Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Conny Cöll - Tolle Kerle
Conny Cöll - Tolle Kerle
Conny Cöll - Tolle Kerle
eBook250 Seiten3 Stunden

Conny Cöll - Tolle Kerle

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Old Harris, der große Menschenfeind, dessen ganze Liebe den wilden Geschöpfen des Urwaldes gilt, Conny Cöll mit seinen vierbeinigen Kameraden Schwarzwolf und Satan, die beiden Green-Girls, die das raue Trapperhandwerk der bequemen Bürgerlichkeit in der Zivilisation vorziehen, vereinen sich am Schauplatz einer Tragödie, die jedes mitfühlende Herz erschüttert.
Ein Grisly und ein Wolf — zwei grundverschiedene Geschöpfe — haben sich zu einem freundschaftlichen Schutz- und Trutzbündnis zusammengetan und es ist vor allem auch der köstliche, mitunter wahrhaft "bärbeißige" Humor, der ihre Geschichte, ihr Leben und Sterben zu einem unvergesslichen Erlebnis werden lässt.

Aufgrund des Alters des Textes kann es sein, dass im Inhalt Begriffe verwendet werden, die heute nicht mehr gebräuchlich bzw. nicht mehr politisch korrekt sind.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum11. Mai 2024
ISBN9783946554882
Conny Cöll - Tolle Kerle

Mehr von Konrad Kölbl lesen

Ähnliche Autoren

Ähnlich wie Conny Cöll - Tolle Kerle

Titel in dieser Serie (15)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Westliche Literatur für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Conny Cöll - Tolle Kerle

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Conny Cöll - Tolle Kerle - Konrad Kölbl

    Tolle Kerle

    Von Konrad Kölbl

    1952

    Inhaltsverzeichnis

    Tolle Kerle

    Teil 1

    Teil 2

    Ein besinnliches Nachwort!

    Tolle Kerle

    Nat Jeffers, der Wirt des Ranch-Hotels von Druggstone, kniff seine Augen zu einem schmalen Spalt zusammen und überblickte mit unruhigen, sorgenvollen Blicken den Bar-Raum. Dichte Rauchschwaden hingen an der Decke. Die mit Spannung bis zum Bersten geladene Luft hätte man schneiden können. Der Keeper, ein starker, dickbäuchiger Mann in den besten Jahren, zerdrückte seine Zigarette mit einer hastigen Bewegung an der feuchten Tischplatte der Theke. Mit einem leisen Zischen erlosch die glimmende Glut.

    Neff Hollander lehnte nachlässig an der reichverzierten Vorderwand des großen Spielautomaten, der vor langer Zeit einmal einige uralte Cowboy-Songs von sich gegeben haben musste, wenn man eine Münze hineinwarf. Er blickte anscheinend gelangweilt auf die Pendeltür am Eingang der Bar. Die Spieler an den Tischen unterbrachen ihre Pokerpartien und schauten interessiert auf den jungen, großen Mann, den sie nur zu gut kannten. Als sie sahen, dass Neff Hollander seine rechte Hand in der Nähe des abgewetzten Holzgriffes seiner Waffe hielt, wussten sie, dass ihnen ein erregendes Ereignis bevorstand.

    Neff Hollander war ein weitbekannter Revolverheld. Wenn irgendetwas im Gebiet des Pazific-Mountain-Systems im Gange war, vom einfachsten Viehdiebstahl bis zum tollkühnsten Postkutschen-Überfall, dann brachte man Hollander in Verbindung damit. Ein dichtes knallrotes Halstuch – und ein solches trug der Coltmann immer – konnte wohl sein Gesicht verdecken, aber nicht die große, breitschulterige Gestalt eines Mannes, den jedes Kind kannte und um den alle anständigen Menschen einen großen Bogen machten.

    Der Wirt räumte mit hastigen Bewegungen seine kostbaren Gläser zur Seite, denn er wusste aus Erfahrung, dass diese nur allzu gerne als Zielscheiben benutzt wurden. Dass doch diese verdammten Kerle ihre Streitigkeiten immer in seinem anständigen Lokal austragen mussten! Die Dreckbude ihm gegenüber, die man großspurig „Druggstone-Saloon nannte, obwohl sie nur eine ganz gewöhnliche Holzbaracke mit kleinen, niedrigen Fenstern war, wäre doch für solche Aktionen und Zwischenfälle viel besser geeignet gewesen. Aber wahrscheinlich wurden wieder glaubwürdige Zeugen gebraucht, die nun einmal in dieser miserablen Spielhöhle und Räuberspelunke, wie er den sogenannten „Saloon immer bezeichnete, nicht vorhanden waren. Dort drüben war das gesamte Gesindel der ganzen Gegend zu Hause oder gab sich ein Stelldichein.

