Vladimier und Venja: Die Liebe siegt
Von Katja Prüter
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Die Chroniken der vergessenen Insel
Gestrandet in einer fremden Welt ist Svenjas Leben in großer Gefahr und nur ein Wesen scheint in der Lage zu sein, ihr Schutz vor den Gefahren zu bieten, die überall auf sie lauern: Vladimier, der düstere und harte Fürst der Vampire von Dunkelhain.
Man hatte ihm das Liebste genommen, was er auf dieser Welt besaß. Seine Trauer und Verzweiflung waren so tief, das sie selbst das Herz der Todesfee erweichten.
»Sie wird dir wiedergegeben werden, deine Frau. Sie wird in ein neues Leben hineingeboren werden. Dann aber ist es an dir, sie zu erkennen und ihre Liebe wieder zu gewinnen.«
Jahrhundertelang zog er mit seinem kleinen Sohn kreuz und quer durch das Land, immer auf der Suche nach der Reinkarnation seiner geliebten Venja.
Nun beginnt der dunkle Fürst nach all den langen Jahren der Einsamkeit wieder Hoffnung zu schöpfen. Ist die fremde Schönheit die Wiedergeburt seiner so schmerzlich vermissten Frau? Wird es ihm gelingen, ihre Liebe erneut zu gewinnen? Entschlossen nimmt der Vampirfürst den Kampf auf gegen unbekannte Gegner und das Schicksal selbst um die Frau zu retten, die ihm schon einmal genommen worden war.
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Buchvorschau
Vladimier und Venja - Katja Prüter
Die Träume beginnen
Unruhig warf sich die junge Frau auf ihrem Bett von einer Seite zur Anderen. Die Augen hinter den geschlossenen Lidern schienen hin und her zu rollen. Verschwitzt klebte ihr das wunderschöne Tizian rote Haar am Kopf. Die Decken des Bettes waren schon ganz zerwühlt, als sie unvermittelt aufwachte und sich mit einem heftigen Ruck aufsetzte. Ihr Atem kam in keuchenden Stößen und ihr Herz raste und pfiff wie eine Dampflok in ihrer Brust. Panisch riss sie die smaragdgrünen Augen auf und schaute sich hektisch im Zimmer um. Panisch flog ihr Blick hin und her. Von den Bullaugen vor den Fenstern schweifte er zu den mit kleinen Segelbooten bedruckten Tapeten. Er wanderte über die mahagonifarbene Tür ihres Zimmers zurück zum Nachbarbett und blieb endlich an den dunklen Haarsträhnen hängen, die dort unter der Decke hervor lugten.
»Pffff. Beruhige dich, Svenja. Beruhige dich. Es war nur wieder einer dieser blöden Albträume. Du bist an Bord der Seenixe und daneben dir, nur einen Griff entfernt, schläft Marie. Also beruhige dich doch zum Donnerwetter. Es war nur wieder einer dieser bescheuerten Träume.«
Müde rieb sie sich mit den Fingern über die Augen, während ihr Atem sich langsam wieder beruhigte. Der Anblick ihrer besten Freundin, die dort friedlich schlafend im Bett lag und das sanfte Schaukeln des Schiffes, auf dem sie sich befand, beruhigten ihre gereizten Nerven zunehmend. Die Albträume hatte sie schon so lange, aber noch immer hatten sie die Macht, sie in Angst und Panik zu versetzen. Von der gegenüberliegenden Seite der Kabine hörte man das Scharren von Laken. Schnell blickte Svenja zu Marie hinüber, die sich im Nachbarbett verschlafen aufrichtete. Ihr hin und herwerfen hatte ihre beste Freundin im so verdienten Schlaf gestört. Sie kannte schon lange das Problem mit den immer wieder kehrenden schrecklichen Träumen von Feuer und Tod. Sie wusste, dass ihre Freundin von ihren Eltern von Psychologe zu Psychologe geschleift worden war, aber niemand hatte eine unvernünftige Erklärung für die Ursachen gefunden. Sicher. Spekulationen hatte es genug gegeben und ihre so muntere Freundin war oft nach solchen Sitzungen sehr deprimiert gewesen, weil wieder dieses oder jenes hineininterpretiert worden war.
