg (Schriftstellerin), Viktor Gallandi (Wortlautgewinner 2010), Paulus Hochgatterer (Schriftsteller und Kinderpsychiater), Eva Jantschitsch (Musikerin) und Clemens Setz (Schriftsteller), die vorliegenden zehn Texte ausgewählt. Für ihr Engagement und ihre Arbeit möchten wir uns an dieser Stelle bei der Jury bedanken.

    In der Jurysitzung zeigten sich durchaus unterschiedliche Meinungen. Einig war sich die Jury allerdings umgehend beim Gewinnertext: „Der ist sprachlich exzellent, der ist von der Dramaturgie gut und der hat Witz, der Text."

    In diesem Sinn – Gratulation an die hier vertretenen Autorinnen und Autoren und Manege frei für die zehn besten Texte!

    Zita Bereuter und Martina Bauer

    Wortlaut – Your’re at home baby

    FM4 versteht sich als Kulturradio für junge Erwachsene. Als solches wollen wir junge Kunst- und Kulturschaffende in Musik, Film, neuen Medien und vor allem auch Literatur fördern und unterstützen. Wir sind und waren überzeugt, dass viele unserer Hörerinnen und Hörer selbst schreiben. Ihnen, dem österreichischen Literaturnachwuchs, wollten wir eine Öffentlichkeit, ein Publikum, eine Plattform bieten. Also riefen wir im Frühjahr 2002 Wortlaut, den FM4-Literaturwettbewerb, ins Leben. Gefragt waren Kurzgeschichten zu einem bestimmten Thema.

    Du, deine Ansichten, deine Aussichten.

    Das Leben, die Liebe, die Laster.

    Die Freunde, die Feinde.

    Die Regeln und der ganze Rest.

    Dieser Aufruf war der Start zu einer der erfolgreichsten Aktionen von FM4.

    Mit dem Ergebnis hatten wir nicht gerechnet. Nicht nur, dass die Zahl der Einsendungen unsere Erwartungen mehr als übertraf – im ersten Jahr waren es bereits über siebenhundert. Sondern auch, dass schnell klar war, dass sich nicht nur der österreichische Literaturnachwuchs an dem Wettbewerb beteiligte. Sehr viele Kurzgeschichten aus dem FM4-Sendegebiet in Deutschland erreichten uns, ebenso aus der Schweiz und seit Einführung des Webstreams auch aus vielen anderen Ländern.

    Wortlaut hat gezeigt, wie groß der Bedarf an einem solchen Wettbewerb für junge AutorInnen war und nach wie vor ist.

    Die Resonanz auf Wortlaut hätte beinahe unsere Ressourcen gesprengt. Hätte ich bereits 2002 gewusst, welchen Umfang Wortlaut im Laufe der Jahre erreichen wird, ich hätte mir die Durchführung möglicherweise nochmal überlegt. Natürlich bin ich jetzt froh, dass es Wortlaut in dieser Form gibt. Denn Wortlaut ist kein Wettbewerb, der nur von FM4 organisiert wird, sondern vielmehr zu einem wichtigen Teil des Radioprogramms geworden. Von der Ausrufung im Frühling bis zur Buchvorstellung im Herbst wird beinahe wöchentlich in unterschiedlichster Form über Wortlaut berichtet.

    Ich bin mir im Klaren, dass Wortlaut nur durch die unbezahlte Tätigkeit und das Engagement von vielen MitarbeiterInnen möglich ist. Die Vorjury liest viele Texte in ihrer Freizeit. An dieser Stelle herzlichen Dank dafür.

    Besonders danken möchte ich Zita Bereuter, die seit den Anfängen Wortlaut organisiert und auf deren Initiative es das Wortlautbuch gibt.

    Besonderes Engagement zeigt auch die Jury: Kathrin Röggla, Arno Geiger oder Christian Kracht; Thomas Meinecke, Tilman Rammstedt oder Daniel Glattauer, um nur einige zu nennen. Sie alle haben unentgeltlich die Kurzgeschichten gelesen und bewertet. Das ist alles andere als selbstverständlich und auch ihnen allen möchte ich danken.

    Das Wichtigste an Wortlaut sind aber unsere HörerInnen, die ihre Kurzgeschichten einschicken.

