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Reisen im Kongogebiet: Expeditionen im Auftrag der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland. 1884-1886
Reisen im Kongogebiet: Expeditionen im Auftrag der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland. 1884-1886
Reisen im Kongogebiet: Expeditionen im Auftrag der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland. 1884-1886
eBook420 Seiten5 Stunden

Reisen im Kongogebiet: Expeditionen im Auftrag der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland. 1884-1886

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Über dieses E-Book

Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an galt insbesondere Zentral- und Äquatorialafrika als ein wenig bekannter, weitgehend dunkler Fleck auf den Landkarten, den es noch zu entdecken galt. Deswegen brachen ab den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts eine ganze Reihe von Forschungsexpeditionen in diese ferne Weltgegend auf. Deutsche Unternehmungen hatten es dabei nicht immer leicht, befand sich doch recht bald schon fast der gesamte Kontinent im Kolonialbesitz der anderen europäischen Großmächte oder gehörte wenigstens zu deren politischem Einflussgebiet. Da das Deutschland des 19. Jahrhunderts zunächst alles andere als ein nationalstaatlich verfasstes Gebilde war und man auch im 1871 gegründeten Deutschen Reich kolonialen Erwerbungen eher skeptisch gegenüberstand, waren die Möglichkeiten für deutsche Reisegesellschaften, an den großen Entdeckungen dieser Zeit teilzuhaben, eher eingeschränkt. Um dem Abhilfe zu schaffen, wurde im April 1873 die Deutsche Gesellschaft zur Erforschung Äquatorialafrikas gegründet, ein Verein, dessen Aktivitäten vor allem verschiedene deutsche Landesherren, reiche Kaufleute sowie die Hansestädte finanzierten. Ganz offen wirtschaftliche und politische Absichten verfolgte die im Dezember 1876 in Berlin gegründete Deutsche Afrikanische Gesellschaft, die bereits im April 1878 mit dem zuerst genannten Verein zur Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland fusionierte.

Der 1858 geborene Richard Büttner machte sich neben seinen umfangreichen Afrika-Forschungen auch als Zoologe und Botaniker einen großen Namen.
Im Auftrag der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland bereiste er mit einer Expedition in den Jahren 1884 bis 1886 den Kongo sowie das südliche Kongobecken, das heute zum Staat Angola gehört. In seinen Aufzeichnungen beschreibt er literarisch durchaus anspruchsvoll die große Vorfreude, mit der man sich dem eigentlichen Ziel der Reise näherte, aber auch die Enttäuschungen, gegen die man seit Beginn der Expedition anzukämpfen hatte.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum12. Mai 2014
ISBN9783843803533
Reisen im Kongogebiet: Expeditionen im Auftrag der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland. 1884-1886

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    Buchvorschau

    Reisen im Kongogebiet - Richard Büttner

    Büttner

    1. KAPITEL:

    VON DER ELBE BIS ZUM KONGO

    Am 1. August 1884 verließ ich die »deutsche Expedition zur Erforschung des südlichen Kongobeckens« an Bord des »Professor Woermann« Hamburg. Die Expedition setzte sich zusammen aus den Herren Premierleutnant Schulze als Leiter, Premierleutnant Kund, Sekundärleutnant Tappenbeck, Dr. med. M. Wolff als Arzt und meiner Wenigkeit als naturwissenschaftlichem Mitgliede. Wir hatten die Ehre gehabt, von der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland zu Berlin, deren Vorsitz zur damaligen Zeit Admiral von Schleinitz führte, gewählt zu werden, um mitzuarbeiten am Werk der Erforschung des tropischen Afrika, welches Werk diese Gesellschaft durch ihre Reisenden und Expeditionen in so ausgezeichnetem Maße gefördert und seinem Endziele näher gebracht hat.

    Der Tag der Abreise machte der unruhig bewegten Zeit der Vorbereitungen – die leider in meinem Fall nur zwei oder drei Monate betrug – ein Ende und führte die Mitglieder der Expedition, die bis dahin einander kaum bekannt waren, auf einige Wochen zusammen.

    Außer uns befanden sich noch an Bord ein Missionar der Baseler Gesellschaft, der mit der Gattin auf seinen Posten nach Quitta zurückkehrte und unter deren Schutz eine junge Dame reiste, die – mit einem Missionsangestellten verlobt – dessen Leben im fernen Land zu teilen willens war. Die übrigen Herren waren Kaufleute, zum weitaus größeren Teil dem Hause Woermann angehörig, die als Neulinge dem anderen Erdteile zustrebten, oder solche, die bereits einige Jahre dort zugebracht hatten und nun nach einer Zeit der Erholung in Europa zu ihren Stellungen zurückkehrten. Zu diesen letzteren gehörte auch Herr Schmidt, Hauptagent des Woermannschen Monrovialgeschäfts und deutscher Konsul für die Negerrepublik Liberia, der die Zeit des Urlaubes sowohl zur Wiederherstellung seiner Gesundheit in der deutschen Heimat als auch zur Instandsetzung und Ausrüstung seines Hauses in Monrovia angewendet hatte, denn er beabsichtigte sofort nach der Ankunft auf seinem Posten die jugendliche Braut, eine Tochter Liberias, heimzuführen. Unter solchen Umständen war es nur natürlich, daß sich unter der Ladung unseres Dampfers auch Salonspiegel und ein Pianino befanden, dessen weiße Tasten in den Dienst der zierlichen Finger der jungen schwarzen Herrin gestellt werden sollten.

