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VENUS IN TEXAS: Der Krimi-Klassiker!
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eBook211 Seiten2 Stunden

VENUS IN TEXAS: Der Krimi-Klassiker!

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Über dieses E-Book

Zum fünften Mal an diesem Abend hatten nun die Bluebell Girls, spärlich bekleidet, wie sie im berühmtesten Kabarett der Welt aufzutreten pflegten, ihren Ruf bestätigt, nicht nur außerordentlich hübsch zu sein, sondern auch die schönsten Beine zu haben, die je erschaffen wurden.

Venus wurde nicht müde, ihnen Beifall zu klatschen, und Médéric Sauvage, der nicht nur die Darbietungen des Lido, sondern auch die Gegenwart seiner Geliebten genoss, beobachtete sie aufmerksam. Nichts bereitete ihm größeres Vergnügen, als seine Freundin glücklich und sprühend vor Lebensfreude zu sehen, unerschütterlich optimistisch und voll jener ungestümen Munterkeit, die ihre strahlende Natur auszeichnete... Dramatisch war nur, dass diese Dynamik keinen Stillstand ertrug. Und Médéric hegte keinen Zweifel daran: Venus suchte eine Verwendung dafür...

 

Der Roman Venus in Texas des französischen Schriftstellers Pierre Apesteguy (* 12. September 1902 in Biarritz; † 17. November 1972 in Cagnes-sur-Mer) erschien erstmals im Jahr 1964; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im gleichen Jahr.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der französischen Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum25. Aug. 2021
ISBN9783748792482
VENUS IN TEXAS: Der Krimi-Klassiker!

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    Buchvorschau

    VENUS IN TEXAS - Pierre Apesteguy

    Das Buch

    Zum fünften Mal an diesem Abend hatten nun die Bluebell Girls, spärlich bekleidet, wie sie im berühmtesten Kabarett der Welt aufzutreten pflegten, ihren Ruf bestätigt, nicht nur außerordentlich hübsch zu sein, sondern auch die schönsten Beine zu haben, die je erschaffen wurden.

    Venus wurde nicht müde, ihnen Beifall zu klatschen, und Médéric Sauvage, der nicht nur die Darbietungen des Lido, sondern auch die Gegenwart seiner Geliebten genoss, beobachtete sie aufmerksam. Nichts bereitete ihm größeres Vergnügen, als seine Freundin glücklich und sprühend vor Lebensfreude zu sehen, unerschütterlich optimistisch und voll jener ungestümen Munterkeit, die ihre strahlende Natur auszeichnete... Dramatisch war nur, dass diese Dynamik keinen Stillstand ertrug. Und Médéric hegte keinen Zweifel daran: Venus suchte eine Verwendung dafür...

    Der Roman Venus in Texas des französischen Schriftstellers Pierre Apesteguy (* 12. September 1902 in Biarritz; † 17. November 1972 in Cagnes-sur-Mer) erschien erstmals im Jahr 1964; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im gleichen Jahr.

    Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der französischen Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

    VENUS IN TEXAS

    ERSTER TEIL

      Erstes Kapitel

    Zum fünften Mal an diesem Abend hatten nun die Bluebell Girls, spärlich bekleidet, wie sie im berühmtesten Kabarett der Welt aufzutreten pflegten, ihren Ruf bestätigt, nicht nur außerordentlich hübsch zu sein, sondern auch die schönsten Beine zu haben, die je erschaffen wurden.

    Venus wurde nicht müde, ihnen Beifall zu klatschen, und Médéric Sauvage, der nicht nur die Darbietungen des Lido, sondern auch die Gegenwart seiner Geliebten genoss, beobachtete sie aufmerksam. Nichts bereitete ihm größeres Vergnügen, als seine Freundin glücklich und sprühend vor Lebensfreude zu sehen, unerschütterlich optimistisch und voll jener ungestümen Munterkeit, die ihre strahlende Natur auszeichnete... Dramatisch war nur, dass diese Dynamik keinen Stillstand ertrug. Und Médéric hegte keinen Zweifel daran: Venus suchte eine Verwendung dafür... Die junge Frau hatte in den letzten Wochen anscheinend den Vorsatz gefasst, in Schmeicheleien verpackte Bosheiten über die internationale Polizei auszugießen, die fürs Nichtstun bezahlt wurde und offensichtlich vorhatte, einen gewissen dreißigjährigen Polizeioffizier kaltzustellen; das heißt natürlich, falls Inspektor Sauvage die Augen nicht offenhielt.

