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Michael und Bernhard Grzimek: Zwei Leben für die Wildnis Afrikas
Michael und Bernhard Grzimek: Zwei Leben für die Wildnis Afrikas
Michael und Bernhard Grzimek: Zwei Leben für die Wildnis Afrikas
eBook242 Seiten2 Stunden

Michael und Bernhard Grzimek: Zwei Leben für die Wildnis Afrikas

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Über dieses E-Book

Als Bernhard Grzimek im Januar 1959 seinen Sohn Michael am Rande des Ngorongorokraters begrub, hat er sich sicher die Frage gestellt, ob der Einsatz für Tiere und Natur es wert ist, das eigene Leben aufs Spiel zu setzen. Michael hätte ihm diese Frage mit Ja beantwortet.

Das Erbe von Michael und Bernhard Grzimek, die mit der Zählung der Wildtiere in der afrikanischen Serengeti zu den Vorreitern des Tier- und Naturschutzes wurden, wirkt bis heute fort. Ina Claus
erzählt, wie es war, damals in Afrika, welche Hindernisse es zu überwinden galt, welch langer Atem und welche Einsatzbereitschaft vonnöten waren, um dieses große Projekt zu Ende zu bringen.

Bernhard Grzimek hat das von Vater und Sohn begonnene Werk bis zu seinem Tod 1987 unermüdlich fortgeführt und das nicht nur, weil er es seinem Sohn schuldig war. Hätte es 2006 einen wie Grzimek gegeben, wäre, das ist fast sicher, Problembär »Bruno« nicht abgeschossen worden. Denn Grzimek hat sich immer eingemischt, wenn es um die Sache der Tiere - um ihre arg beschnittenen Rechte - ging, ein unbequemer Zeitgenosse, der die Herzen der Deutschen von Anfang an erobert hatte, der es als seine Aufgabe sah, die Menschen aus ihrer Unwissenheit zu befreien, klarzustellen, dass ein Tier keine »Sache« ist und dass Tierschutz mehr ist, als nur darüber zu reden. Michael Grzimeks bedingungsloser Einsatz hat ihm den Tod gebracht und tausenden Tieren das Leben geschenkt.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum17. Apr. 2015
ISBN9783945408261
Michael und Bernhard Grzimek: Zwei Leben für die Wildnis Afrikas

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    Buchvorschau

    Michael und Bernhard Grzimek - Ina Claus

    2015

    Inhaltsverzeichnis

    Impressum

    Anlass der Reisen nach Afrika

    Über den Kongo

    Großwildjäger

    Im Ituriwald

    Über Elefanten, ihre Bedrohung und wie man sie zähmt

    Der Stamm der Asandeh

    Verbreitete Krankheiten für Mensch und Tier

    Aberglaube und Märchen

    Abenteuer »Auto«

    Die Gorillas im Kongo

    Eine fabelhafte Erzählung aus Ostafrika

    Zwei Goldene Bären

    Wunderwelt Serengeti

    Die Tiere der Serengeti

    Tierzählung mit dem »fliegenden Zebra«

    Fußabdrücke in der Olduvai-Schlucht

    Schirmakazie, Baobab und Leberwurstbaum

    Leben am Rande des Ngorongorokraters

    Die Wanderrouten der großen Herden

    Der Absturz

    Oscar 1960

    50 Jahre danach – 20 Jeeps um einen Löwen

    »Ein Platz für Tiere« 1956–1987

    Anwalt der Tiere und Begründer weltweiten Naturschutzes

    Der Zoo als Ort der Nachzucht und Arterhaltung

    Ein unerfüllter Traum – Serengeti in Deutschland

    Verhaltensforscher, Autor, Filmemacher, Kämpfer und Visionär

    1. Die Rückkehr der Wölfe nach Deutschland

    2. Die Kurzbesuche der Elche

    3. Die Auswilderung von Luchs und Wisent

    4. Trauerfall Bruno

    Biografisches

    Quellenangaben

    Bildnachweise

    Impressum

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheber­recht­lich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Ur­heberrechts ohne Zustimmung des Verlages ist unzulässig.

