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Die Juwelendiebin und der Kommissar: Ein humorvoller Erotik-Krimi
Die Juwelendiebin und der Kommissar: Ein humorvoller Erotik-Krimi
Die Juwelendiebin und der Kommissar: Ein humorvoller Erotik-Krimi
eBook349 Seiten4 Stunden

Die Juwelendiebin und der Kommissar: Ein humorvoller Erotik-Krimi

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Über dieses E-Book

Nadine Pottling macht gerne lange Finger. Gerade hat sie an einer einsamen Kapelle die gestohlenen Juwelen vergraben, stößt sie auf einen Mann, der seinen Hund Gassi führt. Sie findet ihn sehr attraktiv und schlendert mit ihm durch die nächtlichen Straßen. Was sie nicht weiß, der Schöne ist Kommissar in der hiesigen Kleinstadt.
 
Zeitgleich mit dem Juwelenraub tauchen zwei mysteriöse Frauen auf, die von sich behaupten, Nixen zu sein. Gemäß ihrer Natur verführen diese alles, was ihren Weg kreuzt. Zudem stibitzen sie Nadines vergrabenen Schatz und quartieren sich in einem geheimnisvollen Haus am See ein, von dem die einen sagen, es sei unbewohnt, die Anderen Tür und Angel schwören, dass darin Gespenster hausen.
 
Dummerweise erzählt der Kommissar auf seinem Heimweg seiner nagelneuen Bekanntschaft, dass in diesem Haus Geister auf einen großen Schatz aufpassen würden. Ein gefundenes Fressen für Nadine. Doch als sie dort einbricht, macht sie eine böse Überraschung.
 
Der Krimi enthält viel Slapstick, reichlich Lokalkolorit, etwas Phantastik sowie in regelmäßigen Abständen sinnliche Erotik. Für Personen unter 16 Jahren ist er nicht geeignet.
 
Seit Dezember 2021 enthält das Wer zusätzlich die Bonus-Story "Lucilles Sturz aus dem Himmel".
SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum30. Aug. 2020
ISBN9783748755661
Die Juwelendiebin und der Kommissar: Ein humorvoller Erotik-Krimi

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    Buchvorschau

    Die Juwelendiebin und der Kommissar - Mikka Tornesch

    Handtaschenräuberinnen

    Kiel, 24. Juli 2014, kurz nach 18:00 Uhr

    „Könnt ihr bitte kurz meine Tasche halten, ich habe einen Stein im Schuh?" Ohne eine Antwort abzuwarten, stütze sich die Meisterdiebin Nadine Pottling an der Bushaltestelle auf die Schulter einer jungen Frau und begann ihren Schuh auszuziehen. Nele ließ schnell ihr neues iphone in ihre Parkertasche fallen, um mit ihrer Hand die fremde Frau stützen zu können. Unterdessen nahm ihre Freundin Melina die Handtasche entgegen.

    Aus den Augenwinkeln sah Nadine auf der anderen Seite der Holstenbrücke einen Streifenwagen halten. Sie beeilte sich, den Stein aus ihren Turnschuh heraus zu holen. Hastig und mit viel Gewalt drückte sie ihren Fuß wieder hinein. Beim Aufrichten ihres Oberkörpers ging ihre Hand schnell in die Jackentasche ihrer menschlichen Stütze.

    Da kam der 501er angefahren.

    „Personenkontrolle. Können wir Ihren Ausweis bitte sehen!"

    Nadine erstarrte zur Salzsäule. Die Polizei meinte wirklich sie.

    Die jungen Dinger erkannten sofort die Lage und nutzten Nadines Unaufmerksamkeit. Im Nu waren sie mit Nadines Handtasche im Bus verschwunden.

    „Ich habe meine Papiere und Portemonnaie heute Morgen zuhause liegen gelassen", log Nadine.

    „Umdrehen und Beine auseinander."

    „Das dürfen Sie gar nicht."

    „Gefahr in Verzug."

    „Gefahr? Bei mir? Übertreiben Sie nicht ein wenig, Herr Wachtmeister?"

    Die Hände auf den stählernen Begrenzungszaun aufgestützt ließ sich die dreißigjährige Frau nach Waffen abtasten. Anschließend folgte sie den beiden Männern zum Streifenwagen. Sie musste zur Feststellung ihrer Personalien mit auf die Wache.

