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DER SELTSAME ERPRESSER: Der Krimi-Klassiker!
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eBook269 Seiten3 Stunden

DER SELTSAME ERPRESSER: Der Krimi-Klassiker!

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Über dieses E-Book

Der sehr ehrenwerte Mr. Grapeworth stöhnte auf. »Wo soll das hinführen? Zuerst zwanzigtausend, dann zehntausend...«

»Und jetzt wieder zehntausend!« John Kane blieb unbeeindruckt. »Sie bezahlen einen sehr niedrigen Preis. Wenn Sie bedenken, dass Sie meine Frau umgebracht haben...«

Der Roman Der seltsame Erpresser des irischen Bestseller-Autors J. B. O'Sullivan - nach Zweites Bett im Zimmer der zweite Roman um dem Privat-Detektiv Steve Silk - erschien erstmals im Jahr 1953; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im Jahr 1960.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum30. Sept. 2019
ISBN9783748716723
DER SELTSAME ERPRESSER: Der Krimi-Klassiker!

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    Buchvorschau

    DER SELTSAME ERPRESSER - J. B. O'Sullivan

    Das Buch

    Der sehr ehrenwerte Mr. Grapeworth stöhnte auf. »Wo soll das hinführen? Zuerst zwanzigtausend, dann zehntausend...«

    »Und jetzt wieder zehntausend!« John Kane blieb unbeeindruckt. »Sie bezahlen einen sehr niedrigen Preis. Wenn Sie bedenken, dass Sie meine Frau umgebracht haben...«

    Der Roman Der seltsame Erpresser des irischen Bestseller-Autors J. B. O'Sullivan - nach Zweites Bett im Zimmer der zweite Roman um dem Privat-Detektiv Steve Silk -   erschien erstmals im Jahr 1953; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im Jahr 1960.

    Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

    DER SELTSAME ERPRESSER

    Erstes Kapitel

    Grapeworth Pelzwarenhandel konnte man auf der Milchglasscheibe lesen. War das schon das Ende? Oder war das erst der Beginn einer langen Reise ins düstere Unbekannte?

    Der kleine, schmächtige Mann in dem rehbraunen Trenchcoat atmete einmal tief ein und setzte seinen kleinen schwarzen Handkoffer ab, um auf die Türklinke zu drücken. In der anderen Hand hielt er seinen Hut. Er griff wieder nach dem Koffer und trat in das Büro ein. Dann schloss er die Tür, indem er sich mit dem Rücken gegen die Füllung lehnte. Er ging auf den Schreibtisch in der Ecke zu, hinter dem eine kleine, schon welk aussehende Frau saß.

    Er hinkte ein wenig beim Gehen. Wieder setzte er seinen Koffer ab und brachte eine Visitenkarte zum Vorschein.

    Als er eintrat, hatte die Frau »Guten Morgen« gemurmelt, aber er war ihr die Antwort schuldig geblieben: Er ging sparsam mit seinen Worten um.

    Sie nahm die Karte wie einen zerbrechlichen Gegenstand zwischen Daumen und Zeigefinger und las den Text. Ihr Gesicht erhellte sich eine Spur.

    »Ah, Mr. Kane. Mr. Grapeworth erwartet Sie bereits.«

    »Davon bin ich überzeugt«, sagte Kane mit einem Schuss Ironie, die ihre Ohren aber nicht aufzunehmen imstande waren.

    Sie führte ihn auf eine Tür zu, an der in silbernen Lettern der Name George N. Grapeworth zu lesen war. Dann meldete sie den Besucher an, schloss die Tür, nachdem Kane eingetreten war, und zog sich wieder zurück.

    Es war ein großer Raum, der eine rein zweckmäßige Aufgabe zu erfüllen hatte. Stahlschränke für die Akten, Schreibtisch, Wasserkühler, Hutständer, Drehsessel und zwei Stühle. Keinerlei Ziergegenstände, nichts Nebensächliches, nichts Stilvolles. Nur ein Büro für einen Geschäftsführer mit einem verhältnismäßig großen Arbeitsbereich.

