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Conny Cöll - Grauwolf
Conny Cöll - Grauwolf
Conny Cöll - Grauwolf
eBook266 Seiten3 Stunden

Conny Cöll - Grauwolf

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Über dieses E-Book

Puma, Bär und Wolf beherrschen die Wildnis der Wälder und Prärien des Westens. Sie gefährden die dort lebenden Tiere und Menschen, aber die schlimmste Bestie kann der Mensch sein, wie die Verbrecherbande um John Silver beweist.
Der menschenscheue Trapper Harrys hat sich, zusammen mit einem kleinen Zoo aus gezähmten Wildtieren, in eine einsame Berghütte zurückgezogen. Dort wird er vom König der Wildnis, Grauwolf, angegriffen. Viele von Harrys' treuen tierischen Kameraden müssen ihr Leben lassen. Er selbst kann bei diesem Überfall durch das glückliche Erscheinen von Conny Cöll und Schwarzwolf, schwer verletzt, gerettet werden.
Durch das Auftreten von Grauwolf, Schwarzwolfs Vater, erfahren wir das weitere Schicksal des Wolfsrudels, das wir im Band Die Unbezwingbaren, zusammen mit Schwarzwolf, verlassen haben. Grauwolf, streift jetzt einsam durch die Wildnis. Schnellfuß hat die Rolle des Leitwolfes übernommen. Er bildet nun mit Rothaar, der Mutter von Schwarzwolf, ein Paar. Leider ist er als Führer nicht so erfolgreich wie sein Vorgänger. So werden die Wölfe immer wieder Opfer von tierischen und menschlichen Gegnern.
Auch drei Banditen streifen durch die Gegend um die hohe Belohnung, die auf die Erlegung von Grauwolf ausgesetzt ist zu verdienen. Sie ermorden Harrys, als Conny Cöll gerade unterwegs ist um sich um den jungen Hengst Silberteufel zu kümmern. Dieser Sohn von Satan und Redly soll durch Auswilderung zu einem neuen Superpferd gemacht werden, fällt aber leider seiner eigenen Wildheit zum Opfer.
Mit den Gangstern wird Conny bald fertig, aber die Gefahr Grauwolf stellt auch für ihn eine unlösbare Aufgabe dar, vor allem weil Schwarzwolf seine Unterstützung diesmal verweigert.
Zuletzt kommt es aber doch noch zu einer spannenden Begegnung zwischen Vater und Sohn Wolf.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum26. Jan. 2015
ISBN9783874116039
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    Buchvorschau

    Conny Cöll - Grauwolf - Konrad Kölbl

    Conny Cöll – Grauwolf

    Von Konrad Kölbl

    Inhalt

    Troll

    Murr, der Puma

    Pfurr, der Schreckliche!

    Brumm, der Schwarzbär!

    King, der Grizzly!

    Grauwolf, ein Held der Prärie!

    Troll

    Der alte Harrys war ein seltsamer Kauz.

    Vom südlichen Ufer des Hood-River bis herab nach Redmont inmitten des Kaskaden-Gebirges wurde sein Name teils belustigt, teils anerkennend genannt. Nicht jedermann im Staate Oregon hatte Verständnis für sein wunderliches Tun und Treiben. Wenn ihn auch nur Wenige persönlich kannten, so war seine halbverfallene, einsame Blockhütte inmitten des Blue-Wood doch in aller Munde ...

    Und das hatte seinen ganz besonderen Grund!

