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Videotherapie: Praktische Einblicke in die psychodynamische Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Videotherapie: Praktische Einblicke in die psychodynamische Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Videotherapie: Praktische Einblicke in die psychodynamische Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen
eBook271 Seiten2 Stunden

Videotherapie: Praktische Einblicke in die psychodynamische Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen

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Über dieses E-Book

Eine chronische Erkrankung, eine schlechte Anbindung zur Praxis oder die Weiterführung der Therapie vom Studienort aus - auch abseits der Corona-Pandemie gibt es viele Gründe, die das Setting der videobasierten Therapie attraktiv machen. Mit dem Erfahrungsschatz aus mehreren Jahren praktischer Arbeit beschreibt die Autorin, wie Videotherapie auf der Basis der wichtigsten Wirkfaktoren psychodynamischer Psychotherapie gestaltet werden kann und veranschaulicht ihre Umsetzung anhand zahlreicher Fallbeispiele. Das Buch bietet damit einen Einblick in die konkrete, praktische Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen via Video und zeigt, dass auf diesem Weg tatsächlich intensive Psychotherapie stattfinden kann.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum16. Aug. 2023
ISBN9783170418585
Videotherapie: Praktische Einblicke in die psychodynamische Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen

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    Buchvorschau

    Videotherapie - Ursula Rasch

    Inhalt

    Cover

    Titelei

    Danksagung

    Vorwort

    I Internet, digitale Medien und psychodynamische Grundannahmen

    1 Internet und digitale Medien – ein Lebensraum von Kindern und Jugendlichen

    1.1 Einzug digitaler Medien im Leben von Kindern und Jugendlichen

    1.2 Digital und Analog

    1.3 Bedeutung digitaler Medien für Kinder und Jugendliche

    1.4 Notwendigkeit der Begleitung durch Erwachsene im Umgang mit digitalen Medien

    1.5 Bedeutung digitaler Medien in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie

    2 Videosprechstunde in psychodynamischen Therapien – eine Skizze der aktuellen Diskussion

    3 Rechtliche und technische Gelingensbedingungen zur psychodynamischen Therapie

    3.1 Datenschutz und Internetsicherheit

    3.2 Plattformen und Verträge

    4 Setting in der Videosprechstunde

    4.1 Technische Ausstattung

    4.2 Wahl des Ortes

    4.3 Ergänzende nützliche Informationen zum Setting

    5 Psychodynamische Grundannahmen

    5.1 Annahme des Unbewussten

    5.2 Innerpsychisches Konfliktgeschehen

    5.3 Symptomentwicklung

    5.4 Symptombearbeitung

    6 Psychodynamische Therapie bei Kindern und Jugendlichen als Videotherapie-Vorbereitung

    6.1 Besprechung des Settings und der technischen Voraussetzungen

    6.2 Überlegungen zum Ort, an dem die Therapie zu Hause stattfindet

    6.3 Verantwortungsvoller Umgang mit der Videoplattform

    6.4 Vertrag

    II Psychodynamische Therapie vor dem Bildschirm in der Praxis

    7 Zur Wahrnehmung am Bildschirm

    8 Bedeutung des Rahmens

    8.1 Therapeutischer Rahmen als Ort des Agierens in der Videotherapie

    8.2 Der Rahmen als Symbol von Trennung und Begrenzung

    9 Der therapeutische Raum

    9.1 Der therapeutische Raum als intermediärer Raum

    9.2 Der therapeutische Raum als Raum, in dem Objektkonstanz und Spiegelung stattfinden

    9.3 Der therapeutische Raum als Raum, in dem Symptome sich zeigen dürfen

    10 Therapeutische Beziehung

    10.1 Die therapeutische Beziehung vor dem Bildschirm

    10.2 Die Therapeutin als haltendes Objekt

    10.3 Die Therapeutin als triangulierendes Objekt

    10.4 Die Therapeutin als Beziehungs- und Entwicklungsobjekt

    10.5 Die Therapeutin als Übertragungsobjekt

    11 Der therapeutische Prozess

    11.1 Inszenieren der unbewussten Dynamik im Spiel

    11.2 Inszenierung der Übertragung

    11.3 Inszenierung der Abwehr

    12 Arbeit mit Bezugspersonen

    13 Therapiebeendigung

    14 Grenzen psychodynamischer Therapie per Video

    15 Schlussbemerkung

    III Verzeichnisse

    Literatur

    Stichwortverzeichnis

    empty
    Psychodynamische Psychotherapie mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen

