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Her- and History: vom Glauben und Denken III
Her- and History: vom Glauben und Denken III
Her- and History: vom Glauben und Denken III
eBook550 Seiten7 Stunden

Her- and History: vom Glauben und Denken III

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Über dieses E-Book

"Her- and History" skizziert die Kindheit der Spezies Homo sapiens sapiens, oder genauer, die Kindheit ihrer Gesellschaft, die man auch als die Prähistorie oder Vorgeschichte bezeichnet. Unsere Vorgeschichte war für die Geschichte, was die Kindheit eines jeden Menschen für sein Erwachsenenalter ist. In der Kindheit - je früher um so mehr - spielte die Mutter/Frau die bei weitem größte Rolle. Zwischen uns Brücken zu bauen und unser Verhalten zu lenken, war immer schon eher das Talent der Frau als des Mannes. Von ihrem Werk aus der Zeit vor dem Jahr Null des jüdischen Kalenders (her story) zeugen die bedeutendsten archäologischen Stätten wie Çatal Hüyük in Anatolien, Gosau in Sachsen-Anhalt und auch noch der Augen-Tempel von Tell Brak in Mesopotamien. Das Talent des Mannes, in das von der Frau geschaffene Beziehungsgewebe eine patriarchalische Gesellschaftsform einzubetten (his story), schuf den Staat und legte die Grundlagen der Zivilisation. Unsere Gesellschaft wurde gebaut mit Hilfe von geschlechts-spezifischen Talenten und wurde zusammengehalten von Bünden zwischen den Geschlechtern, wovon die Archäologie der Jungsteinzeit und das Alte Reich Ägyptens Zeugnis ablegen.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum9. Mai 2019
ISBN9783748541462
Her- and History: vom Glauben und Denken III

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    Buchvorschau

    Her- and History - G. P. Franck

    Her- and History

    Her- and History

    1. Altenwerder

    2. Die Ancient Mariners (Urseefahrer)

    3. Das Boot

    4. Die Veddel

    5. Die Priesterschaft im 1. Bund

    6. Wellingsbüttel

    7. Das Kind und wie es wuchs

    8. Der Grünspecht und der Schuldirektor

    9. Die Hamangia-Kultur in der Dobruja

    10. Oma Anna

    11. Eine blaue und eine rote Linie der Entwicklung

    12. Im Tal der Alster

    13. Das al-‘Ubaid, der Tempel und der Markt

    14. Die Pontisch-Kaspische Steppe

    15. In der Oberstufe

    16. Die Lengyel-Kultur

    17. Die Lengyel-Kultur und ihre roten Altarstücke

    18. Die Kreisgrabenanlagen

    19. Lehre, Studium und Lernen

    20. Die Politisierung der Nomaden der Pontischen Steppe

    21. Eine europa-interne Hochzeit

    22. Die Reise in den Fernen Osten

    23. Die Sumerische Zivilisation

    24. Das Uruk

    25. Ein wenig Uruk-Archäologie in der Stadt Ur

    26. Vom Brechen der Helium-Atome

    27. MS President Cleveland

    28. Kolchis

    29. Die Gräber von Maikop

    30. Im Museum zu Halle

    31. Miriam

    32. Vom Uruk ins Jamdet Nasr (die Blau-Monumente)

    33. 1973/74

    34. Das Gilgamesch-Epos

    35. Noch einmal Europa

    36. Ägypten I

    37. Ägypten II

    38. Ägypten III, die Archäologie

    39. Aussichten

    1. Altenwerder

    1. Altenwerder

    Meine Vorfahren mütterlicherseits hatten wahrscheinlich schon vor der germanischen Völkerwanderung auf dem breiten Strom der Unterelbe gefischt und fischten immer noch, als meine Mutter vier Jahre vor dem ersten Weltkrieg in Altenwerder geboren wurde. Altenwerder war ein kleines Fischerdorf auf einer Elbinsel in dem Inland-Delta der Elbe, Hamburg gegenüber. Also lehn Dich zurück und lass Dir von einem Hintergrund erzählen, der auch zu Deinem Leben gehört und der Anlass gibt, sich in die Vergangenheit zurückzudenken.

    Niedersachsen ist plattdeutsches Land. Plattdeutsch ist kein Dialekt der deutschen Sprache, sondern eine ältere Form der deutschen Sprache, und ich liege sicherlich nicht weit daneben, wenn ich sage, dass Niedersachsen auf seine stille Art bis vor Kurzem nicht nur konservativer als der Rest von Deutschland war, sondern auf eine Art konservativ war, von der nicht einmal die Bayern eine Ahnung haben. Deutschland als Ganzes ist das Land solcher Germanen, deren Vorfahren nicht gewandert waren, nicht ihre Wurzeln gekappt hatten oder bestenfalls – wie Hänschen Klein ging allein und Mutter weinet sehr – sehr bald schon umgekehrt waren, um im Land der Väter zu bleiben, nachdem beginnend im dritten Jahrhundert unserer Zeitrechnung die anderen – die Burgunder, die Goten u.a. – sich wie Hans im Glück davongemacht hatten. Die Niedersachsen behielten sehr alte Wurzeln.

    Der Vater meiner Mutter, Dein Urgroßvater Hinrich, war der Letzte, der das uralte Erbe in Form eines Fischernetzes im Schuppen hängen hatte, auch wenn dieser Schuppen schon nicht mehr hinter dem Deich in Altenwerder stand, sondern in Wellingsbüttel, einem Vorort in Hamburgs Norden, wo mein Großvater in den dreißiger Jahren ein Haus gekauft hatte, und wo ich ihn erst im Mai oder Juni 1945 kennenlernte, als ich schon viereinhalb Jahre alt war, denn die Geschehnisse des Krieges hatten Lücken in die Zeit geschlagen.

    Hinter den Netzen in seinem Schuppen verbarg sich ein psychologisch-soziologisches Erbe. Denn genauso wenig, wie die Jungsteinzeit durch ihre Steinwerkzeuge definiert werden kann, sondern durch ihre jungsteinzeitliche Psychologie definiert werden muss, so war auch das eigentliche Erbe, das meine Mutter von ihren Eltern erhielt und an mich und damit auch an Dich weiterreichte, ein psychologisches Muster, ein Wertesystem der Gefühle, eine spezifische Körpersprache im Umgang miteinander aus Zeiten, die waren, bevor das Staatswesen mit Karl dem Großen an die Elbe kam.