    Ein märchenhafter Abend, wahrhaftig! Nach einer prächtigen Darbietung der schottischen Rhapsodie durch die Tambours de la Reine brachten die Bluebells eine Szene aus der Zarenzeit, eine Schwelgerei in sibirischem Weißfuchs, führten dann einen Kosakentanz vor und imitierten anschließend die Amazonen der Belle Epoque. Überall im Saal sah man an den mit Kristall, Whisky und Champagner überladenen Tischen die erlesensten Modelle der Haute Couture zwischen blauen und weißen Smokings und dunklen Anzügen. Matt schimmerten die nackten, gepuderten Rücken der Damen, und auf den brillantengeschmückten Armen und Schultern schienen sich die Vitrinen der Rue de la Paix, des Piccadilly und der Fifth Avenue ein Stelldichein zu geben... Der erste Teil des Programmes ging dem Ende zu; man erwartete nur noch das Finale mit den Bluebell Girls. Zwischendurch hatten die silbernen Kufen von Arnold Shodas Schlittschuhen tausend Arabesken auf die Eisfläche gezeichnet, Erich Brenn hatte mit seinen Fingerspitzen ohne Zwischenfälle die Schar der Kellner ferngesteuert, Guerre die Dressur seiner Ohrenrobbe im Schwimmbassin vorgeführt, und nichts fehlte zum Zirkus von 1900, nicht einmal das atemberaubende Ballett der Zemgannos auf ihren Trapezen.

    Programm und Milieu waren die vollkommenste Erfüllung von Médérics Versprechen, das er Venus am Nachmittag des gleichen Tages ein wenig leichtfertig gegeben hatte.

    »Heute Abend, Liebling, werden wir etwas ganz Besonderes auf die Beine stellen. Hast du eine Idee?«

    Er hatte nicht einmal mehr genug Zeit, sich auf die Zunge zu beißen, denn Ideen hatte Marie Caroline Demilot, im engsten Freundeskreis Venus genannt, immer. Und alle waren ebenso großartig wie kostspielig.

    »Nichts einfacher als das, Liebling! Gehen wir ins Lido!«

    Welch hübscher Einfall! Médéric hatte ihn sofort akzeptiert, indem er beide Hände auf das Herz legte, über dem sich nützlicherweise seine Brieftasche befand... Was machte das schon aus? Dieser Abend war sehr bedeutungsvoll für das junge Paar: Um Mitternacht war es genau ein Jahr her, seit sie sich auf so abenteuerliche Weise auf der Terrasse des Kasinos von Monte Carlo kennengelernt hatten. Médéric Sauvage hatte also seinen weißen Smoking angezogen, der nicht nur seine athletischen Schultern und seine Ganzstahl-Karosserie, sondern auch sein dunkles, römisch geschnittenes Gesicht vorteilhaft unterstrich. Dichte Brauen überschatteten seine fast schwarzen Augen, und die braunen, melierten Haare lochten sich in der stattlichen Höhe von 1,80 m. Und Venus? Sie verdiente diesen anspruchsvollen Namen mehr denn je, denn ihr Abendkleid zeichnete klar und eindeutig alle Konturen ihres heidnisch-schönen Körpers nach und unterstrich sie noch. Die leidige Kleiderfrage hatte sie leicht gelöst: Die Schultern der jungen Frau, die denen einer griechischen Göttin glichen, waren nackt; ihr langes, schmales Kleid aus apricotfarbenem Crêpe war mit einem Besatz aus Straußenfedern geschmückt. An den Füßen trug sie paillettenbestickte Tanzschuhe aus Satin, und über die Schultern hatte sie einen plissierten, ärmellosen Mantel aus gelbem Musselin geworfen, den sie aufgeknöpft hatte, bevor sie sich setzte. Unterstrichen wurde diese Aufmachung noch durch die Frisur; die tizianroten Haare waren kurz geschnitten und lagen duftig gebauscht um ihren Kopf. Unregelmäßige Fransen lagen über ihren jadegrünen Augen und endeten über der kleinen, geistreichen Nase in einem Doppelpunkt. Dazu kam noch ein pikanter Hauch von Mandarin-Rosa auf den Lippen des empfindsamen Mundes. Dieser ganz pariserische Aufzug war wert, olympisch genannt zu werden: die menschgewordene Venus im Lido auf den Champs-Elysees,