    Perspektiven für Theorie, Praxis und Anwendungen im 21. Jahrhundert

    Herausgegeben von Arne Burchartz, Hans Hopf und Christiane Lutz

    Eine Übersicht aller lieferbaren und im Buchhandel angekündigten Bände der Reihe finden Sie unter:

    empty

    https://shop.kohlhammer.de/psychodynamische-psychotherapie

    Die Autorin

    empty

    Ursula Rasch ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin und analytisch/systemische Paar- und Familientherapeutin. Sie arbeitet in eigener Praxis in Thannhausen.

    Ursula Rasch

    Videotherapie

    Praktische Einblicke in die psychodynamische Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen

    Verlag W. Kohlhammer

    Für Sophia, Tanja und Elena mit Leonard, meinem ersten Enkelkind.

    Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

    Pharmakologische Daten verändern sich ständig. Verlag und Autoren tragen dafür Sorge, dass alle gemachten Angaben dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung hierfür kann jedoch nicht übernommen werden. Es empfiehlt sich, die Angaben anhand des Beipackzettels und der entsprechenden Fachinformationen zu überprüfen. Aufgrund der Auswahl häufig angewendeter Arzneimittel besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

    Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

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    1. Auflage 2023

    Alle Rechte vorbehalten

    © W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

    Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

    Print:

    ISBN 978-3-17-041856-1

    E-Book-Formate:

    pdf:

    ISBN 978-3-17-041857-8

    epub:

    ISBN 978-3-17-041858-5

    Danksagung

    An vorderster Stelle möchte ich mich bei Herrn Arne Burchartz für das kontinuierliche und sehr aufmerksame Mitlesen meines Manuskripts, die überaus wichtigen Anmerkungen und Anregungen sehr herzlich bedanken. Seine Begleitung hat mich während der gesamten Arbeit an diesem Buch sehr unterstützt.

    Danke auch an Herrn Hopf, Herrn Burchartz und Frau Lutz für die Bereitschaft, mein Buch in Ihrer Buchreihe aufzunehmen.

    Meiner Lektorin vom Verlag Kohlhammer ebenfalls den herzlichsten Dank für das sorgfältige Lesen des Manuskripts, die Anregungen und die unkomplizierte Zusammenarbeit.

    Meiner Kollegin Ulrike Rösch, die immer wieder Teile des Buchs gelesen hat, und deren Ermutigung mir über so manche Durststrecke weiterhalf, sage ich ebenfalls herzlichen Dank.

    Vielen Dank Herrn Dr. Alfred Walter für das unkomplizierte und zügige zur Verfügung stellen von Artikeln sowie für etliche Buch- bzw. Tagungshinweise.

    Herzlichen Dank meiner ältesten Tochter Sophia für wichtige Hinweise wissenschaftliches Arbeiten betreffend und ihre Unterstützung bei PC-Fragen.

    Mein größter Dank gilt meinem Mann, der mich über diese Monate umfassend unterstützte, sich immer wieder Passagen vorlesen ließ, die er äußerst wertvoll kommentierte, der Korrekturen mit mir durchging und der sich im Außen um das Meiste kümmerte, so dass ich zum Lesen und Schreiben den Rücken frei hatte.

    Ohne ihn wäre das Buch niemals so schnell fertig geworden.

    Vorwort

    Die Neugierde

    steht immer an erster Stelle eines Problems,

    das gelöst werden will.

    Galileo Galilei

    Ich sitze mit einem 8-jährigen Jungen vor dem Sandkasten in meiner Praxis.

    Er ist in der 40. Therapiestunde bei mir, ursprünglich wegen Enkopresis, inzwischen wurde auch eine Angststörung deutlich.