    Kane nickte, so als sei es genau das, was er erwartet hatte. Dann nickte er George N. Grapeworth zu, der hinter dem Schreibtisch hervorkam und ihm die Hand entgegenstreckte. Kane hielt seinen Hut in der einen, den Koffer in der anderen Hand; er war also völlig ausgelastet und konnte schon allein deshalb nicht auf diese Geste eingehen.

    Grapeworth zog seine Hand zurück, betrachtete sie kurz, rückte einen der beiden Stühle vor den Schreibtisch und lud seinen Besucher mit betont herzlichen Worten zum Platznehmen ein.

    Kane legte den Handkoffer behutsam auf eine freie Schreibtischecke und setzte sich.

    »Ich weiß nicht, was man bei einer derartigen Gelegenheit zu sagen pflegt«, eröffnete Grapeworth die Unterhaltung. Er hatte wieder hinter seinem Schreibtisch Platz genommen und schob ein silbernes Zigarettenkästchen in Richtung seines Besuchers, der mit einem Kopfschütteln ablehnte.

    »Dann sollte man am besten zuhören.«

    Grapeworths gekünsteltes Lächeln erstarrte ein wenig. »Hm?«, machte er, nahm eine Zigarette und bemühte sich, ein großes Tischfeuerzeug in Tätigkeit zu setzen. Dann lächelte er wieder in gewohnter Weise. Er war ein großer Mann mit großen, weißen Zähnen - wohlgerüstet für ein Lächeln, für ein einnehmendes, geschäftsmäßiges Lächeln. Er hatte dunkles, welliges Haar, hohe Backenknochen und eine hohe Stirn. Er erinnerte Kane an jemanden - er wusste nur nicht, an wen. »Ich meinte«, sagte Grapeworth, als wolle er die falsche Einleitung überspielen und noch einmal von vorn anfangen, »dass ich im Augenblick noch nicht weiß, ob wir uns verstehen werden. Ich nehme doch an, dass es den Versicherungsgesellschaften nicht gerade leicht fällt, ihren Mitgliedern Geld auszuzahlen.« Er lächelte stärker, um zu zeigen, dass er witzig sein konnte.

    »So ist es«, entgegnete Kane, den Hut auf seinen Knien drehend. »In gewissen Fällen...«

    »Aber dieser Fall ist natürlich keiner davon«, sagte Grapeworth Beifall heischend.

    Kane enttäuschte ihn. Er zog ein Notizbuch aus der Rocktasche und blätterte darin.

    »Ihre Forderung für das in der Nacht vom dreißigsten Juni durch Feuer zerstörte Lagerhaus in der Beacon Street beträgt einhundertfünfzigtausend Dollar.«

    »Ja.« In diesem Wort schwang eine leichte Besorgnis mit. Dann war das Lächeln wieder da - diesmal wirkte es nicht sehr überzeugend. »In Wirklichkeit hatte es für mich einen noch größeren Wert. Die Preise für Rauchwaren sind seit meinem Versicherungsabschluss beachtlich gestiegen.«

    »Sie haben im Januar dieses Jahres abgeschlossen?«

    »Ja.«

    »Es war also günstiger, dass es jetzt abbrannte, statt in - sagen wir zwei Jahren. Erstens hätten Sie dann mehr Prämien einzahlen müssen, und zweitens wären die Preise für Pelze noch mehr gestiegen.«

    Grapeworth sagte diesmal nicht ja, sein Mund formte ein erstauntes O. Er betrachtete seinen Besucher sorgfältig. Langes Schweigen. Kane blickte nicht von seinem Notizbuch auf.

    Schließlich raffte Grapeworth sich zu der zögernden Frage auf: »Ist alles - in Ordnung?« Jetzt blickte Kane auf, und seine grauen Augen schienen Grapeworths Unsicherheit zu steigern. »Ich meine, Sie haben doch meinen Scheck dabei?«

    Kane blickte Grapeworth unverwandt an, schob seine Hand in die Seitentasche des Trenchcoats und zog ein geschwärztes, kegelförmiges Stück Metall heraus, das er vorsichtig auf den Schreibtisch stellte. Es war ungefähr dreiundzwanzig Zentimeter hoch und schaukelte einen Moment auf seinem unebenen Sockel. Dann verstummte das Wackelgeräusch und es war lange Zeit still.