    © by Verlag Neue Literatur

    www.verlag-neue-literatur.com

    Gesamtherstellung: Satzart Plauen

    ISBN: 9783945408261

    »Auch wenn ich wüsste,

    dass morgen die Welt zugrunde geht,

    würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen.«

    Martin Luther

    Meinen Lieben – Meinolf, Wizzy

    und Jessy in memoriam

    Teil I: Im Kongo

    Anlass der Reisen nach Afrika

    Michael und Bernhard Grzimek waren beide ausgesprochene Tiernarren. Schon im Zweiten Weltkrieg hatte Bernhard Grzimek als Offiziersveterinär Versuche mit Pferden unternommen, bei denen er herausfinden wollte, ob sie farbig sehen können. Später wollte er wissen, ob Elefanten auf Anhieb das von ihm versteckte Futter finden. Als Tierarzt und Zoologe war es für ihn normal, dass neben seiner Frau und den Söhnen Rochus und Michael auch immer Wölfe, Schimpansen, Orang-Utans und andere Tiere mit im eigenen Zuhause lebten.

    Schon als kleiner Junge half Michael seinem Vater bei seinen Versuchen mit Tieren und war für jede Arbeit zu haben. Alles, was die beiden da erlebten, hat Bernhard Grzimek in seinen Tierbüchern festgehalten. Michael entwickelte eine Leidenschaft für das Fotografieren. Als die Familie nach Frankfurt am Main zog, wo Bernhard Grzimek den im Krieg völlig zerstörten Zoologischen Garten neu aufbaute, knipste Michael die haarigen Vierbeiner mit großem Spaß. Alle Vorgänge im Zoo nahm er auf und hängte die Bilder in den Zooschaukästen der Stadt aus. Zudem druckte er Plakate und versorgte die Zooführer mit seinen schönen Schnappschüssen. Als er größer wurde, begann er zu filmen. Er drehte zwei Zoofilme; einen in Schwarzweiß und einen in Farbe. Wenn Vater und Sohn durch den Zoo gingen, fragten sie sich oft, wie man den gefangenen Tieren ihre verlorene Freiheit am besten ersetzen konnte. Wie war ihr Gehege, ihr Alltag, ihr Leben zu ge­stalten, damit sie sich wohl fühlten? Um das herauszufinden, sagten sich beide, musste man die Tiere in ihrer Heimat beobachten. So reisten sie Anfang der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts nach Afrika.

    Die Grzimeks in ihrem Zelt

    Über den Kongo

    Als Michael und Bernhard Grzimek den Kongo erforschten, wurde dieser von den Belgiern regiert. Das Land hieß bis 1960 Belgisch-Kongo. Es war eingeteilt in Territoires, das waren Verwaltungsbezirke, die jeweils von einem Adminis­trateur beherrscht wurden.

    Das Land ist halb so groß wie Europa oder, das ist leichter vorstellbar, 6,6-mal so riesig wie Deutschland. Vor gut 50 Jahren, als die Grzimeks in den dortigen Urwäldern unterwegs waren, hatte es 15,8 Millionen Einwohner. Rund 60 Prozent des Landes nimmt das Kongobecken mit seinen tropischen Regenwäldern ein. Es ist in allen Richtungen von 500 bis 1.000 Meter hohen Bergzügen begrenzt. Im Süden und Osten des Landes werden die Bergzüge zu Hochgebirgen; im Süden heißen diese Gebirge Mitumba- und Kundelungu-Berge und im Osten sind es die Zentralafrikanische Schwelle und die Virunga-Vulkane. Der Virunga-Nationalpark ist einer der ältesten und schönsten Nationalparks in Afrika; dort leben heute die letzten Berggorillas. Der höchste Berg ist mit 5.109 Metern der Margherita Peak. Er erhebt sich im Ruwen­zori-Gebirge an der Grenze zu Uganda.

    Der Kongo ist reich an Bodenschätzen. Im Süden und Südosten gibt es drei Arten von Steinkohle; an der Südgrenze zu Sambia kann man Kupfer, Eisen und Uran gewinnen. Im mittleren Westen glitzern sogar Diamanten in Minen und Flüssen. Die 40 Kilometer lange Küste nördlich der Kon­gomündung in den Ozean ist die einzige Öffnung zum Atlantik. Dort gibt es Erdöl. Im Osten reihen sich die Seen des Großen Afrikanischen Grabens – Albertsee, Eduardsee, Kiwusee und Tanganjikasee – aneinander. Wertvolle Bodenschätze, wie Erdgas, Gold und Zinn, birgt diese wasserreiche Gegend. Die höher gelegenen Gebiete im Norden und Süden sind aufgrund der fruchtbaren Böden für den Ackerbau geeignet; im Kongobecken hingegen sind die stark verwitterten Böden für das Anpflanzen von Nahrung nicht zu nutzen.