    Kurze Zeit später war sie fast wieder an dem Ort, den sie vor nicht einmal fünfzehn Minuten mit eiligen Schritten verlassen hatte. In großer Hast war sie die Dänische Straße in westlicher Richtung gefolgt. Hatte schnell den Alten Markt überquert, um an der Holstenbrücke ihren Bus zu erreichen.

    Jetzt war alles anders gekommen.

    *

    Plön, vier Stunden nach dem Handtaschenraub

    „Ui. Hier sieht es ja ganz anders aus." Die aus dem Wasser aufgetauchte, junge Nixe Erendila strampelte mit ihren Händen und Füßen im Wasser und drehte sich dabei einmal um ihre Achse. Die knabenmäßig kurzen Haare der Dreiundzwanzigjährigen, welche ihr bis drei Zentimeter über die Ohren reichten, die Schulter aber noch nicht berührten, klebten klitschnass an ihrem Kopf. Ihre smaragdgrünen Augen glühten, zu einem spitzen Strich waren ihre violetten Lippen zusammengezogen, als sie ihre siebzehn Jahre ältere Begleitung vorwurfsvoll anstarrte.

    „Das sehe ich selber. Kannst deinen vorwurfsvollen Unterton ruhig beiseitelassen." Nicht ganz so aufgedreht wie ihre junge Artgenossin, drehte sich die vierzigjährige Pfadfinderin Varinda ebenfalls um ihre Achse. Man sah an den Falten auf ihrer Stirn, dass sie tief in ihrem Gedächtnis grub, ob sie diesen Ort in ihrem Leben schon einmal gesehen hatte.

    Varinda war wie Erendila eine Teichnixe aus der Anderswelt Luthalyen, ein Reich, das unter den Seen und unter den Teichen lag. Da Teichnixen oft von einem Gewässer zum anderen weit über Land laufen müssen, hatte ihre Gattung Beine anstelle einer Flosse, wie es die Artgenossinnen der Meere hatten.

    Erendila und Varinda lebten jedoch schon seit langem auf der Erde, nur hin und wieder zog es sie zu Missionen in die archaische Anderswelt Luthalyen. Normalerweise benutzten sie beim Queren der Welten immer einen sagenumwobenen Teich im Weserbergland, wieso die Pfadfinderin beim Zurückkommen jetzt in einem fremden See aufgetaucht war, konnte sie nicht sagen. Irgendwo im unterirdischen Strudel musste sie einen Abzweig verpasst haben. Jetzt galt es, Ruhe zu bewahren und sich von der kleinen Frau an ihrer Seite nicht provozieren zu lassen.

    Varinda war eine große, reife Frau von einen Meter und achtzig. Sie trug ihr glattes, dunkelbraunes Haar bis über die Schulterblätter. Es umrahmte ein markantes, längliches Gesicht, das entfernt Ähnlichkeit mit einem Greifvogel hatte. Aus diesem musterten zwei jadegrüne Augen lauernd ihre Umwelt. Sie verkündeten ebenso wie die sehnigen Arme und Beine der Frau, dass sie eine Kriegerin war. Das war neben dem Alter der größte Unterschied zu der jungen Frau an ihrer Seite.

    Wie Erendila, hatte auch Varinda violette Lippen. Das lag an den vielen blauen Pigmenten in der Haut der Teichnixen. Das ganze Volk hatte blaue Körper in der Farbe eines Morgenhimmels, damit es sich im Wasser gut tarnen konnte. Eine weitere Gemeinsamkeit war eher charakterlich: Beide hatten unheimlich Spaß am Verführen und am Sex. Selber waren sie im Weserbergland zwar in festen Händen, aber wenn sie auf einem Abenteuer waren, waren keine Frauen und Männer vor ihnen sicher. Und sollte sich kein Opfer finden, wussten die beiden jederzeit, wie sie sich gegenseitig die Stunden versüßen könnten. Im Moment stand allerdings Gift zwischen den beiden.

    „Hast dich beim Tauchen dem Anschein nach ganz schön vergaloppiert", blökte die junge Frau mit dem knabenkurzen Haar. Sie wollte unbedingt Recht behalten. Oder zumindest das letzte Wort.

    „Was du nicht sagst, du kleine Kröte." Zorn funkelte in Varindas Augen.