    Das mag Dir alles sehr lange her erscheinen, aber gesellschaftsgeschichtlich gesehen war es erst gestern. Erst gestern sorgte Karl der Große um 800 A.D. dafür, dass der Hammer der Zivilisation in Hamburg inmitten einer damals noch vorgeschichtlichen Situation eine Festung erhielt. Denn nicht eine Wiese oder Hamme (wie man neuerdings meint), sondern der Hammer stand Pate für Hamburgs Namen. Die Hammerburg war die Burg des Hammers. Denn Karl Martel, der Großvater Karls des Großen, hatte den Plan konzipiert. Martel ist französisch und bedeutet Hammer . Der Plan war, den Geist der Zivilisation in das Zentrum des Reichs der Psyche zu säen, denn das alte Germanien war ein Reich der Psyche. Wie ich das meine? Nun, wenn es schneite, dann schüttelte Frau Holle die Betten, und was in der Walpurgis-Nacht im Harz und am Irminsul im Teutoburger Wald geschah, war Psychologie schlechthin. Die Walküren wussten mehr, als nur Wagners Arien zu singen. Aber davon wird noch die Rede sein und an dieser Stelle soll nur die These stehen, dass der Deutschen Vaterland eher ein Mutterland als ein Vaterland war, was schon Johann Wolfgang von Goethe formulierte, als er die Mutterbilder auf dem Grund der deutschen (und nicht nur der deutschen) Seele entdeckte.

    Von der Nordsee kommt zweimal am Tag die Flut die Elbe nach Hamburg hinauf, sodass bei Hamburg ein Inland-Delta entstehen konnte, dessen nördlicher Arm die Norder- und dessen südlicher Arm die Süderelbe ist – mit ursprünglich vielen Wasseradern und vielen Inseln dazwischen. So eine Insel war Altenwerder. Die Elbe ist so nahe ihrer Mündung ein breiter Strom, und Norder- und Süderelbe waren einst mächtige Barrieren, denn außer ein paar temporären Brücken (Napoleon baute eine) gab es bis ans Ende des 19. Jahrhunderts keine Brücken hinüber. Geborgen lag Altenwerder. Und wie das Nest des Sperlings seine größte Sicherheit am Horst des Adlers findet, so war Altenwerder bis fast zum ersten Weltkrieg die stille Oase einer älteren Soziologie in unmittelbarer Nachbarschaft der urbanen Soziologie Hamburgs. Die Hamburger waren viel zu sehr mit dem Handel und der Börse beschäftigt, um den Inseln – außer für die Entenjagd – Beachtung zu schenken, und im Süden gab die Süderelbe Schutz vor dem Bistum Bremen und vor dem welfischen Lüneburg (der Luna-Burg, der Burg des Mondes).

    Heute gibt es das Dorf Altenwerder nicht mehr, denn dort liegt nun Hamburgs größter Containerhafen. Es steht nur noch die Kirche, ein schmuckes Ding aus dem frühen 19. Jahrhundert, und der Leuchtturm, die beide außerhalb des Dorfes auf Warften stehen, wo wahrscheinlich einmal das Urdorf gestanden hatte, bevor im Mittelalter der Deichbau begann und bevor die Bauern und Fischer ihre Häuser direkt am Deich bauten. Vor dem Deich, ein wenig aufgeschüttet, gab es in der Mitte des Dorfes eine Art Tenne, aber dort wurde kein Korn gedroschen, sondern die Netze geflickt, und davor, auf dem Köhlbrand (einem Wasserarm, der diagonal zwischen Süder- und Norderelbe verlief und heute die amputierte Süder- zur Norderelbe leitet), lagen die Elbsegler vertäut an Dückdalben. Hinter dem Deich, zwischen den Entwässerungsgräben im Marschboden, hatte jedes Haus seinen Obstgarten und die Weide für die Kuh. Das war das Dorf, das ich in meiner Kindheit noch kennenlernen durfte.

    Die Großmutter meiner Mutter, deine Ururgroßmutter Wedel, wurde hundert Jahre alt und lebte noch, als meine Mutter nach dem Krieg mit uns drei Kindern ein paar Mal im Jahr den Elbdampfer von Hamburg-Landungsbrücken nach Altenwerder nahm. Sie sprach nie oder kaum, und obwohl ich natürlich nicht weiß, ob sie nicht in ihrer Jugend wie eine Schwalbe schwatzte, gehörte das Schweigen der älteren Frauen zu ihrer Kultur. Auch die Männer redeten nur das Nötigste. Wer in Altenwerder viel redete, wurde nicht ernstgenommen, oder wurde ein Fink genannt wie die von Finkenwerder (einer Elbinsel weiter flussab), denn die Finkenwerder schielten seit geraumer Zeit schon über die Elbe auf das Treiben der Städter, und während die Altenwerder ihre Fische auf dem Fischmarkt an Hamburgs Hausfrauen verkauften, wussten die Finkenwerder, was der Hering der Nordsee auf Hamburgs Großmarkt wert war, und so fuhren sie auf ihren stolzen Finkenwerder Kuttern zum Heringsfang auf die Doggerbank vor England. Und viele blieben auf See.

    Du hast meine Mutter nicht mehr kennengelernt, denn ich war schon fast sechzig Jahre alt, als Du geboren wurdest. Wie eine Honigbiene im Reich der Bienen war meine Mutter eine dienende, demütige Frau aus einer Zeit, in der es den Begriff Selbstverwirklichung noch nicht gab. Niemand in Altenwerder hätte verstanden, was es da selbst-zu-verwirklichen gab, da doch die Kuh gemolken und die Netze geflickt werden mussten. Das war die Welt, aus der ich mütterlicherseits komme und die mir half und mich gleichermaßen zwang, in die Vorgeschichte einzutauchen.

    Der große Bogen dieses Buches (zusammen mit seinen zwei Vorgängern) umspannt ca. 40.000 Jahre, denn sein Thema ist Homo sapiens sapiens . Lass mich Dir ein paar wenige Eckpunkte in Erinnerung rufen, die ich in den zwei früheren Büchern beschrieb. Homo sapiens sapiens (der heutige Mensch) tauchte vor ungefähr 40.000 Jahren auf Erden auf, und ich hatte mir die Freiheit genommen, sein Auftauchen mit Adam und Eva gleichzusetzen. Mit so einer Aussage setze ich mich natürlich sofort zwischen zwei Stühle, dem Stuhl der Wissenschaft und dem der Theologie, und die haben wenig gemeinsam. Und doch gibt es etwas, was die Begriffe Evolution und Schöpfung gemeinsam haben, und das ist ihr Ablauf in Zeit. Das Prinzip von Fortschritt in Zeit ist in beiden Begriffen enthalten.