    Nat Jeffers nannte sein Besitztum Ranch-Hotel. Er hatte sich zum Ziel gesetzt, solche Gäste aus dem Süden und Osten der Vereinigten Staaten bei sich aufzunehmen, die den sogenannten Wilden Westen Alaskas kennenlernen wollten. Er konnte sich nicht beklagen, dass das Geschäft schlecht ging, im Gegenteil, man musste sich in seinem gut eingerichteten, ja fast komfortablen Gasthaus vorher anmelden, wenn man unterkommen wollte.

    Seit einigen Wochen aber war das anders geworden. Sein Haus lag fast verödet, und der letzte Gast war vor ein paar Tagen abgereist. Dieser „Wilde Westen" in Druggstone war den nach ursprünglicher Wildnis hungrigen Globetrottern doch zu laut und zu gefährlich geworden. Lady Windsthere hatte einen Ohnmachtsanfall bekommen, als sie kürzlich mit ansehen musste, wie man zwei Männer mit runden Schusslöchern in der Stirn durch die Pendeltür trug. Als sie dann noch vom Fenster ihres Zimmers aus beobachtet hatte, wie etwa zehn maskierte Banditen in das dem Ranch-Hotel gegenüber liegende Bankgebäude eindrangen und rücksichtslos mit ihren schweren Colts in der Gegend herumballerten, da war sie nicht mehr zu halten gewesen. Sie hatte Hals über Kopf ihre Koffer gepackt und war fluchtartig abgereist. Mit ihr hatte der letzte Gast das Ranch-Hotel von Druggstone verlassen.

    Neff Hollander wollte gerade sein Whisky-Glas zum Mund führen, als er stutzte, denn durch die Pendeltür des Gastraumes kam ein großer, massiver Mann ins Innere des Lokals. Mit wuchtigen Schritten stapfte er auf die Theke zu. Es war der Sheriff, der das Gesetz in den räumlich weit auseinandergezogenen Camps Quenton, Druggstone und Chena vertrat. Er war auch Distriktskommissar der Nordlandpolizei, die in Fairbanks stationiert war. Einige Freunde dieses sehr rührigen und absolut furchtlosen Beamten wollten sogar wissen, dass Joel Rocky einmal Mitglied der berühmten Royal Mounted North-West Police, der berittenen Gendarmerie-Kommandos in kanadischen Diensten war. Und das wollte allerhand besagen. Der hochgewachsene, starkknochige Yankee hatte es nicht leicht, in seinem Distrikt Ordnung zu halten. Goldfunde im Mount-McKinley-Gebiet, ganz nahe bei Fairbanks, hatten Unmengen von abenteuerlustigen und goldgierigen Elementen in den hohen Norden Amerikas geschwemmt, die in der Verfolgung ihrer fragwürdigen Ziele nicht gerade sanft und loyal vorgingen. Erst vor wenigen Tagen hatte er das Amt des Sheriffs von Druggstone mit übernommen. Sein Vorgänger in diesem Gebiet war eines plötzlichen, unerwarteten Todes gestorben, nämlich einem Verbrechen zum Opfer gefallen, das bis heute noch nicht geklärt werden konnte.

    Sheriff Rocky wollte sich gerade an den Gastwirt wenden, als er Neff Hollander in seiner eigentümlichen Körperhaltung stehen sah. Brüsk wandte er sich von der Theke ab und sagte mit seiner tiefen, ewig grollenden Stimme:

    „Da ist ja der Vogel, den ich suche! Schätze, er ist gerade nur deshalb gekommen, um sich von mir fangen zu lassen!"

    Hollander grinste: „Haben es erraten, Sheriff, gerade deshalb bin ich gekommen! Was haben Sie eigentlich gegen mich?"

    Der Sheriff stand erstaunt vor dem jungen Mann, dessen unheimliche Ruhe ihn etwas nervös machte: „Das fragst du – ausgerechnet du, Hollander! Ich habe dich immer und immer wieder gewarnt! Dein Ruf ist nicht der beste, und du schießt für die hiesigen Verhältnisse viel zu gut und – viel zu oft!"

    Neff Hollander lächelte und zeigte dabei sein gelbes Raubtiergebiss: „Ist es ein Verbrechen, Sheriff, dass man gut schießen kann? Ich finde, dass das eher ein Vorteil ist! Was haben Sie sonst noch gegen mich?"