Marie hatte es gar nicht verwundert, das keiner der ach so wichtigen Leute eine Lösung für das Problem finden konnte. Sie dagegen kam schon früh darauf, wie man Svenja wenigstens etwas helfen konnte. Mitleidig betrachtete sie ihre Freundin, kletterte schnell zu ihr ins Bett hinüber und nahm sie fest in den Arm.
»Hattest du schon wieder diesen Traum«, fragte sie kopfschüttelnd und richtete den besorgten Blick ihrer babyblauen Augen auf Svenja. »Schade, dass wir diese Kreuzfahrt nicht schon vor einem Jahr gewonnen haben. Da hätten wir sie beide genießen können. Jetzt sind wir seit einer Woche an Bord und jede Nacht machst du mich wach«, neckte die verschlafene Stimme der jungen Frau sie.
»Wenn ich nur wüsste, was diese Träume bedeuten.« Frustriert rieb sich Svenja die schmerzende Stirn. Wie immer kurz nach dem Erwachen aus diesen Träumen hatte sie dieses hämmern hinter den Schläfen. »Ich habe noch nie irgendein Problem mit Feuer gehabt. Es hat bei uns zu Hause nicht mal eine explodierende Silvesterrakete gegeben oder einen brennenden Kochtopf. Es macht mich so fertig, das ich im Traum diese Panik verspüre. Ich habe dann echte Todesangst.«
Marie-Anna stand von ihrem Bett auf und setzte sich neben ihre verzweifelte Freundin. Liebevoll legte sie ihr einen Arm um die Taille und drückte sie an sich. Wir können ja mal in der Schiffsbibliothek nach einem Buch über Traumdeutung suchen. Vielleicht haben diese Feuerbilder ja einen tieferen Sinn.
»Du mit deinem Fimmel für Psychologie und hintergründige Bedeutungen«, grinste Svenja. »Aber ich danke dir trotzdem«, frotzelte sie weiter. »Langsam hat sich mein Herzschlag wieder beruhigt und es geht mir etwas besser. Versuchen wir noch etwas zu schlafen.«
Marie-Anna nickte ihrer Freundin zu, schob sich das honigblonde Haar aus der Stirn und drückte den schlanken Körper ihrer Freundin noch einmal an sich. Dann ging sie wieder zu ihrem Bett zurück, schlüpfte unter die Laken und war schnell wieder eingeschlafen. Tief seufzend strich Svenja die zerwühlten Laken glatt und schüttelte die Bettdecke noch einmal auf, bevor auch sie wieder ins Bett kroch. Lange Zeit noch lag sie noch wach und starrte die Decke über sich an. Immer wieder überlegte sie, wieso diese schrecklichen Träume sie plagten. Es dauerte scheinbar eine gefühlte Ewigkeit, aber endlich wurden auch die Atemzüge der unruhigen jungen Frau regelmäßiger und leiser, die Bewegungen immer träger und endlich war auch sie wieder eingeschlafen.
Den Rest der Nacht verging ohne weitere Störungen. Am nächsten Morgen waren die Schrecken der Nacht schon wieder verflogen und die beiden jungen Frauen genossen den Tag an Bord dieses Traumschiffes sichtlich. Die beiden kannten sich schon seit dem Kindergarten und waren, wie sie immer wieder betonten, schon ewig befreundet. Marie–Anna war eine schlanke, wohlproportionierte junge Frau mit knabenhaftem Körperbau und einer unglaublichen Ausstrahlung von ätherischer Schönheit. Diesem blendenden Aussehen hatte sie schon in der Schulzeit die ersten Aufträge als Fotomodel zu verdanken ... Nachdem die beiden Freundinnen ihren Abschluss in der Tasche hatten, beschloss Marie, sich ganz auf ihre Karriere zu konzentrieren und jettete nun kreuz und quer über den Globus von Auftrag zu Auftrag.
