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Bildungssparen
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eBook604 Seiten4 Stunden

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Über dieses E-Book

Sparen für die Bildung der Kinder ist nicht nur gesamtgesellschaftlich gesehen eine sinnvolle Altersvorsorge. Bisher wurden Bildung des Nachwuchses und private Vorsorge jedoch voneinander getrennt betrachtet. Das gilt darüber hinaus auch für die vom Einkommen der Eltern abhängige Studienförderung durch das BAföG.
Dass alles zusammengehört, verdeutlicht dieses Buch, das die Ergebnisse von zwei vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in Auftrag gegebenen Projekten zusammenfasst und so ein virtuelles „Zukunftskonto“ entwickelt, das alle Geldströme miteinander verknüpft.
Das Buch zeigt, dass es nicht ausreicht, nach Art der Vermögensbildung für Arbeitnehmer das Sparen zu subventionieren. Sollen gerade die bildungsfernen Schichten erreicht werden, muss die Doppelbelastung durch Altersvorsorge und Bildungssparen abgebaut werden, indem die Sparbeiträge bei Nicht-Gebrauch auch für die Rente im Alter nutzbar sind. Außerdem muss sichergestellt werden, dass das Vermögen der Sparer genauso vor dem Zugriff eventueller Gläubiger geschützt wird wie es bei der Altersvorsorge der Fall ist. Da bildungsferne Schichten auch als Verbraucher häufig in der schwächeren Position sind, muss der Staat dafür sorgen, dass seine Subventionen nicht durch unseriöse Finanzakteure abgeschöpft werden.
Im rechtlichen Teil werden daher Verbraucherschutz, Subventions- und Steuerrecht sowie die rechtlichen Bestimmungen der Altersvorsorge so aufeinander abgestimmt, dass diese Ziele erreicht werden können. Ein weiterer Schritt besteht darin, die Nutzung des Angesparten mit einem Multiplikatoreffekt zu versehen, indem Anbieter den Übergang in einen Ausbildungskredit ebenfalls mit abdecken. Der angesparte Betrag hilft, Probleme bei der Rückzahlung zu absorbieren und damit eines der größten Probleme privater Studienfinanzierung angeht: die Überschuldung der ehemaligen Studierenden.
Im zweiten Teil wird analysiert, welche Bedarfe es hierfür gibt und wer das Zukunftskonto mit welchen Anreizen zu Bildung, Sparen oder Altersvorsorge wahrscheinlich nutzen wird.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum16. Dez. 2015
ISBN9783739289090
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    Buchvorschau

    Bildungssparen - Udo Reifner

    Erster Teil: Das Zukunftskonto als Förderprodukt

    1    Grundfragen

    1.1    Wozu dient das Zukunftskonto?

    1.1.1    Definition

    Das Zukunftskonto ist zunächst die notwendige zugkräftige Bezeichnung des politischen Anreizprogramms für die Adressaten und die Öffentlichkeit.

    In dem hier interessierenden, finanztechnischen Sinne bezeichnet der Begriff Zukunftskonto dagegen eine virtuelle Zusammenfassung von in verschiedener Form angesparten Geldbeträgen (Sparvermögen) einschließlich der darauf bezogenen Forderungen auf Zahlung staatlicher Förderung (Prämienanwartschaften), die während einer nachschulischen Bildungszeit vom Begünstigten verbraucht werden können.

    Damit soll zusätzlich zu den bisherigen finanziellen Säulen wie Elternförderung, BAföG, Studienstiftungen, betriebliche Unterstützung, Eigenverdienst der Studierenden sowie einer Kreditfinanzierung über den Markt eine Vorsorgemöglichkeit bestehen, bei der ein entsprechend gefördertes Finanz-Bildungsvermögen aufgebaut wird.

    Der Sparvorgang wird anfänglich mit einer Prämienanwartschaft von 150€ bei einer Einlage von 20€ bezuschusst und dann jährlich bis zum 18. Lebensjahr mit einer Prämienanwartschaft in Höhe von 33% des gesparten Betrages (max. 100€) bedacht, so dass 7.350€ zuzüglich der auf die eingezahlten Beträge entfallenden Zinsen als gefördertes Startkapital erreicht werden können.