    Der Sheriff platzte plötzlich los: „Wo warst du heute Nacht?"

    Die Antwort kam schnell und trocken: „Im Bett, wo sich alle anständigen Menschen in der Nacht befinden!"

    Einige Gäste lachten, aber dem Sheriff war gar nicht nach einem Scherz zu Mute. Es trat eine augenblickliche Stille ein, als er fortfuhr: „Heute Nacht ist Mister Feraro ermordet worden. Die Schränke wurden aufgerissen, es fehlt eine anständige Menge Bargeld und ein wichtiges Dokument, das für gewisse Leute nicht ohne Bedeutung war!"

    „Warum erzählen Sie das mir, Sheriff?", fauchte Hollander gereizt.

    „Weil ich dich im Verdacht habe, der Mörder zu sein, mein Junge!, sagte Rocky mit ruhiger Stimme. Ehe man es sich versah, hatte er seinen Colt gezogen und ihn auf den überraschten gerichtet: „Hände hoch, Hollander, und keine verdächtige Bewegung mehr!

    „Hoffentlich haben Sie keinen Missgriff gemacht, Sheriff, denn so etwas muss man beweisen können!"

    „Das werde ich können, mein Junge! – Also marsch! Immer schön voraus! Den Weg zu deinem neuen Heim kennst du ja!"

    Hollander hatte die Hände erhoben und wollte, der freundlichen Einladung des Sheriffs getreu, an diesem vorübergehen, da machte er eine schnelle Bewegung zur Seite und stolperte scheinbar über die Füße Rockys. Dieser wollte den stürzenden Mann mit der freien Hand auffangen, fühlte aber plötzlich seine Waffe nach innen gedreht und schon löste sich ein Schuss. Der Sheriff richtete sich mit einem plötzlichen Ruck hoch, starrte mit weit aufgerissenen Augen auf den inzwischen zu Boden Gestürzten, griff sich mit einem schmerzenden Gesichtsausdruck an die Brust und brach lautlos zusammen! –

    Der Sheriff von Druggstone war seinem Vorgänger nachgefolgt, kaum dass eine Woche vergangen war! –

    Ein wüster Tumult brach aus. Die Anwesenden sprangen von ihren Sitzen auf und schrien verwirrt durcheinander.

    Nat Jeffers, der Wirt, starrte mit entsetzten Augen auf den toten Sheriff. Verdammt noch einmal, das konnte doch kein Unglücksfall sein! – Bei jedem anderen in Druggstone wäre das wohl möglich gewesen, aber niemals bei Neff Hollander! Das war doch ganz ausgeschlossen. Die Augenzeugen berichteten für und dagegen. Einige wollten genau gesehen haben, dass dem Sheriff im Stolpern die Waffe entfiel und sich am Knie Hollanders entlud. Wieder andere sprachen von einem glatten Mord. Als diese aber den merkwürdig veränderten Gesichtsausdruck, die gefährlich zusammengekniffenen Augen und die schmalen Lippen Hollanders sahen, hatten sie plötzlich nichts mehr gesehen, sondern trollten sich stillschweigend. Es genügte ihnen ein Toter in diesem Raum. Es waren schon große Helden, die braven Bürger von Druggstone! –

    Bald nach dem dramatischen Vorfall betrat James Madsen die Gaststube, gerade in dem Moment, als einige Gäste die Feststellung machten, dass der Schuss genau das Herz des Sheriffs getroffen hatte. James Madsen war ein städtisch gekleideter Mann in den dreißiger Jahren, den man selten allein sah. Er war immer von einer Art Leibgarde umgeben. Wenn man ihm das erste Mal begegnete, hatte man den unbedingten Eindruck, es mit einem erfolgreichen, seriösen Geschäftsmann zu tun zu haben. Seine Freundlichkeit war gewinnend und seine Art, sich zu geben, sympathisch. Wer aber in Momenten, die gefährlich waren, sein verzerrtes Gesicht sah, seine heimtückischen, ja dämonisch glimmenden Augen, der konnte verstehen, warum die Einwohner von Druggstone ihn den bösen Geist dieser Stadt nannten.

    Der Gastwirt Jeffers wunderte sich gar nicht, als er Madsen so plötzlich auftauchen sah, ja, er hätte sich maßlos gewundert, wenn dies nicht der Fall gewesen wäre. Madsen wandte sich an die den Sheriff umstehenden Gäste:

    „Etwas geschehen, Gents?"

    Die Anwesenden schauten ihn fast feindlich an: „Und ob etwas geschehen ist! Hier, sehen Sie!"