    Mit gutem Wetter fuhren wir am 3. August um die Mittagszeit in den Kanal ein und konnten dort für eine gute Weile zugleich auf die beiden Küsten blicken, wobei wir aber der englischen sehr viel näher blieben und eine interessante Ausschau auf ihre weißen Kalkmauern und die zahlreichen Ortschaften hatten. Die See ging hier höher als in dem deutschen Meer, welche Veränderung sofort die unvollständige Besetzung der Tafel im Salon zur Folge hatte; das Wetter blieb indessen klar und ruhig, und am folgenden Tage verließen wir bei der Insel l’Ouessant den Kanal, um in das hohe Meer zu steuern.

    Nebel hinderten uns am 6. August Kap Finisterre in Sicht zu bekommen, veranlaßten dagegen halbe Fahrgeschwindigkeit und machten das häufige Ertönen der Signalpfeife notwendig. Am 9. standen alle Passagiere schon zu früher Morgenstunde – zum Landen bis auf Stiefel, Hut und Sonnenschirm bereit – auf Deck, sehnsüchtig durch die Gläser nach der Insel Madeira schauend, wo der »Professor Woermann« in Funchal Kohlen einzunehmen hatte und uns somit die günstige Gelegenheit geboten schien, eines der schönsten Stücke der Erde kennen zu lernen. Als wir uns indessen der Reede näherten und die weißen Häuser der Stadt aus den Gärten hervortauchten, als uns schon die ersten Palmen zuzuwinken schienen und mit roten Blüten überladene Mandelbäume vom grünen Hintergrunde sich abhoben – kündigte ein uns entgegengekommenes Regierungsboot »quarantaine grande«¹ an.

    Als der »Professor Woermann« die gelbe Flagge hißte und weit über einen Kilometer vom Lande entfernt vor Anker ging, war eine trübe Stimmung über die Passagiere gekommen, die durch den acht- oder zehnstündigen Anblick der unerreichbaren schönen Insel durchaus nicht gehoben wurde, auch weder den uns unter Beobachtung aller Vorsichtsmaßregeln an Bord gereichten Früchten (Bananen, Pfirsichen, Erdbeeren, Pflaumen, Birnen, Trauben u.a.m.) noch den flüssigen Inhalt einiger blaugekapselter Flaschen vom Hause Blandy Brothers weichen wollte. Ohne Bedauern hörten wir am Abend die Anker heben und bald entschwand uns die Insel in der hereinbrechenden Dunkelheit.

    Am folgenden Tage nahm das Schiff den Kurs zwischen Palma und Teneriffa. Der Pik letzterer Insel war am Morgen für einige Stunden sichtbar gewesen, am Abend leuchteten die Lichter der Stadt Santa Cruz zu uns herüber.

    Erst am 14. kam wieder Land in Sicht, das Kap Verde mit seinen Palmbäumen und dem auf einem der Points stehenden Leuchtturm. Dahinter erschien sehr bald die Insel Gorée, auf deren Reede unsere Anker um die Mittagszeit in die Tiefe rasselten. Nach Erfüllung der Formalitäten wurde die liberté de descendre² erteilt, von welcher Erlaubnis seitens der Passagiere sofort Gebrauch gemacht wurde, hatte sich unser aller doch eine förmliche Sehnsucht nach Land bemächtigt. Am Ufer angekommen, machten wir einen Gang durch die Stadt, die etwa 6 000 Einwohner, darunter etwa hundert Weiße, haben soll, besuchten einige Geschäfte, um uns unter anderem mit der Spezialität von Gorée, Korkhelmen, zu versehen, die Post, die Befestigungen und den Markt. Die Stadt zeigt orientalischen Charakter; in engen Straßen blickt man auf die weißen fensterlosen Fronten, während die von Veranden umgebenen Höfe einen Blick auf das häusliche Leben der Bewohner darbieten. Der Marktplatz des Ortes ist von Kokos- und Dattelpalmen, Akazien und Tamarinden beschattet: auf ihm spielte sich gerade ein Gottesdienst der Mohamedaner ab, die hier keine eigene Moschee haben.

    Da die Ladung für den Platz – 1 000 Sack Reis – an diesem Tage nicht vollständig gelöscht werden konnte, so machten wir am nächsten Morgen der Insel noch einen Besuch, um erst gegen Mittag an Bord zurückzukehren, worauf sehr bald der »Professor Woermann« seine Fahrt wieder aufnahm.