    Es ist erstaunlich, dass ein so großes Land so lange unentdeckt geblieben ist. Auf der Suche nach den Quellen des Nil haben viele Völker und Entdecker Afrika umsegelt. So die Phönizier, 500 Jahre v. Chr., 200 Jahre später Ptolemäus, einer der Nachfolger Alexander des Großen, der auf einer Landkarte den Fluss Kongo schon markiert hatte. Aber erst im Zusammenhang mit der grausamen Eroberung Süd- und Mittelamerikas durch die katholischen Spanier und Portugiesen hat 1492 der Portugiese Diego die Mündung des Kongo wiedergefunden.

    Der Fluss sprudelt in jeder Sekunde 50.000 bis 120.000 Kubikmeter Wasser ins Meer. Die jedermann bekannten Nia­garafälle in den USA erbringen nicht einmal ein Zehntel davon. Der Kongo ist mit seinen 4.400 Kilometern viermal so lang wie der Rhein. Der Fluss entspringt im südlichen Mitumba-Gebirge, fließt knapp 1.000 Kilometer nach Norden und wird dann nach West-Südwesten umgelenkt. Er bildet die Grenze zwischen der heutigen Demokratischen Republik Kongo und der Republik Kongo. Dann mündet er in den Atlantik.

    Als Diego in die Kongomündung hineinsegelte, bestand ein mächtiges, schwarzes Königreich am linken Kongoufer. Diego setzte einen Gedenkstein an die Kongomündung, der heute in einem Museum in Lissabon steht. Seit dieser Zeit versuchten viele Völker, in den Kongo zu gelangen, da man nun wusste, an welcher Stelle die Wildnis des Kongo betreten werden konnte. Von Sansibar aus kamen 1830 bis 1860 die Araber und siedelten sich an der Grenze zu Tanganjika, heute Tansania, an. 1863 gründeten sie am Flussufer die Stadt Niangwe, um dort Sklaven auf dem Markt zu kaufen und zu verkaufen. Zeitgleich brach der englische Kapitän Speke von Sansibar aus auf zum Viktoriasee, entdeckte den Ausfluss des Viktoria-Nils und segelte diesen Weißen Nil dann hinunter bis nach Ägypten. Zehn Jahre später kam der Afrikaforscher Georg Schweinfurth vom Norden her in den Kongo. Er fuhr den Nil aufwärts und wurde von arabischen Elfenbeinhändlern beglei­tet. Sein Zelt schlug er am oberen Uele auf, einem Flussdelta, an dem die Grzimeks knapp 100 Jahre später ihre Erfahrungen im Kongo in Tagebücher notierten.

    Ein großer Mann, der die Gegend mit guten Vorsätzen bereiste, war David Livingstone. Er wollte dem unwürdigen Sklavenhandel entgegenarbeiten und die Einheimischen für Ackerbau und Baumwollkultur gewinnen. Livingstone wurde 1813 in der Nähe der schottischen Stadt Glasgow geboren. Er war ein Baumwollspinner, beschäftigte sich aber im Selbststudium auch mit Medizin und Theologie. 1840 wurde er von der Londoner Missionsgesellschaft als Missionar nach Südafrika geschickt. 1849 durchwanderte er vom Betschu­anenland aus die Wüste Kalahari bis zum Ngamisee. Zwei Jahre später erreichte er den Oberlauf des Flusses Sambesi. Von 1853 bis 1856 durchreiste er ganz Südafrika und die angrenzenden Flussläufe, sofern sie für kleine Schiffe befahrbar waren. 1855 entdeckte er die berühmten Victoriafälle des Sambesi, die von den Einheimischen »Donnernder Rauch« genannt werden. In seinem Tagebuch hat Livingstone die erste Begegnung mit den Wasserfällen eindrücklich geschildert: Von den Geräuschen her erwartete er einen fauchenden, Feuer speienden Drachen. In der Nähe dieses Naturwunders steht heute ein Denkmal von Livingstone.

    Nach dieser Entdeckung reiste der Schotte zurück nach Großbritannien, hielt es aber nicht lange in Europa aus und fuhr immer wieder zurück nach Afrika. Bernhard Grzimek nannte dies einmal »den Virus Afrika«. Zum letzten Mal brach er 1865 in das Gebiet des Sambesi auf. Er landete ein Jahr später in Sansibar und startete von Mikindani aus seine letzte Forschungsreise. Sie führte ihn über den Malawisee, den Chambeshi, den Tanganjikasee, den Moeresee und den von ihm entdeckten Lualaba, ein Ausfluss des Moeresee. Nachdem er im Juli 1868 noch den Bangweolosee gefunden hatte, reiste er nach Udjidji, wo er sich, erschöpft von seiner Reise, einige Monate erholen musste. Seine Kräfte reichten nur noch für die Erforschung des Umlands.