    „Ich meine ja nur. Weißt du zumindest, wo wir sind?", gab die Kleine schnell bei, da sie einem Ringkampf mit der Großen schier unterlegen wäre.

    „In einem See, würde ich sagen."

    „Ach nee, da wäre ich nun wirklich nicht drauf gekommen. Ist ja kaum größer als unser Dorfteich, in dem wir sonst immer ankommen."

    „Deine bissigen Bemerkungen helfen mir nicht weiter, Erendila."

    „Bist du dir denn sicher, dass wir zumindest in der richtigen Zeit sind?" Die kleine Nixe strampelte mit ihren Beinen und ruderte mit den Händen, damit sie nicht untergehen konnte. Dabei vollführte sie eine weitere dreihundertsechzig Grad Drehung, um sich in alle Richtungen umzuschauen. Leider hatte sich nichts verändert. Es war kein Trugschluss, sie waren tatsächlich nicht in ihrem Dorfteich.

    „Woher soll ich das wissen. Ich war hier noch nie." Langsam war Varinda von den permanenten Sticheleien ihrer Gefährtin genervt. Irgendetwas war schief gelaufen. Aber was?

    „Was würde die große Pfadfinderin vorschlagen? Was machen wir jetzt?"

    „Schwimmen, was sonst. Also los, bewege deinen Fischschwanz, kleine Nixe."

    „Habe keinen."

    „Hättest wohl gerne einen?"

    Erendila konnte den bissigen Spott ihrer Gefährtin nicht überhören. „Von einem Schwanz würdest eher du profitieren", konterte sie böse.

    „Du kannst dir auch einen Strap-On umschnallen, Mädchen – nur, damit du nicht schwanzlos bist", wurde Varinda noch schlüpfriger.

    An dieser Stelle fand es Erendila ratsam, das Thema zu wechseln. Kollegial fragte sie, wo die Große jetzt hinschwimmen wolle.

    „Zu der Kuppel da drüben." Varinda nickte mit dem Kopf zu einem Hügel am gegenüberliegenden Ufer einer Stadt. Demnach schien sie kein Interesse zu haben, unter Menschen zu gehen.

    „Da steht irgendein Gebäude drauf. Siehst du das, Varinda?" Die Kurzhaarige kniff die Augen zusammen, um das im Schatten liegende Gemäuer besser erkennen zu können.

    „Sieht aus wie eine Kapelle", konterte die Große lässig, die in ihrem Kopf zwei Augen hatte, scharf wie ein Fernglas.

    „Igitt", platzte es aus der Losgeschwommenen, kleinen Nixe heraus.

    „Halts Maul und schwimme weiter, Erendila. Oder lass es sein und ersaufe. Dann musst du nicht mehr schwimmen und brauchst mich mit deinem Geplärre nicht weiter zu nerven."

    „Bäh!"

    *

    Kiel, Fünfzehn Minuten nach dem Handtaschenraub

    In Begleitung des Polizeimeisteranwärters Hansink und des Oberpolizeimeisters Mayer wurde Nadine Pottling durch die Flure der Wache geführt. Als sie auf Höhe der Türen war, die einen Mann beziehungsweise eine Frau zierten, trat vor ihr aus einem Seitengang ein Mann in ihren Weg, den sie auf keinen Fall begegnen wollte.

    „Ich muss mal schnell hier hin. Wollen Sie mitkommen?" Absichtlich provozierte Nadine die Wachleute, damit sie mit ihr nicht groß debattierten und sie sich dünne machen konnte.

    „Wir warten hier draußen", blieben die Beamten erwartungsgemäß sittsam.

    „Und geben Sie sich keine Mühe, die Fenster sind von außen vergittert", pflichtete der Kleinere der beiden bei. Kurz sahen die beiden Polizisten der eigentümlichen Frau von der Bushaltestelle hinterher, dann wandten sie sich der entgegenkommenden Gruppe zu. Gelassen grüßten sie ihre Kollegen, die gerade den Juwelier Fredeginger zur Aufnahme des Protokolls in ein Büro verfrachteten.

    Jetzt fiel es den beiden Streifenbeamten wieder ein. Im Auto hatten sie von dem Überfall auf sein Juweliergeschäft gehört. Einem geglückten, denn der Dieb war entkommen. Bisher. Neugierig lauschten die auf ihre Personenkontrolle Wartenden im Flur an der offenen Tür ihrer Kollegen.