Neben ihr kam sich Svenja oft wie ein hässliches Entlein vor. Sie war in ihren Augen einfach zu klein, um eine schlanke und ranke Figur zu haben. Dabei war sie war einmal dick. Nein. Das nun wirklich nicht. Aber ihr Körper schien der Meinung zu sein, unschöne Pölsterchen an den unmöglichsten Stellen anzulegen. Sie fand ihre Hüften zu dick und ihre Oberweite viel zu üppig. Neben ihrer Freundin mit deren Model Maßen kam sie sich oft klein und dicklich vor.
Die Blicke der anderen Kreuzfahrtgäste, die wohlwollend den beiden Frauen folgten, bemerkte sie nicht. Dabei ruhten mehr bewundernde Blicke auf ihren üppigen, sanft gerundeten Kurven als auf der knabenhaften Figur ihrer Freundin. Die beiden Frauen boten gemeinsam einen atemberaubenden Anblick. Die eine groß von kühler Schönheit, die andere klein und rassig mit üppig gerundeten Körperformen und einer enormen Ausstrahlung von Sexy peel. Aber Svenja hatte schon von jeher ein Problem mit ihrem Selbstbewusstsein. Sie fand ihr Haar zu rot, ihre Augen zu wässrig grün und ihr Lächeln zu breit. Hätte man Marie-Anna gefragt, hätte die junge Frau sofort von den unglaublich grünen strahlenden Augen ihrer Freundin erzählt und von ihren weichen, Tizian roten, seidigen langen Haaren geschwärmt, wie sie es oft bei Kollegen tat, wenn diese ihre Schönheit rühmten. Da lachte sie dann nur und sagte: »Ich und schön? Dann schaut euch mal meine Freundin Svenja an. Sie hat Augen, von einem wunderschönen leuchtenden grün, die sich je nach ihrer Stimmung verändern. Wenn sie gut gelaunt ist, dann sind sie so strahlend hell wie ein schimmernder Flusslauf in der Sonne. Ist sie aber wütend, dann nehmen sie das dunkle Grün von dunklen Wäldern an, kurz bevor sich die Bäume im Sturm schütteln und biegen. Ihre Haare glänzen in der Sonne wie rotes Gold und sind so weich, wie ich es mit dem besten Conditioner nicht hin bekomme. Ihre Figur sieht aus, wie bei den Filmschönheiten aus den 50er Jahren. Einfach nur sexy. Aber das Schönste an Svenja ist ihr Lächeln. Wenn sie lächelt, dann geht die Sonne auf.«
Als Svenja die Kreuzfahrt für zwei Personen in einem Kreuzworträtsel Wettbewerb gewann, war für sie keine Frage, als zweite Person Marie-Anna mitzunehmen. Zum Glück hatte diese gerade eine längere Pause zwischen zwei Aufträgen und sagte mit Freude zu. Sie fand die Idee wunderbar, endlich wieder einmal mehr Zeit mit Svenja zu verbringen. Die Beiden standen sich so nah wie Schwestern und es tat beiden unendlich weh, kaum noch Zeit miteinander verbringen zu können. Aber seit Marie-Anna so gut im Modellgeschäft Fuß gefasst hatte, hetzte sie leider von einem Termin zum anderen.
Svenja selbst hatte sich nach der Schule an der Universität eingeschrieben und ihr Medizinstudium in Rekordzeit absolviert. Leider ließ ihr das zeitaufwendige Lernen auch nicht sehr viel Zeit für Freizeitaktivitäten. Telefoniert hatten die Freundinnen jedoch immer und sehr fleißig, und wenn es nur möglich war auch stundenlang. So war Marie-Anna auch über die immer wiederkehrenden Albträume der letzten Zeit genau unterrichtet.