    Madsen erblickte nun den toten Sheriff. Er schien etwas betroffen zu sein. Dann sah er Hollander. Ein plötzlicher Zorn übermannte ihn, und es hatte fast den Anschein, als sei diese zornige Aufwallung echt. „Was hast du verdammter Kerl hier wieder angestellt, Hollander! Habe ich dir nicht schon hundertmal gesagt, dass du deine dreckigen Finger von der Waffe lassen sollst!

    Neff Hollander tat verlegen: „Ich bin unschuldig, Chef! Der Sheriff ist im Hinstolpern in seinen eigenen Schuss gefallen! Die Gents sind Zeugen hier!"

    Und tatsächlich nickten einige Gäste. Madsen beruhigte sich. Als er an der Theke von Jeffers sich ein Gläschen Whisky einschenken ließ, merkte er, wie die Hände des Gastwirts zitterten. Fast belustigt fragte er: „Was hast du denn, mein lieber Nat? Etwas herzleidend geworden in letzter Zeit?"

    Der Gastwirt knurrte böse: „Du solltest deine verdammten Mörderknaben etwas besser an der Kandare halten! Mir kannst du nichts vormachen, mein Lieber, es ist eine Schande für die ganze Stadt, dass so etwas wie du in diesen Mauern geduldet wird!"

    Der Gastwirt konnte es sich leisten, eine Lippe zu riskieren, denn Madsen war seit Wochen schon fieberhaft hinter seiner Tochter Yvette her. Und bei Gott, fast hatte es den Anschein, als ob sein liebes Mädel, das er seit dem Tod seiner wackeren Frau abgöttisch liebte, diesen immer eleganten Store-Besitzer nicht ungern sah.

    Madsen lächelte resigniert. Er tat unsagbar beleidigt, und es wollte ihm auf einmal das Glas Whisky gar nicht mehr schmecken: „Wie kannst du nur so hässlich von deinem zukünftigen Schwiegersohn sprechen, Nat? Was kann ich dafür, dass Druggstone lauter solche Tölpel von Sheriffs hat, die nicht einmal einen Colt richtig in die Hand nehmen können!"

    „Und dafür kannst du auch nichts, dass heute Nacht Feraro ermordet wurde?", schnaubte Jeffers.

    Über die Theke kroch langsam eine dicke Fliege. Sie musste gerade eine fette Mahlzeit eingenommen haben, denn sie setzte sich bedächtig auf das Hinterteil und putzte sich possierlich mit den beiden dünnen Füßchen den hin- und herzuckenden Kopf. James Madsen blickte sinnend auf die Kreatur. Es war eine besondere Leidenschaft von ihm und es bereitete ihm eine diebische Freude, wenn er mit einer schnellen Handbewegung eines dieser flinken Dinger von der Tischplatte wegwischen konnte. Er hatte darin eine Technik, die erstaunlich war, und seine besten Freunde behaupteten immer, dass ihm noch keines dieser so appetitlichen Tierchen durch die Finger gegangen sei. – „Wupp machte es und nachdenklich betrachtete der elegante Mann das ängstlich surrende Geschöpf zwischen seinen Fingern, dann sagte er mit langsamer Stimme und mit seltsamer Betonung: „Wenn etwas überflüssig geworden ist, Nat Jeffers, wenn etwas reif geworden ist für den Tod, dann muss es eben sterben! – Siehst du hier diese kleine Fliege in meiner Hand? So wie ich jetzt diese zerdrücke – und das ist mir immer eine besondere Freude, wie du weißt, – so zerdrücke ich alles und jeden, der mir über den Weg gekrochen kommt und dessen Nase mir nicht passt! Ich hoffe, dass ich mich deutlich ausgedrückt habe und nun – gute Nacht!

    Nat Jeffers war betroffen, als er dem Davoneilenden nachblickte. Er sah nachdenklich nach der Fliege, die tot auf dem Boden lag. Ein merkwürdiges Hobby hatte er sich ausgesucht, der mächtige James Madsen, der ungekrönte König dieser kleinen Stadt, der seinem Willen immer so schrecklichen Nachdruck verleihen konnte ...

    ... ein allerliebstes Steckenpferd ...

    ***

    Druggstone lag zur Zeit der sensationellen Goldfunde – 1896–1899 – im umstrittenen und von Kanada beanspruchten Grenzgebiet. Erst 1903 wurde der alte Grenzstreit beigelegt und Druggstone war damals zum nordamerikanischen Alaska-Territorium gekommen. Der Hauptteil der goldreichen Klondike-Region blieb jedoch bei Kanada, das sich mit Alaska in den Yukon-River teilte. Und an diesem Fluss gab es zu beiden Seiten der Grenze Fundstellen des gelben Metalls in großer Zahl.