    Nach der großen Parade der Künstler wurde die Tanzfläche für das Publikum freigegeben. Das Sextett de Paris schwelgte in klagenden Jazzrhythmen, anschließend brillierte Ben, Meister exotischer Variationen, mit seinem Tropical Rhythm Orchestra, dann schwenkte Médéric seine Venus im Cha-Cha-Cha. Zuerst tanzte das ideale Paar ganz auf Distanz, ohne sich auch nur mit den Fingerspitzen zu berühren, bis die junge Frau einen Blick auf ihre Armbanduhr warf. Sofort näherte sie sich ihrem Partner und flüsterte ihm zu: »Viel Glück, du Flegel!«

    Um die Wahrheit zu sagen, der Flegel war, soweit es ihn betraf, gar nicht so sehr böse auf sich selbst, dass er die Stunde der Erinnerung hatte verstreichen lassen... Was seine Freundin zuerst bekümmerte, schmeichelte seiner Eigenliebe. Mit einem Lächeln falscher Bescheidenheit lauschte er der reizenden Stimme. Schließlich schob er eine Hand in die Tasche seines Smokings, zog ein kleines, viereckiges Etui aus rotem Leder heraus, öffnete es, ohne den Tanz zu unterbrechen, und überreichte es der erstaunten Venus. Sie erkannte sofort den Clip wieder, der sie auf den ersten Blick schon fasziniert hatte, als sie mit Médéric bei Chartier vorbeiging. Das Schmuckstück bestand aus einem langen, gebogenen Stengel aus Iridium, der in einem Feldblumensträußchen aus Rubinsplittern endete.

    Die jadegrünen Augen der Geliebten weiteten sich vor Staunen. Es wäre an diesem eleganten Ort unpassend gewesen, den Indianerschrei auszustoßen, der ihr in der Kehle steckte. Médéric platzte fast vor Freude. Seine kleine Überraschung war gelungen. Nichts hätte ihn dafür besser belohnen können als das Entzücken der jungen Frau. Außerdem hasste Venus Banalitäten. Als sie ihre Sprache wiedergefunden hatte, machte sie ihm keine Vorwürfe wegen seiner Narrheit, sie fragte nur mit strenger Miene, ob er nicht einen Scheck mit der Unterschrift seines schrecklichen Chefs, des Kommissars Portes von der Interpol, gefälscht habe...

    »Ich habe einfach sein Versprechen für bare Münze genommen; er hat mir nämlich ein dreizehntes Monatsgehalt zugesagt! Ich hielt es für besser, das Geld im Voraus auszugeben.«

    Von Zärtlichkeit überwältigt warf sie sich in seine Arme und schmiegte sich an ihn... Bald ging der Tanz in einen sentimentalen Slow über, den sie nach bester Tradition Wange an Wange tanzten.

    Schließlich schwieg das Orchester und wurde abgelöst von dem Sextett; der Tanz ging in den stoßenden Rhythmus eines Rock'n'Roll über. Médéric, ein begeisterter Anhänger des Rock'n'Roll, stürzte sich unvernünftigerweise trotz seiner Abendkleidung in dieses Vergnügen und war im Handumdrehen so in Schweiß gebadet, als hätte er die erste Halbzeit eines Rugbyspieles hinter sich. Er stach alle Tänzer aus, die sich nun an ihre Tische zurückzogen... Und so ergab es sich also.

    Denn es sind oft nur Kleinigkeiten, die über Leben und Tod entscheiden, wie Venus feststellte - natürlich sollte das, soweit wie möglich, nicht sie betreffen... Es ist anzunehmen, dass diese schreckliche Frau im Lido nicht dem Abenteuer begegnet wäre, dem sie doch abgeschworen hatte, hätte sich Inspektor Sauvage nicht dieser heilsamen Schwitzkur unterzogen.