Wohlig rekelte sich Svenja in ihrem Liegestuhl. »Warum musste ich erst 25 Jahre alt werden, bevor ich so eine Kreuzfahrt mache«, seufzte sie. »Weil du solch ein Arbeitstier bist, das du vorher sowieso keine Zeit dafür hattest und nebenbei gesagt, meine kleine Träumerin, hast du auch erst recht kein Geld dafür übrig«, lachte Marie-Anna. »Wie wahr, wie wahr«, grinste Svenja. »Und so ein neues und originelles Argument«, schloss sie glucksend. Beide lachten schallend auf. Dann wurde Marie-Anna aber schnell wieder ernst und sah besorgt zum Himmel hoch. »Svenja, das Wetter gefällt mir gar nicht. Ich glaube, wir bekommen einen Sturm.« Diese folgte dem Blick ihrer Freundin. Der Himmel war in kurzer Zeit dunkel geworden. Dicke schwarze Wolken begannen sich am Himmel zu sammeln und das laue Lüftchen, welches die ganze Zeit geweht hatte, war inzwischen zu einem heftigen Wind angewachsen. »Lass uns unter Deck gehen. Der Himmel ist ja innerhalb von Minuten pechschwarz geworden.« Schnell packten sie ihre Sachen ein und gingen unter Deck in ihre Kabinen.
In Seenot
In der folgenden Nacht wurden die beiden Freundinnen jedoch erneut in ihrer so verdienten Nachtruhe gestört. Diesmal waren aber nicht Svenjas Albträume der Grund, sondern hastende Schritte über die Gänge, Rufen und Schreien. »Was ist los?« Fragte Marie-Anna ratlos. »Hey. Du hast doch auch Titanic gesehen. Das da draußen klingt nicht gut. Gar nicht gut.« »Mensch Svenja, sieh doch nicht immer alles so schwarz. Los, wir ziehen uns an und gehen an Deck. Nun mach schon«, drängte sie die Freundin zur Eile. »Ich will gucken, was da los ist.«
Als die jungen Frauen an Deck hasteten, stockte ihnen vor Schreck der Atem. Ein unglaublicher Sturm wütete und meterhohe Wellen schwappten über die Bordwand. Svenja hielt einen vorbei eilenden Steward am Ärmel fest. »Was geht hier vor sich?« Schrie sie dem verängstigten Mann über den Lärm des Sturmes zu. »Die Maschinen haben einen Defekt, die blöden Computer spielen verrückt und wir sind vom Kurs abgekommen. Im Moment sind wir mitten im Bermudadreieck. Der Kapitän versucht den Kurs per Hand zu korrigieren, aber wir fahren blind. Das Gebiet hier ist auf keiner unserer Karten verzeichnet. Begeben sie sich lieber vorsichtshalber zu den Rettungsbooten«, riet er ihnen.
Die beiden Frauen stemmten sich gegen den Sturm und versuchten sich den Weg zu den Booten zu bahnen, aber in Panik geratene Mitreisende drängten sie immer wieder zurück. »Wir versuchen es auf der anderen Seite« schrie Svenja der Freundin zu, aber der Wind schien ihr die Worte von den Lippen zu reißen. »Na komm schon. Da sind auch noch Boote.« Sich ängstlich an den Händen haltend stemmten sie sich gegen den Sturm und versuchten zur anderen Seite des Schiffes zu gelangen. Doch dann traf eine unglaublich mächtige Sturmböe die Frauen. Ihre Hände lösten sich und entsetzt sah Svenja, wie Marie-Anna auf die Bordwand zu rutschte und dann verschwand.
Ohne nachzudenken, griff sie sich einen Rettungsring, der direkt neben ihr an der Bordwand hing, und sprang ihrer Freundin mutig hinterher, mitten hinein in das wütende, brodelnde Meer. Verzweifelt kämpfte sie sich durch die wogenden Wellen hindurch, um ihre Freundin zu erreichen. Ihre Kräfte erlahmten schon fast, als sie endlich ihre Hand fassen konnte. Voll Schrecken erkannte sie, dass sich Marie-Anna nicht mehr bewegte. Zu stur um ihre Hand loszulassen umkrampfte sie die Hand der Freundin mit wilder Verzweiflung, während dessen sie sich mit der anderen Hand an den hastig mitgenommenen Rettungsring klammerte. Aber als die glitschigen, feuchtkalten Finder ihrer Freundin ihr zu entgleiten drohten, fasste Svenja einen folgenschweren Entschluss. Langsam lösten sich ihre Finger vom Rettungsring und auch die zweite Hand klammerte sich an Marie-Anna. Verzweifelt Wasser tretend versuchte sie, sie beide wieder an die Wasseroberfläche zu bringen, aber ihre Kleider hatten sich inzwischen vollgesogen.