    Grapeworth griff plötzlich nach der nächsten Zigarette, obwohl die erste, kaum angeraucht, im Aschenbecher lag. Er ließ das Tischfeuerzeug schnippen und blies eine dicke Rauchwolke über die Schreibtischfläche.

    Kane hustete.

    »Was - was ist denn das?«, fragte Grapeworth gepresst.

    »Eine Art Bombe«, erklärte Kane freundlich. »Eine Brandbombe, kann man sagen.«

    »Warum haben Sie dieses Ding mitgebracht? Weshalb zeigen Sie es mir?«

    Kane bemühte sich, herauszufinden, an wen Grapeworth ihn erinnerte. Wahrscheinlich an irgendeinen Filmstar - oder einen Politiker. Dann verwarf er diesen Gedanken.

    »Ich habe es mitgebracht, um Ihnen zu demonstrieren, womit eine Versicherungsgesellschaft es zu tun hat.«

    »Wollen Sie vielleicht behaupten, dass...?«

    »Ich behaupte, dass man für Brandstiftungen an Liegenschaften, die einem selbst gehören, bis zu fünf Jahren bekommen kann...«

    Grapeworth war aufgestanden. Seine Finger umklammerten die Schreibtischkante, und er starrte seinen Besucher finster an.

    »Was wollen Sie? Soll das eine Anspielung sein? Ich werde dafür sorgen, dass man Ihnen das Fell über die Ohren zieht!«

    Kane schüttelte den Kopf und sah ihn lächelnd an.

    »Nicht so theatralisch, Mr. Grapeworth. Sie werden noch so sanft wie ein Lamm sein - wenn die Zeit gekommen ist.«

    »Ich werde Sie verklagen, Verdammt noch mal! Ich werde gegen die Versicherung einen Prozess anstrengen!«

    »Können Sie beweisen, dass Sie Ihr eigenes Lagerhaus nicht in Brand gesetzt haben?«

    »Natürlich kann ich das! Ja, zum Teufel...«

    »Haben Sie ein Alibi?«

    »Jawohl. Ich war...«

    »Sie spielten mit Freunden Bridge? Mit den Baileys und Richter Hackett?«

    Grapeworth öffnete seinen Mund. Er ließ ihn offen, doch seine Augen wurden kleiner, während er gespannt abwartete.

    »Und ihre Freunde werden schwören, dass Sie den ganzen Abend des dreißigsten Juni mit Ihnen zusammen waren?«, erkundigte sich Kane. »Natürlich, natürlich...«

    »Ich war den ganzen Tag nicht in der Nähe des Lagerhauses«, sagte Grapeworth rasch. »Ich war nämlich auch im Golfclub - ebenfalls mit Richter Hackett!«

    »Natürlich«, wiederholte Kane noch einmal, streckte eine Hand aus und berührte den auf dem Schreibtisch stehenden Metallkegel. Er wackelte einige Male hin und her und stand dann wieder ruhig. Grapeworth beobachtete ihn fasziniert und setzte sich langsam.

    »Ich habe einen Sohn«, sprach Kane weiter und lächelte mild bei dem Gedanken an seinen Jungen. »Er heißt Bobby und ist ein Genie auf dem Gebiet der Elektrochemie. Dabei ist er erst siebzehn. Er hat eine blendende Zukunft vor sich. Eines Tages sagte er zu mir: Papa, ich habe etwas Neues gebastelt; das solltest du dir einmal ansehen. Er nahm mich mit ins Wohnzimmer und zeigte mir eine unter dem Telefon angebrachte kleine Zinkwanne. Im Bad war eine Vorrichtung, die Ähnlichkeit mit diesem Kegel auf ihrem Schreibtisch hatte. Allerdings war sie nicht aus Metall und schien aus Plastik oder dergleichen zu sein. Ein Magnesiumdraht führte von dem schmalen Ende dieser Vorrichtung zur Telefonklingel. Nun gut, Bobby sagte: Ich gehe mal nach nebenan und wähle unsere Nummer. Pass auf, was dann passiert. Er ging also. Einige Minuten später klingelte das Telefon - klingelte nur einmal. Ein Blitz zuckte den Draht entlang, und das Plastikding im Bad brannte plötzlich. Und was in seiner Nähe war, brannte auch. Bobby kam zurückgerannt und löschte das Feuer. Er sah mich grinsend an und sagte: Ich dachte nur, du solltest über so etwas informiert sein, Papa

    Kane hatte seine Ausführungen beendet und sah Grapeworth an, der offenbar das Atmen vergessen hatte.