    Médéric hatte gerade den Rand der Tanzfläche erreicht, als ihm jemand so kräftig auf die Schulter schlug, dass er fast in die Knie ging. Wütend drehte er sich um und sah sich einem Menschen gegenüber, der ihm fröhlich zurief: »Na, du alte Bohne?«

    Der Inspektor runzelte die Brauen. Der große Teufel mit dem Boxergesicht, dessen Worte genauso wenig der Etikette entsprachen wie seine Gesten, kam ihm irgendwie bekannt vor... Aus welcher Vergangenheit stammten die Augen in dem narbigen Gesicht mit den kantigen Kiefern und den blonden, lockigen, nach vorne gekämmten Haaren? Plötzlich ging Médéric ein Licht auf.

    »Allan!«, rief er aus, und seine Freude war echt. »Das ist wirklich eine außerordentliche Überraschung!«

    Die beiden Männer klopften sich gegenseitig auf den Rücken, bis Inspektor Sauvage den Neuankömmling am Ärmel zog und zu Venus sagte:

    »Liebling, das hier ist Allan Drake, ein alter Kamerad vom FBI aus Houston!«

    »Texas«, vervollständigte der G-Mann.

    Sie begrüßte ihn mit einem kleinen Kopfnicken. »Sehr erfreut«, sagte sie, aber es klang nicht recht überzeugend.

    »Dienstlich unterwegs?«, fragte Inspektor Sauvage seinen amerikanischen Kollegen.

    »Well...«, zögerte dieser. »Ja und nein.« Er warf einen raschen Blick nach links und rechts. »Ich werde dir noch erklären, was ich in Frankreich zu tun habe«, flüsterte er.

    Bei diesen vielversprechenden Worten spitzte Venus die

    Ohren. Dieser Ausländer, überlegte sie, scheint doch nicht so unsympathisch zu sein. Zum Henker mit Vorurteilen!

    »Sie trinken doch ein Glas Champagner mit uns?«, schlug sie mit plötzlicher Freundlichkeit vor.

    Der Amerikaner wurde sich endlich dessen bewusst, dass hier eine junge Dame zum Tanz eingeladen und nun zur Untätigkeit verdammt war. Médéric wandte sich an Venus: »Bei Gott, diese Begegnung müssen wir begießen!«

    Allan Drake entschuldigte sich, er sei nicht allein hier. Mit einer Kopfbewegung bezeichnete er eine Ecke des Saales, wo, wie er erklärte, sein Reisegefährte, eine bedeutende Persönlichkeit aus Texas, auf ihn warte.

    »Das gilt nicht!«, entschied Médéric, »du führst uns deinen Wunderknaben vor, und er soll einen Schluck mit uns trinken«.

    »Okay«, meinte Drake und verneigte sich vor Venus. »Er betet schöne Frauen an!«

    Sie schenkte ihm ihr bezauberndes Lächeln, und Médéric führte sie an ihren Tisch zurück. Einen Augenblick später durchquerte Allan Drake wiederum den Saal, gefolgt von einem Mann in den Sechzigern, der, korpulent und mit breiten Schultern, offensichtlich von seiner Wichtigkeit durchdrungen war. Er trug den Kopf hoch, hatte silberne Haare, klare Augen und eine zufriedene Miene. Aus dem Umfang seiner Taille war zu schließen, dass er mit der Gabel recht geschickt umzugehen wusste.

    »Das sind meine französischen Freunde«, erklärte der G-Mann, »und hier...« - er wandte sich an das junge Paar - »...der glücklichste Mann von Texas! Ein reicher Farmer, bemerkenswerter Reiter, Eigentümer unermesslich großer Herden, mit einigen Ölquellen gesegnet und Vater des schönsten Mädchens im ganzen Süden! In Houston, Texas, in Fort Worth und San Antonio braucht man nur den Namen Gordon Keller auszusprechen, das sagt alles!«