    Die Frau hatte einen Nylonstrumpf über das Gesicht gezogen. Dadurch war sie schwer erkennbar gewesen. Sie hätte aber mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit braune Haare, berichtete der Juwelier. Sie müsste zwischen Dreißig und Vierzig sein, etwa 185 Zentimeter groß, sehr schlank, mit einer kleinen Brust. Dennoch einem den Proportionen entsprechend ausladenden Becken. Eindeutig kein Mann. Sie war in einem modernen Hosenanzug gekleidet, dunkelblau bis schwarz. Sehr elegant. Geschäftsfrau höherer Position. Aber jetzt fällt ihm auf, sie hatte schwarze Turnschuhe getragen. Bedroht hatte sie ihn mit einer alten, russischen Armeepistole. Langer dünner Lauf. Insgesamt sehr klein. Und sie kannte sich perfekt im Laden aus. Wusste, wo die wertvollen Sachen lagen, kannte jede einzelne Kamera. Am meisten hätte ihn überrascht, wie spielerisch sie mit Handschellen umgehen konnte. Bevor er sich versah, war er an den Heizungsrohren angekettet. Entweder war es eine Polizistin oder . . . sie wissen schon, was ich meine.

    Polizeihauptkommissar Haydmüller verdrehte die Augen, nahm die Aussage auf, ließ sie unterschreiben und übergab ihn zur erkennungsdienstlichen Untersuchung.

    *

    Kiel, zwei Stunden nach dem Handtaschenraub

    Nele und Melina saßen in Neles Zimmer in der Weststraße. Noch immer vollkommen überrascht, wie einfach es gegangen war, der Alten die Handtasche zu rauben. Ungeschoren konnten sie an der Haltestelle „Prieser Strand aussteigen und verschwinden. Keine Streife war dem Bus gefolgt. „Warum war die Alte mit den Bullen nicht hinter dem Bus her gefahren?, beschäftigte es Melina, als sie in der Beute herum stöberte. „Die hatte sich einfach ihre Tasche stibitzen lassen. Nun ja, ihr Problem wird sicher gewesen sein, sich nicht ausweisen zu können. So musste sie mit aufs Revier."

    Eigenartiger Weise fand die stöbernde Melina keine Papiere in der Handtasche. Weder Pass, Führerschein noch Portemonnaie. Nichts wies auf die Identität der Besitzerin hin. Dafür sprang sie etwas Anderes an. „Ich fasse es nicht, sprach sie ganz leise und fügte laut hinten dran: „Hol mal unterm Bett meine Schatzkiste hervor, Nele!

    „Buh!", machte Melina, als ihre Freundin rückwärts kriechend unter dem Bett wieder hervorkam.

    „Ahhh!!!!" brüllte Nele auf und fiel rücklings auf den Boden. Wie ein Käfer lag sie da, mit allen Vieren in der Luft rudernd.

    Melina riss sich die Strumpfmaske sofort wieder vom Kopf. Mit so einer Wirkung hatte sie nicht gerechnet.

    „Du hast sie doch nicht mehr alle." Schimpfend wollte Nele auf Melina zustürzen.

    Da hielt diese ihr eine Pistole entgegen.

    Neles Augen wollten aus ihren Höhlen springen.

    Melina amüsierte sich aufs Äußerste.

    „Ist doch nur ein Spielzeug. Ein Feueranzünder oder so. Sieh her."

    Ein ohrenbetäubender Knall, gefolgt von einem splitternden Krach. Fassungslos stierte Nele auf die geplatzte Fensterscheibe.

    „Ein Feuerzeug, soso. Sag mal, Melina, bist du denn völlig durchgeknallt? Was sage ich nur meinen Eltern?"

    „Sind ja gar nicht zu Hause."

    In diesem Moment drehte sich draußen an der Haustür ein Schlüssel.

    „Scheiße." Geistesgegenwärtig schloss Nele ihr Zimmer ab und kam zurück zum Bett gesprungen.

    „Setze dich neben mich, Madame!" Triumphierend klopfte Melina mit ihrer flachen Hand auf die Matratze. Anschließend tauchte sie diese in die Handtasche und zog sie wieder hervor.

    Nele gingen die Augen über.

    Melinas Hand war voll mit Schmuck.

    „Wir werden nie mehr arbeiten müssen, Schätzchen", hörte sie die Stimme ihrer Freundin wie aus ganz weiter Entfernung an ihr Ohr dringen.