    »Das zerstört Ihr Alibi - nicht wahr, Mr. Grapeworth? Nur ein Telefonanruf, das ist alles. Sagen wir, Sie riefen fünf nach elf in Ihrem Lagerhaus an - ungefähr eine Stunde vor der Entdeckung des Brandes. Richter Hackett wohnt außerhalb der Stadt. Für seinen Telefonanschluss ist eine andere Vermittlungsstelle zuständig, selbstverständlich auch für die Anschlüsse der näheren Umgebung. Und so haben wir es schwarz auf weiß, dass Sie fünf nach elf anriefen.«

    Kane betrachtete wieder das kegelförmige Stück Metall auf dem Schreibtisch. »Allerdings war die Erfindung meines Sohnes wesentlich besser... Eine brennbare Plastikmasse, die sowohl sich selbst zerstört als auch das Objekt, das sie zerstören soll. Tja, Mr. Grapeworth, wenn Sie einen Plastik- oder Zelluloidbehälter benutzt hätten...«

    Grapeworth hatte sein geschäftsmäßiges Lächeln aufgegeben. Seine Lippen Waren trocken und schon ein wenig weiß geworden. Letzteres galt auch für sein Gesicht. In seinen Augen flackerte die Furcht, auf seiner hohen Stirn glitzerten Schweißtröpfchen.

    »Wer - wer weiß etwas davon?«

    »Nur ich - bis jetzt.«

    »Können wir nicht...« Grapeworth schluckte heftig. »...etwas tun?« Seine Stimme hatte ihre Klangfülle verloren, klang nun schrill und fast hysterisch.

    Wenn Kane ihn sich jetzt betrachtete, musste er gestehen, dass Grapeworth keinerlei Ähnlichkeit mit einem bestimmten Menschentyp hatte, sondern höchstens mit einem gehetzten, verängstigten Tier.

    »Zum Beispiel?«, fragte Kane sanft.

    »Ich würde Sie bezahlen - würde Sie sehr gut bezahlen...«

    Kane sah Grapeworth an, aber er sah ihn nicht. Das ist die Grenzlinie, dachte er. Ich habe sie noch nicht überschritten, kann noch immer zurück. Ein ganzes Leben auf dieser Seite der Grenze. Es war ein gutes und verhältnismäßig nützliches Leben. Aber viel war nicht davon übriggeblieben. Und da war auch Jacky.

    Er sagte noch immer nichts, sah Grapeworth nur an und fühlte sich ein wenig elend. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals; er hörte es sogar, ein ungewohnter Laut voller Drohungen und Gewissenskonflikte.

    »Sie wollen mich bestechen, wie?« Die Worte kamen plötzlich und schroff.

    Grapeworth feuchtete mit der Zungenspitze seine trockenen Lippen an, ohne die gewünschte Wirkung zu erzielen. »Um Himmels willen, trinken wir erst mal einen Whisky!« Er bückte sich, öffnete das untere Schreibtischfach und brachte eine halbvolle

    Whiskyflasche nebst Glas zum Vorschein. »Ich besorge Ihnen einen Pappbecher.«

    Kane hob eine Hand.

    »Ich trinke nicht. Das kann ich mir nicht leisten.«

    Grapeworth goss gierig Whisky in sein Glas und trank es mit zwei raschen Schlucken leer. »Ich hatte eine Menge Sorgen«, sagte er. »Meine Frau ist krank, und ein Junge liegt im Krankenhaus.«

    »Sie haben keine Kinder, Mr. Grapeworth. Und Ihrer Frau geht es gut - so gut, wie sie es in dem Leben, das Sie mit ihr führen, nur haben kann. Sie scheinen sich noch nicht darüber im Klaren zu sein, dass ich mich sorgfältig mit Ihren Privatverhältnissen befasst habe.«

    Grapeworth knallte sein Glas auf die Schreibtischplatte. »Was verlangen Sie?«, fragte er mit einem bösartigen Wispern.