    »Du musst alle Soldaten holen!«, befiehlt er mir und erklärt genau, wie die Soldaten im Sandkasten gegenüber positioniert werden sollen. Es gibt ein Gemetzel, bis auf zwei Soldaten werden alle erschossen. Die machen sich auf den Weg, »ihre Heimat zu suchen«. Sie kommen an ein Haus und fragen nach ihren Eltern. »Die wohnen dahinten«, sagen die Leute, denen das Haus gehört.

    Die beiden Soldaten werden umgetauscht. Jetzt sind es Kinder. Zwei Jungs, »aber die müssen gleich aussehen«. Ich habe keine Jungenfiguren, die gleich aussehen, und es dauert eine Weile, bis mein Patient die für ihn passenden Figuren gefunden hat.

    Die beiden Jungen finden ein Haus, in dem sie ab jetzt zu Hause sind, einer der Jungen muss alle, die im Haus wohnen, vor Gefahren retten.

    Er setzt sich vor das Haus, die Gefahren reiten als Dino, Löwe, Batman durch den Sandkasten.

    Ich spüre Belastung, große Angst und einen Druck, der sich wie eine schwere Decke über das Spielgeschehen auszubreiten scheint.

    »Ganz schön anstrengend für einen Jungen, alleine gegen all die Gefahren kämpfen zu müssen.« Mein kleiner Patient stöhnt: »Ja..., aber das muss der nun mal.«

    Ein Auszug aus einer Therapiestunde wie sie Psychotherapeutinnen von Kindern und Jugendlichen viele Male in der Woche in ähnlicher Weise erleben.

    Es gibt allerdings einen Unterschied: Der Junge, der mein Patient ist, sitzt zu Hause in seinem Zimmer. Es ist der zweite Corona-Lockdown und aus bestimmten Gründen arbeiten wir per Videotherapie.

    An meinem Laptop sind zwei Kameras installiert. Mit der einen bin ich zu sehen, die andere ist auf den Sandkasten gerichtet. Das Umschalten von der einen zur anderen geht ganz schnell.

    Was im Sandkasten passieren soll, erklärt mir mein Patient genau. Gebannt schaut er auf das Spielgeschehen. »Nicht dahin! Ein bisschen weiter rüber!«, korrigiert er mich, wenn etwas nicht so ist, wie er es sich vorgestellt hat. Am Ende der Stunde ist er k. o. und traurig. »Manchmal haben es Kinder gar nicht leicht im Leben«, sage ich. Er sieht mich erschöpft an.

    Im Zusammenhang mit seiner Geschichte war dies eine wichtige Stunde, die Anstrengung habe ich in der Gegenübertragung gespürt. Im Zusammenhang mit seiner Geschichte kann ich sie gut verstehen.

    Wir verabschieden uns. »Tschüss, Frau Rasch, Tschühüss!«, ruft er und winkt mir zu. Ich winke zurück. »Bis nächste Woche!«, sage ich und schalte mich aus der Sitzung weg. Auch er hat sich weggeschaltet. Die Stunde ist zu Ende.

    Die Psychodynamische Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen hat im Laufe der Jahrzehnte viele Entwicklungen er- und durchlebt (Burchartz, Hopf, Lutz, 2016). Immer wieder wurden auf der Basis der Grundlagen psychoanalytischer Theorien Entwicklungen integriert, eines hatte jedoch stets in bewährter Weise Bestand: die Behandlung face to face im direkten Kontakt mit einer realen Therapeutin oder einem realen Therapeuten im Therapiezimmer.

    Warum dann plötzlich Psychotherapie via Video?

    Durch die im Frühjahr 2020 beginnende Coronapandemie entstand in meiner Praxis nach einiger Zeit eine große Verunsicherung: Familien mit sog. »Risikopatientinnen« brachten ihre Kindern nicht mehr in die Therapiestunden, um die Angehörigen zu schützen, Familienmitglieder mussten in Quarantäne oder erkrankten selbst an Covid 19, die Kinder konnten über Wochen nicht zur Therapie begleitet werden, verunsicherte Eltern ließen ihre Kinder mit unklaren infektiösen Symptomen lieber zu Hause oder sagten Termine ab, weil Familienmitglieder unklare Symptome aufwiesen. Kindern und Jugendlichen, die in besonderen Wohnformen lebten, war es von Seiten der jeweiligen Einrichtungen häufig nicht mehr gestattet, die Termine wahrzunehmen.