    Langsam kam Nele zurück in die Realität: „Als hättest du in deinem Leben je schon einmal Hand angelegt." Sie war noch immer so verärgert, dass sie gar nicht verstand, was hier vor sich ging.

    „Öfter als du auf alle Fälle, verteidigte sich ihre Freundin. „Es stimmt doch, dass du noch Jungfrau bist, oder? Aber mit dem Geld, das wir hier verdienen können, können wir dir sofort einen schönen Mann kaufen, spöttelt die Freundin.

    „Das geht nicht, Melina. Wir müssen die Polizei rufen."

    „Beruhige dich, Nele. Denk erst einmal nach. Das hier wird bestimmt hunderttausend Euro wert sein. Wir werden schon einen Hehler finden, der mit uns reich werden will." Melina sah aus, als wäre sie eine Arnolda Schwarzenegger, der keiner was konnte.

    „Wo ist übrigens mein Handy?", fiel es Nele ein, als sie ihren Vorsatz umsetzen wollte, die Bullen zu rufen.

    „Warte, ich rufe dich mal an, dann können deine Ohren es orten." Flink flitzte Melina über die Tasten, schon bimmelte es nicht allzu weit entfernt.

    „Da, hörst du es? Es muss vom Balkon kommen ruft Nele etwas verstört auf. „Das muss meine Mutter gewesen sein. Oh diese alte Schlampe. Der werde ich irgendwann den Hals umdrehen. Hat sie meinen Parker schon wieder auf die Terrasse gehängt, nur weil er nach Zigarettenrauch stinkt.

    „Rede nicht so über deine Mutter", gibt sich die Freundin altklug. Aber Nele hatte diesen Satz schon nicht mehr gehört. Sie hatte vorsichtig das kaputte Fenster geöffnet, war behände hinausgeklettert und schon auf dem Weg zur Terrasse. Von weitem sah sie, dass ihr Parker nicht über eine der Stuhllehnen hing. Fängt die Alte jetzt an, Ostern zu spielen? Na warte.

    Nele bog um den dicken Rhododendronbusch.

    Nur noch zwei Meter, bis zu den Stufen der Terrasse.

    Nur noch einer.

    Da kam das dicke Brett auf ihre Stirn zugesaust.

    Ein dumpfer Knall.

    Sofort sackte sie in sich zusammen.

    *

    Plön, vier Stunden und fünfzehn Minuten nach dem Handtaschenraub

    „Oh, guck mal, hier liegt ein Kanu. Hast du uns gar in den Wilden Westen fehlgeleitet?" Tausend Nadelstiche lagen in Erendilas Stimme.

    „Indianer hatten keine Kirchen", zischte Varinda zurück.

    „Lass uns das Boot verstecken!"

    „Das ist Diebstahl. Musst du immer nur Dönecken im Kopf haben?"

    „Ich will es nur ein paar Meter weiter ins tiefe Schilf ziehen."

    „Um die brütenden Haubentaucher und Blesshühner aufzuscheuchen, nein. Vielleicht ist jemand in der Nähe, dem dieses Boot gehört", wurde die Pfadfinderin schulmeisterlich, bevor ihr ein neuer Gedanke kam und sie mit abenteuerlicher Neugier in der Stimme ergänzte, dass es verdächtig wäre, an so einem einsamen Ort zu tiefer Nacht ein alleingelassenes Kanu zu finden.

    „Absolut, Große. Da müssen wir sehr vorsichtig sein. Erendila stieg auf das Sensationsmäßige der Stunde sofort ein und bückte sich, um ihre Hände an den Bootsrand zu bringen. „Umso besser ist es, wenn wir ihm seine Fluchtmöglichkeit rauben.

    „Jetzt hast du selber gesagt, worum es dir eigentlich geht, um das Rauben."

    Die vorwitzige, junge Frau hatte ihre Füße schon weit nach hinten gestellt und ihr Oberkörper lehnte waagerecht zum Boden, damit sie mit Kraft das Kanu wegziehen konnte, da stutzte sie mitten in der Bewegung: „Still! Hörst du es, Varinda?"

    „Ja, als wenn jemand mit einem Spaten in die Erde sticht und die Grassoden bei Seite legt."

    „Der will eine Leiche vergraben!"