    Trübes Wetter gestattete während einiger Tage keine Ortsbestimmungen, und so befanden wir uns am 19. August nachmittags um etwa 100 engl. Meilen über unser nächstes Ziel, Monrovia, hinausgelaufen. Umkehrend erreichten wir abends Gran Bassa, um dort einige Boote abzusetzen. Um Mitternacht wurde der Kurs nordwärts fortgesetzt und am 20. August morgens gingen wir vor Monrovia vor Anker. Der Kapitän gestattete nur einen kurzen Aufenthalt an Land, kaum hinreichend zu einem flüchtigen Besuch in der deutschen Faktorei und einen eiligen Gang durch das Krunegerdorf und die Straßen der Stadt.

    Konsul Schmidt verließ uns hier, mit ihm gingen seine prächtigen Doggen Poggie und Box, die während der dreiwöchentlichen Fahrt gute Freundschaft mit den Schiffsbewohnern gehalten hatten, wenn sie auch öfters durch unangebrachtes Apportieren das Shibble- oder Shuffelboardspiel³ gestört hatten.

    Nachdem noch fünfundzwanzig Kruboys⁴ für den Schiffsdienst und die südlicheren Plätze an Bord genommen waren, verließen wir Monrovia, um am folgenden Tage in Ni-su die Zahl dieser besten der westafrikanischen Arbeiter zu vervollständigen.

    Das unfreundliche Wetter hielt an: Regenschauer gingen mehrfach auf uns nieder und die Wärme war sehr mäßig. Das Meer zeigte sich oft fast unbewegt; durch den Kiel unseres Dampfers in Aufruhr versetzt, erglänzte es zur Nachtzeit in Millionen von Funken. Fliegende Fische sah man häufig auf unglaubliche Strecken sich aus dem Wasser erheben, Delphine, Tümmler und Haie folgten dem Schiff und ließen oft ihre Flossen über der Oberfläche des Wassers erblicken.

    Am 23. langten wir vor Accra an, einem der bedeutendsten Plätze der englischen Goldküste – man sprach uns von 15 000 Einwohnern. Auf kleinen von Eingeborenen gezogenen Wagen kommt man in kurzer Zeit zu der Baseler Missionsanstalt Christiansborg, deren Handwerkstätten sich an der ganzen Westküste einer wohlverdienten Rühmlichkeit erfreuen, und deren Zöglinge, als Maurer, Tischler, Zimmerleute und Köche, auch als Schreiber, wir überall an der Küste und selbst noch auf den fernsten Stationen des Kongostaates antrafen. Eine ganze Anzahl solcher Handwerker nahm auf unserem Dampfer Passagierscheine, die meisten für Gabun, die anderen für südlichere Plätze.

    Als wir den Strand von Accra betraten, wurden wir zu unserem Erstaunen von einem gentlemanmäßig gekleideten Schwarzen in deutscher Sprache angeredet, der in den Dienst unserer Expedition zu treten wünschte. Premierleutnant Schulze, nachdem er über die Persönlichkeit in den Faktoreien Erkundigungen eingezogen hatte, engagierte in der Tat den Mann, der sich David Kornelius Bardo nannte, etwa vierzig Jahre zählte und zur Zeit Besitzer zweier Häuser und eines nicht ganz unbedeutenden Geschäfts in Accra war. Kornelius stammte von Cape Coast und hatte in der Baseler Missionsanstalt eine recht gute Erziehung genossen, war auch durch diese Mission nach Europa gekommen, wo er sich in verschiedenen Ländern und Stellungen mehrere Jahre aufgehalten hatte. Zurückgekehrt nach Afrika hatte er als Lehrer der Mission gedient, später einen weißen Kaufmann auf seiner Fahrt den Niger aufwärts begleitet und endlich den Krieg der Engländer gegen die Aschantis mitgemacht.

    Von der Voraussetzung ausgehend, daß ein so erfahrener Mann der Expedition von Nutzen sein müsse, in Anbetracht der nicht ungünstigen Berichte der weißen Kaufleute über ihren schwarzen Konkurrenten und im Vertrauen endlich auf das intelligente und gutmütige Gesicht, das sich mit wohlgepflegtem Schnurr- und Knebelbart nicht unbedeutend ausnahm, hatte ich dem Entschluß des Premierleutnants Schulze gern zugestimmt, und der weitere Reisebericht wird zeigen, daß jene Wahl eine in der Tat gut getroffene gewesen ist. Da Kornelius für eine voraussichtlich längere Abwesenheit die Verhältnisse seines Besitztums zu ordnen hatte, so wurde vereinbart, daß er mit dem nächsten Accra berührenden, nach Süden gehenden Dampfer dem Premierleutnant Schulze nach Ambrizette, von wo man die Expedition anzutreten beschlossen hatte, folgen sollte.