    Der alte Harrys war ein Einsiedler, wie man einen solchen im weiten Gebiete des Gebirgslandes bestimmt nicht mehr traf. Er war ein Sonderling, der die Menschen hasste, keinen Freund, keinen Kameraden anerkannte und die Menschen mied wie der lebenslustige Präriehund den aussätzigen Kojoten. Er schoss ohne Warnung aus dem einzigen Fensterloch seiner Behausung, wenn er auch nur die Sombrerokrempe eines harmlosen Reiters ins Visier bekam. Und er schoss gut – verdammt gut –, der alte, weißhaarige Kerl mit den kleinen, finster blitzenden Äuglein und der langen, fast zu spitzen Nase in dem bartüberwucherten Gesicht! Er duldete nicht, dass seinesgleichen sein Reich betrat, seine Welt entweihte! Er wachte mit Argusaugen darüber, dass sein Besitztum nicht geschändet wurde, wie er immer bissig knurrte, und er konnte bösartig sein wie ein bissiger Kettenhund, der sich nach der Freiheit sehnt!

    Aber trotzdem wurde er geliebt, ja treu und abgöttisch geliebt, und trotzdem war er nicht allein ...

    In seiner Hütte wimmelte es von Tieren aller Art! Der alte Harrys hatte sein Leben den vierfüßigen Kreaturen der Wildnis verschrieben. Ein Dutzend Katzen in allen Größen und Schattierungen murrten, schnurrten und miauten um ihn herum. Mitten drin lebte friedlich und voll Behagen ein Waschbärenpaar. Auch ein ausgewachsener Rotfuchs gehörte zu dem lebenden Inventar des Einsiedlers.

    Das war die Welt des alten Harrys!

    Er war mit den Menschen fertig! Wahrscheinlich hatte ihm das Leben draußen in der Welt böse zugesetzt. Sicherlich hatte er die Schlechtigkeit der Welt besonders hart und grausam erfahren müssen, denn nicht umsonst bestätigte er mit seinem Tun und Treiben die Wahrheit des alten Sprichwortes: „Wer die Menschen kennt, der liebt die Tiere!" – –

    Die Lieblinge des Alten waren Lady und Mim, zwei prachtvoll gewachsene, langhaarige Katzen. Mit diesen beschäftigte er sich die meiste Zeit des Tages, und seine verschwenderisch gespendete Liebe wurde heftig erwidert.

    Lady war hochbeinig, einfarbig schwarz und hatte mitten auf der Brust einen weißen Stern, während Mims hellgraue Farbe dunkle Streifen zeigte. Die anmutigen Bewegungen dieser beiden Katzen zeugten von Kraft und Gewandtheit. Sie waren reizende Tigerlein in verjüngtem Maßstabe. Alles an ihnen war gleichmäßig gebaut, nichts zu groß und nichts zu klein. Sie waren eine Augenweide, und jeder, der Gelegenheit hatte, sie zu sehen, war von ihrem Anblick begeistert!

    „Mim!, sagte der Alte, nachdem sich die Katze auf seine Schulter gesetzt und mit ihren widerspenstigen Barthaaren sein Gesicht in leichte Zuckungen versetzt hatte, „Mim, du sollst nicht immer so weit in den Wald streifen! Das kann einmal eine böse Überraschung für dich werden! Denkst du denn gar nicht an ,Murr‘, den Puma, der es auf dich abgesehen hat ...?

    Mim schnurrte in den schönsten Tönen und rieb den Kopf am Ohr ihres Herrn.

    „Du willst es also nicht glauben, Mim!, fuhr der Alte fort. „Murr wird dich einmal erwischen, und dann ist es aus mit dir! Er hat es auf dich abgesehen, und es ist schon besser, du bleibst in meiner Nähe! Und dann sollst du ,Brumm‘ nicht immer necken! Das hast du also auch schon herausbekommen, dass dieser Tollpatsch von einem Bär dich nicht fassen kann! Aber nimm dich vor seinen Tatzen in Acht. Wenn er einmal trifft, ist nichts mehr da von dir – höchstens noch ein paar blutige Haare! Oder glaubst du, ich habe dich nicht beobachtet, gestern, vor der Höhle Brumms? So etwas solltest du nicht tun, Mim, das nimmt einmal ein böses Ende ...

    Die Katze spannte ihre beiden Hinterläufe und setzte in einem eleganten Sprung auf den alten Kleiderkasten. Sie hatte allem Anschein nach keine Lust, noch weitere Vorwürfe anzuhören.