    „Ist ein guter Platz, hier bei der kleinen Kapelle und so nah am Wasser. So möchte ich auch einmal begraben sein."

    „Wenn wir das Kanu nicht gleich verstecken, kann das morgen schon der Fall sein, meine Liebe", flüsterte die Kleine mit einem süffisanten Unterton und hoffte, endlich Zustimmung für ihr eigennütziges Tun von der viel reiferen Frau zu erhalten.

    „Na los, ziehen wir es leise ins Wasser. Sonst beginnt mein Schätzchen zu weinen und der Totengräber schlägt uns mit seinem Spaten die Birne ein", spöttelte die große Nixe und macht sich bereit, ihrer Artgenossin zu helfen.

    Diese kommentierte den Großmut ihrer Gefährtin mit einem ihr so eigenem „Bäh!"

    „Warte nur ab, Erendila, wenn wir aus der Gefahr sind, kommst du in eine neue brenzlige Situation." Mit einem geheimnisvollen Schmunzeln taxierte die reife Frau ihre junge Mitstreiterin.

    „Ist Ihre Muschi schon so heiß, dass ich sie kühlen muss, Herrin?" Die kleine Frau mit dem kurzen Haar Zog ihren Kopf ein, als würde sie einen Schlag erwarten. Als der ausblieb, richtete sie sich auf. Im fahlen Licht der Nacht leuchtete ihr Gesicht siegessicher.

    *

    Kiel, eineinhalb Stunden nach dem Handtaschenraub

    Polizeioberrat Trollinger schnaufte vor Wut. Was seiner Figur und besonders seinem darin verhältnismäßig winzigem Herzen gar nicht gut tat. Alle Anwesenden befürchteten, dass er gleich einen Herzinfarkt erleiden könnte. Und als sein Kopf immer roter wurde, griff der erste zu seinem Handy.

    Mitleid hingegen, Mitleid hatten sie nur mit ihrem Kollegen Polizeimeisteranwärter Hansink, auf dessen Kopf eine schwere Akte nach der nächsten einschlug. „Angelina Märkels, Rathausdamm 1 in Kiel!, brüllte der Oberrat, „wie blöd muss man sein, diese Verarsche nicht zu erkennen! Habe ich denn nur noch Hornochsen in meiner Abteilung?

    „Aber sie hatte keine Papiere bei sich", versuchte sich der Geschlagene zu rechtfertigen.

    „Hätte ich auch nicht, wenn ich eine Bank ausrauben wollte."

    „Juwelier, Herr Oberpolizeirat."

    Polizeihauptkommissar Haydmüller verdrehte die Augen. Musste dieser Grünschnabel gerade jetzt den Oberpolizeirat verbessern. Chefs mögen es nicht, wenn man ihnen zeigt, dass sie Fehler machen. Chefs mögen es erst recht nicht, wenn jemand ihnen vor vielen anderen Leuten zeigt, dass sie Fehler machen. Und Chefs schlagen mit übertriebener Härte zurück, wenn das in Situationen geschieht, wo sie sich schon in Rage geredet haben.

    „HERR HANSINK. SIE DURCHSUCHEN AUF DER STELLE ALLE PAPIERKÖRBE UND MÜLLTONNEN DER KIELER INNENSTADT. HABEN WIR UNS VERSTANDEN?!!!"

    „Meinen Sie, die Diebin hat ihre Geldbörse weggeschmissen?"

    „IHRE HANDTASCHE. VERFLUCHT NOCH MAL. UND EINES KANN ICH IHNEN SCHON JETZT VERSPRECHEN: WENN SIE SO WEITER MACHEN, WERDEN SIE ALS EWIGER POLIZEIMEISTERANWÄRTER IN DIE ANALEN KIELS EINGEHEN."

    Autsch. Das hatte gesessen.

    Gerade wollte Herr Hansink darauf entgegnen, als eine bienengroße Fee aufgeregt vor seinen Augen mit den Flügeln schlug und ihn mit ihrem Zauberstab verhexte. So gelang es ihm im letzten Moment, die Worte herunter zu schlucken, demnach die In-Gewahrsam-Genommene ihnen immer beteuert hätte, die beiden Teenagerinnen im Bus ...

    „Ist noch etwas, Herr Hansink?" Lauernd hingen die Augen des Polizeioberrats an ihm.

    „Nein. Nicht im Geringsten."