    Wenn ich die Bibel richtig verstehe, zauberte der Schöpfer nie aus dem Hut. Er säte und ließ wachsen. Und was die Schöpfung des Menschen anbelangt und unter Einbezug der Evidenzen der Paläontologie (Louis Leakey) wurde die Saat des Menschen in Afrika gesät, keimte und schob Ähren, und der Neandertaler war sozusagen eine noch grüne Ähre und erst Homo sapiens sapiens (Adam und Eva) war die reife Frucht. Damit sitze ich nun solide zwischen zwei Stühlen.

    Der Neandertaler war ein Homo- nur- sapiens gewesen, aber immerhin sapiens war er auch schon gewesen. Sapiens ist Latein und heißt mindestens, dass der Neandertaler nicht dumm war. Aber erst Adam und Eva, intelligent wie sie waren, entdeckten das Pro und das Kontra und waren offen für die Frage der Schlange: „Sollte der Schöpfer wirklich gesagt haben…?" Sie entdeckten den Zweifel. Den Zweifel. Und seither sehen wir alles sozusagen doppelt, nämlich im Original und reflektiert (gespiegelt), und wir haben die größte Mühe, immer ganz sicher zu sein, was das Original und was das Spiegelbild sei.

    Diese unsere Mühe, zwischen dem Echten und der Fälschung trennen zu können, ist unsere Plage im Jenseits von Eden. Ein typisches sapiens-sapiens -Problem. Ein Spiegelbild hat keine eigene Tiefe und außerdem verdreht es die Seiten, denn was Deine rechte Hand ist, das ist des Spiegelbildes linke Hand. Dieser Unterschied ist durchaus mit dem Unterschied zu vergleichen, der nach biblischer Definition zwischen der Welt und dem Reich Gottes besteht, denn in der Welt wird derjenige groß genannt, dem viele dienen, während im Original derjenige groß ist, der vielen dient. Nun, auch dies sei nur erwähnt, um Dir einen Vorgeschmack von der Komplexität der Geschichte der Gesellschaft der Menschen zu geben. Und ohne ein bisschen Humor und ein Maß an Hoffnung lässt man besser die Finger davon.

    Nach wissenschaftlichen Maßen werden die ersten ungefähr 30.000 Jahre der ungefähr 40.000 Jahre von Homo sapiens sapiens auf Erden noch der Altsteinzeit zugerechnet und als Jüngere Altsteinzeit oder Jung-Paläolithikum bezeichnet. Die Jüngere Altsteinzeit war das Produkt des heutigen Menschen, der alle Dinge von zwei Seiten sieht, an vielem zweifelt und der der Verzweiflung fähig ist, seit er sich im Schweiße seines Angesichts seine Brötchen verdienen muss. In den Geschichten vom Mond nannte ich die Jüngere Altsteinzeit die embryonale Phase der Entwicklung/Schöpfung der menschlichen Gesellschaft. Denn in dieser Phase wurde das Gewebe gewebt, das die Grundlage unserer Gesellschaft bildet: ein auf mütterlicher Erziehung beruhendes Beziehungsgewebe zwischen Eltern und Kindern, das im Laufe dieser 30.000 Jahre Jung-Paläolithikum in unserer Psychologie verankert werden konnte und das schlussendlich die Kultur der Institution Familie ergab, wie wir diese Institution heute noch haben.

    Das wesentlichste erzieherische Merkmal dieser Institution ist der Gehorsam der Kinder. Denn Gehorsam ist, was uns nicht natürlich kommt, seit wir unserem Schöpfer den Gehorsam aufsagten. Die Institution Familie ist ein Autoritätssystem. Sie ist ein erstes Autoritätssystem für eine Spezies, die ein Autoritätsproblem hat. Es bedurfte der gesamten Jüngeren Altsteinzeit, um dieses System zu entwickeln und in unserer Psychologie zu verankern. Die Institution Familie ist der Nukleus aller Kultur, denn Kultur ist in erster Instanz eine Verhaltenskultur. Als dieses kulturelle Gewebe sozusagen noch im Uterus der Altsteinzeit fertig war, endete die Altsteinzeit abrupt und für immer.

    Sie endete vor 12.700 Jahren, als innerhalb eines einzigen Jahres eine Katastrophe geschah, die so verheerend war, dass Mutter Erde danach tausend Jahre brauchte, um sich von dieser Katastrophe zu erholen. Diese tausend Jahre der Erholung unseres Planeten werden in Fachkreisen die Dryas-Zeit genannt, benannt nach einer Pflanze gleichen Namens, die während dieser tausend Jahre überall auf Erden vorkam, obwohl sie eigentlich nur in den extremen Bedingungen des Hochgebirges oder der Tundren vorkommt (Wikipedia). Als die Dryas-Zeit zu Ende ging, ging aus ihr um 10.000 v. Chr. die Mittlere Steinzeit hervor. Die Mittlere Steinzeit war das Babyalter der modernen Gesellschaft.

    Die Katastrophe, die die Dryas-Zeit auslöste, wird von den Wissenschaftlern kontrovers diskutiert und allgemein heruntergespielt. Aber selbst die gängigste Erklärung, mit der die Wissenschaftler den Grund der Katastrophe zu erklären suchen, ist immer noch gigantisch. Die Erklärung ist, der Golfstrom habe plötzlich versagt. Er habe innerhalb kürzester Zeit (Wikipedia spricht von weniger als zehn Jahren, andere Quellen (z.B. (2), Seite 59) von nur einem Jahr) versagt, weil die Süßwassermassen der plötzlich einsetzenden Schmelze der Eismassen über Nordamerika (Kanada und USA) die Salzwassermassen des Golfstromes durcheinanderbrachten. Ein Versagen des Golfstroms hätte eine Klimakatastrophe gebracht, verglichen zu der alle heutigen Klimaveränderungen peanuts sind, aber hätte nicht wirklich erklärt, wie die Katastrophe die ganze Welt betreffen konnte, denn aus der ganzen Welt liegen Spuren vor, die Rückschlüsse auf ein gewaltiges Ausmaß der Katastrophe zulassen. Von diesen Spuren hatte ich in den Geschichten vom Mond berichtet.

    Die Dryas-Zeit war die Zeit des Wundbettfiebers von Mutter Erde nach der Geburt ihres jüngsten Kindes. Ihr jüngstes Kind ist unsere Gesellschaft, deren Babyform die Großfamilie war. Und so hatte ich mir die zweite Freiheit genommen, die die Dryas-Zeit auslösende Katastrophe mit der biblischen Sintflut gleichzusetzen. Ich hatte parallel dazu auch argumentiert, was für ein Wunder es sei, dass alle Familien auf Erden miteinander kompatibel sind, was auf die Existenz einer uns weltweit gemeinsamen Urfamilie mit identischen Tabus und identischen Autoritätsstrukturen rückschließen lässt, und hatte mir als dritte Freiheit die Freiheit genommen, Noahs Familie mit dieser Urfamilie gleichzusetzen.