    Abbildung 1: Verfahrensablauf nach BMBF Modell Bildungssparen

    1.1.2    Welche bildungspolitische Bedeutung soll es haben?

    Das Zukunftskonto soll einen Anreiz schaffen, für nachschulische Bildung finanziell so vorzusorgen, dass damit die Wahrscheinlichkeit gerade bei eher bildungsfernen Schichten zur nachschulischen Bildung deutlich steigt. Es wird somit Elternförderung, BAföG, Förderungen von Stiftungen und Stiftern ergänzen und den Kreis der Begünstigten erweitern helfen. Um die zutreffende Form der Förderung sowie der geförderten Spar- und Finanzprodukte festlegen zu können, muss ein grober Überblick über die voraussichtlichen Wirkungen verschafft werden.

    1.1.2.1    Finanzieller Nutzen für den/die Studierende(n)

    Nach den Sozialerhebungen des Hochschulinformationssystems HIS, die zuletzt für das Jahr 2006 vorliegen, verfügen Studierende monatlich im Durchschnitt über eine Betrag zwischen 742€ (niedrige soziale Herkunftsgruppe) und 790€ (hohe soziale Herkunftsgruppe), wobei zwischen 2003 und 2006 die Differenz beider Gruppen von 35 auf 48€ angestiegen ist. Gleichwohl liegen anders als die übrigen Einkommen in der Gesellschaft die Ausgaben der Studierenden aller Schichten in den Durchschnittswerten recht eng beieinander, so dass insgesamt von einem Bedarf um 750€ monatlich ausgegangen werden muss, der sich allerdings je nach Studienrichtung und Region (Stadt/Land) stärker differenzieren kann.

    Geht man von einem Masterabschluss aus, so dürften einschließlich zweier Examenssemester mindestens 11 Semester zu finanzieren sein, woraus sich ein Gesamtbetrag von rund 50.000€ an Studienkosten errechnet.

    Ein Ansparbetrag von 7.750€, bei dem der Sparprozess im Alter von ½ Jahr¹ des zukünftig Studierenden mit einer Rate von 300€ pro Jahr² beginnen würde³, ergäbe bei dem zuletzt festgestellten Durchschnittseintrittsalter von 18 Jahren⁴ eine Spardauer von 17 ½ Jahren und bei Ausnutzung der maximal möglichen Förderung von 100€ pro Jahr sowie einer Anfangsprämie von 150€ und einer angenommenen durchschnittlichen Verzinsung von 2%⁵ (allein auf den Sparbetrag, da die Prämienanwartschaften unverzinslich sein werden), einen zu Studienbeginn verfügbaren Gesamtbetrag von 8.122€. Dies wären immerhin 16,2% des Finanzierungsbedarfs im Studium. Wir errechnen daher überschlägig die folgenden Werte in der nachfolgenden Tabelle, wobei eine kleine Förderdifferenz von 50€ (1.850€ zu 1.900€) hier verbleibt.⁶

    Tabelle 1: Erträge des Zukunftskontos

    1.1.2.2    Bildungspolitischer Nutzen für den Zugang bildungsärmerer Schichten

    Machen einkommensschwache Schichten vom Zukunftskonto Gebrauch, so könnte dadurch eine finanzielle Studienbarriere deutlich gesenkt werden, zumal aus der Überschuldungsforschung bekannt ist, dass die Überschuldung häufig durch einen relativ unbedeutenden Liquiditätsabfall erfolgt, bei dem ein Teil der Kreditrate nicht bezahlt und damit das gesamte System zum Einsturz gebracht werden kann.⁷ Leider sind die Daten hier nicht sehr hilfreich. Die HIS-Erhebungen beziehen sich nur auf Studierende, d.h. solche, die ihren Studienwunsch realisiert haben, während es hier darum gehen würde, bei denjenigen, die eine Hochschulberechtigung haben und gleichwohl davon keinen Gebrauch machen, schichtenspezifisch die Gründe zu erfahren. Wir haben gleichwohl die Daten über die Studierenden zugrunde gelegt und dabei in Kauf genommen, dass die schichtenspezifische Verteilung der Hochschulzugangsberechtigung dadurch unberücksichtigt bleibt. Wir erhalten dadurch ein grobes Bild von dem Nutzungsgrad der nachschulischen Bildung an Hochschulen nach Schichtenzugehörigkeit. Leider sind auch die neueren Daten zur Schichtung bei Studierenden nach der HIS-Untersuchung mit den Daten des Statistischen Bundesamtes zur Sozialstruktur grob nicht kompatibel. Wir haben sie für unsere Zwecke vergleichbar gemacht und können damit auf jeden Fall ein deutliches Defizit in der nachschulischen Bildung bei der Arbeiterschicht feststellen, das sich auch bei genaueren Zahlen (entsprechend abgeschwächt) erhalten dürfte.⁸ Danach wären Angestellte und Beamte ähnlich ihrer Proportion bei den Studierenden vertreten, die Selbständigen deutlich überrepräsentiert und die Arbeiter um ca. die Hälfte (40% (West) bzw. 55% (Ost)) unterrepräsentiert.

