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New York Sparkle: Sport-Romance
New York Sparkle: Sport-Romance
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eBook249 Seiten3 Stunden

New York Sparkle: Sport-Romance

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Über dieses E-Book

Zwischen den verchromten Wolkenkratzern New Yorks sind die Abgründe tief und Dan und Lorraine müssen aufpassen, nicht wieder zu fallen. 

 

Lorraine hat keine reine Weste. Nach fünf Jahren im Gefängnis braucht sie dringend einen Neustart. Sie ist fest entschlossen, sich ihr Leben wieder aufzubauen – diesmal auf der richtigen Seite des Gesetzes.

Dan ist kein Unschuldslamm. Anders als Lorraine hatte er Glück und konnte Football spielen, statt seine Strafe abzusitzen. Jetzt ist er ein Starspieler bei den New York Gladiators.

Gemeinsam tanzen sie am Abgrund. Zwischen ihrer inneren Dunkelheit und der pulsierenden Anziehung drohen sie alles einzureißen, was sie sich aufgebaut haben. Dan weiß bald nicht mehr, ob seine Liebe zu Lorraine ihm gut tut oder schadet. Und Lorraine muss sich ihren Gefühlen und ihrer Vergangenheit stellen. 

 

Herzzerreißend und sexy: Der zweite Teil der “New York Gladiators”-Reihe von Mrs Kristal brennt noch heißer und schneller. 

SpracheDeutsch
HerausgeberZeilenfluss
Erscheinungsdatum27. Apr. 2023
ISBN9783967142662
New York Sparkle: Sport-Romance

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    Buchvorschau

    New York Sparkle - Mrs Kristal

    1

    Dan

    Acht Jahre zuvor, Queens, New York

    Ich sehe zu meinem Bruder Jordan rüber und seufze lautstark, als wir das abgefuckte Wohnhaus in Queens betreten. Ich sage ihm seit Jahren, dass er sich von diesem Gesindel fernhalten soll, und seit Jahren kommt er immer wieder zu ihnen zurück. Ich weiß nicht, an welchem Punkt in seinem Leben Jordan beschlossen hat, dass Junkies, Dealer und Nutten seine besten Freunde werden. Dabei ist er so verdammt schlau, studiert Jura und wird in die Kanzlei unserer Eltern einsteigen. Die wilden Jahre müssen endgültig hinter ihm liegen.

    »Ich verstehe nicht, dass du immer wieder auf diese Partys zurückkommst«, nörgle ich und rümpfe im selben Moment die Nase, als die erste zugedröhnte junge Frau auf mich zustürzt. Ich kann sie gerade noch abfangen und wieder gerade hinstellen, bevor sie sich aufs Maul legt.

    »Ich bin beruflich hier«, erwidert Jordan, und ich stöhne gequält auf. »Mach dich locker.«

    »Ich will doch nur, dass du keinen Ärger bekommst«, beharre ich und lege ihm meine Hand auf die Schulter. »Auch wenn du … beruflich hier bist.« Verdutzt sehe ich ihn an, und er nickt.

    Jordan und ich sind von Grund auf unterschiedlich, obwohl uns nur fünf Minuten trennen. Wir sind eineiige Zwillinge und als diese von unseren Eltern auch liebevoll aufgezogen worden. Bis ungefähr zur Middle School klappte das auch sehr gut, aber mit dem Wechsel zur Highschool veränderte Jordan sich. Er trieb sich immer mehr in Queens rum, statt zu Hause in Manhattan, und darüber hinaus widersetzte er sich allem, was unsere Eltern sagten. Bis heute weiß ich nicht, ob und welche Drogen er ausprobiert hat. Er sagt, er habe nur mal Gras geraucht, aber ich weiß nicht, ob ich ihm glauben kann.

    In der Highschool habe ich angefangen, Football zu spielen, und es stellte sich schnell heraus, dass ich ein großes Talent habe. Schnell riss sich der Coach um mich, und mit den Jahren wurden die Scouts der Universitäten und Colleges im ganzen Land auf mich aufmerksam. Jordan interessierte sich nicht für Sport, das tut er bis heute nicht. Er war zu meinem Erstaunen oft in der Bibliothek der Schule zu finden und verkündete unseren Eltern vor Abschluss der Highschool, als für mich bereits feststand, dass ich Profifootballer werden will, dass er in ihre Fußstapfen treten möchte. Man kann sich den Jubelschrei unserer Mom ungefähr vorstellen, als sie erfahren hat, dass ihr ›Sorgenkind‹, wie sie Jordan gern nannte, Anwalt werden will.