    Denn ist es nicht wirklich ein Wunder, dass – ob erzogen in der Familie eines Apachen, eines Chinesen, eines Iren oder eines Massai – wir die gleichen grundsätzlichen Werte von Respekt, Gehorsam und geschwisterlichen Beziehungen und auch dieselben Tabus haben, die diese Werte schützen? Und ist es nicht auch wahr, dass die Institution Familie in jeder Generation neu einen Stein bergauf rollt, dessen natürliche Tendenz es ist, bergab zu rollen? Es gibt einen Grundkurs der Erziehung unserer Kinder, zu dem weltweit dieselben zwei großen Tabus gehören: das Inzesttabu und das Menstruationstabu. Auch davon habe ich schon einiges geschrieben, das Thema der Tabus aber noch lange nicht beendet. In den Tabus liegen die tieferen Mysterien der Vorgeschichte unserer Gesellschaft.

    Die mittelsteinzeitliche Gesellschaftsform der Sammler und Jäger kannte außer der Institution Familie keine andere gesellschaftsbildende Institution. Du musst die Phantasie aufbringen und Dir vorstellen, wie es war, bevor es das Staatswesen mit Rechtswesen und Polizeiwesen gab. Familie war Gesellschaft, Gesellschaft war Familie. Die mittelsteinzeitlichen Sammler und Jäger wanderten in Gruppen von zwei oder drei Familien, die haargenau so aussahen wie Noahs Großfamilie mit seinen drei Söhnen und drei Schwiegertöchtern. Die Noah’sche Familie der Bibel stellte die Schablone für die mittelsteinzeitliche Soziologie.

    Am Gelingen der Familie hing alles. Und wenn Du im biblischen Sinne akzeptieren kannst, dass die Autorität der Eltern von Gott gegeben ist, dann ist es nur ein kleiner Schritt, die Anfechtung dieser in den Eltern der Familien gegründeten Autoritätsstruktur mittelsteinzeitlicher Gesellschaft mit dem Angriff gleichzusetzen, den die Bibel den Turmbau zu Babel nennt.

    Und so war meine vierte Freiheit gewesen, diesen Angriff auf die Autoritätsstruktur der Familie mit der archäologischen Epoche des natufischen Jericho (8.000 bis 6.500 v. Chr.) in Palästina und daher auch mit dem Proto-Neolithikum gleichzusetzen. Die Bewohner dieser ersten City (Zitadelle) auf Erden bauten inmitten der Soziologie der Sammler und Jäger eine Siedlung, eine erste Siedlung auf Erden, die sie sogleich mit einer Verteidigungsanlage der Superlative umgaben (4), bevor es (mit der Ausnahme von Karim Shahir und vielleicht ein paar anderen ersten Versuchen mit der Sesshaftigkeit) ein einziges Dorf auf Erden gab. Die City kam vor dem Dorf. In Jericho mit seiner mächtigen Verteidigungsanlage wurde angeschwemmt, was den Eltern nicht mehr gehorchte, nicht mehr unter der Leitung eines Ältesten wandern wollte, sondern es besser zu wissen meinte als die Alten.

    Du meinst, das sei doch gang und gäbe und jeder habe sein Recht, sein Leben in die eigenen Hände zu nehmen? Was heute recht und billig ist, rüttelte damals, im Babyalter der Gesellschaft, am Fundament dieser Gesellschaft. Denn nicht nur haben wir heute ganz andere Mittel, um die Menschen in die Gesellschaft einzubinden und in ihr zu halten, wir haben ein ganz anderes Bewusstsein von uns selbst als Mitglieder der Gesellschaft, denn wir sind im gesellschaftlichen Sinne erwachsen geworden, d.h. wir haben Bewusstsein zum Beispiel über die Notwendigkeit der Gesetze. Das war im Babyalter der Gesellschaft anders. Damals gab es das Wort Gesetz noch nicht . Und doch müssen die Bewohner von Jericho gewusst haben, dass sie mit etwas brachen. Sonst hätten sie sich nicht hinter Mauern versteckt. Sie brachen mit der Autoritätsstruktur der Familie. Sie brachen mit dem Gehorsam gegenüber den Alten.

    In Jericho wurde der Ungehorsam zu einer organisierten Rebellion, die damals schon eine Art Bastille stürmen wollte, nämlich das Gebäude, in dem seit Noah und dem Bund des Regenbogens Gottes Thron stand: In der Institution Familie stand/steht sein Thron.

    Das natufische Jericho ist ein archäologischer Begriff, der die ältesten Ausgrabungsschichten dieser ältesten Siedlung auf Erden zwischen 8.000 und 6.500 v. Chr. betrifft. Im natufischen Jericho im Land am Jordan wurde die Nekromantie erfunden. Jerichos Archäologie ist der Beweis dazu. Die Nekromantie ist so etwas wie ein Virus im Programm unserer Psychologie, ein trojanisches Pferd, das in das Programm unserer kultivierten Psychologie eingeschleust werden konnte mit dem Ziel, den Eltern die Zügel der Autorität in der Familie zu stehlen. Die Nekromantie ist ein Werkzeug unberufener Mächte. Dahinter steht eine bestimmte Beziehung zum Tod und zu den Toten, die sich darin manifestiert, den Verstorbenen posthum die Ehre zu nehmen und damit implizit die Autorität aller Eltern zu untergraben, weil diese ihre Autorität von den Vorfahren herabgereicht erhielten.

    Im weitesten Sinne ist die Nekromantie jede Form von Weltanschauung, die sich berechtigt sieht, die Jugend zu lehren, sich vom Leben zu nehmen, was und wie es ihr gefällt, weil sie nicht glauben kann oder nicht will und daher verkündet, dass es keine Macht gibt, die größer sei als der Tod. Die Nekromantie nimmt unserer Erziehung in der Familie das Fundament, aber da die Muster dieser Erziehung nun einmal in unserem Unterbewusstsein Realität besitzen, bedient sich die Nekromantie dieser Muster wie ein Reiter der Zügel des Pferdes. Die Nekromantie schmarotzt auf der Realität unserer kultivierten Muster, denn die kultivierten Strukturen unseres Unterbewusstseins sind der Schlüssel zu unserem kultivierten Gehorsam.