    Médéric hatte sich erhoben. Er nahm die Hand, die der Milliardär ihm entgegenstreckte; Gordon Keller quetschte die des Inspektors, der mit seiner Eisenfaust das vergleichsweise sanfte Händeschütteln reichlich zurückgab, aber keiner verzog dabei eine Miene. Dann beeilte Gordon Keller sich, Venus die Hand zu küssen. Die junge Frau murmelte ein kühles Welcome. Ihr Instinkt warnte sie vor falscher Biederkeit, die mit echtem Charme gemischt war. Dieser Mann wirkte allein durch seine Gegenwart; der kantige Unterkiefer und die wache Intelligenz seines Blickes sprachen von einem leidenschaftlichen, berechnenden, vielleicht grausamen Temperament, von der Fähigkeit einer Dampfwalze, Hindernisse einfach zu überrollen. Venus bat ihn, an ihrer Rechten Platz zu nehmen, und sie überlegte dabei: Gott allein weiß, dass sich unter den Geschäftsleuten, die auf den Champs-Elysees ihren Weg machen, kaum Priesterzöglinge finden lassen: warum sollten ausgerechnet in Texas nur Idealisten sein?

    Zweites Kapitel

    Kaum hatte sich der Milliardär am Tisch von Médéric Sauvage niedergelassen, als auch schon der Oberkellner nahte; in den großen Häusern ist der Spürsinn des Personals so unfehlbar, als ob er von Radar gelenkt wäre. Recht bemerkenswert war außerdem der Berufsinstinkt des Fotografen vom Dienst: Der Rücken des Oberkellners verriet ihm genug durch die kleinste Nuance bei der Verbeugung; und dann die übertriebene Höflichkeit!... Der Fotograf schlenderte herbei und machte einige Blitzlichtaufnahmen der französisch-amerikanischen Gruppe, während Gordon Keller einen großen Jordon Rouge« mit entsprechender Jahreszahl bestellte. Médéric spendete ihm dafür uneingeschränkten Beifall, ohne indes den Hinweis zu vergessen, dass sich die Franzosen üblicherweise das Recht vorbehielten, Abendeinladungen auszusprechen. Der Texaner protestierte laut:

    »Wenn schon die Korrektheit einem nicht erlaubt«, sagte er, »die schönste Frau dieser ganzen Gesellschaft an seinen Tisch zu bitten, dann gestatten Sie doch wenigstens einem Gentleman aus dem Süden, die Freunde seines künftigen Schwiegersohnes mit Champagner zu bewirten!«

    Warum erzeugten diese mit so viel Wärme gesprochenen Worte doch eine gewisse Kühle? Ein Engel ging vorbei, zweifellos war es Venus’ Schutzengel... Die Schicklichkeit verlangte, dass die junge Frau als erste den Bräutigam von Miss Keller beglückwünschte, aber sie tat dabei kaum den Mund auf und blickte an ihm vorbei. Sie konnte sich seit dem Erscheinen Allan Drakes eines eigenartigen Gefühls nicht erwehren. Welcher sechste Sinn hatte die Unbehaglichkeit ausgelöst, die sie in Gegenwart Gordon Kellers verspürte? Sie bemühte sich vergeblich, eine Verbindung zu finden zwischen der Verlobung des charmanten G-Mannes aus Houston, Texas, und ihrer Abneigung. Der junge Mann verdiente auf jeden Fall Beachtung, denn es war nicht zu bestreiten, dass dieser amerikanische Polizeimann eines Tages die Ranch, die Herden und Ölquellen erben würde!... Médéric unterbrach das Schweigen und wandte sich an seinen Kollegen aus Übersee:

    »Wenn ich dich richtig verstanden habe, dann heiratest du das schönste Mädchen des ganzen Südens?«

    »Wir werden in drei Tagen in Paris heiraten!«, sagte Allan Drake strahlenden Gesichtes. »Wir sind im Crillon abgestiegen. Und ich rechne bestimmt auf dich!«

    »Aber gerne, mein Lieber!«, rief Médéric aus und wandte sich an Venus. »Es ist dir doch recht, Venus?«

    »Venus?«, rief Gordon Keller fröhlich; »das ist der schönste Name aller Zeiten für eine Frau! Und Sie tragen ihn wie eine Fahne. Allan, mein Sohn, wenn du mich je zum Großvater eines Mädchens machst, nennen wir es Venus! Venus Drake, he, das klingt doch gut! Und die gnädige Fray wird Patin sein!«

    »Abgemacht«, bestätigte die junge Frau, »vor allem, wenn die Taufe in Texas stattfindet. Ich reise liebend gerne, und für

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