    In Europa und überall auf der Welt glaubte man, dass Li­vingstone tot sei. So sandte eine große New Yorker Tageszeitung ihren Reporter, Henry Morton Stanley, nach Afrika, um Livingstone zu finden und gegebenenfalls dessen Leiche nach Hause zu holen. Am 10. November 1871, fast 400 Jahre nach der Geburt des großen deutschen Reformators Martin Luther, fand Stanley den schwer kranken Livingstone in Udjidji. Diese berühmte Begegnung der beiden einzigen Weißen im Herzen Afrikas ist von vielen Malern festgehalten worden. Stanley ging auf den kranken und abgemagerten Livingstone zu und sprach die unvergessenen Worte: »Dr. Livingstone, I pres­sume?« (übersetzt: »Dr. Livingstone, nehme ich an?«) Stanley pflegte den Missionar gesund. Dieser übergab ihm seine Reisenotizen, wollte aber nicht mit ihm nach Europa zurückkehren. 1873 machte sich Livingstone erneut auf, Afrika weiter zu erforschen. Er drang weiter nach Südwesten in das Innere Afrikas vor, stets nach den Nil-Quellen suchend, bis ein schweres Fieber am Bangweolosee im Mai desselben Jahres seine Entdeckerlust jäh stoppte. Er erlag der Dysenterie, einer lebensgefährlichen Fiebererkrankung, am Südufer des Sees. Seinem Körper wurde das Herz entnommen, das man unter einem Baum begrub. Seinen Leichnam trugen treue Diener und Gefährten bis an die Ostküste.

    Zeitgleich hatte Stanley in seiner New Yorker Zeitung die Erlebnisse von Livingstone veröffentlicht. Ebenso Living­stones Appell an die Weltöffentlichkeit, dem widerwärtigen und grausamen Sklavenhandel ein Ende zu bereiten. Der Satz: »Alles, was ich in meiner Einsamkeit sagen kann: Ich flehe den Segen des Himmels auf den Amerikaner, den Engländer oder Türken herab, der diese offene Wunde an der Sei­­te der Welt heilen wird« hat das Weltgewissen aufgerüttelt. In der Folge versuchten die angesprochenen Länder den Sklavenhandel in Afrika einzudämmen. Dies sollte allerdings noch eine Weile dauern.

    Dass Livingstone in der Zwischenzeit verstorben war, wusste niemand in Europa. So schickte die Londoner Geogra­phische Gesellschaft 1873 Veney Cameron nach Afrika, um Livingstone erneut aufzuspüren. Cameron fand an der Ostküste Afrikas jedoch nur seinen Leichnam und brachte ihn nach Großbritannien. Die Gebeine des großen Afrikaforschers David Livingstone liegen heute in der West­minster Abbey in London.

    Nun wurde der Reporter Stanley, der mit Geburtsnamen James Rowland hieß, von seiner amerikanischen Zeitung und dem Londoner »Daily Telegraph« damit beauftragt, die Entdeckungsreise Livingstones fortzuführen. Dabei wurde der Kongo bis in den letzten Winkel erforscht. Die Reise von Stanley forderte viele Opfer unter seinen weißen und schwarzen Begleitern. Die Anstrengungen im subtropischen Urwaldklima waren zu immens, um von allen gemeistert zu werden. In der Sklavenhändlerstadt Niangwe konnte Stanley einen jungen, arabischen Kaufmann gegen sehr viel Geld überreden, in sein Abenteuer mit einzusteigen. Kurze Zeit später murrten die Begleiter und Stanley versprach keine Fußmärsche mehr zu unternehmen, sondern nur noch in Kanus auf Flüssen weiterzureisen. So fuhren 20 Kanus Richtung Norden auf dem Kongo, den Stanley aber zu diesem Zeitpunkt noch für den Nil hielt. Insgesamt fuhren sie 1.450 Kilometer auf dem Fluss, überlebten 32 Gefechte mit feindlichen Uferstämmen und erreichten endlich im März 1877 Stanley Pool. Erschöpfung, Krankheiten und Hunger ließen die Zahl von Stanleys Begleitern schrumpfen, er selbst gab vor Erschöpfung im August desselben Jahres auf. Er bat die Europäer um Hilfe und erreichte einige Zeit später die Westküste. Damit war das Kongobecken zum ersten Mal durchquert worden.