    »Dann wollen Sie mich also bestechen«, murmelte Kane, und diesmal war es eine Feststellung.

    »Fünftausend Dollar! Wollen Sie fünftausend Dollar annehmen und Ihren verdammten Schnabel halten? Was haben Sie davon, wenn Sie mich anzeigen?«

    Kane seufzte. Das Hämmern in seinen Schläfen hatte aufgehört. Jetzt war es soweit; er hatte die Grenzlinie überschritten; das Tor war hinter ihm zugefallen. Und er war - wie seltsam - vollkommen ruhig geworden.

    »Alles hat seinen Preis«, sagte er sanft. »Auch ich habe meinen Preis, aber fünftausend Dollar treffen bei mir nicht zu. Sehen Sie, das ist der Ärger mit Bestechungsgeldern. Bietet man zu wenig, fühlt der andere sich beleidigt. Bietet man ihm zu viel, dann jagt man ihm womöglich einen Schreck ein. Ich habe mich noch nie bestechen lassen, Mr. Grapeworth, aber ich glaube, dass ich vor zwanzigtausend Dollar kaum Angst haben würde.«

    »Aha!« In diesem Ausruf schwangen Triumph und Resignation zugleich mit. Grapeworth lachte rau. »Wenn Sie diese Summe verlangen, werden Sie warten müssen, bis die Versicherung gezahlt hat. Denn hätte ich die zwanzigtausend Dollar, würde ich niemals das Feuer gelegt haben!«

    »Soso, dann haben Sie die Pelze wohl noch nicht verkauft?«

    »Welche Pelze?«

    »Die Pelze, die Sie in Sicherheit brachten, bevor das Feuer ausbrach. Nach der Untersuchung der Aschenreste zu urteilen, kann ich mir nicht vorstellen, dass das Feuer alle Pelze vernichtet haben soll.«

    Grapeworth füllte sein Glas nach. Der Flaschenhals stieß an den Glasrand. Ein leises Klingeln ertönte - der kleine Metallkegel auf dem Schreibtisch schien leicht zu wackeln, als wolle er damit seine Sympathie bekunden, »Ich nehme an, dass Sie ihre zwanzigtausend Dollar wert sind«, sagte Grapeworth schließlich und ohne seinen Besucher anzublicken. »Aber rechnen Sie nicht mit dem Geld, bevor ich es habe.« Er hob den Kopf, musterte Kane mit zusammengekniffenen Augen und einem schiefen Lächeln. »Wenn ich Ihnen das Geld schon jetzt gebe, könnten Sie mich am Ende noch betrügen.«

    Kane sah ihn lange und nachdrücklich an.

    »Und wenn ich Ihre Ersatzansprüche genehmigt habe, dann könnten Sie mich betrügen...«

    Grapeworth zuckte die Achseln und sah ihn durchtrieben an. »Ich denke, das Risiko werden Sie in Kauf nehmen müssen!«, sagte er.

    »Das denke ich nun wieder nicht, Mr. Grapeworth.« Kane legte eine Pause ein und blickte auf seine Uhr. »Ich glaube, ich habe noch Zeit, Ihnen eine Geschichte zu erzählen. Früher war ich einmal bei der Feuerwehr. Vor einigen Jahren erlitt ich einen Unfall und wurde pensioniert. Dann bekam ich den Posten bei der Versicherung. Ich habe stets gute Detektivarbeit geleistet, habe hässliche Schiebungen aufgedeckt und Männer gesehen, die wegen des gleichen Delikts, das Sie begangen haben, ins Gefängnis wanderten. Es kostet mich Überwindung, Sie nicht auszuliefern, doch ich habe meine Gründe. Mein Sohn ist nämlich ein Krüppel. Ich muss für ihn sorgen. Er wird nie arbeiten, nie seinen eigenen Lebensunterhalt verdienen können. Es passierte vor sieben Jahren. Ich wohnte mit meiner Familie im obersten Stock eines schäbigen Mietshauses. Eines Nachts - ich hatte Dienst - ging ein Laden nebenan in Flammen auf. Das Feuer griff auf das Wohnhaus über. Meine Frau und Jacky kamen nicht mehr aus der Wohnung heraus. Der einzige Fluchtweg führte durchs Fenster. Meine Frau nahm Jacky in die Arme und wollte die Feuerleiter hinunterklettern. Sie kam nicht weit, weil das Feuer ihr von unten her den Weg versperrte. So blieb ihr nur ein Verzweiflungssprung in die Tiefe übrig - und sie sprang. Sie lebte nur noch zwei Tage. Und seit dieser Zeit ist Jacky ein Krüppel... Der Laden, der damals in Flammen aufging, war ein Scherzartikelgeschäft und gehörte einem Mann, der sich George Gaylord nannte. Meine Nachforschungen verliefen im Sand, das heißt, das Feuer schien eine natürliche Ursache zu haben. Jetzt bin ich nicht mehr so sehr davon überzeugt - nicht mehr, seit ich feststellen konnte, dass Sie diesen Scherzartikelladen unter dem Namen George Gaylord geführt haben.«