Immer langsamer wurden die Bewegungen der jungen Frau, immer bleierner durchdrang die Kälte ihre Knochen und die Erschöpfung kostete sie die letzte Kraft. Immer noch hielt sie stur die Hand ihrer Freundin umklammert. Sie schienen auf einen merkwürdigen Strudel in den Tiefen des Ozeans zuzutreiben. Noch einmal versuchte Svenja, ihre letzten Kräfte zu mobilisieren, um nicht in die tosende Macht der Wogen hinein getrieben zu werden, aber ihre Bemühungen waren nutzlos. Die letzte Kraft war verbraucht. Schließlich flimmerte alles vor ihren Augen und sie verlor das Bewusstsein, während sie unaufhaltsam in den wütenden Wirbel hineingesaugt wurden.
Kurz bevor die tintenschwarze Dunkelheit von ihren Sinnen Besitz nahm, sah sie ein Paar kobaltblaue Augen vor sich, die sie voller Liebe musterten. Die Szene wechselte rasend schnell und das Bild eines sinnlichen Mundes erschien, der sie zärtlich anlächelte. Zwischen Wachen und Träumen gefangen seufzte sie voller Sehnsucht. Die letzte Luft entwich ihren gepeinigten Lungen und ihre Bewegungen erschlafften. Die Hände fest umeinander gekrallt gingen die beide Freundinnen lautlos in der Stille unter.
Während die beiden Frauen gemeinsam immer tiefer in den geheimnisvollen, dunklen Tiefen des Meeres versanken und ihre langen Haare sie wie Tentakel umflossen, boten sie ein Bild vollkommener Harmonie und Schönheit. Aber, ihr Unglück war nicht unbemerkt geblieben. Tief violette Augen starrten sie bewundernd an. Weiche, geschmeidige Hände griffen nach ihnen. Lippen drückten sich auf ihre blutleeren Münder und hauchten ihnen lebensspendenden Atem in die verzweifelt aufheulenden Lungen. Silbern und golden blitzten die Schuppen an den Fischschwänzen der beiden Meermänner auf, als sie den Todestanz der jungen Frauen mit fließenden Bewegungen stoppten.
Jeder der Beiden hatte eine der Frauen ergriffen, aber sie konnten die ineinander verkrampften Hände der Freundinnen nicht lösen. So schwammen sie schließlich nebeneinander. Jeder hielt eine bewusstlose Frau in den Armen, die sich immer noch durch ihre verkrampften Hände aneinander klammerten. Selbst die tiefste Bewusstlosigkeit konnte Svenjas Willen nicht brechen, ihre Freundin nicht loslassen zu wollen. Sinnend sah Adalar auf die rothaarige Schönheit in seinen Armen. Ihre üppigen Kurven wurden weich an seinen steinharten Oberkörper gepresst. Ihr Gesicht hatte in ihrer Bewusstlosigkeit einen entspannten und friedlichen Ausdruck. Sie war fast zwei Köpfe kleiner als er und lag leicht wie eine Feder in seinen Armen. Es erschien ihm, als hätte er noch nie eine größere Schönheit gesehen.
Der Meermann hatte beobachtet, wie sie sich durch die wild schäumenden Wogen zu ihrer Freundin vorgekämpft hatte. Er war noch zu weit weg gewesen, hatte aber seine Geschwindigkeit bis zum äußersten gesteigert, als er beobachten konnte, wie die fremde Schönheit einen folgenschweren Entschluss fasste. Entsetzt sah er zu, wie sie den Rettungsring losließ, der ihr eigenes Überleben gesichert hätte und sich dazu entschloss, alles zu riskieren, um ihre Freundin zu retten.
Adalar und sein Freund Daromir hatten sich nur einen Blick zugeworfen und waren dann wie zwei silberne und golden schimmernde Pfeile durch das nachtschwarze Wasser geschossen. Im letzten Moment erreichten sie die Frauen, bevor ihre Körper ihnen auch den letzten Rest des lebensrettenden Sauerstoffs aus den Zellen gesaugt hatten, und hauchten ihnen von ihrem eigenen Atem ein.