    Abbildung 2: Unterrepräsentation von Arbeiterkindern im Studium

    Ob dies nur finanzielle Gründe hat und welche Rolle etwa die Nähe der Eltern zu einer höheren Ausbildung hat, mit der der hohe Anteil derjenigen erklärt wird, deren Eltern bereits Akademiker sind, kann hier nicht entschieden werden. Wir referieren zur Bedeutung der Finanzierungsquellen den Studienanfänger-Report der HIS⁹:

    „Studienanfänger/innen, die Studienbeiträge zahlen, finanzieren diese mehrheitlich mit finanzieller Unterstützung von Eltern, Verwandten oder eines Partners / einer Partnerin (75%). 17 Prozent finanzieren die Beiträge ausschließlich über diese Quelle. Ebenfalls von zentraler Bedeutung ist das Jobben neben dem Studium. Eine Mehrheit der Studienanfänger/innen (51%), die Studienbeiträge zahlen, bringt die finanziellen Mittel (teilweise) selbst auf. Diesbezüglich bestehen erhebliche herkunftsspezifische Unterschiede: Erstimmatrikulierte mit akademischem Bildungshintergrund erhalten überdurchschnittlich häufig Unterstützung von den Eltern (85% vs. 66% derjenigen ohne akademischen Bildungshintergrund). 24%von ihnen finanzieren die Studiengebühren ausschließlich mit elterlicher Hilfe; unter jenen aus nicht-akademischen Familien sind dies gerade einmal elf Prozent. Erstimmatrikulierte, deren Eltern über keinen Hochschulabschluss verfügen, bringen die finanziellen Mittel indes häufiger selbst auf (57% vs. 44%; als ausschließliche Quelle: 5% vs. 4%), finanzieren den Betrag über einen Kredit (13% vs. 6%) oder nutzen andere, nicht näher spezifizierte Finanzierungsquellen (23% vs. 13%).

    Abbildung 3: Finanzierungsquellen der nachschulischen Bildung

    Da nachschulische Bildung für wirtschaftlich relativ schwache Bevölkerungsgruppen oftmals die Überlegung der Kreditaufnahme erforderlich macht, ist bezüglich der Wirkungen auch auf Erkenntnisse zur Abhängigkeit der Verschuldungsbereitschaft vom sozialen Status zurückzugreifen. Ausgangspunkt sind empirische Befunde, wonach die Bereitschaft, für die Bildung Schulden aufzunehmen, unter anderem in einer Abhängigkeit von der Selbsteinschätzung steht, ob die Schulden mit Sicherheit zurückgezahlt werden können und ob sich die Bildungsinvestition „lohnt". Die Verschuldungsbereitschaft für Bildung ist demzufolge in sozial schwächeren und eher bildungsfernen Schichten und Milieus vergleichsweise gering¹⁰ und im Übrigen nach bestimmten Befunden in Bezug auf Frauen zudem geringer als in Bezug auf Männer, was entsprechenden negativen Einfluss auf die soziale Mobilität durch Bildung hat. Durch die vermögensbildende Wirkung des Zukunftskontos wird die relative Bedeutung der Frage einer Kreditaufnahme durch Bildung geringer. Es ist daher die Annahme plausibel, dass dieses Instrument die soziale Mobilität am Zugang zum kostenträchtigen nachschulischen Bildungsbereich erhöht.

