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forest of feelings: Die Macht in dir
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eBook244 Seiten3 Stunden

forest of feelings: Die Macht in dir

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Über dieses E-Book

Antonia sehnt nichts mehr herbei, als den letzten Schultag, um dann endlich in die Arbeitswelt einzutauchen.
Aber der Sturz in eine neue Welt kommt viel schneller. Und so hat sie sich ihr Leben als angehende Erwachsene absolut nicht vorgestellt. Sie sieht sich plötzlich konfrontiert mit Kämpfen um Macht und Magie ... Mit dem Zuwachs von Familienmitgliedern ... Und der ganz großen Liebe, welcher Steine in den Weg gelegt werden, die unüberwindbar scheinen.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum30. März 2021
ISBN9783748778745
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    Buchvorschau

    forest of feelings - Ailis Regin

    Es kommt immer anders, wie man denkt

    Mein letztes Schuljahr. Endlich.

    Es konnte mir gar nicht schnell genug gehen, bis ich der Schule endgültig den Rücken kehren konnte. Ich mochte sie einfach nicht. Ich hatte zwar immer gute Noten und es war auch nicht so, dass ich unbeliebt war. Im Gegenteil, in dieser Hinsicht hatte ich keinerlei Probleme. Es war total super mit meinen zwei Freundinnen. Mit den beiden ging ich durch dick und dünn, wenn es sein musste. Das war glasklar. Sie würden mich nie im Stich lassen, genauso wie ich alles für sie tun würde.

    Auch mit dem Lernen tat ich mich leicht. Im Grunde lag es gar nicht an der Schule selbst, sondern daran, dass ich einfach mein eigenes Geld verdienen und die Freizeit selbst gestalten wollte. Ich, Antonia Wilson, hatte das Bedürfnis, selbstständig zu sein, nicht auf andere angewiesen. Es war doch bestimmt herrlich, einfach zu tun, wonach einem halt gerade der Sinn stand und selbst für sich zu sorgen. Einfach traumhaft.

    Ende April war die Sportwoche angesagt. Es ging nach Nordamerika, in die Wildnis. Die Eltern waren sich nach irre langen Diskussionen einig, dass dies der richtige Ort war, um uns für die Zukunft vorzubereiten. Unsere Klasse war eine der Schlimmsten. Das sagten nicht nur die Lehrer und Eltern, auch ich empfand das so. Ich, als eine der Braven! Es gab keinen Tag, an dem nicht mindestens einer beim Direktor stand. Es ging dabei über die üblichen Kinderstreiche hinaus, zeitweise waren die nämlich schon fast kriminell. Ich hatte solche Aktionen nie gut geheißen, wie zum Beispiel den Lehrer in einen Spind zu sperren, sodass er die Nacht darin verbringen musste. Aber was hätte ich tun sollen? Ich als einzige, oder zumindest der Minderheit angehörend, hatte mich da lieber rausgehalten. Mein Ziel war einfach immer, heil aus den Pflichtschuljahren herauszukommen.

    Die Lehrer hatten die Hoffnung, dass uns die Flausen aus dem Kopf getrieben werden würden und dass wir lernten, für unsere Taten gerade zu stehen. Ich bezweifelte stark, dass diese Erziehungsmaßnahme Früchte tragen würde.

    Tja, sicher war, dass wir eine sehr aufregende Reise vor uns hatten.

    Jeder war total aufgeregt, vor allem wegen des Fluges. Viele, darunter auch ich, waren noch kein einziges Mal geflogen. Diejenigen, die schon einmal in einem Flugzeug gesessen hatten, machten sich einen Spaß daraus, den anderen allen möglichen Blödsinn zu erzählen. Mich ließ es ziemlich kalt. Was sollte schon passieren?

    Waren wir dann heil am Flughafen von St. Louis gelandet, war das größte Herzklopfen vorüber, die Schmähführer wurden geschimpft. Auch ich fühlte mich befreit und lachte erleichtert auf, fuhr mir duch mein mitgenommenes blondes Haar. Obgleich ich mich von den anderen nicht verrückt hatte machen lassen, war ich froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.

    Wir kamen in einer wunderschönen Landschaft an. Es war reine, unbearbeitete Natur. Genau so, wie es mir gefiel. In so einer Gegend fühlte ich mich so richtig wohl. Da hatte ich gute Laune und strotzte nur so vor Energie. Obwohl der gut fünfzehnstündige Flug an mir zehrte, konnte ich es kaum erwarten, so viel wie möglich von meiner Umgebung kennenzulernen. Die Stadtmenschen unter uns hatten nicht so unbedingt Freude an dieser Kulisse, doch es waren ein paar dabei, die ebenso liebevoll staunten.