    Der alte Harrys drohte ihr noch ein paarmal mit dem Zeigefinger, dann beschäftigte er sich mit Lady, die fast augenblicklich nach dem Abgang ihrer Rivalin deren Platz eingenommen hatte.

    „Hast du das gesehen, Lady, brummte er unwirsch in seinen dichten, struppigen Bart, „das kleine Luder will nicht hören! Aber du bist der gleiche Racker! Habe ich dir nicht immer wieder gesagt, dass du dich von dem schwarz-weißen Tier mit dem buschigen Schwanz fernhalten sollst! Das tue sogar ich, Lady, denn diese kleine Bestie hat eine furchtbare Waffe, und die riecht so schlecht, dass du dich eine ganze Woche lang nicht mehr unter deinesgleichen sehen lassen kannst! Es ist schon besser, du suchst dir einen anderen Spielgefährten! Hast du noch nie etwas von einem Skunk gehört? Das ist zwar ein prächtiger Kerl, wenn man ihn in Ruhe lässt, aber er hat ganz verteufelte Waffen, mit denen er schon manche Schlacht gewonnen hat. Noch nie hat sich ein Feind an einem Skunk vergriffen, ohne dies nicht bitter bereut zu haben! Das solltest du beherzigen, Lady! Du hast auch nur lauter Dummheiten im Kopf!

    Lady machte einen richtiggehenden Buckel, aber sie schnurrte dabei leise und versöhnlich. Dann setzte auch sie sich ab, und zwar mit einem gewaltigen Sprung, der sie unmittelbar an den Lagerplatz von Rotfuchs brachte. Reinecke machte einen erschrockenen Satz nach hinten. Er beruhigte sich aber sofort wieder, als er die ihm wohlgesinnte Katze vor sich stehen sah. Reinecke besaß ein rostrotes Fell. Nur die Schultern und das Hinterteil des Rückens bis zur Schwanzwurzel waren von einem leichten Weiß überlaufen. Ein heller Streifen zog sich über die Kehle und auch an den Beinen herab. Nachdem sich der Störenfried wieder entfernt hatte, legte sich der Rotfuchs wie ein schläfriger Hund zusammengerollt auf die Seite und schlug seine buschige Rute über die beiden Vorderläufe.

    Reinecke war kein geselliges Tier. Es hatte Harrys große Mühe gekostet, den scheuen Gesellen an sich und seine vierbeinigen Freunde zu gewöhnen. Aber es war ihm gelungen, und darauf war der Alte besonders stolz. Er hatte den Fuchs schon frühzeitig eingefangen, ihn mit der gewöhnlichen Kost junger Hunde aufgezogen und sich viel mit ihm abgegeben. Auf diese Weise war Reinecke ganz zahm geworden, wenn sein Herr ihm auch die übermütigen Streiche und die Boshaftigkeit nie ganz abgewöhnen konnte. Reinecke war bei weitem das schlaueste und gescheiteste Tier, das der alte Harrys an sich gezogen hatte.

    Da war noch das drollige Waschbären-Pärchen! Harrys hatte es einst auf einem großen, abgestorbenen Ahornbaum gefunden. Allem Anschein nach musste die Mutter einem Raubtier zum Opfer gefallen sein, denn die beiden Jungen schrien jämmerlich auf ihrem armdicken Stamm, der eine ganze Strecke lang ohne Rinde und so glatt war, dass die beiden Fellknäuel sich nicht nach unten wagen konnten. Zwar wehrten sie sich mit zornigem Schnauben, als Harrys sie vom Baum nahm, und aus den tiefschwarzen Masken ihrer Gesichter blitzten einige gefährliche Zähnchen! Der Alte hatte viele Freude an den beiden tollpatschigen Kerlen, die sich derart aneinander gewöhnt hatten, dass man niemals eines ohne das andere sah! Er nannte die kleinen Waschbären darum nur „Die Unzertrennlichen". Wie zwei dicke Pelzkugeln hockten sie fast ununterbrochen nebeneinander. Wenn die vielen Katzen etwas zu vorlaut wurden, verscheuchten sie diese mit einem wunderlichen Mischlaut – halb Gebrumm, halb Geknurr! – –

    Das war das Reich des alten Harrys! Das war seine Welt, die er liebte und die ihn glücklich machte! Bis dann eines schönen Tages etwas ganz Unvorhergesehenes passierte ...