    Über Adda, wo das Landen an der felsigen Küste fast zu einem Wagestück wird, und wo ich zum ersten Male in einem Kokospalmenbestand, freilich in knöcheltiefem Sande, wandelte, kamen wir nach Quitta, um hier einen Teil unserer weißen Mitpassagiere abzusetzen. Außer den Missionsleuten ging hier auch ein Angestellter und Verwandter des Bremer Hauses Vietor und Söhne an Land, welche Firma an diesem Küstenstrich eine Anzahl Faktoreien besitzt, durch die man bestrebt ist, die Ziele der Mission zu unterstützen, indem man unter anderem den Branntweinhandel untersagt und den jungen Angestellten einen möglichst christlichen Lebenswandel zur Verpflichtung gemacht hat.

    Am 25. August sahen wir über dem gelben Küstenstreifen, auf dem sich in trostloser Verlassenheit eine oder zwei deutsche Faktoreien erheben, die den Namen Lomé oder Baybeach führen, die deutsche Kriegs- und Konsulatsflagge wehen. Schon in Monrovia hatten wir von dem Vorgehen Dr. Nachtigals und Dr. Buchners gehört, und mit einem gewissen Bewußtsein traten wir jetzt auf den Sand des neuen deutschen Protektoratsgebietes.

    In Bagidda – alle diese Plätze liegen nur einige Stunden Dampferfahrt voneinander entfernt – fanden wir in einem jungen Angestellten der Wölber und Brohmschen Faktorei den provisorischen Konsul für Lomé, Bagidda und Porto Seguro, der uns eingehend über die Ursachen und Vorgänge der Besitzergreifung Bericht erstatten konnte.

    Am Morgen des 27. August lagen wir vor Little Popo, dessen König oder Chief und drei der angesehensten Männer vor kurzem die »Sophie« gefangen genommen und nach Deutschland geführt hatte. Zur Zeit unserer Anwesenheit herrschte dort eine große politische Verwirrung, indem sowohl die Deutschen als auch die Engländer und Franzosen je einen König aufgestellt hatten. Wir ignorierten natürlich die anderen Prätendenten und machten dem nationalen Cudjovi einen Besuch, bei welchem derselbe in weißem, großem Schultertuch und in schwarzem Zylinderhut erschien und uns eine Flasche Rum vorsetzte. Für noch feierlichere Staatsaktionen bedient sich der Alte eines blauen Klapphutes.

    In Little Popo stellten uns die deutschen Herren in ihrer ausgezeichneten Liebenswürdigkeit – die man uns überall an der Küste in den Faktoreien der Firmen Woermann, Gödel und Götschow, Gödel, Wölber und Brohm, Vietor und Söhne und in der Baseler und Bremer Mission entgegenbrachte – für die Lagunenfahrt nach Whyda ihr hübsches Boot mit Bedienung und splendider Verproviantierung zur Verfügung. In kurzer Entfernung von der Küste zieht sich nämlich parallel mit derselben ein ausgedehntes System von Lagunenkanälen hin, die eine bequeme Verbindung der Küstenplätze darbieten, während die Dampfer natürlich ihren Weg auf dem Meere zu nehmen haben.

    Der 28. August ließ uns in achtstündiger Fahrt auf der Lagune nach Grand Popo gelangen. Unser Boot war durch ein Segeldach vor den Strahlen der Sonne geschützt und wurde von drei Schwarzen durch Palmblattrippen verhältnismäßig schnell vorwärts gestoßen. Die Kanäle sind von verschiedener Breite, die bisweilen bis auf einige hundert Meter steigen mag, und von sehr einförmiger Mangroven- und Buschvegetation eingefaßt. Hier wurde uns auch zum ersten Mal der Anblick gewaltiger Krokodile zu teil, die an sonnigen Uferstellen der Ruhe pflegten, bei Annäherung unseres Bootes jedoch stets in das Wasser stürzten.

    Grand Popo ist ein Ort von etwa 8 000 Einwohnern mit bedeutendem Handel und zahlreichen Faktoreien. Nach gastfreundlichster Bewirtung und moskitoumschwärmter Nacht unternahmen wir am nächsten Morgen auf dem von Gräben durchzogenen, sehr sumpfigen Gebiete in Nähe des Ortes eine zweistündige Jagdpartie, der eine Anzahl größerer Vögel, zumeist Reiherarten, zum Opfer fielen.

    Nach dem Frühstück wurde die Bootfahrt auf der Lagune wieder aufgenommen, die in sechs Stunden an einer Uferstelle endete, von wo wir uns – um nach Whyda zu kommen – noch einem einstündigen, in der Dunkelheit etwas abenteuerlichen Landtransport über sehr sumpfiges Gebiet in Hängematten und auf den Schultern der aus der Gödelschen Faktorei entgegengesandten Accra- und Kruleute zu unterziehen hatten.