    Ich war am Land zuhause, dennoch berührte mich diese Idylle wahnsinnig. Kein Mensch hatte hier je eingegriffen. Zumindest konnte man nichts davon erkennen. Der Wald, der sich vor uns erstreckte, war wild. Glücksgefühle erfüllten mich, wenn ich daran dachte, dass nicht alles durch fremde Hände ging. Hier bahnte sich alles seinen eigenen Weg. Nichts war hier erzwungen.

    Es ging gleich turbulent los. Wir bezogen nicht zuerst das Hotel, sondern fuhren mit dem Bus zum Missouri River. Ich wusste wenig über ihn, nur dass er der längste Fluss in Nordamerika war. Aber bei seinem Anblick war mir das Geografische ohnehin vollkommen egal. So etwas Wunderschönes war mir im Leben noch nie untergekommen.

    Die Ersten liefen sofort in den Wald, der den Fluss entlanglief - sehr dicht und natürlich zauberhaft. Sie dachten nicht einmal daran, dass sie vielleicht nie mehr rausfinden würden. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich natürlich nur mutmaßen, war aber trotzdem davon überzeugt, dass jeder Wald seine Tücken hatte. Alles, was wir vor der Abreise in der Schule über den Ort gelernt hatten, war wie weggeblasen.

    Ich meine, sich zu verlaufen, ging ja wirklich irre schnell. Von der ausgehenden Gefahr wilder Tiere, ganz zu schweigen. Lebewesen, die wir womöglich noch nie im Leben gesehen hatten. Weder live noch in Büchern.

    Die Lehrer empfanden genauso. Sie wurden nervös und begannen, nach den Teenagern zu schreien.

    War es schon eine gute Idee, hierher zu fahren?

    »Mike. Simon. Wenn ihr nicht sofort da raus kommt, könnt ihr was erleben!«

    Neben mir begann Clary zu lachen.

    »Und jetzt meint sie, haben sie Angst? Was kann Frau Dottel schon ausrichten?«

    Erst sah ich meine beste Freundin erschrocken an. Sie hatte sehr laut gesprochen und für einen Moment schien es so, als hätte die Lehrerin es gehört.

    Als diese sich aber wieder ihren Schimpftiraden widmete, musste ich auch darüber lachen. Clary hatte vollkommen recht. Frau Dottel war zwar unsere Klassenlehrerin, aber absolut keine Autoritätsperson. Sie konnte sich uns gegenüber nicht einmal annähernd behaupten. Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, ob sie nicht in einer Volksschule besser aufgehoben wäre, aber selbst die Kleinen tanzten ihr wahrscheinlich schon auf der Nase herum.

    Trotzdem verteidigte ich sie immer. Trotz, oder vielleicht gerade wegen ihrer trotteligen Art mochte ich sie. Sie war eine gute Lehrerin. Ein guter Mensch.

    »Ach komm. Sei nicht so gemein. Es ist nicht einfach, eine ganze Klasse im Auge zu behalten, noch dazu so eine.« Ich machte eine ausschweifende Bewegung über meine Mitschüler.

    Clary, die gar nichts für Frau Dottel übrig hatte, schaute mich abschätzig an. Sie ließ von einer Antwort ab, die ich ohnehin kannte. Sie mochte die Lehrerin nicht und fand auch absolut nichts Gutes an ihr.

    Das Mädchen begann mit ihren seidenglatten Haaren, um die ich sie immer beneidete, zu spielen. Ich musste grinsen. Das tat sie nur, wenn Tim in der Nähe war. Surferboy Tim mit blonden Haaren und Waschbrettbauch. Auf den hatte sie es schon seit Schulbeginn abgesehen. Wie so ziemlich der Rest der weiblichen Klassenkameradinnen. Bis auf meine Wenigkeit. Der war absolut nicht mein Typ. Zum Glück für Clarys und meine Freundschaft.

    Und da hörte ich ihn auch schon.

    »Dottel, oh Dottel. Ich hab dich ja so lieb. Oh ...«

    Weiter kam er nicht, denn ich hatte mich umgedreht und den erstbesten Stein aufgeklaubt. Im Zurückdrehen warf ich ihn. Volltreffer. Ich hatte nicht viel Schwung drauf und dennoch erzielte ich meine Absicht. Der Junge stockte und rieb sich die erwischte Stelle seitlich am Kopf.