    Unser Dad und ich haben das nicht so ernst genommen. Jordan ist noch nie an etwas drangeblieben. Die meisten Dinge interessierten ihn nur für wenige Wochen oder Monate. Ein Studium, das erst zwei Jahre in der Zukunft beginnen würde, war für uns sehr unglaubwürdig. Aber Jordan hat uns eines Besseren belehrt. Er schloss zunächst seinen Bachelor in Wirtschaft mit Bestnoten ab. Danach besuchte er eine Law School und arbeitet nun in der Kanzlei unserer Eltern mit, die er wohl in den nächsten Jahren übernehmen wird.

    Ich schaue zu ihm und schmunzle. Während ich um die einhundert bis einhundertzehn Kilo Muskelmasse mit mir rumschleppe, ist mein Bruder der personifizierte Büroschönling, für den jede Sekretärin die Beine breitmacht. Seine braunen Haare sind elegant mit Gel zurückfrisiert, und das schicke weiße Hemd, das er trägt, will so gar nicht an diesen Ort passen. Dazu noch seine beige Cargo-Hose und braune Oxfords. Mit meinem schwarzen Shirt und der lässigen Jeans mit Sneakers könnte man meinen, dass ich der Zwilling bin, der sich in der New Yorker Unterwelt auskennt, und nicht er. Umso verwunderlicher finde ich es, dass es ihn immer wieder hierherzieht. Es gibt keinen Grund, seine Zeit weiterhin in diesem Viertel zu verbringen. Natürlich hat Queens auch schöne Ecken, aber die muss man suchen.

    »Komm schon.« Ich schiebe die Hände in die Taschen meiner Jeans. »Was willst du hier?«

    »Alles zu seiner Zeit.« Jordan lässt mich weiterhin im Ungewissen, und ich verdrehe genervt die Augen. »Hier.« Er reicht mir das Getränk.

    »Danke.« Und weil ich dem Ganzen nicht traue, schnuppere ich daran. Als mein Bruder das sieht, verdreht er unweigerlich die Augen. »Was?«, frage ich. »Ich weiß doch nicht, was die Leute hier in die Getränke mischen.«

    »Du spinnst, Dan«, meint er. »Das ist ganz normale Cola.«

    »Okay.« Ohne auf seinen Einwand weiter einzugehen, nehme ich einen Schluck. Sollte ich die Drogen, die vielleicht doch in der Cola sind, nicht schmecken und übermorgen beim Training einen Test machen, bin ich erledigt. Ich verliere nicht nur kurz vor dem Draft meinen Studienplatz, sondern auch meine gesamte Zukunft. Keiner will mit einem Collegespieler arbeiten, der Drogen nimmt.

    »Und?« Jordan grinst mich böse an. »Fühlst du dich schon high?«

    Ich verdrehe die Augen und trinke wieder von meiner Cola.

    »Also?«, hake ich interessiert nach und lasse meinen Blick durch den Raum gleiten. »Was tun wir hier? Und jetzt erzähl mir bitte nicht, dass du alte Freunde besuchen willst.«

    »Nein.« Jordan schüttelt mit dem Kopf und atmet tief durch. »Ein Kumpel von mir, Brandon, arbeitet seit Neuestem bei der Drogenfahndung des NYPD. Er ist auf der Suche nach Craig Sanchez.«

    »Das ist doch dieser Kinderdealer, oder?«, erinnere ich mich.

    Jordan hat mir ein paarmal von diesem Kerl erzählt. Er heuert meistens Kinder zwischen dem zwölften und vierzehnten Lebensjahr in seiner Bande an, um Drogen zu verticken. Da die Kids die Arbeit für ihn erledigen und sie deutlich geringere Strafen erwarten als einen Erwachsenen, konnte man ihm bisher nichts nachweisen. Außer er wird auf einer Party wie dieser mit Drogen erwischt.