    Nach einer anlässlich der Studiengebührendebatte getroffenen Einschätzung des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen stellen weniger die nachschulischen Bereiche als vielmehr die frühkindliche und die vorschulische Bildung derzeit diejenigen Bereiche dar, in denen öffentliche Mittel besonders effizient zur Erzielung von Verbesserungen der Chancengerechtigkeit im Bildungswesen eingesetzt würden, da hier die größten Verbesserungen mit dem kleinsten Mitteleinsatz zu erwarten seien.¹¹ Dies betrifft zwar zunächst eine andere Frage. Würde aus ihr indes, wie es vom Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium der Finanzen angedeutet wird, die Folgerung gezogen, die Beitragspflichtigkeit tertiärer Bildungsgänge zu dem Zweck zu erhöhen, entsprechend mehr öffentliche Mittel in den Vorschulbereich fließen zu lassen¹², so würde das Zukunftskonto dies möglicherweise faktisch teilweise mitfinanzieren, indem es die Zahlungsfähigkeit für die nachschulische Bildung erhöht. Dies wäre ein wohl unerwünschter Nebeneffekt, nicht aber ein Ziel des Zukunftskontos, da die Verbesserung der vorschulischen Chancengerechtigkeitsmaßnahmen insoweit indirekt von der Zielgruppe des Zukunftskontos, also zu großen Teilen von der Gruppe der Adressaten der Chancengerechtigkeitsmaßnahmen selbst finanziert würde. Dies würde die Stoßrichtung des Zukunftskontos sicherlich teilweise konterkarieren und zugleich Mitnahmeeffekte beispielsweise von Ländern bedeuten, wenn diese sich zur Begründung der Tragbarkeit von Entgeltpflichten an Hochschulen und anderen Landeseinrichtungen auf die Verfügbarkeit des Zukunftskontos stützen wollten. Rechtlich verhindern lassen sich solche Entwicklungen, die eine politische Frage sind, nicht. Insbesondere sprechen sie letztlich nicht gegen die Sinnhaftigkeit des Zukunftskontos sondern dagegen, die Ausbildung deshalb zu verteuern, weil die Eigeneinnahmen gesteigert wurden. Der vor allem psychologische Effekt, dass sich Eltern und Umfeld gerade bildungsferner Schichten frühzeitig für Bildung interessieren und dies in einem Sparvorgang manifestieren, der augenfällig lohnend und sinnvoll erscheint, darf nicht dadurch verwässert werden, dass diese Mittel an anderer Stelle wieder abgeschöpft werden. Das Zukunftskonto fügt den Verteilungseffekten im Bildungsbereich insoweit eine zusätzliche Facette hinzu, derer sich die bildungspolitische Diskussion bei und nach Einführung dieses neuen Instruments nunmehr bewusst sein muss.

    Das Zukunftskonto würde quer zu den bisher getrennt verlaufenden Systemen stehen und über die Spartätigkeit Elternunterhalt, Eigenverdienst und Staat evtl. auch Dritte in den Prozess der Studienfinanzierung einbinden. Dabei ist in dem aktuellen Modell zudem der Eigenverdienst, der Gelderwerb neben dem Studium, besonders problematisch, weil er der Effektivierung des bestehenden Studiums (Verkürzung, Bachelor und Master) und der effektiveren Ausnutzung der Ressourcen entgegensteht und zudem den Studienerfolg behindern kann. Dieser Eigenanteil am Studium wird nun vorverlagert. Das eigentlich Neue an diesem System ist daher auch die veränderte Philosophie. Aus einem Umlageverfahren (Alt für Jung, Steuerzahler für in Ausbildung stehende, Gemeinschaft für Einzelne) würde ein Kapitalstockverfahren (individueller Aufbau von Vermögen). Damit reiht sich das Zukunftskonto in die Prozesse der Neugestaltung der Altersvorsorge ein und dürfte Erfahrungen und Einsichten vermitteln, die auch für ein stärkeres Engagement in der Altersvorsorge genutzt werden könnte. Man könnte sogar das Zukunftskonto als Programm der finanziellen Allgemeinbildung für die Altersvorsorge begreifen.¹³

    Abbildung 4: Umlage- oder Kapitalstockverfahren?

    Bezieht man dies auf die aktuelle Studienfinanzierung, wie sie in den nachfolgenden Grafiken nach den HIS Untersuchungen abgebildet ist, so ergibt sich, dass der Bereich der Finanzierung über private Kanäle dadurch erheblich gestärkt werden dürfte. Dies kann auch Effekte im Bewusstsein der Zielgruppe auslösen, wenn aktiveres Verhalten in der Bildung eher Normalität ist als in einer rein staatlich organisierten Bildungsfinanzierung.