    Der Virus der in Palästina keimenden Nekromantie hatte damals, bevor die Jungsteinzeit ein Immunsystem gegen die Nekromantie erfand, das Potential, das gesamte erzieherische Erbe der Jüngeren Altsteinzeit zu vernichten. Aber wir erhielten Hilfe. Der Turm zu Babel fiel von höherer Hand. Und auch erhielten wir Hilfe von den wissenden Müttern der damaligen Zeit, die wie die Frau des Noah wussten, was auf dem Spiel stand. Denn wenn Du einmal verstehst, dass unsere psychologischen Muster kein Produkt von Zufall, sondern von Schöpfung aus urmütterlichen Händen sind, dann haben wir es mit einem Programm zu tun, für das es wie für jedes Programm ein Update geben kann. Und dieses Update wurde zwischen 7.200 und 6.000 v. Chr. in Çatal Hüyük in Anatolien geschaffen. Davon hatte ich in den Sonnenaufgangsgeschichten berichtet.

    In Çatal Hüyük wurde die Psychologie/Soziologie der Mittleren Steinzeit nachgerüstet, um dem Angriff der Verunglimpfung der Ahnen widerstehen zu können. Als die Nachrüstung nach ca. 50 Generationen fertig war, begann die echte Jungsteinzeit.

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der echten Jungsteinzeit ein nachgerüstetes Programm der Erziehung der Kinder unterlag, in dem das Grab in das Bewusstsein des Kinder hereingeholt worden war. Die Ausgrabungen von Çatal Hüyük sprechen Bände. Das echte Neolithikum unterschied sich grundsätzlich vom Proto-Neolithikum, denn das Proto-Neolithikum war keine Vorstufe zum Neolithikum, sondern eine Rebellion gegen das Mesolithikum (gegen die Mittlere Steinzeit) gewesen.

    Das Grab war in jede Wohnung in Çatal Hüyük hereingeholt und ein Altar darüber gesetzt worden. In einem Zeitraum von 1.200 Jahren bzw. etwa 50 Generationen wurde den Kindern unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass die Konstellation alt über jung, Vater über Sohn, ältester Sohn über jüngeren Sohn, unverrückbar sei, trotz ihres Von-uns-Gehens am Ende. Ahnenverehrung wurde das Markenzeichen der Jungsteinzeit.

    In diesem Zusammenhang will ich auch noch einmal meine Definition des Begriffs Kultur wiederholen. Kultur ist so viel mehr als die Mailänder Scala oder der Louvre oder einen Picasso im Haus hängen zu haben. Kultur ist in ihren tiefsten Aspekten immer eine Kultur des Verhaltens, verankert in den unbewussten Mustern unserer Psychologie, was zurückreicht in die embryonale Phase der Gesellschaft des Homo sapiens sapiens im Jung-Paläolithikum. Ich hatte für die Prozesse der Nachrüstung der Kultur in Çatal Hüyük den englischen Begriff breeding gewählt, weil das deutsche Äquivalent in jüngster deutscher Geschichte unbrauchbar geworden ist. Im englischen Sprachgebrauch sind die Begriffe a cultured man und a well-bred man identisch.

    Um die Sache lebendig zu machen, hatte ich dann das Märchen von J. J. R. Tolkien, Der Herr der Ringe, als Gleichnis herangezogen, denn der epische Kampf in diesem Märchen zwischen Gut und Böse war ebenfalls gegen die Nekromantie und gegen den Meister des Spiels mit dem menschlichen Unterbewusstsein gerichtet, wobei die Geschöpfe, die in Tolkiens Märchen der Nekromantie anheimgefallen waren, gemäß der Märchensprache potthässlich ausfallen mussten, was auf die natufischen Bewohner Jerichos sicherlich nicht zutraf. Die Helden des Märchens jedoch lassen sich sehr gut als Gleichnisse für vorgeschichtliche Männer und Frauen verwenden. Zum Beispiel eignet sich Gandalf der (erst Graue, dann) Weiße hervorragend dazu, den jungsteinzeitlichen Vorgängern keltischer Druiden Gestalt zu geben. Und Aragorn wird herhalten müssen, um dem semitischen Königtum aus Zeiten vor Abraham Leben zu geben.

    Die Jungsteinzeit erreichte das Europa westlich der Karpaten um 5.500 v. Chr. in Form der sogenannten Linienbandkeramik-Kultur (LBK), wobei Lepenski Vir (ein archäologischer Ausgrabungsort am Eisernen Tor der Donau) so etwas wie ein Katalysator oder Filter war, um die echte Jungsteinzeit mit ihrem Friedhof als Immunsystem gegen die Nekromantie in den Westen zu bringen. Alles in den Sonnenaufgangsgeschichten nachzulesen.

    Und dann war ich zu den Felsmalereien im Tassili-n-ajjer (einer Oase der Sahara-Wüste im Süden Algeriens) gekommen, deren eindrucksvolle Bilder heute noch Kunde davon geben, dass das Tassili-n-ajjer der Ort gewesen sein muss, wo die Soziologie der rinder-führenden Nomaden ab ca. 6.200 v. Chr. (15) entwickelt worden war. Auch diesen roten Faden werde ich in diesem Buch wieder aufnehmen, denn auch dieser Zweig gesellschaftlicher Entwicklung gehört zu den Schöpfungen aus menschlichen Händen, die designiert waren, nicht nur den Zusammenhalt der Familie stärkten, sondern uns ein Erbe aus Afrika schenkten, ohne das die nahöstlichen, europäischen und asiatischen Gesellschaften nicht hätten werden können, was sie geworden sind.

    Autorität gibt es nur und ausschließlich als delegierte Autorität. Alles, was nicht delegiert ist, ist nur Macht. Macht ohne Autorität ist einfach nur Finsternis. Autorität setzt immer die Delegation von Autorität voraus, wie es erstens biblisch ist, und wie es zweitens heute zu unserem demokratischen Autoritätsverständnis gehört. Autorität kann nur haben, wer unter Autorität steht. Auch dieses Thema wird ein roter Faden dieses Buches bleiben.

    Die Jungsteinzeit brachte den Friedhof, die Gerste, den Weizen und das Vieh. Sie stand auf einem psychologischen Unterbau, der weltweit exportiert werden konnte und wurde und der bis nach China kam (siehe (17) auf Seite 66). Und so kam weltweit nach 6.500 v. Chr. (Untergang des natufischen Jerichos) ein Friede zurück, der der Kindheit entsprechend ein matriarchalischer Frieden war, und zwar deshalb, weil Gesellschaft zu jener Zeit von keinem Staatswesen, sondern allein und ausschließlich von unserer kultivierten Psychologie regiert wurde. Psyche über Geist war und ist das Wesen eines Matriarchats.