    »Brandon und zwei seiner Kollegen durchforsten seit Monaten Partys wie diese nach Craig, aber bisher ist der Penner nicht aufgetaucht. Heute haben sie vielleicht Glück, denn es gab einen Tipp, dass er kommen soll.«

    »Und warum zur Hölle müssen wir dafür hier sein?« Mir ist nicht klar, wieso wir uns in diese Gefahr begeben. Für mich steht alles auf dem Spiel, wenn ich vom NYPD aufgegriffen werde. »Hast du eine Ahnung, was mit unseren Karrieren passiert, wenn wir hier gesehen werden?«

    Jordan verdreht die Augen. »Gar nichts passiert mit unseren Karrieren. Keiner von den Leuten hier, außer mir, wird eine Aussage gegen Craig machen. Sie haben viel zu viel Angst vor dem Kerl. Brandon hat mich gebeten, vor Ort zu sein, und da du gerade ein paar Tage frei hast und nicht in Philly bist, dachte ich, dass es eine coole Idee ist, dich mitzunehmen.«

    Ich kann nicht glauben, was schon wieder in seinem Kopf vorgeht. Natürlich habe ich ein paar Tage frei, und seitdem ich in Philadelphia studiere und Jordan in New York, sehen wir uns viel weniger. Nach achtzehn Jahren, in denen wir fast jeden Tag zusammen waren und alles gemeinsam erlebt haben – na ja im übertragenen Sinne –, war es für uns beide schon sehr komisch, dass wir uns nur noch ein- oder zweimal im Monat sehen. Zwillinge, vor allem eineiige, haben ein besonderes Geschwisterverhältnis. Wir sind auf eine unerklärliche Art miteinander verbunden, zwischen die niemals jemand kommen wird. Kein Freund und vor allem keine Frau. Unser Frauengeschmack ist auch derart unterschiedlich, dass ich mir keine Sorgen mache. Während ich Frauen mag, die Kurven haben, steht Jordan auf Modelmaße.

    »Ja, was für ein Spaß«, motze ich. »Und wie nett, dass du dafür sorgst, dass dieser mir nicht entgeht.«

    Er grinst und trinkt wieder von seiner Cola, während er seinen Blick durch die Menge streifen lässt. Jordan hat mir ein paarmal ein Foto von Craig Sanchez gezeigt. Ein ekelhafter und noch dazu sehr unattraktiver Kerl mit mexikanischen Wurzeln. Es würde mich nicht mal wundern, wenn er illegal in den USA ist.

    »Da ist er«, sagt Jordan plötzlich, und ich folge seinem Zeigefinger mit meinen Augen. Tatsächlich betritt in diesem Moment Craig Sanchez den Raum. Ich würde ihn auf einen Meter und achtzig schätzen. Er hat schwarze Haare, die er wie Jordan mit Gel fixiert hat. Dazu trägt er ein schwarzes Hemd, das er bis zur Hälfte seiner Brust aufgeknöpft hat, um uns allen sein schwarzes Brusthaar zur Schau zu stellen. Meine Güte, bin ich wirklich der einzige Mann in diesem Land, der das wegmachen lässt? Es sieht furchtbar aus. Eine Jeans und schwarze Lackschuhe runden sein zwielichtiges Erscheinungsbild ab.

    Viel mehr aber erregt die junge Frau neben ihm meine Aufmerksamkeit. Sie wirkt nervös, geradezu panisch, und sieht sich immer wieder um. Ihre langen braunen Haare hängen schlaff über ihre Schultern, und wäre sie nicht so dünn und ausgezehrt, würde ich sie wirklich hübsch finden. Als ihr jemand ein Getränk anbietet und sie lächelt, wirkt sie sofort viel fröhlicher. Sanchez beugt sich zu ihr und flüstert ihr etwas zu, was sie erneut blass werden lässt.

    Unweigerlich schließe ich meine Hand fester um meinen Becher und würde am liebsten zu ihnen rübergehen und ihm eine Ansage machen, dass er sich von ihr fernhalten soll. Sie fühlt sich unwohl in seiner Gegenwart. Sie hat nicht das nötige Selbstbewusstsein, sich von ihm zu lösen.

    »Kennst du die Frau bei ihm?«, frage ich an Jordan gewandt.

    »Ich glaube, sie ist seine Freundin.«

    »Ernsthaft?«, entgegne ich und sehe meinen Bruder entsetzt an. »Sie ist wie alt … siebzehn? Und er? Fünfunddreißig?«

    »Er ist dreißig«, sagt Jordan ruhig. »Und sie könnte siebzehn sein, ja.«

    »Igitt«, entfährt es mir angewidert. »Er lässt Kinder nicht nur Drogen verticken, sondern fickt sie auch noch.«

    »Daniel«, zischt Jordan und sieht mich mahnend an. »Könntest du bitte leiser sein.«

    »Ich sage doch nur die Wahrheit«, wehre ich mich gegen seinen Vorwurf.

    Jordan seufzt und trinkt von seiner Cola. »Ich habe nie behauptet, dass du lügst, oder?«, will er wissen. »Sie ist sicherlich zu jung für ihn, aber so tickt er nun mal.«

    »Na klasse«, murre ich.