    Die Autorinnen und Autoren. In den letzten zehn Jahren sind rund 10.000 Kurzgeschichten zu unterschiedlichen Themen wie „Alles inklusive, „Lichter oder „verspielt" bei FM4 eingelangt. Besonders schön, dass für einige der GewinnerInnen Wortlaut der Impuls war, um weiterzuschreiben. Manche haben Verlage gefunden und machen in der Literaturszene von sich reden. So finden sich aktuell im Handel neue Bücher der Wortlaut-TeilnehmerInnen Monique Schwitter, Constantin Göttfert, Anna Weidenholzer, Anna-Elisabeth Mayer oder Cornelia Travnicek.

    Seit mehreren Jahren wird die oder der Wortlautgewinner nach Klagenfurt zu den Tagen der deutschsprachigen Literatur eingeladen, um dort als Gast dem Wettlesen um den Bachmannpreis beizuwohnen und im Rahmenprogramm zu lesen. Beim dortigen Literaturkurs haben heuererstmals auch drei WortlautgewinnerInnen teilgenommen. Das hat uns besonders gefreut. Wir warten gespannt darauf, wann die ersten WortlautgewinnerInnen um den Bachmannpreis lesen.

    Wortlaut hat sich nicht nur zu einem Markennamen von FM4 entwickelt, sondern ist auch eine wichtige Stütze für NachwuchsautorInnen geworden. Das ist schön und das soll auch noch lange so bleiben.

    In diesem Sinn gratuliere ich den GewinnerInnen und freue mich auf schöne, anregende und unterhaltsame Lesestunden. Wortlaut wünsche ich alles Gute zum zehnjährigen Jubiläum!

    Monika Eigensperger, Senderchefin von FM4

    Herr Jesus springt

    Isabella Straub

    geb. 1968 in Wien, seit 1990 in Kärnten. Studium der Germanistik und Philosophie, ein Sohn. Lange Zeit Journalistin, seit mehreren Jahren selbständige Werbetexterin, Schwerpunkte Tourismus und Gesundheitsmarketing. Leondinger Akademie für Literatur (2008/2009). Mehrere Journalisten- und Literaturpreise. Veröffentlichungen von Kurzgeschichten in Anthologien, u.a. bei Droemer-Knaur, Luftschacht, Textmanufaktur-Verlag.

    Wenn Raoul gut gelaunt ist, spielen wir Wo ich niemals leben möchte. Wenn er schlecht gelaunt ist, aber immer noch gut genug, um sich aufheitern zu lassen, spielen wir Wo ich niemals sterben möchte. Wenn ich merke, dass die Stimmung kippt, lasse ich ihn gewinnen. Ich beiße mir auf die Unterlippe und tue so, als würde ich nachdenken, obwohl ich tausend Orte nennen könnte, an denen ich nie und nimmer sterben möchte. Wenn es so weit ist, reibt Raoul sich die Hände. Manchmal kneift er mich auch in die Wange, das kann ich nicht leiden.

    „Gewonnen."

    „Scheint so."

    „Feiern wir?"

    Er öffnet den Gürtel seiner Hose, lässt mich dabei nicht aus den Augen. Seine Beine sind weiß und dünn wie zwei Leuchtstoffröhren. Während ich meine Mundhöhle mit Tee vorwärme, erinnere ich mich an meine Klavierlehrerin. In ihrer Wohnung möchte ich nie und nimmer sterben, das steht fest. Sie hieß Frau Weinzierl und war sehr gläubig. Auf ihrem Klavier lagen drei Rosenkränze. An der Wand hing ein in einen Goldrahmen gefasstes Foto, das sie mit dem Papst zeigte. Sie kniet vor dem Papst so wie ich vor Raoul. Bereit, beinahe alles zu tun. Der Papst ist längst tot und selig gesprochen. Raoul ist lebendig und warm.

    Manchmal kniff uns Frau Weinzierl in die Wange, aber nur, wenn sie gut gelaunt war. Wenn sie schlecht gelaunt war, notierte sie jeden unserer Fehler in einem Schulheft. G statt Gis, Dominantseptakkord misslungen, Pause nicht eingehalten. Wir mussten uns unsere Strafe selbst ausdenken.

    Um uns gegenseitig zu versichern, wie gut es uns geht, fahren Raoul und ich in unregelmäßigen Abständen an einen Ort, der sowohl in der Wertung Wo ich niemals leben möchte als auch in der Wertung Wo ich niemals sterben möchte vorn dabei ist. Diesmal ist es der Park Rothneusiedl, ein Wohnturm an der Wiener Peripherie. Er sieht aus wie eine Pyramide, an die man Balkone drangeschraubt hat. Rothneusiedl

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