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Hoffen kostet nichts: Erzählungen
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eBook163 Seiten1 Stunde

Hoffen kostet nichts: Erzählungen

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Über dieses E-Book

Erzählungen einer Kindheit und Jugend in den 1950er und 60er Jahren - das Kinderleben auf der Straße, die erbarmungswürdige Wohnsituation, der alltägliche Mangel, das Träumen und Hoffen. Ein Buch, das die Nachkriegszeit und das beginnende Wirtschaftswunder in Westdeutschland unprätentiös und humorvoll schildert. Gerd Scherm erzählt dies in einer Sprache, die Stimmungen nachvollziehbar macht, die Distanz wahrt und doch Nähe schafft. Den Geschichten sind zeitgenössische Fotos der Schauplätze und auch der Menschen zugeordnet. Sie vermitteln im Wortsinn ein Bild jener Zeit, die geprägt war von Schwarz und Weiß und sehr, sehr viel Grau. Vielleicht ist es gerade dieser Farbkontrast zu unserer heutigen Multimedien-Multicolorwelt, der uns diese, doch so nahe Zeit schon jetzt unendlich fern erscheinen lässt.
Das Fazit des Autors: Bei allen Widrigkeiten und Hindernissen habe ich vor allem zwei Dinge gelernt: zum einen, dass eine positive Einstellung die Lage zumindest nicht verschlechtert, zum anderen, dass Hoffen nichts kostet.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum7. Nov. 2013
ISBN9783848271818
Hoffen kostet nichts: Erzählungen
Autor

Gerd Scherm

Gerd Scherm, 1950 in Fürth geboren und aufgewachsen, lebt seit 1996 mit seiner Frau Friederike Gollwitzer in einem alten Fachwerkgehöft in Binzwangen bei Colmberg. Gerd Scherm ist Schriftsteller und bildender Künstler. Er arbeitete zehn Jahre als Kreativdirektor für Rosenthal und organisierte u.a. die Selber Literaturtage und die Künstlertage auf der Mathildenhöhe in Darmstadt. Sein reiches literarisches Spektrum umfasst Theater-stücke, Romane, Erzählungen, Kurzgeschichten, Satiren, Libretti und Essays. Einer seiner Schwerpunkte liegt in der Lyrik, die er meist in künstlerisch-bibliophiler Ausstattung präsentiert und die auch immer wieder zeitgenössische Komponisten zu Vertonungen anregt. Gerd Scherm war Gastdozent an der Freien Universität Berlin und an der Universität St. Gallen im Fachbereich Kultur- und Religionssoziologie. Er wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und dem Deutschen Phantastik Preis.

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    Buchvorschau

    Hoffen kostet nichts - Gerd Scherm

    Inhaltsverzeichnis

    Vorwort des Autors

    Vorwort Barbara Ohm

    Hoffen kostet nichts

    Ein Lehrer mit Kopfschuss

    Auf Dreizehn

    Besuch aus der Ostzone

    Arbeit

    Wirtschaftswunder made in Fürth

    Dem Feuer zur Wehr

    Ausflug aufs Land

    Der Affe des Drogisten

    Von Cowboys, Rittern

    und anderen Landfriedensbrechern

    Der deutsche Lotto-Meister

    Die Schatzkammer am Schießanger

    Ein Metzger wird geschlachtet

    Verwandtschaft und andere Verhältnisse

    Freddy und der Gelbe Löwe

    Die Karpfenburg

    Baracken und Schmusehasen

    Juden Heggisch

    Die Spanier sind da

    Die Sache mit dem Sex

    Das elektrische Paradies

    Freibad – Zahlbad

    Schule und andere Katastrophen

    Immer wieder sonntags

    Wie der Beat nach Fürth kam

    Brillenschlange und Bücherwurm

    Tante Hertha

    Biographie Gerd Scherm

    Bibliographie Gerd Scherm

    Vorwort des Autors

    1997 erschien unter dem Titel „Die Karpfenburg" mein erster Band mit Kindheitsgeschichten aus der Fürther Altstadt. Da seit einiger Zeit diese Auflage vergriffen ist, ich gleichzeitig aber eine Vielzahl neuer Geschichten geschrieben habe, machte es Sinn, alle diese Erzählungen in einem einzigen, dem hier vorliegenden Band zusammen zu fassen.

    Ich denke, meine Erzählungen sind zum einen kleine Facetten einer „ungeschriebenen, da völlig nebensächlichen Fürther Stadtgeschichte. Zum anderen sind sie ein „von unten gesehenes Bild vom Leben dieser Zeit im Westen Deutschlands.

    Denn viele meiner Leser, egal woher, erzählten mir, dass sie es ebenso oder ähnlich erlebt hatten:

    der Lehrer mit dem Stock, das Kinderleben auf der Straße, die erbarmungswürdige Wohnsituation, der alltägliche Mangel, das Träumen und Hoffen.