    Das Gödelsche Haus in Whyda unterscheidet sich von den schuppenartigen und recht primitiven Faktoreien von Lomé, Little und Grand Popo durch elegante, ja selbst luxuriöse Ausstattung. Das stattliche steinerne Gebäude liegt an erhöhter Stelle der Stadt, an einem mit rotblühendem Clerodendrongesträuch bestandenen Platz. Von der Veranda erblickt man durch ein Fernrohr über die Stadt hinweg gerade noch die Spitzen der Masten der auf der Reede liegenden Schiffe, und hatten wir am 29. August das Vergnügen diejenigen des »Professor Woermann« zu entdecken.

    Whyda bietet des Interessanten sehr viel. Die aus rotem Lehm gefertigten und mit Palmblättern gedeckten Häuser der Stadt, die an 40 000 Einwohner zählen soll, sind in regelrechten und teilweise mit Orangenbäumen bepflanzten Straßen angeordnet. Alle Häuser, Straßen und Stadtviertel haben Spezialfetische, die in den absonderlichsten Formen erscheinen, oft freilich nur aus ein paar Topfscherben bestehen, in denen Speisereste sich befinden. Stadtfetisch sind die Schlangen, denen man ein Heim in dem weitbekannten Schlangentempel gegeben hat. Derselbe ist ein nicht bedeutendes, ummauertes, mit einigen Bäumen bestandenes Gebiet inmitten der Stadt und enthält in einigen offenen Pavillons eine ganze Anzahl verschiedenartiger Schlangen, die sich freilich oft genug in den Häusern der Bewohner einfinden, wo die Tiere, nachdem die Tempeldiener benachrichtigt worden sind, mit Geschick wieder eingefangen und in Säcken feierlichst in ihr Quartier zurücktransportiert werden. Gewisse Verehrung genießt auch der große Fetischbaum – ein Baumwollbaum – dessen gewaltiger Stamm von Rindenstreben gestützt ist, die in einem Kreise von etwa fünfzig Meter Umfang liegen. Auffallend sind ferner die zahlreichen großen, nackthalsigen Geier, die – gleich Krähen auf den Dachfirsten sitzend – für gewissenhafte Reinigung der Straßen sorgen. Einige große Bäume inmitten der Stadt sind während der Tagszeit völlig behängt mit Scharen dicht aneinander gedrängter fliegender Hunde, die des Nachts ihre Streifzüge in die Umgegend unternehmen. Zur Zeit unserer Anwesenheit war die Stadt verhältnismäßig ruhig, denn alle angesehenen Leute, sowie die Amazonen des Königs, waren in der einige Tagereisen entfernten Residenzstadt Abómé, in der gerade die alljährlichen customs abgehalten wurden, jene Feste, bei denen die Gefangenen, die man früher als Sklaven exportiert hätte, zu Hebung der Feierlichkeit, und um sich derselben zu entledigen, in großer Zahl geschlachtet werden.

    Das Königreich ist in jeder Beziehung gut organisiert und das Beamtenwesen sehr ausgebildet, so daß überall im Lande Ruhe und Ordnung herrschen, die dem krassen Despotismus des Königs, dem auch die weißen Kaufleute sich fügen müssen, als ein Verdienst anzurechnen sind.

    Am Morgen des 30. August erhielten wir in der Faktorei den Besuch eines der Würdenträger des Staates, der von Abómé gekommen war, um Dr. Nachtigal die Geneigtheit des Königs, den Deutschen gewisse Rechte im Land einzuräumen, anzukündigen und ihn zum Behuf der Verhandlungen nach der Residenz einzuladen. Da die Gesandtschaft Dr. Nachtigal nicht mehr an der Küste angetroffen hatte, so wurden wir als Vertreter der deutschen Nation für würdig befunden, diese Botschaft des Königs an unseren Generalkonsul – den wir auf der Fahrt südwärts voraussichtlich treffen würden – weiter zu bestellen. Der Gesandte des Königs brachte als Legitimation einen Stock seines Herrn mit sich, bei dessen Anblick die Eingeborenen auf die Erde zu fallen, die Weißen aber die Hüte zu lüften haben.

    Nach dem Frühstück am 31. August nahmen wir Abschied von unseren Gastfreunden und stiegen zur Beach hinab, wo wir über Sumpf und Lagune nach zwei Stunden anlangten, aber noch dieselbe Zeit in Sicht des Dampfers zu warten hatten, da die Erlaubnis des Stadtvorstehers, das Land zu verlassen, noch nicht eingetroffen war. Als diese Erlaubnis endlich in Gestalt des Stockes desselben anlangte, gingen wir zu Boot, um unter den Beschwörungen des Steuermanns und eines von den Faktoreien besoldeten Fetischmannes – die dadurch die Macht der Brecher zu besänftigen haben – glücklich wieder an Bord unseres Dampfers zu gelangen.