    Kane streckte seine Hand nach dem Metallkegel aus und steckte ihn wieder in die Tasche seines Trenchcoats, bevor Grapeworth noch eine Bewegung gemacht hatte.

    »Wenn ich dieses kleine Andenken behalte«, fuhr er fort, »bin ich sicher, dass Sie mich nicht hinters Licht führen werden. Selbst nach sieben Jahren wird man Ihnen beweisen können, dass Sie das Feuer gelegt haben, bei dem eine Frau ums Leben kam. Der Mord ist noch lange nicht verjährt, Mr. Grapeworth. Tod als Resultat eines Verbrechens ist einem vorbedachten Mord gleichzusetzen. Nein, ich glaube nicht, dass Sie es darauf ankommen lassen werden.«

    Grapeworth zog ein Seidentuch aus seiner Brusttasche und tupfte sich damit den Schweiß vom Gesicht. Dann wischte er sich sorgfältig die Hände ab. Die Laufrollen des Drehsessels quietschten, als er ihn näher an den Schreibtisch heranrückte. Seine rechte Hand bewegte sich unter der Schreibtischkante verstohlen auf eine Schublade zu.

    Da fasste Kane nach dem Griff seines kleinen Handkoffers und bewegte ihn einmal hin und her, wobei er sagte: »Auch das wird mich schützen, Mr. Grapeworth. Eine weitere Erfindung meines Sohnes, nämlich ein selbstgebasteltes Tonbandgerät mit Batterie. Es hat jedes Wort aufgezeichnet, das wir an diesem Morgen gesprochen haben.«

    Grapeworth starrte den Koffer fasziniert an. Kane nahm den Koffer vom Schreibtisch und stellte ihn neben seine Füße.

    »Aber - aber das ist doch Wahnsinn!«, entfuhr es Grapeworth. »Eine Bandaufzeichnung wie diese? Die könnten Sie niemals benutzen, ohne sich selber bloßzustellen!«

    Kane lächelte nachsichtig.

    »Oh, natürlich habe ich auch daran gedacht. Das spricht nur für mich. Ich kann ohne Schwierigkeiten behaupten, dass ich das alles nur gesagt habe, um Sie zu einem Geständnis zu bewegen. Sie wissen, der Zweck heiligt die Mittel.«

    Grapeworths Hand hatte den Griff der Schublade erreicht. Er zerrte wie wild daran, aber Kane erteilte scharf die Warnung: »Lassen Sie das lieber bleiben!« Er hatte den Hut von seinen Knien genommen und hielt in der linken Hand den perlmuttbesetzten Kolben eines kleinen Revolvers. Der Lauf hatte während der ganzen Unterhaltung auf Grapeworth gezeigt.

    Grapeworth erstarrte in seinem Drehsessel. Kane setzte sich mit der freien Hand den Hut auf und griff nach dem kleinen Handkoffer. Er stand auf und ging, den Revolver auf Grapeworth gerichtet, rückwärts zur Tür. Grapeworths Hände lagen jetzt auf der Schreibtischplatte.

    »Enttäuschen Sie mich nicht«, sagte Kane, als er die Tür erreicht hatte.

    Er ging durch das Vorzimmer und verabschiedete sich von der kleinen, welk aussehenden Frau hinter der Schreibmaschine mit einem freundlichen: »Guten Morgen.«

    Sie starrte hinter ihm her, als er

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