    Die Institution Familie ist weder eine Fortentwicklung der Tierfamilie, noch wurde sie von heute auf morgen auf uns gelegt, dafür sind die Tabus viel zu komplex. Viel zu komplex ist unsere uns allen grundsätzlich gemeinsame Psychologie weltweit, und so lass mich noch einmal und als Fundament für alles Zukünftige sagen, dass es zur Entwicklung der Familie des gesamten Jung-Paläolithikums bedurft hatte, bevor dann eine einzige Familienordnung das Fundament der modernen Gesellschaft werden konnte und durfte. Die Eltern dieser Urfamilie wussten, wie wir kulturell ticken. Und das bringt mich zu der fünften Freiheit, die ich mir nehme, nämlich zu behaupten, dass es von Anfang an eine eingeweihte Ebene gab. Es gab immer ein paar Individuen, die die psychologischen Programme kannten, die sich unter den zwei großen Tabus der Kultur der Familie verbergen. Es gab seit Noah immer eine olympische Ebene menschlichen Bewusstseins. Es gab immer ein paar wenige Individuen, die das Wissen von unserem Gefallensein und von der Notwendigkeit von Kultur (Erziehung) besaßen. Diese Individuen gaben ihr erzieherisches Wissen an handverlesene Individuen weiter, ganz ähnlich wie im Märchen der Brüder Grimm Frau Holle die Goldmarie handverlas. Eine ähnliche, von einer großen Mutter handverlesene Tochter muss die Frau auf dem Leoparden-Thron in Çatal Hüyük gewesen sein. In der männlichen Linie handverlas Noah den Sohn, der bereit war, sich freiwillig am Vater zu orientieren und ihn zu lieben. Das war Sem. Japheth hingegen orientierte sich primär an der Mutter, was auch gesegnet war, wie es die Bibel berichtet. Nicht gesegnet wurde Ham, und sein Sohn (Kanaan) wurde mit einem Fluch belegt (ich komme auf alle vier noch oftmals zurück).

    Es waren acht Personen in der Arche. Und wieder ist es fast egal, ob man die Geschichte der Sintflut für bare Münze nehmen oder sie als ein Gleichnis verstehen will für ein Phänomen, das mit jeder wirklich großen Katastrophe einhergeht. Denn jede wirklich große Katastrophe zerreißt unsere kultivierten Hüllen. Acht Personen hatten den Tod in einer Größenordnung erlebt, vor der keine kulturellen Gewänder halten. Das erste, was in einem Rettungsboot auf hoher See über Bord geht, ist Kultur. Entblößt von ihren kulturellen Gewändern müssen sie in dem Jahr in der Arche ihre auf Erziehung beruhenden Verhaltensgewänder verstanden/durchschaut haben. Sie verstanden auch die Gnade, die ihnen widerfuhr. Aber was sie dann nach der Überwindung der Katastrophe voneinander unterschied, war ihre Bereitschaft, die kultivierten Gewänder wieder anzulegen bzw. sie nur selektiv oder gar nicht wieder anzulegen. Und Ham war der, der mit Erziehung brach.

    Im Zentrum alles eingeweihten Wissens steht das Wissen von der kultivierten, in unserer Psychologie verankerten Sohn/Vater- und Tochter/Mutter-Bindung. Diese psychologische Bindung ist der Nukleus aller Kultur. Ein Programm. Es sorgte für und war die Stabilität der vorgeschichtlichen Gesellschaft. Später sollte die Zivilisation diese Bindung Schritt für Schritt entbinden. Beide Prozesse, Bindung wie Entbindung, wurden von der olympischen Ebene überwacht und geleitet oder im Falle der Entbindung zumindest eingeleitet. Letzteres Thema wird uns gegen Ende dieses Buches zur Sumerischen Zivilisation führen, der ersten und ältesten Zivilisation auf Erden an Euphrat und Tigris.

    Die handverlesenen Erben vorgeschichtlicher Autorität werden bis zum Kommen des Alten Bundes die Helden der Vorgeschichte bleiben. Ich rede von den wissenden Linien in Sem und in Japheth, der königlichen und der priesterlichen Linie, wofür mir einmal mehr das Gleichnis von Aragorn und Gandalf aus Tolkiens Märchen dienen möge. (Auf die Frauen im Märchen komme ich später zurück.) Der König und der Priester. Im idealen Fall führten sie uns gemeinsam, im schlimmsten Fall konnten sie sich nicht einig werden, wer denn nun die höhere Instanz von Autorität vertrete (wie später im Gerangel von Kaiser und Papst). Aber dieses männliche Gerangel ist eine spätere Geschichte, denn in der Vorgeschichte, d.h. bis zur ersten Zivilisation auf Erden, waren Japheth und Sem sich einig, dem Werk der Frau, der Institution Familie zu dienen.

    Ihnen gegenüber stand die Linie Hams, die (halbwissende) Linie ihres Bruders, der ganz am Anfang, als die ersten Kinder diesseits der großen Katastrophe geboren worden waren, in die Welt hinausposaunt hatte, dass er seinen Vater Noah betrunken und nackt im Zelt habe liegen sehen, und damit implizit zu verstehen gegeben hatte, dass der Vater nicht würdig sei, dass man ihm gehorche. Quelle der Nekromantie. Schickt die Alten in die Gräber... was im geistlichen Sinne identisch war mit dem Turmbau zu Babel.

    Halbwissend war seine Linie immer schon, weil es außerhalb der Bünde Gottes mit den Menschen keine echten Ziele für die Menschheit geben kann, und ohne Ziel kein Weg – außer dem Weg der Zerstörung. Ein Weg der Zerstörung war der Turmbau zu Babel, der auf soziologische Ebene hob, was Ham auf privater (familiärer) Ebene in Gang gesetzt hatte. Und als der Turm fiel (was, denke ich, am Ende des Proto-Neolithikums geschah und identisch mit dem Ende des natufischen Jericho um 6.500 v. Chr. war) kam mit der Jungsteinzeit der matriarchalische Friede zurück und so konnte die gesellschaftliche Kindheit noch ein paar Tausend Jahre fortgesetzt werden, was sich in Europa dann als die Linienbandkeramik-Kultur (LBK) niederschlug.

    In diesem nach 6.500 v. Chr. zurückgewonnenen, matriarchalischen Frieden – und noch bevor die LBK in Europa begann – fand eine Avantgarde führender Männer im Nahen Osten die Zeit und die Muße, sich über die Zukunft Gedanken zu machen. Und zu diesen Gedanken gehörte die Erfindung des Schiffes, die viel, viel früher war, als allgemein angenommen wird, jedoch das Geheimnis derer war und lange blieb, die damals schon eine globale Übersicht hatten. Und damit nehme ich nun den Faden der Geschichte wieder auf, wo ich ihn am Ende der Sonnenaufgangsgeschichten hatte fallen lassen.