    Das Klondike- und Yukongebiet wurde Ende der neunziger Jahre von zügellosen Horden abenteuernder Goldsucher geradezu überschwemmt.

    Das lag nun fast zehn Jahre zurück, aber noch heute, nachdem wieder Recht und Gesetz eingezogen waren, dachte man mit Schaudern zurück an jene zügellose, entsetzliche Zeit, in der das Faustrecht herrschte und der Tod mit gierigen Knochenhänden fast stündlich seine Opfer holte.

    Die berühmte berittene Mounted Police griff hier mit eiserner Hand durch und stellte die Ordnung wieder her.

    Es wurde Gold gefunden, viel Gold.

    Zuerst bildeten sich Einzelunternehmen, die an den Bonanza-Hügeln hydraulische Wäschen installierten. Eine große Anzahl Einzel-Claims entstanden, die fast alle außerordentlich ergiebig waren. In kurzer Zeit gelang es aber der Yukon-Gold Co. fast das gesamte Goldgebiet in ihre Hände zu bekommen. Wohl behielten die Claimbesitzer ihre Besitzrechte, die Ausbeute wurde aber von dieser allmächtigen Gesellschaft übernommen.

    Der Abenteurer und Glücksritter wurden immer weniger, und dann kam die Zeit, da sich nur noch ein paar berufsmäßige Falschspieler und einige wenige Tagediebe, die aber meist ein kümmerliches Dasein fristeten, halten konnten. Die Gegend war kalt und unwirtlich und sie bot alles andere als Annehmlichkeiten. Einige Jahre der Ruhe und des friedlichen Arbeitens vergingen. Da kam für alle vollkommen überraschend eine Botschaft aus der Gegend des Blue-Water-Massivs, dass ein alter Goldgräber, ein schrulliger, verdrehter Kauz namens Pitt Potters, Gold gefunden habe. Eines schönen Morgens war er im „Claim-Saloon" in Tanana erschienen, und er hatte einen riesigen Brocken dieses edlen Metalls auf den Tisch geknallt. Die Augen der anwesenden Gäste hatten sich unnatürlich geweitet, und es war gekommen, wie es kommen musste.

    Ein Run setzte ein. Alles, was laufen konnte und nur einigermaßen über ordentliches Werkzeug verfügte, setzte sich in Bewegung. Das Blue-Water-Massiv wurde überschwemmt. Minenarbeiter, die bei der Yukon-Gold Co. beschäftigt waren, verließen ihre Arbeitsstätten, das Heer der „Hoffnungsvollen" noch wesentlich vergrößernd.

    Pitt Potters war der Held des Tages. Er wurde wie ein Fürst gefeiert, zumal er die Devise aufstellte, dass für die „Goldsäcke der Yukon Co." hier kein Platz sei, dass ihnen sozusagen der Eintritt in dieses neue Goldreich verwehrt werden müsse. Und so kam es auch.

    Die Goldfunde waren nicht übermäßig reichlich, aber sie genügten vollauf, eine neue Stadt entstehen zu lassen. Zuerst waren es Zelte und Wellblechhütten, dann wurde aus den zahlreichen Kiefernwäldern Holz herangeschafft. Die ersten stattlichen Häuser entstanden. Eine Kneipe machte auf und dann die zweite. Ein Warenhaus entstand, es folgte ein Bankgebäude. Diese „Segnungen der Zivilisation" verdankte das Goldgräberlager einem Mann namens James Madsen, der sofort nach seiner Ankunft eine außerordentlich rührige Tätigkeit entfaltet hatte.

    An jener Stelle, an der Pitt Potters den Klumpen Gold gefunden hatte – dieser war übrigens der einzige im Claim des Gründers der neuen Stadt geblieben – entstand bald darauf das Haus des Friedensrichters Johnson, der das Gesetz im Gebiet repräsentierte. Immer neue Gebäude wuchsen aus dem Boden, oft buchstäblich über Nacht ...

    Druggstone war entstanden, und Pitt Potters selbst hatte ihm den Namen gegeben. Dieser alte Kauz, der die meiste Zeit des Tages damit verbrachte, seinen immer vorhandenen und nicht tot zu kriegenden Durst zu löschen, und dessen schrullige Art wesentlich zur allgemeinen Belustigung beitrug, fühlte sich

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1