Daromir schaute besorgt in das Gesicht seines Königs. Seitdem er ihn kannte, hatte er noch nie solch einen besorgten Blick in den Augen seines Freundes gesehen, aber auch noch nie solch eine Bewunderung für eine Frau. Nicht einmal Semiramis, die schöne Vampir-Magierin, die sie alle in der legendären Schlacht gegen den schwarzen Hexer Maglador zum Sieg geführt und die ganze Insel gerettet hatte, hatte er je so angesehen. Und dabei wusste Daromir, das Adalar Semiramis vergötterte und anbetete. Damals war er sehr besorgt um seinen König gewesen, da Semiramis glücklich mit dem Elfen Deikugon verheiratet war. Er hatte sich große Sorgen gemacht, das Adalars Herz Schaden genommen haben könnte. Aber dies war zum Glück nicht geschehen. Schnell schwamm er neben seinem König her. Eine große Entfernung zwischen ihnen ließen auch die verkrallten Hände der jungen Frauen nicht zu. Er betrachtete die Schönheit in seinen Armen, aber obwohl er sie hinreißend fand, konnte sie sein Herz nicht ansprechen. Trotzdem aber bewunderte er ihre knabenhafte Schönheit. »Hoffentlich verliebt sich Adalar nicht in die rothaarige Menschenfrau«, dachte er. »Meermenschen und Menschen, das kann nicht gut gehen.«
Aquarius
Die Meermenschen lebten vor den Ufern der vergessenen Insel. Tief am Grunde des Meeresbodens befanden sich mehrere ihrer wunderschönen Städte, die von durchsichtigen Glaskuppeln umgeben waren. Auch innerhalb der Glaskuppeln war überall Wasser. Hier fühlten sie sich wohl. Ihre Körper holten sich den benötigten Sauerstoff direkt aus dem Element. Zum Glück für die beiden Unglücklichen gab es im Königspalast von Aquarius mehrere Räume, die wasserdicht versiegelt waren und über eine Sauerstoffpumpe mit Luft versorgt wurden. Hier trainierten sie ein Leben an Land.
Ab und zu stiegen sie aus den Tiefen des Ozeans herauf. Dabei kommt eine Magie zur Wirkung, die sie der vor Jahrtausenden stattgefundenen Liebesgeschichte zwischen Damiron, dem damaligen König des Unterwasservolkes und Nixia, der schönen Tochter der Schicksalsgöttin zu verdanken haben. Die Trauer ihrer Tochter, nicht mit ihrem geliebten Damiron zusammenleben zu können, erweichte das Herz der mächtigen Göttin Sie schloss einen Packt mit ihrem Bruder Ozeon, dem Meeresgott. Ihre Tochter dürfte im Meer leben und wurde zu einer Meerfrau umgewandelt. Im Ausgleich dazu aber schenkte sie dem Meervolk die Fähigkeit, kaum das ihre Schwänze den sandigen Boden der Insel berührten, zu Beinen zu werden. Auch konnten sie an der Oberfläche atmen, wenn ihre Haut in regelmäßigen Abständen mit Wasser benetzt werden würde. Auf diese Weise konnte ihre geliebte Tochter und ihre Enkel sie jederzeit besuchen.
Dank dieser Fähigkeiten waren sie also in der Lage, mit den Menschen der Insel Handel zu betreiben und nur durch sie konnten auch der legendären Semiramis in ihrem schrecklichen Kampf gegen den bösen Hexer beistehen. Nachdem sie erfolgreich in der großen Schlacht gegen Maglador an der Seite mehrerer anderer Völker der vergessenen Insel gekämpft hatten, hatte Adalar dafür gesorgt, das sich sein Volk auf einen nun öfter vorkommenden Besuch an Land besser vorbereiten könnte.
Sie mussten dann regelrecht trainieren, den Sauerstoff aus der Umgebungsluft zu filtern. Ebenso trainierte die Jugend, wie lange sie an Land bleiben konnten, ohne das ihre Haut mit Wasser in Berührung kam und welche Signale der Körper ihnen sandte, wenn sie unbedingt wieder ins kühle Nass zurückkehren müssten. Diese Trainingsräume waren jetzt die letzte Chance für die beiden