    Die Folgen für das Land waren schrecklich, wie bei so manchen Entdeckungen in der Menschheitsgeschichte. Der belgische König Leopold II. hatte seine Begeisterung für ferne Länder entdeckt. Er gründete eine Gesellschaft, die sich die Erforschung Afrikas und die Bekämpfung des Sklavenhandels zum Ziel setzte. Aus diesem Grund wollte er mit Stanley zusammentreffen. Dies gelang im Juni 1878. Stanley schlug dem König die Erschließung des Kongobeckens vor und so kam es in den folgenden Jahren zum Bau von Straßen und Eisenbahnen. Bis 1880 waren 83 Kilometer Straße bis zu einem schiffbaren Wasserlauf fertiggestellt und von dessen Ende 152 Kilometer Straße, die zur Hauptstadt Leopoldville, dem heutigen Kinshasa, führten.

    Kaum waren die Straßen befahrbar, drängte sich Trans­portkarawane an Transportkarawane. Immer mehr Schiffe fuhren auf den Flüssen. 1884 hatte der belgische König 500 Verträge mit Stammeshäuptlingen geschlossen, 100 neue Volksgruppen entdeckt, 40 Niederlassungen gegründet und dauerhaft fünf Dampfschiffe oberhalb der Wasserfälle vor Anker liegen. Die von ihm gegründete internationale Kongogesellschaft erhielt die Staatsflagge des Belgischen Kongo. Im selben Jahr erreichte Leopold, dass seine Kongogesellschaft von den USA und 13 anderen europäischen Staaten als unabhängiger Staat, dessen Regent er war, anerkannt wurde. Er erhielt den Kongo sozusagen als Privatbesitz, was in der Kolonialgeschichte einmalig ist. Nicht nur der Kongo, auch alle seine Einwohner waren nun rechtloses Eigentum Leopolds. In der Folge plünderte er das Land gnadenlos aus. Bei der Gewinnung von Kautschuk kam es zu erschreckenden Grausamkeiten im Umgang mit den einheimischen Arbeitern, die unter dem Wort »Kongogräuel« 1908 international bekannt wurden. Im Ergebnis musste Leopold seinen »Privatbesitz« dem belgi­schen Staat als Kolonie übergeben. Heute wissen wir durch die Geschichtsschreibung, wie brutal die Belgier im Kongo geherrscht haben. Die Einheimischen, die wilden Tiere, die Schönheit des Landes waren ihnen wenig wert, obwohl sie sich im Staatsvertrag von 1885 dazu ver­pflichtet hatten, den Sklavenhandel zu bekämpfen und die Situation der Menschen vor Ort zu verbessern.

    Stanley erforschte den Kongo immer weiter und richtete für die belgische Herrschaft Stützpunkte zur Überwachung und Lenkung des Landes ein. Am Oberlauf des Kongo war der Sklavenhandel fest in arabischen Händen. Mithilfe schwarzer Hilfstruppen erbeuteten die Araber Menschen, die sie dann verkauften. Zudem verstanden sie es, die verschiedenen Stämme gegeneinander aufzuwiegeln. Wenn diese sich daraufhin bekriegten, kauften sie die Gefangenen als Sklaven ein. Dazu schreibt Bernhard Grzimek: »In Ketten geschmiedet, mussten die Unglücklichen in langen Reihen aus Zentralafrika bis zur Küste marschieren und dabei noch das eingehandelte Elfenbein auf dem Kopf tragen.«

    Bis 1894 kämpften bewaffnete Truppen des Belgischen Kongo gegen die arabischen Stützpunkte. Dann war auch die letzte Festung erstürmt, die Sklaverei abgeschafft und die Araber waren geschlagen. Als 1908 der Kongo zur belgischen Kolonie wurde, hatte Leopold II. – trotz seiner verurteilens­wür­di­gen Vorgehensweise – Menschenopfer und Kannibalismus gemindert, die Sklaverei beendet und die erste Eisenbahn von der Küste bis zum schiffbaren Kongo gebaut. Nachdem Deutschland den Ersten Weltkrieg verloren hatte, vergrößerte sich die belgische Kolonie Kongo um ehemalige Gebiete aus Deutsch-Ostafrika, die beiden Königreiche Ruanda und Urundi. Allerdings war dies eine treuhänderische Verwaltung, die zulassen musste, dass in den großen Orten, wie Kigali und

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