    Deshalb sind meine Geschichten auch die Geschichten von vielen tausend anderen, die in jener Zeit ins Leben aufgebrochen sind.

    Wie bei der „Karpfenburg" habe ich meinen Geschichten zeitgenössische Fotos der Schauplätze und auch der Menschen zugeordnet. Sie vermitteln im Wortsinn ein Bild jener Zeit, die geprägt war von Schwarz und Weiß und sehr, sehr viel Grau. Vielleicht ist es gerade dieser Farbkontrast zu unserer heutigen Multimedien-Multicolorwelt, der uns diese, doch so nahe Zeit schon jetzt unendlich fern erscheinen lässt.

    Bei allen Widrigkeiten und Hindernissen habe ich vor allem zwei Dinge gelernt: zum einen, dass eine positive Einstellung die Lage zumindest nicht verschlechtert, zum anderen, dass Hoffen nichts kostet.

    Gerd Scherm

    Binzwangen im Oktober 2002

    Vorwort

    Vor einiger Zeit bekam ich Post aus Colmberg, wo Gerd Scherm jetzt lebt: Die ersten vier Geschichten seiner Jugend in der Fürther Altstadt. Unverhofft hatte ich abends vor dem Einschlafen eine vergnügliche Lektüre, Geschichten aus den fünfziger und sechziger Jahren - aus einer Zeit, die eigentlich noch so nahe ist und doch schon unendlich weit weg.

    Auf die versprochenen weiteren Geschichten wartete ich schon und tauchte dann mit ihnen ein in die Fürther Altstadt und ihre Häuser, in denen zum Beispiel das Wohnzimmer der Familie Scherm so lag, dass alle Hausbewohner durchgehen mussten, wenn sie ihre Kohlen aus dem Keller holten, wo ein Plumpsklo am Ende des offenen Arkadengangs eine Steigerung der Lebensqualität bedeutete im Gegensatz zum Klo auf dem Hof; tauchte ein in eine Kindheit, in der Salzheringe mit ihrem Geruch von weither Kinderträume und Kinderglück bedeuteten, ein ausgeliehener Fußball eine begehrte Kostbarkeit war, in der Kinderbanden Ritterschlachten zur Verteidigung der Altstadt schlugen (wie gut, dass die Altstädter gewonnen haben!); tauchte ein in eine Zeit, in der die kleine Leihbücherei in der Gustavstraße das Erlebnis der großen weiten Welt vermittelte, Freddy Quinn im „Gelben Löwen ohne besonderen Erfolg sang, jedem Fürther das Wort „Weierräimla geläufig war und Kinder wie Erwachsene in einer engen nachbarschaftlichen Verbundenheit lebten.

    Meine Lieblingsgeschichte ist das „Wirtschaftswunder made in Fürth", weil man in dieser Geschichte erfährt, dass der Ludwig Erhard aus der Sternstraße gar nicht anders konnte. Er hat es nämlich in Fürth vorgemacht bekommen, wie das geht mit dem Wirtschafts-wunder. Nicht nur die Fürther Aushängeschilder der Wirtschaftswunderzeit, Max Grundig und Gustav Schickedanz, sondern auch die Fürther Kinder (und Gerd Scherm) hatten die ökonomischen Zusammenhänge begriffen und zeigten es dem Erhard, wie man in Notzeiten effektiv, schnell und gewinnbringend die Wirtschaft ankurbelt.

    In diesem Band legt Gerd Scherm autobiographische Skizzen vor. Ganz behutsam schreibt hier ein geborener Fürther, wie er das Fürth seiner Jugend erlebt hat. Mir gefällt das gut, weil ich viele Dinge erfahre, die ich niemals in den Quellen finden kann, Fakten, Ereignisse, Zeitstimmungen, die sich dem zugereisten Fürther verschließen. Aber das allein ist es nicht. Ich gebe diesen Erinnerungen deshalb gerne meine guten Wünsche auf den Weg, weil sie so unprätentiös daherkommen, hingetupft, assoziativ:

    So habe ich es erlebt.

    Ich mag dieses Büchlein: Das liegt nicht nur am Inhalt, viel mehr noch macht das die Sprache aus, die Stimmungen nachvollziehbar macht, die Distanz wahrt und doch Nähe schafft.

    Lauter Geschichten erzählt uns Gerd Scherm, die so viel über Fürth und die Nachkriegszeit berichten, über eine Zeit, die viele von uns miterlebt haben und die kaum mehr etwas mit der heutigen zu tun hat.

    Alle diese Geschichten sind ein Lesevergnügen.