    In der nächsten Stunde stehen Jordan und ich da und beobachten Sanchez und seine Begleitung. Sie telefoniert immer wieder und legt jedes Mal frustriert auf, weil die Person am anderen Ende nicht rangeht. Ich bin mittlerweile wirklich versucht, zu ihr rüberzugehen und sie zu fragen, ob sie Hilfe braucht. Denn es ist mehr als deutlich, dass sie hier wegwill. Unwohlsein macht sich in mir breit, und ich schaue zu meinem Bruder, der Sanchez und sie auch nicht aus den Augen lässt.

    »Das reicht«, sage ich, als Sanchez sie am Arm packt und zu sich zerrt. »Ich mache dem Kerl jetzt eine Ansage, die sich gewaschen hat und –«

    »Du machst gar nichts«, knurrt Jordan und stellt sich mir in den Weg. »Kapierst du nicht, dass hier eine Ermittlung des NYPD läuft? Hier sind zig Cops in Zivil. Um die Ecke steht ein Sondereinsatzkommando, um Sanchez endlich zu fassen. Du kannst sie nicht retten, Dan.«

    »Aber …«

    »Kein Aber.« Jordans schneidender Tonfall macht mir klar, dass es keine weitere Diskussion gibt. Ich bin ehrlich beeindruckt von dem Mann, der gerade vor mir steht. Mein Bruder, den ich kenne, und diese Person haben absolut nichts miteinander zu tun. Aber das hätte mir auch klar sein müssen. Jordan kennt sich seit Jahren in diesem Milieu New Yorks aus. Er kann hier nicht der Schwiegermuttertraum sein, den er sonst so gut spielt. Obwohl wir erst zweiundzwanzig Jahre alt sind, scheint er seine Berufung als Anwalt gefunden zu haben. »Du bleibst hier.«

    Plötzlich geht alles ganz schnell. Craig zieht aus seiner Jeans eine kleine Verpackung mit einem weißen Pulver und hält sie in die Höhe. Er reicht sie der jungen Frau, die ihn mit riesigen Augen ansieht und im ersten Moment noch zögert, aber schließlich danach greift.

    »NYPD«, schreit jemand und stürzt auf Craig zu. Ein weiterer Cop gibt sich ebenfalls zu erkennen und nimmt die junge Frau fest, die immer noch das Kokain – ich nehme an, dass es Koks ist – in der Hand hält. Ihre Augen sind weit aufgerissen, und ihr Blick gleitet panisch durch den Raum. Erneut will ich zu ihr rennen und den Cops klarmachen, dass sie nichts damit zu tun hat, aber es ist zu spät. Der Polizist führt sie ab, und eine weitere Staffel Cops stürmt das Gebäude. Langsam, aber sicher dämmert mir, dass ich mitten in eine Drogenrazzia geraten bin.

    »Perfekt.« Jordan klatscht neben mir zufrieden in die Hände, als Sanchez, die junge Frau und weitere Leute abgeführt werden. »Es hat alles nach Plan funktioniert.«

    Mein Kopf fährt herum, und ich sehe ihn fassungslos an.

    »Nach Plan?«, echot meine Stimme in meinen Ohren. »Was genau hat denn nach Plan funktioniert? Die haben eine junge Frau verhaftet, die gar nichts damit zu tun hatte, und du … du sagst, dass alles nach Plan funktioniert hat.«

    Jordan stöhnt auf und stemmt die Hände in die Hüften. »Hör zu, Dan«, redet er mit mir, als wäre ich ein kleiner dummer Junge. »Ich weiß, dass du ihr helfen willst, aber so funktioniert das nun mal. Mitgehangen, mitgefangen.«

    Ich schüttle mit dem Kopf, knalle meinen Becher auf den Tisch neben uns und drehe mich um.

    »Ich verschwinde«, sage ich und verlasse, ohne auf seine Reaktion zu warten, das Haus. Natürlich hat Jordan nicht unrecht, aber sie ist siebzehn oder achtzehn Jahre alt. Dieser Abend könnte ihr gesamtes Leben verbauen.

    »Jetzt warte doch«, ruft mein Bruder mir nach, und ich bleibe stehen. »Sie hätten sie nicht verhaftet, wenn sie sie nicht kennen würden.«

    »Wenn du meinst«, murmle ich und trete ins Freie.

    Vor dem Haus ist die Hölle los. Mehrere Streifenwagen erhellen die New Yorker Nacht, und zig Menschen um uns herum werden verhaftet. Ich suche sofort den Platz nach der jungen Frau ab, aber kann sie nicht mehr sehen. Hoffentlich passiert ihr nichts weiter, und sie wird nur als Mitläuferin gesehen.