    Schuld daran war Troll! – –

    Richtig, diesen Schlingel hätten wir ja nun beinahe vergessen! Wo Troll herkam, das wusste selbst der Alte nicht. Eines Tages war er dagewesen, und es hatte ihm außerordentlich gut im Kreis der lustig miauenden, sich ewig balgenden Schar gefallen.

    Troll war ein Kater! Ein Wildkater! Und was für einer!

    Die europäische Wildkatze ist wegen ihrer Wildheit und verwegenen Angriffslust bekannt! Sie ist groß und stark, und man hat Tiere erlegt, die eine Risthöhe von über 40 Zentimeter hatten. Die amerikanische Wildkatze aber ist noch wesentlich größer und massiger. Aber sie ist im Grunde genommen ein scheues Tier und schlägt selten ein größeres Wild als ein Kaninchen.

    Troll aber war ganz aus seiner Art geschlagen. Der alte Harrys konnte sich nicht erinnern, schon jemals solch ein Biest unter den Wildkatzen gesehen zu haben. Von Furcht oder Scheu keine Spur! Er konnte sich noch gut der Stunde entsinnen, in der Troll zum ersten Mal am offenen Fensterloch seiner Hütte erschienen war. Troll war maßlos erstaunt gewesen, eine solche Menge fremdartig wirkender Artgenossen vorzufinden. – Sicherlich hatte er bis dahin mit ganz anderen Katzen zu tun gehabt. Ängstlich schreiend flüchtete die ganze Schar im Inneren des Raumes in die hinterste Ecke, und erst als Harrys einen dicken Stock schwang, ergriff der Frechdachs das Hasenpanier.

    Aber er kam wieder, und da er nicht die geringsten Angriffsabsichten zeigte, ließ man ihn gewähren. Merkwürdigerweise gewöhnte sich auch das Katzenvolk an ihn. Einmal aber tauchte er mit einer tiefen, blutenden Wunde auf. Er musste an den Puma geraten sein, und diese Begegnung war ihm nicht gut bekommen. Er ließ sich von den Kätzchen in der Hütte des Alten die Wunden lecken. Vor Harrys hatte er seltsamerweise überhaupt keine Scheu. – Er musste direkt gefühlt haben, dass dieser Mensch ein Freund der Tiere war.

    Troll brachte aber mächtigen Aufruhr in die ehedem so lustige Schar. Zu den Katzen des alten Harrys gehörten auch einige Kater, die auf einmal bei ihren weiblichen Artgenossen nichts mehr galten und daher sehr erbosten. Als sie gar einen bösartigen Angriff auf Troll wagten, hatte es zwei Tote gegeben!

    Der alte Harrys fluchte, dass die Wände wackelten. Dann warf er eine Fangleine um Trolls Hals und zerrte die Raubkatze mit einiger Gewalt ins Freie. Murrend und mit sich hadernd stapfte er immer tiefer in den Wald. Die Schimpfworte, die er dabei ausstieß, waren derart, dass Troll, hätte er deren Sinn verstanden, ängstlich den dicken, runden Kopf eingezogen haben würde. –

    Weit draußen, am Snake-River, nahm er dann endlich die Schlinge vom Hals des Wildkaters. Dieser blieb einen Moment verwundert stehen, dann enterte er mit einigen flinken Sätzen an einem Baum hoch. „Und dass du mir nicht noch einmal zurückkommst, du Satansbraten!, fluchte der Alte hinter ihm drein. „Wenn ich dich noch einmal erwische, schieße ich dir ein Loch in deinen Balg! Hast du gehört ...?