    Mario pfiff bewundernd durch die Zähne. Zumindest dachte ich, dass es Bewunderung war. Er stand direkt neben Tim. Es hätte auch ihn treffen können. Ich bekam rote Flecken im Gesicht und schaute weg. Ich versuchte, mir unauffällig Luft zuzufächeln.

    Nachdem wieder alle aufgetaucht waren, machten wir uns auf, zu einem nahegelegenen Ufer, wo allerhand Boote auf uns warteten. Eine Ruderfahrt. Ich könnte gar nicht glücklicher sein.

    Rund um uns nur Bäume, reinste Natur - herrlich. Außer dem Rauschen des Wassers war nichts zu hören. Was zum größten Teil daran lag, dass der Fluss laut rauschte und unsere aufgeregten Stimmen mühelos verschluckte.

    Die Lehrer mussten ihre Anweisungen ein paar Mal wiederholen, damit sie auch jeder verstand. Zu zweit sollten wir uns ins Boot setzen und - wie das Leben nun mal spielte: Ich wurde mit Mario in eines gesetzt. Mein Gesicht glich augenblicklich wieder einer Tomate.

    Momentan wusste ich nicht, was ich fühlen sollte. Einerseits war ich wahnsinnig nervös. Ich war in diesen Jungen schon seit geraumer Zeit verliebt. Was, wenn ich auf der Fahrt etwas falsch machte und er mich dann für einen Trottel hielt? Obwohl ... Eigentlich war ja Mario für seine Tollpatschigkeit bekannt. In jeder nur möglichen Situation schaffte er es, sich wehzutun oder etwas umzustoßen. Und das konnte auf einem Boot durchaus böse ausgehen. Darum hätte ich mir Sorgen machen müssen.

    Vielleicht komme ich ihm näher, dachte ich als Nächstes und freute mich noch mehr auf den Ausflug.

    Dass allerdings nie etwas lief, wie es sollte, hatte ich wieder einmal nicht bedacht.

    »Ach hör auf. So lustig ist das gar nicht. Das hat ihm einfach gehört. Nur weil ich meine Lehrer respektiere, heißt das nicht, dass ich sie mag.«

    Wir hatten unheimlich viel Spaß. Ich muss sagen, so hatte ich Mario noch nicht erlebt. Die Situation war gelöst, niemand von uns beiden verstellte sich.

    »Du brauchst dich doch nicht zu rechtfertigen. Ich finde es gut, dass du dazu stehst. Viele hätten sich bestimmt angepasst und bei den Sticheleien mitgemacht.«

    Ich wähnte mich im siebten Himmel. Ich war dem blonden Jungen so nah wie nie zuvor und dann machte er mir auch noch ein Kompliment.

    Ich hatte sofort verstanden, was er mit dem Sich anpassen meinte. Mario war nicht sonderlich beliebt, was hauptsächlich daran lag, dass er so ungeschickt war. Die anderen nutzten das aus, es war ein gefundenes Fressen für Sticheleien und Streiche. Es schmälerte sein Selbstbewusstsein. Ich beobachtete ihn oft, sehr oft. Und noch öfter fiel mir auf, wie er sich den anderen unterordnete, die Späße auf seine Kosten mitmachte, nur um dazuzugehören.

    Ich fand es schade und verstand es doch.

    Die coolen Kids verstand ich wiederum absolut nicht. Er war nett und auch recht lustig, wenn man ihn ließ. Er war hübsch, könnte glatt als Mädchenschwarm Nummer eins durchgehen - seine strahlend blauen Augen passten wunderbar zu dem goldblonden Haar, das halblang und perfekt auf sein Gesicht zugeschnitten war. Und seine Ausstrahlung ...

    Warum sah nur niemand mehr in ihm als den schüchternen Tollpatsch? Außer mir.

    Ich hatte nie gewusst, ob er etwas von mir wollte und war immer zu feige, ihn zu fragen. Er gehörte nicht zu den Jungs, die ihre Gefühle wie ein offenes Buch darlegten. Wenn ich ehrlich war, kannte ich keinen einzigen Jungen, der das machte.

    Außerdem hatte ich immer Angst, dass auch ich ins Schussfeld kam, wenn ich mehr mit Mario unternahm. Ich gebe zu, auch ich bin nicht gerade der offenste und tapferste Mensch. Es war mir eigentlich nie wichtig, was die Leute von mir dachten, aber um Lästereien oder Spielchen riss ich mich auch nicht gerade. Die Angst, verspottet zu werden, hatte ich, seit ich denken konnte.