    Abbildung 5: Studienfinanzierungsanteile in Prozent

    Abbildung 6: Studienfinanzierungsbetrag in Euro

    Danach spielen auch jetzt schon Ersparnisse eine Rolle und zwar im Durchschnitt und gleichbleibend in den Jahren seit 2003 126€ Beitrag zur Studienfinanzierung allerdings nur bei den 17% der Studierenden, die überhaupt hier mit Sparen vorgesorgt haben. Die anzunehmenden Unterschiede zwischen Unter- und Oberschicht im Sparverhalten, lassen sich allerdings aus den HIS Statistiken nicht ablesen.¹⁴ Angesichts einer durch die hohe Verschuldung der Unterschichten dort insgesamt bestehender negativen Sparquote besteht ausreichender Grund zur Annahme, dass sich ein bei der Zielgruppe sozial schwächerer Herkunftshaushalte initiierter Sparprozess über das Zukunftskonto als Senkung der Bildungsbarriere auswirken kann.

    1.1.2.3    Konsequenzen für die Produktgestaltung

    Das Zukunftskonto würde die Möglichkeit verschaffen bei sukzessiver Entnahme während des Studiums und fortdauernder Verzinsung zu 2% 132€ monatlich zu entnehmen.

    Die Eltern sind nach Häufigkeit und Beträgen die dominierende Finanzierungsquelle während des Studiums. Es liegt nahe, sie auch im Ansparvorgang an erster Stelle anzusprechen.

    Die Konzentration der Mittelaufbringung auf die Studienzeit selber ähnelt dem Umlageverfahren in der Altersvorsorge und wird über das Zukunftskonto um ein Kapitalstockverfahren mit mehr Eigeninitiative ergänzt.

    Da die Eltern bei der laufenden Studienfinanzierung engagiert sind, jedoch offensichtlich Vorsorge nur in geringem Maße betrieben wird, müssen die Anreize zum Sparen deutlich sein und vor allem auch weitere Personen in den Sparprozess eingebunden werden können.

    Die gewählten Modelle müssen allerdings zielgenau sein.

    1.2    Wie passt das Zukunftskonto in die Vermögensbildung?

    Das Zunftskonto soll die Kosten nachschulischer Bildung für bildungsferne Schichten leichter tragbar machen und sie auf diese Weise zu mehr Bildung animieren. Dadurch wird das Zukunftskonto Teil eines Systems, mit dem der Staat von jeher versucht hat, die Vermögensbildung gerade bei Schichten, die nicht zu den „vermögenden Schichten" gehören, zu fördern, um ihre Chancen in einer Gesellschaft zu erhöhen, die mehr Kapital auch bei privaten Haushalten verlangt, um Teil zu haben.

    Die bestehenden Systeme fördern Geldvermögen, den Erwerb von Wohneigentum, aber auch Wohnvermögen durch Mietzuschüsse sowie höhere Rentenzahlungen im Alter.

    Vermögensbildung erfolgt im Fünften Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer (Fünftes Vermögensbildungsgesetz - 5. VermBG). Dort wird die Sparvermögensbildung mit dem Bausparen verknüpft, das sich von einer speziellen Bauförderung zu einer allgemeinen Vermögensbildungsförderung entwickelt hatte. Im Jahre 2009 wurde dies teilweise revidiert und das Bausparen wieder deutlich an den Erwerb von Wohneigentum geknüpft.¹⁵

    Rentenzahlungen als Beitrag zum Monatseinkommen werden im Wohngeldgesetz, im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz sowie in den verschiedenen Fördersystemen zur privaten Altersvorsorge unterstützt.

    Weiter werden Rentenzahlungen im Studium durch das BAföG anhand von Einkommens- und Vermögenskriterien sowie durch das Stipendienprogramm-Gesetz (Gesetz zur Schaffung eines nationalen Stipendienprogramms [Stipendienprogramm-Gesetz – StipG] vom 21. Juli 2010) – dort anhand von Begabungs- und Leistungskriterien und in Abhängigkeit von der fachlichen Zweckbestimmung durch private Zuschussgeber – generiert.

    1.2.1    Allgemeine und spezielle Zwecke

    Das bestehende Fördersystem unterscheidet zwischen Zahlungen, die besondere Kosten einer das Einkommen erhöhenden Zahlung ganz oder teilweise decken sollen, und Zahlungen, die das Sparvermögen erhöhen sollen.

    Tabelle 2: Subventionen nach Zweck und Objekt

    Ordnet man das Zukunftskonto in dieses System ein, so geht es um die

    Förderung für spezielle Zwecke mit nur nachgelagert sozialem Ausgleichszweck,

    einkommensbezogene Förderung, die Rentenzahlungen während der Bildungszeit generieren soll,

    Vorsorge, da es um den Aufbau eines einkommensfähigen Vermögens geht.