    – – –

    Troll war ein Prachtexemplar seiner Rasse. Sein Pelz war dicht und prächtig. Von der Stirn ausgehend, zogen sich vier gleichlaufende, schwarze Streifen zwischen den Ohren hindurch, von denen sich die beiden mittleren auf dem Rücken fortsetzten. Viele verwaschene Querstreifen zweigten von diesen ab und zogen sich nach dem Bauch hin. Der buschige Schwanz trug Ringe, die von der Wurzel nach der Spitze hin dunkler wurden.

    Troll hatte ruhige, aber mitunter gefährlich blitzende Augen, die in der Nacht genauso gut sahen, wie am hellen Tag. Seine Bewegungen waren fast unhörbar, wenn er seine Beute beschlich, und vor seiner ungebändigten Angriffslust waren auch die größeren Tiere des Waldes nicht sicher. Er sprang diesen blitzschnell und ohne Warnung aus irgendeinem Gebüsch heraus auf den Rücken, um ihnen die Schlagadern des Halses zu zerbeißen!

    Er war ein stolzes Tier, und nie hatte er einen solchen Sprung ein zweites Mal getan, wenn er beim ersten Mal sein Ziel verfehlt hatte. In solchen Fällen schämte er sich! Er ließ dann sein Opfer in Ruhe und suchte sich ein anderes.

    Troll war ein Meister der Tarnung. Schon oftmals hatte er seinen größten Feind, den Menschen, in seiner nächsten Nähe erblickt. Niemals war er jedoch von Menschen im Walde erspäht worden. Es war schon vorgekommen, dass Trapper oder Jäger unter dem Baume, auf dem Troll hockte, ihr Nachtlager bereitet hatten. Aber Keiner von ihnen hatte die große Wildkatze bemerkt, die über ihnen im Astwerk saß und und sich dicht an den Baumstamm drückte, der in seiner Farbe der ihren glich.

    Troll besaß ein mutiges Herz. Angst hatte er eigentlich nur vor einem Wesen, das er allerdings hasste bis in den Tod. Nein, der Puma war es nicht! Troll war schneller und flinker als diese Großkatze. Wenn er seinerzeit nicht unglücklicherweise in einer Baumspalte hängen geblieben wäre, hätte Murr ihm niemals jene schmerzende Wunde beibringen können. Obwohl der Puma viel größer und stärker war als er, hatte Troll nicht die geringste Furcht vor ihm. Sein ganz außerordentlich entwickeltes Witterungsvermögen warnte ihn immer zur rechten Zeit, wenn der Feind nahte. Zwar sprang Murr ebenfalls gewandt von Ast zu Ast und von Baum zu Baum, aber infolge seines größeren Körpergewichtes konnte er Troll nicht im schwankenden Gezweig ereilen.

    Der andere Feind aber, vor dem Troll schauderte, so oft er ihn sah, war keine Raubkatze – das war ein Wolf! Ein grauer Wolf von riesiger Körpergröße, von einer Wildheit und Blutrünstigkeit, die Troll noch an keinem anderen Geschöpf der Wildnis erlebt hatte.

    Grauwolf war ein Einzelgänger, der selten einen Anhang duldete. Troll hatte schon zu wiederholten Malen gesehen, wie diese reißende Bestie sich sogar allein und ohne Hilfe an den Schwarzbären wagte, wie er eine riesige Elchkuh zu Tode riss, wie er vier, fünf kräftigen Hunden der Menschen den Garaus machte – mit einer spielerischen Überlegenheit den Garaus machte, dass es Troll in seiner luftigen Höhe eiskalt über das struppige Fell fuhr.