    „Nun, mir sah es aus, als hätten sie gerade einen Geistesblitz gehabt, wo sich die Handtasche befinden könnte."

    „Aber Herr ..." Ein Tritt gegen sein Schienbein ließ ihn in Erinnerung rufen, ab wann es ratsam wäre, zu schweigen. Aber musste Hauptkommissar Haydmüller gleich so heftig zutreten? Verstohlen rieb er seine schmerzenden Knochen.

    *

    Plön, vier Stunden und fünfundvierzig Minuten nach dem Handtaschenraub

    Zufrieden blickte Nadine Pottling auf ihr Werk. Die Grassoden hatte sie so behutsam wieder hineingesteckt, dass man schon in ein paar Tagen keine Spur ihrer nächtlichen Grabung erkennen könnte. Dennoch war die Zeit schneller vergangen, als sie geplant hatte. Gut, die Gören hatte sie nicht auf ihrer Rechnung gehabt. Glücklicher Weise ist alles gut ausgegangen. Was wäre nur geschehen, wenn sie der Kleinen nicht das Handy gestohlen hätte? So konnte ihr Kumpel Fred schnell den Wohnsitz der Gelegenheitsdiebin ausmachen.

    In gebückter Haltung huschte Nadine jetzt im Schutz der Büsche zum Seeufer. Und blieb wie angewurzelt stehen. Hätte sie jemand in diesem Moment fotografiert, sie wäre als „die kleine Quasimoda mit dem Klappspaten" auf die Titelseiten aller bekannten Magazine gehüpft.

    Sie hüpfte jedoch nicht.

    Sie stampfte wie Rumpelstielzchen auf dem leeren Platz herum. Leer, weil ihr Kanu nicht mehr da lag, wo sie es zurück gelassen hatte. Musste man heutzutage wirklich alles anketten? Gab es bei den Menschen keinen Anstand mehr, den Besitz eines Anderen zu respektieren? Sie erinnerte sich, wie sie als Kind ihr Fahrrad auf dem großen Spielplatz zwischen den beiden Schwentinenarmen vergessen hatte. Nach dem Mittagsessen hatte es immer noch neben der Schaukel gelegen. Damals war noch nicht jeder Mensch gleichzeitig ein Dieb gewesen.

    Egal.

    Sie musste weg. Den Koppelsberg verlassen. Ohne Spaten.

    Schnell flog das Ding in einen dichten Busch Knackebeeren. Anschließend wartete sie eine Pause ab, bis kein Auto auf der Straße war, dann trat sie aus der Anlage heraus auf den Fußweg und bog nach links in die Ascheberger Straße ab.

    Wie sie den großen Parkplatz vor Plön erreicht hatte, traf sie auf einen einsamen Gassigänger. Die Frage, wer von den beiden das gefährlichere Raubtier sein könnte, stellte sie sich leider nicht: Der kleine weiße Pudel oder der einsame Wolf.

    Der Interessantere von beiden war jedoch eindeutig der Wolf.

    Sofort war die große und recht schlanke Frau mit den langen, braunen Haaren damit beschäftigt, ihre Hormone in Schach zu halten. Schließlich hatte dieser einsame Wolf ein verdammt schönes Gesicht und eine extrem athletische Figur. Er mochte ein Meter fünfundneunzig messen, war schlank, etwa dreißig Jahre. Sein volles, schwarzes Haar gescheitelt. Eine lange, mit einem ultrastrongen Gel gehaltene Locke fiel ihm in die Stirn.

    „Zu so später Nacht alleine unterwegs? Dabei treibt sich in letzter Zeit nachts so viel Gesindel zwischen den Seen umher, junge Frau", begrüßte er Nadine mit tiefer, warmer Stimme.

    Oh je Nadine, warum schlackern dir deine Beine so?

    „Was Sie nicht sagen. Mir ist das gar nicht aufgefallen. Aber es scheint, als hätte ich jetzt einen Beschützer." Dabei beugte sie sich runter und kraulte liebevoll dem Pudel den Nacken.

    „Sogar zwei", ereiferte sich der junge Mann, um sich wieder ins Gespräch zu bringen.

    „Mann. Sie scheinen ein richtiger Kavalier zu sein. Einer von der alten Sorte. Gerne begebe ich mich in ihren Schutz, mein Herr." Nadine richtete sich auf. Der Pudel schmiegte sich um ihre Beine, als sie den attraktiven Mann mit ihren Augen anklimperte.