    Am 3. September lagen wir vor dem Kamerundelta; am folgenden Morgen aber erst führte der offizielle schwarze Lotse, Herr Bottlebeer, den Dampfer den Fluß aufwärts, wo wir vor der Woermannschen Faktorei vor Anker gingen, um sofort in der herzlichsten Weise von den deutschen Herren begrüßt zu werden. Es waren dies Dr. Buchner, der zur Zeit hier als Reichskommissär postiert war, ferner die Herren Dr. Passavant und Dr. Pauli, welche das Hinterland zu erforschen hierher gekommen waren und ihre Wohnung auf der »Hamburger Louise«, der Hulk⁵ des biederen Kapitäns Voß, aufgeschlagen hatten, dessen Liebenswürdigkeit kennen zu lernen auch wir mehrfach Gelegenheit nahmen. Im übrigen fanden wir eine Anzahl Kaufleute vor, darunter auch Hern Panthenius, der als Agent der zweiten Woermannschen Kamerunfaktorei einige Monate später bei Gelegenheit des Kampfes unserer Marine ein Opfer der Bestialität der Eingeborenen werden sollte.

    Einen wesentlich günstigeren Eindruck als die öde Sandküste des nördlichen Protektoratgebietes macht das erhöhte und gut mit Vegetation bestandene linke Ufer des Kamerunflusses, von dem herab dem Ankömmling Bananen, Kokos- und Ölpalmen, Pandanus und Baumwollbäume entgegenwinken. Auch ein Gang durch die Dörfer King Bells und King Akwas läßt das freundliche Bild nicht erblassen, denn das Auge trifft auf allerdings nur bescheidene Kulturen von Zuckerrohr, Voandzieen, Yams, Bataten, Kolokasien, Maniok und Bananen.

    Bei einem unserer Spaziergänge mit Dr. Buchner kehrten wir im Hause Chief Joss’ ein, der uns frische Kokosnußmilch und von der Weinpalme gewonnenen Palmsaft in Karaffen und Gläsern vorsetzen ließ. Die Wohnung dieses wohlhabenden Mannes zeigte Überfluß an europäischen Artikeln, wie Stühlen, Bildern, Spiegeln, Uhren, Lampen und anderen Dingen mehr.

    Das Leben auf dem Flusse ist zuzeiten ein bewegtes; so bei den von den Eingeborenen beliebten Ruderwettkämpfen, die wir mehrfach beobachteten und die in langen, von dreißig, vierzig, ja bis siebzig Leuten bemannten, originell verzierten Kanus abgehalten werden; oder auch bei der Ankunft von reich mit Fahnen geschmückten Handelskanus, die mit Palmöl und Kernen, Elfenbein, Ebenholz und Rotholz beladen unter Gesang, Geläut und Trommellärm zu den Faktoreien oder Hulks gerudert werden.

    Ein anderes Bild muß der Fluß kurze Zeit vor unserer Ankunft geboten haben, denn es war, wie es alle vier Jahre zu Ende August oder Anfang September geschehen soll, ein ungeheurer Zug von Krebsen, eine Art Langschwänze, die Flüsse abwärts gekommen, und die gesamte Bewohnerschaft war mehrere Tage und Nächte beschäftigt gewesen, den Segen zu bergen und am Ufer bei großen Feuern aus den Tieren verschiedene Nahrungsmittel und Öl zu bereiten. Dieser Krebsniedergang ist die Ursache des Namens Kamerun geworden; aus den camerones und cameroes der älteren portugiesischen Seefahrer und Geschichtsschreiber ist das englische Cameroons und aus diesem das deutsche Kamerun entstanden.

    Über die Eingeborenen selbst, ihre Trommelsprache, ihre und der Weißen Lebensweise, über das Kamerungebirge und andere Gebiete dieses unser Interesse in hohem Maße in Anspruch nehmenden Landes kann ich füglicherweise schweigen, da seit jener Zeit mehrfach und einige Male von berufener Seite darüber berichtet worden ist.

    Unser Aufenthalt in Kamerun währte fünf Tage, ohne daß wir das Vergnügen gehabt hätten, den Kamerunberg auch nur einmal aus dem ihn umhüllenden Nebel hervortreten zu sehen.

    Am 8. September verließ der »Professor Woermann« den Platz und am anderen Morgen liefen wir zugleich mit dem für Woermann gecharterten Dampfer »Graßbroek« die spanische Insel Klein-Cloby an, auf der sich die Depots von Woermann, Jansen und Thormählen und einigen anderen Firmen befinden. Von diesen Depots aus werden die einzelnen Faktoreien an der Küste sowie an den Flüssen durch kleinere Dampfer oder Boote mit Waren versehen, und hierher strömen die dort eingehandelten Produkte zusammen. Die Insel ist sehr klein und in einer halben Stunde zu umgehen, jedoch bot sie uns ein interessantes Bild eines Tropenwaldes. Am 11. lief die »Möve« mit Dr. Nachtigal an Bord die Insel an, und fand der Generalkonsul, trotzdem sein Aufenthalt nur wenige Stunden währte und diese der Korrespondenz gewidmet werden mußten, doch in seiner liebenswürdigen Weise Zeit genug, mit uns über die Aussichten und Verhältnisse unserer Expedition zu plaudern.