    Heute aber war es mir egal. Ich fand, es musste etwas bedeuten, wir beide im selben Boot ... Ein Wink des Schicksals. Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich es mir einbildete, aber ich empfing heute schon gewisse Funken. Funken der Zuneigung, die nie da gewesen waren. Diese Art von Zeichen, dich ich immer gesucht hatte, um mich einen Schritt vorzuwagen.

    Allein die Tatsache, dass ich mit ihm auf engem Raum beisammensaß und er nicht so reserviert war wie sonst immer, ließ mich hoffen.

    Ich mochte es, aus seinem Gesicht zu lesen. Seine kristallblauen Augen zeigten Zuneigung. Zumindest wollte ich die sehen. Sicher war ich nicht. Zwischen hoffnungsvoller Einbildung und Tatsache war sehr oft nur ein ganz schmaler Grat.

    Wir blödelten herum, ich kam aus dem Lachen nicht mehr heraus. Mario war ungewöhnlich ausgelassen.

    »Ach, das ist doch gar nicht wahr.

    Mario hatte mir gerade unterstellt, dass ich in Elias verliebt war. Ich fragte mich, wie er gerade auf diesen Klassenkameraden kam. Etwas enttäuscht begann ich, mich auf das Paddeln zu konzentrieren. Eifriger, als es nötig gewesen wäre.

    Mario wechselte das Thema. Ehe ich mich aber darauf konzentrieren konnte und auch nur ein Wort registrierte, erscholl ein Schrei. Ich war komplett irritiert. Halb in Gedanken, halb bei Mario, realisierte ich kaum, was vor sich ging.

    Alle sahen geschockt nach vorne. Augenblicklich paddelten wir um unser Leben - in die entgegengesetzte Richtung. Vor uns war ein angsterregender Wasserfall aufgetaucht.

    Für einen Bruchteil der Sekunde fragte ich mich, wie das den Lehrern bei der Planung dieser Unternehmung entgangen sein konnte. Das war doch sicher in den Reiseführern vermerkt.

    Gleich darauf zählte das zu den unwichtigsten Dingen in meinem Leben. Marios Krankheit wurde mir zum Verhängnis. Immer, wenn er Angst bekam oder extrem aufgeregt war, vergaß er alles. Wirklich alles. Ihm entfielen die einfachsten Handgriffe, tat aber trotzdem sein Bestes, was meist in die Hose ging. In diesem Fall wusste er nicht mehr, wie das Paddeln funktionierte.

    Ich versuchte, ihn zu beruhigen, was schier unmöglich schien. Ich redete weiter auf ihn ein und langsam bekam ich sogar das Gefühl, dass er wieder zu sich fand. Wir hatten uns schon ein Stück von der beängstigenden Tiefe entfernt.

    Plötzlich spürte ich einen dumpfen Schlag am Kopf. Mir wurde schwindelig und ich konnte meine Augen kaum mehr offen halten. Das Letzte, an das ich mich erinnern konnte, war ein gellender Schrei, der wohl aus meiner eigenen Kehle stammte, und das darauf folgende Leeregefühl, welches mich in Angst und Schrecken versetzte.

    Mit einem Brummschädel wachte ich auf.

    Was war denn passiert?

    Wo war ich?

    Wo war Mario?

    Irritiert schaute ich mich um, in der Hoffnung, auf all diese Fragen eine Antwort zu erhalten.

    Da tauchte vor mir ein Gesicht auf. Mein Blick war noch etwas verschwommen und ich war der festen Überzeugung, dass ich noch träumte.

    Ein Junge mit sehr dunkler Haut stand vor mir. Abgesehen davon, dass er nicht aus meiner Klasse war, war daran eigentlich nichts merkwürdig. Aber was war das auf seinem Gesicht? Kriegsbemalung?

    Obwohl ich es mir einredete, wusste ich, dass das kein Traum war. Denn noch nie in meinem Leben hatte ich solche Bemalungen gesehen. Seine Wangen zeichneten Stricke, verschlungen mit schlangenartigen Zeichnungen. Konnte man von einem Jungen träumen, den man noch nie gesehen hatte? Von den Bemalungen ganz zu schweigen.

    Weiters nahm ich äußerst irritiert wahr, dass er außer eines Lendenschurzes nichts Trug. Dabei war es hier eher kalt als warm. Allein der Anblick ließ mich frösteln.