    Barbara Ohm

    Stadtheimatpflegerin Fürth

    Hoffen kostet nichts

    Stell dir vor, die Schule ist aus und du weißt nicht, was du mit deiner Zeit anfangen sollst. Zuhause fällt dir die Decke auf den Kopf, die Eltern sind arbeiten und das Wetter ist zu schlecht, um zum Fluss oder zum „Spielhäusla" am Schießanger zu gehen. Der geneigte Leser mag jetzt einwenden, dass es angebracht wäre, die Hausaufgaben zu machen. Aber diese Möglichkeit ist völlig ausgeschlossen. Erstens mangels Lust, heute Motivation genannt, zweitens aus taktischen Gründen. Ich habe meine Hausaufgaben immer dann gemacht, wenn meine Mutter sehen konnte, dass ich sie mache. Das förderte das harmonische Zusammenleben.

    Also blieb nur eins: Schulkameraden besuchen. Die kämpften ja mit dem selben Problem. Nachmittags war bei allen sturmfreie Bude, weil die Eltern arbeiteten. Bei fast allen. Bei manchen lebte nämlich die Großmutter mit in der Wohnung. Die arbeitete zwar auch, aber zuhause. Denn die fünfziger Jahre waren die große Zeit der Heimarbeit. Meine Scheller-Oma zum Beispiel „packte" Spiegel. Dabei wurden kleine rechteckige Spiegel irgendeiner der vielen Fürther Spiegelfabriken an den Rändern in Papierstreifen eingefasst und zur Weiterverarbeitung hergerichtet. Der ganze Küchentisch war dann voll mit blanken und eingefassten sorgfältig aufgetürmten Spiegeln, braunen Packpapierstreifen und einem Leimtopf, der sein eindringliches Aroma in der ganzen Wohnung verbreitete. Wenn ich Pech hatte und im ungünstigen Moment bei meiner Oma auftauchte, war der Nachmittag gelaufen. Dann hieß es mit anfassen, bis die Kartons mit kleinen, frisch gepackten und nach Leim riechenden Spiegeln voll waren.

    Etwas angenehmer war da die Heimarbeit der Oma meines Freundes, dem Pöhlmann Klaus. Sie drückte nämlich die Achsen in winzigkleine Spielzeugautos aus Kunststoff. Die mussten der Klaus und ich natürlich erst testen, bevor wir sie freigeben konnten.

    Bei anderen Schulkameraden befanden sich die Eltern allerdings auf „Schlagdistanz, was durchaus wörtlich gemeint ist. Das waren die Eltern, die einen eigenen Laden besaßen, der meist gleich hinter dem Wohnzimmer lag. Wie beim Reinhold Britting zum Beispiel. Seinen Eltern gehörte die Samenhandlung in der Oberen Fischergasse, die später die Kneipe mit dem sinnträchtigen Namen „Keimling beherbergen sollte. Der Reinhold, immer etwas pummelig, war einer meiner Begleiter vom Kindergarten bis zu meinem Abgang aus dem Hardenberg Gymnasium.

    Als Sohn eines Ladenbesitzers gehörte er nach Altstadt-Kategorien zu „den Besseren". Und noch eines hob ihn aus der Masse heraus: er hatte einen Onkel in Amerika! Der existierte nicht nur auf dem Papier oder in mündlich überlieferten Legenden, nein, er schickte dem Reinhold sogar Geschenke. Geschenke aus Amerika, unfassbar, toll und absolut neiderregend. Warum nicht ich, fragte ich mich bei jedem Besuch. Doch auch alles Nachfragen bei meiner gesamten Verwandtschaft brachte mich auf keine Spur, die nach Amerika führte, geschweige denn zu einem dort ansässigen Onkel. So konnte ich nur immer wieder staunend auf die Schätze blicken, die da über den großen Teich in die Obere Fischergasse gespült wurden.

    Das Objekt meiner größten Begierde war dabei ein Schiffsmodell von Revell: die Victory, das Flaggschiff von Admiral Nelson bei der Schlacht von Trafalgar. Und ich denke, der Reinhold weiß bis heute nicht, wie glücklich er mich gemacht hat, als er mir eine überzählige Kanone des Schiffes schenkte. Sie maß zwar lediglich einen halben Zentimeter, aber für mich war sie riesig und gehörte fortan zu meinen größten Schätzen.

    Bei Reinhold lernte ich auch einige Spiele kennen, die in „meinen Kreisen nur dem Namen nach bekannt waren – Romme und Schach. Nach meinem Schulwechsel verlor ich ihn aus den Augen. Aber einmal, im April 1996, las ich in der Zeitung von ihm. In einem Bericht über den Kreistag wurde über zwei Rekordhalter berichtet, die man verabschiedet hatte. Der eine gehörte dem Gremium 44 Jahre an, der andere, „mein Reinhold, eineinhalb Tage. Er war als Nachrücker einen Tag vor Ablauf der Legislaturperiode vereidigt worden.

    Andere Anlaufstellen an trüben Nachmittagen boten der Heerdegen Michael von der Kohlenhandlung und die Winterbauers Lutz und Axel, deren Eltern den Spielzeugladen mit

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