    Bereits bei der Einführung von Bildungsgutscheinen (§ 28 SGB II) ist deutlich geworden, dass die Bereitstellung finanzieller Mittel durch den Staat und die damit verfolgte Erreichung eines bestimmten sozialpolitischen Zwecks getrennt voneinander betrachtet werden müssen.

    Geldvermögen ist dabei einmal selber Ziel der Vermögensbildung, insoweit es einen Schlüssel zu Reichtum und vielen Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entfaltung bietet (Geldvermögensbildung).

    Geldzuwendungen können jedoch auch als Mittel zur Erreichung eines unmittelbar definierten Vermögens angesehen werden.

    Abbildung 7: Geld als Zweck und Mittel der Förderung

    Es ergeben sich zwei unterschiedliche Vermögensbegriffe:

    Geld als Reichtum mit universell einsetzbaren Möglichkeiten („Vermögensbildung").

    Geld als Mittel zum Aufbau spezieller Fähigkeiten und Möglichkeiten („Bildungs-, Gesundheits-, Kommunikations-, Wohn-, Altersvermögen").

    1.2.2    Vermögensbildung und Bildungsvermögen

    Für das Zukunftskonto ist daher zu entscheiden, ob es ausreicht, die Berechtigung für die Förderung so zu gestalten, dass damit Bildungsdefizite gedeckt werden können (Vermögensbildung) oder ob zusätzlich das Produkt in der Weise gestaltet werden muss, dass eine effektive Investition der bereitgestellten Geldmittel für den Erwerb der Bildung nach Art der Auszahlung und Zweck seiner Verwendung sichergestellt werden muss.

    Tabelle 3: Vermögensbildung und Bildungsvermögen

    1.2.3    Umlage- und Kapitalstockverfahren im Bildungssystem

    Weltweit sind die Jahre ab 1980 durch eine Trendwende vom traditionellen Umlageverfahren bei sozial- und zweckorientierten Subventionen über Staat und Sozialversicherungen zu einem auf Eigeninitiative aufbauenden Kapitalstockverfahren gekennzeichnet. Am deutlichsten ausgeprägt ist dieser Systemwechsel in der Altersvorsorge, wo neben die Rentenversicherung die private Altersvorsorge tritt. Die wirtschaftstheoretische Einordnung als „Benefit Defined und „Contribution Defined Systems (BDS und CDS) macht zudem klar, dass die Bezeichnung als Umlage- und Kapitalstockverfahren eher die Sicht privater Anbieter als das System wiedergibt. Entscheidend ist im Systemwechsel, ob der einzelne die unmittelbare Verantwortung für die im Gesellschaftssystem insgesamt notwendigen Bedingungen der Versorgung im Alter, aber auch für ein stetiges Arbeitseinkommen ebenso wie für die Kinder oder die Bildung und Weiterbildung übernimmt. Wo der eigene Beitrag über die Höhe der verfügbaren Mittel entscheidet, wird dem Eigeninteresse an Bildung, Versorgung ein größere Bedeutung eingeräumt, was durchaus auch als demokratische Teilhabemöglichkeit angesehen werden kann, auch wenn sie häufig als Abbau sozialer staatlicher Verantwortung empfunden wird, bei der Rentenkürzung, BAföG Einsparungen oder Einschränkung der Versicherungsleistungen in der Krankenversicherung eher kurzfristiger staatlicher Fiskalpolitik zu entspringen scheinen.

    Der in der Alters- und Krankenvorsorge bekannte Prozess ist auch dem Bildungssystems nicht fremd. Dabei muss man nicht auf die Ansätze bei Einführung eines Studiengeldes für Studierende verweisen, die bis heute kontrovers diskutiert werden. Die Studienförderung nach dem Umlageverfahren eines reinen Subventionsmodells, wie es das sog. Honnefer Modell vorschrieb und in das neue BAföG System 1971 noch ohne strukturelle Änderung übernommen wurde, erhielt mit der Pflicht zu einem anfangs noch bescheidenen Grunddarlehen als Ergänzung zur Subvention im Jahre 1974, dessen Anteil in den Folgejahren aufgestockt wurde, bereits ein eigenverantwortliches Element. Im Jahre 1981 wurde dies bis zur Rückkehr zu einem dualen System nach der Wende im Jahre 1990 sogar zu einem System umgewandelt, das nur noch Darlehen vergab.