    Dies alles ging nur Sekunden durch meinen Kopf, ehe ich geschockt aufschrie. Blitzschnell fuhr ich hoch und sank dann mit schmerzverzerrtem Gesicht wieder zu Boden. Das war dumm. Nun hatte ich noch mehr Kopfweh. Auch der Fremde prallte mit der Hand auf der Stirn zurück. Wir waren mit vollem Karacho zusammengeknallt.

    Anstatt zu schimpfen, begann dieser allerdings zu lachen und ich starrte ihn stirnrunzelnd an. Ich hatte keine Ahnung, was ihn so vergnügte und wollte ihn schon beleidigt anschnauzen, sein Verhalten steckte mich allerdings an. Auch ich begann zu kichern.

    Für einen kurzen Abschnitt meines Lebens vergaß ich die brenzlige Lage. Wobei ich noch nicht einmal genau wusste, in welcher Situation ich mich überhaupt befand.

    Als ich mich dann aber umsah, wurde mir mit jedem Herzschlag klarer, dass ich in diesem Dschungel voller Bäume völlig verloren war. Die Schanzen, ihm zu entfliehen und meine Freunde wiederzusehen waren sehr gering.

    Aus dem Lachanfall wurde ein Weinkrampf.

    Der Junge stand reglos neben mir, sein Gesicht eine vor Schreck erstarrte Fratze, und wusste nicht, was los war. Sein Gesichtsausdruck verwirrte mich so sehr, dass ich prompt das Weinen vergaß.

    Ich begann, ihm meine Geschichte zu erzählen. Es war mir komplett egal, ob er sie hören wollte. Ich musste es mir einfach von der Seele reden. Er hörte aufmerksam zu, sagte kein Wort. Hatte er überhaupt schon etwas gesagt, seit wir uns hier befanden?

    Als er mir seinen Namen verriet, Rono, war ich erleichtert. Die Kommunikation war also kein Problem. Ein kleiner Hoffnungsschimmer breitete sich in mir aus und brachte mir Wärme, sogar ein Lächeln zauberte sich auf mein Gesicht. Der Kopf wurde wieder etwas klarer. Mit wachsender Freude begann ich, den Jungen vor mir zu mustern. Eigentlich war er hübsch, er war nur sehr ungewohnt anzusehen, mit seinen Bemalungen und dem merkwürdigen Gewand. Er hatte schulterlanges schwarzes Haar, das zu einem Zopf im Nacken gebunden war. Und um seine Augen beneidete ich ihn. So schöne, volle Augen in Braun. Unglaublich.

    Er wirkte freundlich und strahlte eine unheimliche Reife aus. Sie machte es unmöglich, sein Alter zu schätzen. Als ich ihn danach fragte, wurden meine Augen groß.

    »Wie, du weißt es nicht? Du must doch wissen, wann du geboren bist!?«

    »Hier bei uns ist vieles anders. Das merkst du schon noch. Du kannst in meinem Stamm jeden fragen, wie spät es ist oder welches Datum wir haben. Sie könnten dir keine Antwort geben.«

    Rono schmunzelte, als er meinen Gesichtsausdruck sah. Eine Welt ohne Zeit. Das war unvorstellbar für mich.

    »So etwas wie einen Kalender oder eine Uhr haben wir hier nicht und das ist auch gut so. Wir lassen die Tage laufen. Sie beginnen, wenn es hell ist, und enden bei Abenddämmerung. Er ist dazu da, ihn sinnvoll zu nutzen und möglichst viel zu arbeiten.«

    »Und wie kannst du dann so viel darüber wissen?«

    Darauf bekam ich keine Antwort. Rono tat, als hätte er die Frage gar nicht gehört. Ich wartete, ob doch eine Reaktion kam. Aber vergeblich. Irritiert grübelte ich, was er verbergen wollte. Das war doch eine ganz normale Frage gewesen.

    Dann zuckte ich einfach mit den Schultern und kehrte zurück zu den wichtigen Dingen. Wie konnte ich mich nur so ablenken lassen?

    »Mario. Wir müssen ihn suchen. Wir müssen den Fluss absuchen ...«

    Vollkommen aufgelöst sprang ich auf.

    »Mario? Wer ist das?«

    Ich hielt inne in meinem Herumwuseln und starrte den fremden Jungen aus großen Augen heraus an.

    »Mario. Er war mit mir im Boot.«

    Einen Moment schien Rono noch irritiert, dann legte er mir eine Hand auf die Schulter. Ich schlug sie weg und begann, am Ufer hin und her zu laufen. Rono ging keinen Versuch mehr ein, mich zu beruhigen. Er folgte mir nur.

    Es dauerte nicht lange,

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