    „Wohin darf ich Sie denn begleiten?" Förmlich bot der mann ihr seinen Arm ein.

    „Prinzenstraße", log Nadine und hängte sich bei dem Gassigänger ein.

    „Das passt sich gut. Ich wohne in der Seestraße."

    Auf was spielt er an mit seinem „sich passen"?

    „Ich denke, es ist kein Wunder, sich hier zu begegnen. Eine kleine Runde am Abend zu sternenklarer Nacht macht man nie weit weg von daheim." Nadine blieb stehen, schaute zum Sternenhimmel, danach zu dem Hund, der in seiner Unruhe einmal um sie herum spaziert und ihr auf dieser Weise ihre Füße gefesselt hatte. Das sollte doch kein böses Omen sein? Umso besser ist, dachte die attraktive Frau, dass ich ihm nicht gleich auf die Nase gebunden habe, auf dem Appelwarder zwischen Stadt- und Trentsee zu wohnen.

    „Nun, so sind wir fast Nachbarn, kam Herr Sedemünder auf die Prinzenstraße zurück zu sprechen und hängte nach, dass er es verwunderlich fände, eine so hübsche Frau dort noch nie getroffen zu haben. „An Sie hätte ich mich bestimmt erinnert.

    Nadine war sich in diesem Moment nicht sicher, ob sie diese macho-haften Augen gut finden sollte, die gerade ihren kleinen Busen und ihr großes Becken in Augenschein nahmen, als würde der Schlingel sich schon ausmalen, seine Hände auf ihr nacktes Fleisch zu legen.

    „Wohne erst seit einem Monat hier, erklärte Nadine ganz sachlich und vermied es bewusst, einen Streit mit ihrem selbsternannten Beschützer anzuzetteln. Zumindest hier draußen, wo keine weitere Seele unter Gottes Himmel flanierte. Und dann brach es in ihr los. Ihr war, als würden in ihrem Bauch millionen Doppeldecker bei einer Flugshow Pirouetten schlagen: „Hübsch hatte er gesagt. Herrjemine.

    Langsam schlenderten die drei in der lauen Sommernacht an der Landstraße entlang. Flocke wuselte eifrig zwischen Nadines Beinen herum, nachdem sein Herrchen ihn gerügt hatte, einer ehrwürdigen Dame nicht die Füße zu fesseln. Dieses Herrchen selber machte den Eindruck, als hätte es lange Zeit kein Weibchen an seiner Seite gehabt. Das konnte und wollte Nadine nicht verstehen. Bei so einem Aussehen? „Ich würde ihn mit Sicherheit nicht von meiner Bettkannte stoßen", sagte sie sich in Gedanken, als sie in dem Schönen eingehängt vor sich hin trottete.

    In der Seestraße gingen sie auf dem linksseitigen Trottoir. Nach einiger Zeit blieb der Mann stehen. „Dort, in der zweiundzwanzig wohne ich. Und hier, im rechten Flügel der einundzwanzig soll es spuken. Deshalb ist das Haus seit dreißig Jahren unbewohnt." Dabei hob der Mann den mahnenden Zeigefinger. Nadine amüsierte sich über seinen ernsten Gesichtsausdruck. Anscheinend glaubte ihr Begleiter wirklich an diese Geistergeschichte.

    „Dafür ist es aber ganz gut im Schuss, meinen Sie nicht auch? Na ja, das wird an den Gespenstern liegen, die es instand halten." Nadine löste sich aus dem Arm des Mannes, um sich aus einem Abstand heraus das geheimnisvolle Haus näher anzusehen. Ihr Gesicht wirkte dabei recht spöttisch.

    „Wollen Sie sich über mich lustig machen, meine Dame?" Energisch befahl Herr Sedemünder seinem Pudel, Platz zu machen, bevor er sich wieder der hochnäsigen Frau zuwandte.

    „Um Gottes Willen nein. Wie käme ich dazu?" Nadine kickte mit ihrer Fußspitze gegen den Zaun und hoffte, die hätte sich nicht einen lästigen Stalker eingefangen.

    „Das ist gut. Sie sollten es nämlich wirklich nicht auf ihre leichte Schulter nehmen. Und eines möchte ich Ihnen zum Abschied noch verraten . . ." Jetzt wurde der Mann ganz mystisch, bevor

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