    Zwar bildeten die Studierenden auch hier keinen „Kapitalstock. Gleichwohl erfolgte die Studienfinanzierung durch ihre Beiträge (CDS), nur dass sie erst nach Inanspruchnahme der Gelder aufgebracht werden müssen. Insoweit führt die Charakterisierung von Kapitalstockverfahren für den Systemwechsel in die Irre. Finanztechnisch stellen Kredit und Sparen nur zwei zeitlich verschobene Elemente eines Sparvorgangs dar, weshalb in der Kreditbranche auch vom „Nachsparen gesprochen wird und der Gesetzgeber etwa im Wohnriester dem Ansparen in ein Vorsorgekonto die Tilgung eines Hypothekenkredites für selbstgenutzten Wohnraum gleichgestellt hat.

    Kreditfinanzierung wie Sparfinanzierung folgen somit denselben Systemprinzipien. Beides sind Contribution Defined Systems.

    Das Zukunftskonto ergänzt folglich letztlich nur das bestehende kreditfinanzierte Contribution Defined System des BAföG um die finanztechnische Komponente des Vorsparens bzw. der „Kreditaufnahme bei sich selbst". Der Unterschied, wann gespart wird, ist systematisch unbedeutend und hängt von den Kapitalbildungsmöglichkeiten vor und nach der Nutzung ab, die eher zufällig sind. Die Elternphase bis zum 18. Lebensjahr rekurriert auf die Kapitalmöglichkeiten der Eltern und ist damit notwendig kapitalstockorientiert. Die Ausbildungsphase danach rekurriert auf ein durch Ausbildung zu erreichende zukünftiges Erwerbsvermögen und wird damit stärker Kreditelemente enthalten.

    Das Zukunftskonto passt sich somit logisch in einen weltweiten Trend¹⁶ zu mehr Eigenverantwortung bei der Erreichung öffentlicher Ziele ein und stellt keineswegs einen Systembruch oder ein isoliertes Vorgehen dar.

    Allerdings sollten auch die Defizite beachtet werden, die dieser Systemwechsel gerade im sozialen Bereich bringen kann. Das Contribution Defined System baut auf sozial unterschiedlicher Verteilung von Vermögen auf und lässt sie auf die Finanzierung dieser öffentlichen Güter wirken. Wo früher eine vermögensunabhängige Versorgung bestand, tritt nach einem Systemwechsel eine Versorgung, die ihrer Höhe und Intensität nach eine soziale Schiefverteilung in den öffentlichen Bereich hinein verlängert. Dies hat sich bei der privaten Altersvorsorge etwa dort gezeigt, wo ein radikaler Systemwechsel wie in Chile, Argentinien oder in Tschechien vorgenommen wurde. Die sozialen Auswirkungen waren so entscheidend, dass ebenso wie bei der Wiedereinführung der Subventionsleistungen im BAföG nach der Wende eine teilweise Rückkehr zum Umlageverfahren erzwungen wurde.

    Seitdem geht es weltweit nicht mehr um ein entweder/oder zwischen BDS und CDS sondern um ein sowohl/als auch. Dieser Systemmix kann wie im BAföG durch Parallelität beider Systeme von BAföG Darlehen und BAföG Zuschuss verwirklicht werden oder wie in der Riesterrente durch sozial kompensatorische staatliche Förderung gerade sozial schwacher Sparer in der privaten Altersvorsorge.

    Das Zukunftskonto wählt keinen dieser beiden Wege, indem es anders als das kanadische System in der Subvention selber keine sozialkompensatorischen Elemente einbaut. Das bedeutet, dass Familien mit höherem Einkommen damit bessere Möglichkeiten des Sparens haben werden als Familien mit niedrigeren Einkommen. Angesichts der geringen Subventionen ist dieses häufig zu Unrecht als Gießkannenprinzip bezeichnete Subventionssystem jedoch rational, weil die Verwaltung sozial kompensatorischer Leistungen so aufwändig und für Missbrauch anfällig ist, dass die Kosten der Verwaltung die Subvention weit übersteigen und damit das Gesamtsystem unrentabel machen würde.

    Die notwendig sozial kompensatorischen Elemente fehlen jedoch deshalb keineswegs.

    Zunächst werden ja nicht die Eltern, sondern die Kinder gefördert, denen heute bei der Langlebigkeit und Tendenzen zur Desintegration von Familien nicht mehr ohne weiteres unterstellt werden kann, dass sie bei Ausbildungsbeginn oder später den Vermögensstatus ihrer Herkunftsfamilie fortsetzen können. Sie weisen somit kaum vorhersagbare Vermögenssituationen bei Inanspruchnahme der Subvention auf. Wenn man wie hier vorgeschlagen zugleich die Ausbildungsphase durch Verknüpfung von privaten Studiendarlehen mit dem Zukunftskonto stärkt, wird ebenfalls soziale Kompensation ermöglicht.