    Es ist hier das letzte Mal gewesen, daß ich Dr. Nachtigal gesehen habe. Als ich Anfang Juni 1885 mich an der Küste befand, erhielt ich die Nachricht seines Todes, in Landana aber – wiederum an Bord des »Professor Woermann« – die Bestätigung desselben.

    Während der Anwesenheit unseres Dampfers vor Cloby siedelte ich in das Woermannsche Haus über, wo mir Gastfreundschaft in ausgedehntestem Maße zu teil wurde.

    Am 12. lichtete der »Professor« die Anker, um am folgenden Tage vormittags die Reede von Gabun zu erreichen, womit für mich der Moment der vorläufigen Trennung von den übrigen Herren der Expedition gekommen war, denn ich beabsichtigte für einige Wochen meinen Aufenthalt auf der bei Gabun gelegenen Sibangefarm zu nehmen, um mich dann später wieder mit den anderen Herren zu vereinigen. Angekommen am Ausgangspunkte des Inlandmarsches, als welcher damals Ambrizette in Aussicht genommen war, mußte es natürlicherweise wochenlanger Vorbereitung bedürfen, um die Expedition mit Trägern zu versehen und marschfähig zu machen. Ich glaube – worin mir Premierleutnant Schulze völlig zustimmte – einen Teil dieser Zeit in einer für die Expedition sehr vorteilhaften Weise zu verwenden, wenn ich mich auf der Sibangefarm, die Herrn Soyaux, einem früheren Mitgliede der Loangoexpedition, unterstellt war, und auf dessen Erfahrung und freundliche Unterstützung ich hierbei hoffte, naturwissenschaftlichen und speziell botanischen Studien ergeben würde. Die Anwesenheit des Herrn Soyaux, das Renommée der Anlagen der Gabuner Mission und die seit Jahren in Kultur genommene Kaffeeplantage hatten uns schon in Europa die Sibangefarm für diesen Zweck als den allergeeignetsten Ort erscheinen lassen, und Herr Woermann in Hamburg, der Eigentümer der Plantage und Chef des großen Handelshauses, hatte zu diesem Plan in liebenswürdigster Weise die erbetene Erlaubnis erteilt.

    Somit verließen Premierleutnant Kund, Dr. Wolff und ich selbst bald nach unserer Landung die Gabunfaktorei, um, von einem Führer begleitet, den Weg zu der Farm anzutreten und den dortigen Herren einen Besuch abzustatten. In kurzer Entfernung vom Strande, an dem die Faktoreien unmittelbar errichtet sind, erhebt sich das Land zu einer mäßig gewellten Fläche, auf der ein etwa dreistündiger Marsch uns zum Ziele brachte. Während der ersten Weghälfte führte der Pfad über eine von Gras und Adlerfarnkraut bestandene Steppe, auf der zerstreut Gebüsch und einzelne Bäume, darunter Palmen und Mangopflaumen, hervorragten. Bei einem sehr hübschen Busch von indischem Bambus traten wir in prächtig üppigen Urwald ein, in dem ein bequemer Weg uns über eine ganze Anzahl Brücken und an zwei Eingeborenenniederlassungen vorüber zum Farmterrain führte, welches, durch Abholzen gewonnen, rings von hochstämmigem Wald umgeben ist. Ich entsinne mich noch genau des großartigen Eindruckes, unter dem ich inmitten dieser grandiosen Vegetation stand, und den ich späterhin nicht wieder in demselben Maße empfunden habe, wobei ich gleich bemerken will, daß ich während meiner ganzen Reise überhaupt nicht oft Gelegenheit gefunden habe, berechtigte Vergleiche mit diesem Gabuner Waldland anzustellen.

    Inmitten der weitgedehnten Kaffeefelder erhoben sich die beiden zierlichen Wohnhäuser, in denen wir mit großer Freundlichkeit aufgenommen wurden. Das eine wurde bewohnt von Herrn Soyaux und seiner zur damaligen Zeit etwas leidenden Gattin – einer deutschen Dame, wenn ich nicht irre, aus Stade gebürtig – und dem dreimonatlichen kräftigen Sprößling, das andere hatten die beiden anderen Angestellten der Farm, die Herren Ingenieur Schran und Mahnke, inne.

    Nachdem meine Übersiedelung festgesetzt war, kehrten wir, da der Kapitän noch an demselben Tage die Fahrt nach Süden fortzusetzen beabsichtigte, in Begleitung der beiden letztgenannten Herren nach Gabun zurück. Indessen wurde der Dampfer noch bis zum 15. zurückgehalten, da die Ladung am Tage der Ankunft nicht gelöscht werden konnte, am folgenden aber, einem Sonntage, nicht gearbeitet werden durfte. An diesem Sonntage fand die Einweihung der neuen Missionskirche durch den Erzbischof statt, welcher Feierlichkeit der Gouverneur nebst Gemahlin, die Offiziere der auf Reede liegenden französischen Kriegsschiffe, sowie fast die sämtlichen weißen Herren der Kolonie beiwohnten.

