Weiße Weiße: Tragisch-komische Geschichten von der Einsamkeit

Von R. Maine

Ein Fahrlehrer, der in einer verlassenen Gegend lebt, sucht eine Mitbewohnerin - aber nicht irgendeine. Eine Seniorin möchte ihren Neffen um jeden Preis bei sich behalten und schreckt auch vor Tricks nicht zurück. Ein amerikanischer Botschaftsangehöriger versucht, die deutschen Frauen zu verstehen. Eine malende Polarforscherin glaubt, eine verwandte Seele an den Südpol gelockt zu haben.

• Sprache: Deutsch
• Herausgeber: BoD E-Short
• Erscheinungsdatum: 30. Juli 2015
• ISBN: 9783738629194

R. Maine

R. Maine wurde 1966 als Sohn einer Buchhändlerin geboren. Das war das Beste, was im passieren konnte.

Buchvorschau

Inhaltsverzeichnis

Biathletinnen

Mehrgenerationenwohnen

Mein Fischen im Redefluss

Weiße Weiße

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Impressum

Biathletinnen

Walter Gumpal wohnte in einer ländlichen Gegend, die fast alle seiner ehemaligen Klassenkameraden mittlerweile für Jobs in Städten verlassen hatten. Walter hätte ebenfalls gehen und seine Fahrschule woanders wiedereröffnen können, doch er liebte die kurvigen Straßen durch den dunklen Wald und konnte sich keinen schöneren Ort vorstellen, um junge Menschen auf die Führerscheinprüfung vorzubereiten.

Im Januar 2011 hatte er nur eine einzige Schülerin. Jana lernte den Umgang mit Kupplung und Schaltung schnell, das Anfahren am Berg machte ihr keine Probleme, ihre einzige Schwäche war, dass sie wenig Fantasie besaß, und die brauchte man in dem spärlich besiedelten Landstrich, wenn man gelernte Theorie in Praxis umsetzen wollte.

„Stopp!", schrie Walter. 

Seine Fahrlehrerbremse benutzte er nur in seltenen Fällen. Von den Wintersporttrainern im Fernsehen hatte er das Mützen durchdringende Brüllen übernommen, das bei den Adressierten direkt auf die Synapsen wirkte. Das Auto rutschte vor der verschneiten Kreuzung zum Stehen. 

„Vor dem Linksabbiegen auf den Gegenverkehr achten, sagte Walter leiser. „Was, wenn jemand gekommen wäre?

„Da kann niemand kommen, Mandy ist bei der Arbeit", antwortete Jana. 

Auf dem Gelände des ehemaligen Supermarkts übten sie seitliches Einparken. Jana rammte dabei mehrmals den imaginären BMW des imaginären Bürgermeisters. Unerbittlich ließ Walter das Manöver wiederholen, bis sein Blick auf die Uhr fiel. 

„Gleich kommt Biathlon!"

Die Türen wurden geöffnet, die Plätze gewechselt, und der Wagen brauste zur Ausfahrt.

Zuhause schaltete Walter den Fernseher gerade noch rechtzeitig zum Massenstart der  Damen ein. Biathlonübertragungen halfen ihm, den Winter zu überstehen. Die Sportler waren immer fokussiert und blendeten die lärmenden Zuschauer an der Strecke aus, genau wie Walter Tag für Tag die Tatsache auszublenden versuchte, dass an seinen Strecken niemand lärmte. Im Sommer war das leichter. Ließ man sich von den ausgestorbenen Dörfern nicht allzu sehr herunterziehen, konnte man sich auf den Landstraßen einreden, dass direkt hinter den ersten Bäumen Menschen waren. Und manchmal stimmte es sogar. Immer wieder sichtete Walter in den warmen Monaten Wandergruppen oder Touristenbusse. Im Winter dagegen, begegnete er häufig seinen eigenen, tagealten Reifenspuren, und wenn das passierte, gab es