    2. Die Ancient Mariners (Urseefahrer)

    2. Die Ancient Mariners (Urseefahrer)

    Die Urseefahrer waren keine Fischer. Sie waren vom ersten Tage an Seefahrer. I m Sinne politischer Konsequenzen halte ich das Schiff für die größte Schöpfung des Mannes. Denn selbst das Staatsschiff verdankt dem Schiff sein Konzept (siehe später). Die zwei nächst-größeren Schöpfungen des männlichen Geistes waren das Rad und die Schrift, die beide im 4. vorchristlichen Jahrtausend erfunden wurden. Das Rad sorgte für das wirtschaftliche Getriebe patriarchalischer Gesellschaftsformen, die Schrift gab dem Patriarchat Kontinuität, aber das Schiff war älter als Rad und Schrift und öffnete einer Handvoll Männer schon im Laufe des 6. vorchristlichen Jahrtausends einen geistigen Horizont, der in seiner Größenordnung dem psychischen Horizont wissender Frauen der Vorzeit ebenbürtig wurde.

    Der archäologische Ausgrabungsort Khirokitia auf der Insel Zypern reicht ins 7. vorchristliche Jahrtausend zurück (Wikipedia). Ab ungefähr 6.300 v. Chr. wurden die großen Inseln des Mittelmeers besiedelt (4). Wie kamen die Menschen nach Zypern? Auf Flößen? Mit Einbäumen? Sehr unwahrscheinlich, zumal das eigentlich Überraschende an den archäologischen Funden auf Zypern ist, dass schon im 6. Jahrtausend ein Warenaustausch zwischen Zypern und dem Festland stattfand (4) und ab der Mitte des 6. vorchristlichen Jahrtausends auch zwischen Malta, Sizilien und den Liparischen Inseln (13). Mit Flößen fährt man nur hin, nicht zurück. Mit einem Einbaum das offene Meer zu überqueren, bleibt ein Zufallstreffer, zumal wenn man ein Kalb oder ein Schwein im Gepäck hat. Zypern wurde mit Obsidian aus Anatolien versorgt und zyprische Waren tauchten in Syrien auf (4). Malta wurde um oder kurz vor 5.300 v. Chr. besiedelt (13) und erhielt Obsidian von den Liparischen Inseln. Mehrere tausend Jahre bevor die Waghalsigsten unter den Fachleuten es wagten, den Beginn der Schifffahrt anzusetzen, muss es Schiffe gegeben haben. Wie es aber beweisen? Der Beweis ist der Wissenschaft heiligste Kuh, ganz im Gegensatz übrigens zur Bibel, wo der Beweis eher als die dümmste Kuh auftritt. Aber wie soll der Verkehr zwischen Zypern und der Levante denn stattgefunden haben, und wie zwischen Malta, Sizilien und den Liparischen Inseln, außer mit Hilfe seefähiger Schiffe?

    Wir haben keine Kunde von Schiffen aus so früher Zeit, und wenn es tatsächlich einen Warenaustausch mit den Inseln so früh schon gab, dann muss eine erste These sein, dass das Schiffszimmermanns-Handwerk das Geheimnis einiger weniger Männer war und sehr lange blieb, nämlich bis zur zweiten Hälfte des 4. vorchristlichen Jahrtausends. Wenn Männer tatsächlich schon an der Wende vom 7. zum 6. vorchristlichen Jahrtausend begannen, zur See zu fahren, dann muss das Handwerk des Zimmermanns einen Teil der Antwort enthalten, denn dem Schiffszimmermanns-Handwerk ging mit Sicherheit das Zimmermanns-Handwerk voraus. Dieser Spur werde ich nun eine Weile nachgehen, bevor ich zu den Ancient Mariners (ein eher poetischer Begriff, aus dem Englischen übernommen) komme.

    Das Zimmermanns-Handwerk ist das königliche Handwerk. Ursprünglich schloss der Beruf des Zimmermanns den Beruf des Architekten ein. Der Architekt war und ist der Mann, der in Raum und Zeit denken muss, denn wer das Fundament eines Hauses legt, muss das Dach schon fertig im Kopf haben. Für uns Heutige ist das Denken in Raum und Zeit die Norm, denn wir sind die Erben von 6.000 Jahren Zivilisation und unsere Schulen und Berufsschulen reichen herab, was in diesen 6.000 Jahren gedacht und an Denkprozessen entwickelt wurde. Tatsache ist, dass unser Denken entwickelt werden musste, denn mit absoluter Sicherheit wuchs unsere Fähigkeit zu objektivem Denken proportional zur Freiheit unseres Geistes von der Einmischung unseres kultivierten Unterbewusstseins. Wir mussten lernen, objektiv zu denken, womit ich die Art des Denkens meine, mit der wir Brücken bauen oder das Flugzeug erfanden. Denn so wie auch Vogel Strauß Flügel hat und dennoch seinen Körper nicht vom Boden lösen kann, so blieb der Geist des vorgeschichtlichen Mannes in einem Alltag gebunden, der von den Mustern seiner Kultur bestimmt war. Kultivierte Psychologie regierte ihn.

    In Psychologie wurde der Geist des Kain schon im Jung-Paläolithikum gebunden worden. Geheimnis vorgeschichtlicher Gesellschaftsformen. Nein, das königliche Handwerk wurde nicht von Männern des Volkes entwickelt.

    Die Fähigkeit von uns, den Menschen des Volkes, objektiv zu denken, war eine relativ späte Entwicklung. Unser Geist bewegte sich innerhalb der vorgegebenen Kreise unserer vorgeschichtlichen Kulturen. Unseren Geist über den Tellerrand unserer Kultur zu erheben, begann für uns, das Volk, erst nach dem Verlassen der Vorgeschichte und dem Eintritt in die patriarchalische Gesellschaftsformen der Zivilisation. Das ist kein männlicher Chauvinismus, sondern der Unterschied zwischen der Vorgeschichte und der Geschichte. An Intelligenz mangelte es uns nie, aber Intelligenz zu entfalten hatte mit dem Austritt aus Tabus zu tun, die uns einst verboten hatten zu hinterfragen, was wir die Weisheit der Alten und Ahnen nannten. Die Sache kam im Paket: unter Tabus verborgen lag einerseits, was unseren gefallenen Geist hemmte sich auszuleben. Psychologische Strukturen hemmten den Kain-im-Manne, seinen Bruder zu töten, hemmten die Entwicklung der kriminellen Aspekte des männlichen Geistes bzw. die Entwicklung von Geiern und Nasguls unter männlichen Geistern, sondern sie unterbanden auch den Höhenflug des Adlers. Kultur nivellierte uns. Wir wurden alle über einen Kamm geschoren. Nur so kann verständlich werden, wie unsere vorgeschichtlichen Gesellschaftsformen ohne Rechtswesen und Polizeiwesen auskommen konnten.