    Am Montag Nachmittag verließ der »Professor Woermann« Gabun, und wir, die Herren Schran und Mahnke und ich selbst, machten uns auf den Rückweg zur Farm, wohin meine Sachen bereits durch einige Kru- oder Whyleute gesendet worden waren, und wo man mir in dem Nebenhause ein freundliches Heim eingerichtet hatte.

    Mein Aufenthalt auf der Farm – durch verspätetes Eintreffen des nächsten Woermanndampfers wurde die ursprünglich in Aussicht genommene Zeit überschritten – hat vom 15. September bis zu Anfang November gewährt, aus welchen Wochen meiner Erinnerung nur freundliche Bilder geblieben sind, so daß ich noch heute Herrn Woermann sowohl als den Farmbewohnern mich dankbar verpflichtet fühle.

    Was nun den eigentlichen Zweck meines Aufenthaltes anbetrifft, so wurde derselbe erreicht, soweit er sich im fernen Afrika ohne wissenschaftliches Material erreichen ließ. Die Zeit war nicht gerade die günstigste, denn erst während meines Aufenthaltes stellten sich die Regen häufiger ein und mit ihnen Üppigkeit und Mannigfaltigkeit der Formen. Auf zahlreichen Exkursionen, die mich zumeist in Gesellschaft des Herrn Schran in den Wald führten, wo dieser Herr einen breiten und bequemen Weg nach Gabun anzulegen hatte, sind einige hundert phanerogamische Spezimina gesammelt worden, die den Grundstock der Ausbeute meiner Reise bilden. Hierzu kommt eine Sammlung von Gefäß- und Zellenkryptogamen, sowie eine solche interessanter Früchte. Für die zoologische Kollektion fand ich reichliche Unterstützung: Herr Schran überraschte mich mit einer Anzahl auf dem Farmterrain gefangener Amphibien und Reptilien, während er seine Leute anwies, beim Holzschlagen auf die zahlreich zu Tage kommenden Insekten zu achten. Der Headman der Whyleute, Monrovia, hat mich auch in dieser Beziehung nicht in Stich gelassen, und einige neue Tiere sind eigentlich durch ihn der Wissenschaft bekannt geworden. Den mir von Herrn Soyaux zur Bedienung freundlichst übersandten Whyboy William endlich hatte ich zum Schmetterlingfangen angestellt; er leistete freilich nichts Bedeutendes darin, dagegen – wie ich erst später herausfand – machte er sich selbst etwas reichlich für seine Bemühungen aus meiner Tasche bezahlt.

    Außer in rein wissenschaftlicher Beziehung war mir die Farm in praktischer Hinsicht ein wichtiger Gegenstand der Belehrung, leider – besonders für die Unternehmer – in negativer Weise, denn schon damals war nicht zu verkennen, daß die zur Anlage der Kaffeeplantage verwendete jahrelange Arbeit und die sehr bedeutenden Kosten einen Erfolg nicht geben würden. Einige Zeit nach meinem dortigen Aufenthalt – es sind im ganzen nur einige hundert Pfund Kaffee geerntet worden – ließ dann auch Herr Woermann die Farm eingehen. Es ist nicht der Zweck des Buches, diese Verhältnisse näher zu berühren, doch will ich – vielleicht zu Nutz und Frommen irgend eines Plantagenbauschwärmers – erwähnen, was mir als Ursache des massenhaften Absterbens der jungen Kaffeebäume, nachdem sie einige Zeit recht gut gediehen waren, erschien.

    Laterit, jene den Tropen eigentümliche durch die Einwirkung der Atmosphärilien entstandene Bodenformation, bildet in der Farm überall die Grundlage einer zuweilen nur minimalen Lehm- und Humusschicht. Dieses Laterit genannte Gestein, dessen Haupteigenschaft völlige Durchlässigkeit ist, ist in feuchtem Zustande eine zähe, schneidbare Masse, im trocknen dagegen spröde und steinhart. Die Wurzeln vermögen, zu dieser Schicht gelangt, nicht in dieselbe einzudringen und noch weniger aus derselben – ihrer Durchlässigkeit wegen – Nährstoffe aufzunehmen. Die Pflanzen sind somit für die Ernährung auf die obersten Humus- und Lehmschichten angewiesen. Diese, zur Zeit der Anlage jungfräulicher Böden, sind aber nach Verlauf einiger Jahre völlig verändert worden. Heftige Regengüsse haben den Humus in die Rawinen abgeschwemmt – die Farm ist auf welligem Terrain gelegen – und der von der Sonne gebleichte Sand folgt allmählich nach, womit den Wurzeln Bedeckung und Ernährung genommen ist und die jungen Kaffeesträucher saisonweise in Menge dem Absterben geweiht

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