    Der graue Teufel schien keine Nerven zu haben. Einmal hatte er den Besuch einiger Wölfe erhalten, die ihm ein Anliegen vortragen wollten. Sie gedachten ihn wahrscheinlich zu ihrem Führer zu erküren, denn es war Hungersnot im Lande. Da war der Graue heißhungrig über sie hergefallen! Und es war eine grausige Mahlzeit gewesen, mit der er sich dann gesättigt hatte ...

    Vor diesem Satan hatte Troll Angst. Sonst fürchtete er nichts! Den Menschen achtete und mied er, zu fürchten brauchte er ihn nicht, denn er kam nie mit ihm in Berührung. Aber Grauwolf hatte auch hier keine Hemmungen! So lange Troll denken konnte, und das vermochte er schon seit einigen Jahren, hatte er noch nie erlebt, dass ein Mensch angefallen wurde. Sogar der furchtbare Grizzlybär ging diesem aufrechtgehenden Ungeheuer aus dem Wege! Und dieser fürchterliche Bär war ein Herrscher der Wildnis! Aber Grauwolf brachte es fertig!

    Es war drunten in Dayville, ganz in der Nähe des „Blauen Gebirges", da hatte Troll es erlebt. Grauwolf brach in eine Herde ein und tötete das Reitpferd des Menschen. Als dieser auf die Bestie einschlug, sprang er ihm an die Kehle. Was Troll nie und nimmer für möglich gehalten hatte, war eingetreten – der Wolf blieb Sieger! Ja, wenn nicht Hilfe aus dem nahestehenden Haus der Menschen gekommen wäre, hätte er sogar den Getöteten angefressen! Als dann unter lautem Donner Feuer aus den langen Hölzern der Menschen gefahren war, hatte Troll entsetzt das Weite gesucht. Gewiss war nun der kühne Wolf verloren, rettungslos verloren, denn der Mensch war ein furchtbarer Feind, wenn er wütend war ...

    Aber schon am andern Tag war Grauwolf wieder jagend über die Prärie gehetzt, quicklebendig und angriffslustig wie zuvor! Troll hatte es vom Waldrand aus gesehen.

    Und da war in ihm ein Gefühl der Bewunderung hochgestiegen – für diesen grauen Teufel – für diesen ungekrönten König der Wildnis am Hood-River ...

    Murr, der Puma

    Die meiste Zeit des glühend-heißen Tages verbrachte Murr auf den Bäumen. Er hasste das Sonnenlicht. Erst wenn sich die wohltuende Dämmerung über das wilde Land legte, wurde er munter und lebendig. Dann war die Stunde für ihn gekommen, in der er nach Beute auszuschauen pflegte.

    Murr war eine starke, löwenartig aussehende Großkatze, deren dunkelgelb-rotes Fell einen außerordentlich gepflegten Eindruck machte. Er hatte auch genügend Zeit, es zu säubern, und er tat dies gründlich und mit einer unentwegten Ausdauer. Seine Augen waren groß und ruhig und sie hatten im Grunde genommen keinen wilden Ausdruck. Ein Sinn war bei ihm besonders gut ausgeprägt – der Gehörsinn! Auf seine beiden ständig kerzengerade aufgestellten Lauscher konnte sich Murr felsenfest verlassen, und er vermochte auf eine erstaunliche Entfernung hin jegliches Geräusch wahrzunehmen. Das war in der gefährlichen Umgebung des „Blauen Waldes" von lebenserhaltender Notwendigkeit.

    Der goldgelbe Feuerball der untergehenden Sonne verschwand hinter den Berggipfeln der riesigen Kaskaden-Gebirgskette und ein purpurroter Glanz lag über Wald und Ebene. Die wellige Fläche der Prärie nahm sich aus, als hätten Milliarden blütenweißer Schaumflocken ein fahles Leichentuch über das Land gelegt, in welchem sich ein leicht rötlicher Schimmer spiegelte.