    Das System des Zukunftskontos ist ferner so konzipiert, dass auch sozial kompensatorische Einrichtungen des öffentlichen Interesses sich hier engagieren können. Da auch zukünftige Arbeitgeber, Stiftungen, Vereine oder gar der Sozialstaat selber sich am Aufbau des Bildungsvermögens beteiligen können, werden hierdurch für gesellschaftliche Potenziale sozialer Kompensationen Handlungsmöglichkeiten geschaffen, die öffentlich unterstützt wirksam werden können.

    Das entscheidende sozial kompensatorische Element des Zukunftskontos wird jedoch der Aufbau eines Schonvermögens für Bildungszwecke sein. Indem das Zukunftskonto dabei hilft, vom Gläubigerzugriff geschütztes Vermögen für die Bildung aufzubauen, schafft es ein schichtenspezifisch wirkendes Mittel zum Vermögensaufbau, das das Sparen in der Unterschicht interessant macht, während es die vermögenden Haushalte nicht betrifft. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass dieses Schonvermögen auch faktisch durchgesetzt wird, um den Bildungszweck auf der Grundlage der Erfahrungen bei Einführung der Kapitalstockverfahren in der Altersvorsorge sowie bei der zeitweisen Umstellung auf ein Volldarlehen im BAföG 1981 effektiv und sozial gerecht zu schützen. Diese Zweckzuordnung zum Sozialstaatsprinzip dürfte auch ein entscheidendes verfassungsrechtliches Argument dafür sein, warum die Gläubigerrechte aus Art. 14 GG hier zurückstehen müssen. Dabei hilft zur Überwindung dieser verfassungsrechtlichen Hürde, wie sie im Parallelgutachten ausführlich dargestellt wurde, auch das Argument, dass das für Bildungszwecke gebildete Vermögen von Dritten stammt und ohne Zukunftskonto gar nicht gebildet worden wäre. Den Gläubigern wird damit durch den Pfändungsschutz auch nichts genommen.

    1.2.4    Konsequenzen

    Das Zukunftskonto soll Bildungsvermögen in Form eines Kapitalstocks mit individuellen Sparanreizen schaffen. Das aufgebaute Geldvermögen sollte daher die Kosten der Bildungsausgaben teilweise kompensieren. Dies bedeutet, dass eine steuerrechtliche Absetzbarkeit der Sparbeiträge weniger geeignet wäre, nicht nur wegen der geringeren Steuersätze der Unterschichten, sondern vor allem weil die Gewährung der Prämien im Nachhinein der Subvention den Charakter einer Belohnung für Vorsorge verleiht und damit den Bildungszweck betont. Aber auch bei einer reinen Subventionslösung ist trotz der dadurch verdeutlichten Zweckrichtung durch zusätzliche Regelungen darauf zu achten, dass die Auszahlung entsprechend dem Anfall der Bildungskosten erfolgt. Entnahmerechte würden hier zu Fehlallokationen einladen und zudem auch Probleme bei der Gewährleistung der Zweckbestimmung (etwa durch Pfändungsschutz und Vorteilssicherung gegenüber anderen sozialen Leistungen) aufwerfen.

    Die Einordnung in die Systemergänzung der BFS Vorsorge durch CDS Systeme spricht für eine duale Nutzung des Guthabens auf dem Zukunftskonto: einerseits für Auszahlungen während Ausbildung und Weiterbildung, andererseits für die Nutzung des Guthabens für den Zugang zu Studiendarlehen privater Anbieter.

    Die wichtigste soziale Komponente dürfte aber der Schutz des Zukunftskontos als Schonvermögen darstellen. Ohne diese Regelung ließe die Subvention – da ihre soziale Zielrichtung nicht schon über die Einzahlungsseite rechtlich genau gezielt abgegrenzt werden kann – einen zu hohen Anteil von Fällen erwarten, in denen sie vorwiegend Mitnahmeeffekte produzieren würde.

    1.3    Wie soll gespart und gefördert werden?

    Tabelle 4: Spar- und Fördermodell

    1    So die Annahmen im Modell des BMFT s.o.

    2    Unsere Berechnung kommt für die errechnete Höchstförderungssparsumme von 7.750€ allerdings leicht abweichend

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