    Um ohne Gesetz und Gesetzeshüter gesellschaftsfähig gewesen zu sein, gibt es keine andere Erklärung als die, dass unsere kultivierte Psychologie einst besorgte, was heute die Institutionen des Staatswesens mit uns und für uns tun. Sie hielten uns unter Autorität. Das vorgeschichtliche und in Resten heute noch präsente Phänomen, dass eine Form von Autorität uns über unser Unterbewusstsein erreicht, impliziert die Konstellation von Psyche über Geist, eine Konstellation, die wir uns nur noch ansatzweise vorstellen können, aber die damals unser Leben nahezu total bestimmte und nicht nur die kriminellen Aspekte des männlichen Geistes hemmte, sondern den menschlichen Geist pauschal.

    Jedoch, und hier kommt der Punkt, was wir Menschen des Volkes – das Fußvolk sozusagen – erst vor 6.000 Jahren schrittweise zu lernen begannen und dann 6.000 Jahre Zeit hatten (im Norden der Alpen viel weniger Zeit), um freizukommen von den Fesseln unserer kultivierten Psychologie, das hatten Noahs Söhne in dem einen Jahr in der Arche geschafft, denn vor dem Hintergrund des Massensterbens geschah in der Gründer-Generation der Moderne auf prototypische Weise, was das Ziel aller Zivilisation sein wird und was spätestens in der Apokalypse noch einmal auf konzentrierte Weise uns alle betreffen wird, wenn die Fassaden fallen.

    Im Angesicht einer wirklich großen und andauernden Katastrophe wird kein menschliches Werk, keine Kultur, keine Zivilisation halten, und spätestens dann werden wir wissen, wer wir unter unseren Gewändern (inklusive denen unserer Religionen) wirklich sind. Wenn wir diese Lektion jedoch auch ohne Katastrophe lernen, wenn wir sehen, dass das Wesen des Menschen und seine Kultur zwei total verschiedene Paar Schuhe sind, und wenn unser menschlicher Geist begreift, wirklich begreift, dass alles, was ihn hindert zu sein, wie er wirklich ist (schier grenzenlos gefallen), dann steht er wieder da, wo Kain stand, als sein Bruder ihm im Wege stand, nur diesmal mit dem himmelweiten Unterschied, dass er das Erbe einer Erziehung besitzt, die ihn auffordert, seinen Bruder zu dulden, und dass er zweitens die zehn Gebote hat und folglich die Richtlinien für unser Miteinander kennt, und dass ihm drittens das Angebot der Vergebung zur Verfügung steht und er folglich gefragt ist, sich für oder wider die Liebe zu entscheiden.

    Denn ein wirklich freier Geist kommt immer und notwendigerweise an die Kreuzung, wo er sich entscheiden muss, wofür er seine Freiheit verwenden will, und die grundsätzlichste Wahl ist die zwischen Macht und Dienst.

    In Japheth und Sem haben wir die Urväter zweier wissender Linien, die sich für den Dienst entschieden. Dieser Dienst manifestierte sich in dem geistlichen Handwerk der vorgeschichtlichen Priesterschaft des Japheth und in dem königlichen Handwerk des Zimmermanns des Sem. Das mag wie eine Behauptung klingen, aber entspricht der Teilung des menschlichen Geistes in seinen geistlichen und geistigen Teil. Das Handwerk ist der Vater aller geistigen Entwicklung. Ich komme auf diese Wahrheit noch besonders im Zusammenhang der Entwicklung unseres Vokabulars zurück.

    Die ersten und ältesten archäologischen Spuren, an Hand derer sich beider Dienste in geradezu meisterhafter Qualität nachweisen oder implizieren lassen, liegen in dem archäologischen Ausgrabungsort Göbekli Tepe (10. und 9. vorchristliches Jahrtausend) und dann in Çatal Hüyük (8. und 7. Jahrtausend), beide im östlichen Teil der heutigen Türkei gelegen. Mit Göbekli Tepe und Çatal Hüyük bin ich zurück auf der olympischen Ebene der Vorgeschichte, denn an beiden Orten griff olympisches Bewusstsein ein. (Olympisches Bewusstsein ist das Bewusstsein, das nicht der Dominanz unseres kultivierten Unterbewusstseins unterliegt, was heute eher die Norm ist oder wird, damals aber die Ausnahme war.) Auf der Ebene olympischen Bewusstseins wurden beide Handwerke, das priesterliche und das königliche, entwickelt.

    Kein Handwerk wurde von einer einzigen Generation entwickelt und schon gar nicht das Zimmermanns-Handwerk. Das Handwerk als die älteste Plattform, um geistiges Erbe an die nächste Generation weiterzureichen (bevor es Bücher und Berufsschulen und andere Institutionen der Zivilisation gab), setzte eine Sohn/Vater-Beziehung oder, allgemeiner, eine Beziehung der jüngeren zur älteren Generation voraus, in der der Jüngere auf den Älteren blickte – was seit unserem Fall von Eden und trotz Erziehung keine Selbstverständlichkeit ist und in vor-zivilisatorischen Zeiten eine absolute Notwendigkeit war, um kulturelles und geistiges Erbe weiterzureichen. (Die Konstellation alt-über-jung war Voraussetzung für die Kontinuität von Gesellschaft.) Gleichzeitig musste für die Entwicklung des Handwerks der Jüngere frei genug und unabhängig genug vom Älteren sein, um Fragen zu stellen und selbstständig denken zu können – was umgekehrt seit der Zähmung des Mannes in Psychologie (Kultur) ebenfalls keine Selbstverständlichkeit war und in vor-zivilisatorischen Zeiten immer von dem Risiko begleitet war, die Kontinuität von Gesellschaft zu verlieren. Eine erwachsene, reife Sohn/Vater-Beziehung war die Ausnahme und ebenfalls Markenzeichen der olympischen Ebene.

    Das in den Geschichten vom Mond beschriebene Göbekli Tepe (ein archäologischer Ausgrabungsort aus dem 10. vorchristlichen Jahrtausend) wurde nicht vom Volk gebaut. Es wurde von der wissenden Linie in Japheth konzipiert, um die väterliche Autorität in allen mittelsteinzeitlichen Familien der Sammler und Jäger

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