    Erst am Abend erwachte das gefährliche Leben der Wildnis – –

    Irgendwo begann es mit einem klagenden langgezogenen Heulen. Dann setzte ein wahres Chorgebell ein. Zuerst waren es gurgelnde, grollende Laute, die rasch anschwollen, um in ganz kurzer Zeit eine Tonhöhe zu erreichen, die beängstigend, aber zugleich melodisch anzuhören war. – Anhaltende, wimmernde Jammerlaute folgten, die dann ihr Ende in einem durch Mark und Bein gehenden Gekläff fanden. – –

    Als Murr dieses Abendkonzert zum ersten Male hörte – er war damals noch ein hilfloses Kätzchen – erschrak er heftig. Das mussten Feinde sein, die furchtbar in ihrem Lebenstrieb waren! Aber das waren sie nicht. Dieser allabendliche Chorgesang stammte von harmlosen, kleinen Kojoten. Wenn sie auch einen Lärm machten, wie eine Herde reißender Wölfe, so waren sie doch ganz zahm und ungefährlich.

    Der Kojote – halb Wolf, halb Fuchs – kann wunderschön singen! Sein wilder, aufreizender Song ist meilenweit zu hören, und er gehört in die Prärielandschaft wie das Bellen der übermütigen Präriehunde, deren Dörfer Murr fast ununterbrochen heimsuchte, um dort seine gesegneten Mahlzeiten zu halten.

    Der Puma liebte diesen Singruf, denn er wies ihm den Weg zu seinen Opfern! Er war das erste, was er in der Abenddämmerung hörte, und das letzte, dem er lauschte, ehe er sich bei Anbruch des aufsteigenden Tages in seinen Baumkronen verkroch. – –

    – – –

    Der Puma hatte keinen Feind, der ihm Furcht einjagte. Der Grizzly und auch der Schwarzbär konnten ihm infolge ihrer Plumpheit nichts anhaben. Die Wölfe waren keine Baumkletterer und von den Menschen ließ er sich nicht sehen. Wohl glommen seine grünlich-gelben Lichter drohend auf, wenn ein ahnungsloser Reiter in seiner unmittelbaren Nähe vorbei kam – aber er ging der großen Gefahr, die er im Menschen witterte, ängstlich aus dem Wege! Nein, es war kein Feind da, der ihm gefährlich werden konnte ...

    ... und diese Sorglosigkeit sollte ihm eines schönen Tages zum Unheil werden ...

    Wenn man das Bild der Präriewildnis entwirft, so wird es immer unvollständig bleiben, wenn man dabei den „Clown der Ebene" vergisst. Dieser gehört in die Landschaft des Wilden Westens – er ist das klassische Tier des gesamten rauen Landes, nachdem der Büffel so gut wie ausgerottet wurde. Er ist eine Art Erdhörnchen, ein lustiges, lebensfrohes Geschöpf. Seinem Bellen hat es das Tier zu verdanken, dass man es Präriehund nennt.

    „Jäk – jäk – jäk –, ist sein Morgenruf und „jäk – jäk – jäk –, sein Abendgeschrei! Dabei wirft er bei jedem „jäk ruckartig seinen possierlichen Schwanz in die Höhe, und es hat ganz den Anschein, als käme das Gebell aus dem buschigen Ende des Tieres. Der Präriehund lebt in der Erde. Eigentlich führt er ein sorgenvolles Dasein, denn immer ist er auf dem Sprung. Seine großen Feinde sind der Kojote und der Puma! Vor diesen beiden nimmt er sich in Acht, und ständig stehen an den Rändern der „Hundedörfer Wachtposten, die Ausschau halten nach Kojote und Puma.

    „Jäk-jäk" hat keinen Freund und keinen Kameraden, der sich seiner Not erbarmt. Er kennt keine ruhige Stunde, und wenn die Sonne noch so herrlich warm im Frühling scheint, er kann sich ihrer nicht ungetrübt erfreuen. Seine Wohnung hat er sich in das tiefe Erdreich gegraben, und er kann sich nicht weit von ihr entfernen. Er lebt nur von dürrem Gras, und man muss es als Wunder bezeichnen, dass

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