    2

    Dan

    Fünf Jahre später, Manhattan, New York

    Ich parke meinen Audi vor Brooklyns Wohnhaus in Manhattan und sehe an der gläsernen Fassade hinauf. Der Mistkerl, der sich auch gleichzeitig einer meiner besten Freunde nennt, hat mich doch wirklich zum Babysitter für seine kleine Schwester Lorraine degradiert. Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich zugestimmt habe. Er ist mit seiner Freundin Lilly nach Colorado geflogen, um ihre Familie kennenzulernen, und hat mich gefragt, ob ich ein Auge auf sie werfen könnte. Zunächst habe ich gezögert, aber Brooklyn hat nicht lockergelassen. Schlussendlich hat er noch die Karte des guten Kumpels gezogen und gesagt, dass er das für mich auch machen würde. Blöd nur, dass ich weder eine kleine Schwester habe noch eine Freundin, die ich zu ihrer Familie begleiten muss. Letztendlich habe ich seinem Drängen nachgegeben und ihm versprochen, dass ich mich um Lorraine kümmern werde.

    Meine Pläne an Thanksgiving sind dieses Jahr überschaubar. Meine Eltern sind in unserem Ferienhaus auf den Bahamas, und Jordan hat sich im Büro verschanzt. Was soll schon das Problem daran sein, eine dreiundzwanzigjährige Frau von A nach B in New York zu fahren? Richtig – sie ist das Problem.

    Für die Erklärung, dass sie das Problem ist, muss ich mindestens fünf Jahre zurückspulen. In die Nacht, in der die Razzia in Queens stattfand, bei der Craig Sanchez verhaftet wurde, und zu meinem Draft.

    Wenige Monate nach der Razzia wurde ich von den New York Gladiators gedraftet. Ich kam mit Pierce Gates und Brooklyn Webster als Rookies ins Team. Wir waren die jüngsten Spieler und haben uns rasch angefreundet. Erst später habe ich erfahren, dass die beiden beste Freunde seit dem Sandkasten sind und es schwer war, in ihrer Mitte zu bestehen. Das hat mir aber nichts ausgemacht, denn mit dem Umzug nach New York konnte ich auch die Beziehung zu meinem Bruder wieder pflegen. Jordan ist mittlerweile einer der erfolgreichsten Anwälte der Stadt, aber bewegt sich immer noch am liebsten auf der dunklen Seite. Er kann das nicht ablegen.

    Nach zwei Jahren hat Brooklyn mir endlich den Grund erzählt, warum er fast nie über seine Familie – insbesondere seine kleine Schwester Lorraine – spricht. Sie saß damals wegen Drogenbesitzes im Gefängnis. Sofort sind meine Gedanken zu der jungen Frau an Sanchez‘ Seite gewandert. Es wäre ein großer Zufall gewesen, wenn sie dieselbe Person gewesen wäre, aber ich wurde eines Besseren belehrt. Brooklyn hat mir ein Foto von Lorraine gezeigt. Die kleine Schwester meines Kumpels und die junge Frau, die ich damals beschützen wollte, aber es wegen meines Bruders nicht getan habe, sind dieselbe Person.

    Mir ist im ersten Moment alles aus dem Gesicht gefallen, was Brooklyn auch gemerkt hat. Er hat aber zum Glück den wahren Grund für meine Reaktion nicht verstanden. Mein Herz ist gerast, und die Gedanken, die ich mir all die Jahre immer wieder gemacht habe, sind Amok gelaufen. Ich hätte es verhindern können, dass sie im Gefängnis landet, aber ich habe es nicht getan. Ich hätte niemals auf Jordan hören sollen. Fünf Jahre hat sie bekommen – fünf. Das ist eine Ewigkeit in unserem Alter.

    Jetzt ist sie seit ein paar Wochen wieder auf freiem Fuß und braucht laut Brooklyn einen Babysitter.

    Mein Kumpel darf niemals erfahren, dass ich damals dabei war in Queens und Lorraine vor der Scheiße hätte beschützen können.

    Genauso wenig darf sie es erfahren.

    Wenn ich mir weiter den Kopf darüber zerbreche, ob es die richtige Entscheidung war, Brooklyns Bitte anzunehmen, ruft Lorraine womöglich noch die Cops und stellt eine Vermisstenanzeige für mich aus. Immerhin sollte ich schon vor rund zehn Minuten bei ihr

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