    Viele Termine wurden abgesagt, gleichzeitig wurde der Ruf der Eltern nach einer Kontinuität der Therapiestunden trotz Pandemie immer lauter.

    Nachdem sich mit der Zeit abzeichnete, dass das pandemische Geschehen zunächst bleiben würde, entschloss ich mich – sämtliche Datenschutz- und Verschlüsselungsvorgaben der KV beachtend – zum Einsatz von in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie weitgehend unerprobten Videotherapiestunden. Ich begann mit viel Unwissenheit, vielen Fragen und Zweifeln, subsumiert in dem Gedanken: Vielleicht ist Videotherapie besser als nichts.

    Die Praxis belehrte mich eines Anderen, und die Therapiestunden fingen an, mich mehr und mehr zu faszinieren.

    Das vorliegende Buch ist vor allem ein Erfahrungsbericht.

    Es befasst sich in den ersten beiden Kapiteln mit der Bedeutung digitaler Medien für Kinder und Jugendliche und skizziert die Bedeutung der »digitalen Welt« für die junge Generation und Auswirkungen dieser Entwicklung.

    Die Beachtung der aktuellen Diskussion dieser Thematik schließt sich an.

    Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, sich dieser Diskussion erschöpfend zu widmen, zumal die Aktualität dieser Betrachtung mit Erscheinen des Buchs beendet wäre, eine Skizze erscheint mir dennoch notwendig.

    Wichtig ist nun, in den weiteren Kapiteln aufzuzeigen, wie psychodynamische Therapie via Video in der Praxis aussehen kann; die technische Ausstattung als Gelingensbedingung mitbedacht.

    Auf der Basis der in meinen Augen wichtigsten Wirkfaktoren von psychodynamischer Psychotherapie werden Möglichkeiten ihrer Umsetzung vor dem Bildschirm beschrieben und mit Fallbeispielen veranschaulicht.

    In inzwischen mehr als zwei Jahren Praxiserprobung entstanden viele und unterschiedlichste Erfahrungen, die eines gemeinsam hatten: Ich erlebte trotz des neuen Mediums zunehmend dichte und intensive Therapiestunden und ich merkte, dass die Phantasie und Symbolisierungsfähigkeit oder das einfache Agieren der allermeisten Kinder und Jugendlichen im digitalen Raum zu analogem »miteinander Arbeiten« führte.

    Für mich selbst war es also eine lohnenswerte Erfahrung, mich im Rahmen dieser Pandemie auf neue Wege einzulassen; an dieser Erfahrung möchte Sie das vorliegende Buch teilhaben lassen.

    Ich persönlich habe in all diesen Therapiestunden, die ich vor der Kamera durchgeführt habe, festgestellt, dass dieses Setting »weit besser als nichts ist«.

    Psychotherapie via Video wird die Psychotherapie, wie sie jeder von uns kennt, sicherlich nicht ersetzen.

    Psychotherapie am Bildschirm könnte allerdings als eigenständige Methode innerhalb der psychodynamischen Therapie ihren Platz finden.

    Außerhalb eines pandemischen Geschehens könnte sie zu einer gut wirksamen Ergänzung des gängigen Settings werden, nämlich dann, wenn z. B. Studium oder Beginn einer Lehre einen Ortswechsel für Patientinnen und Patienten notwendig machen, die Anfahrtswege zu weit sind, der therapeutische Prozess eine Beendigung aber noch nicht zulässt, wenn Patientinnen oder Patienten schwer erkranken und lange Zeit in Kliniken verbringen müssen, in banalen Alltagssituationen, wenn das Auto kaputt ist/anderweitig benötigt wird und Patientinnen oder Patienten nicht gebracht werden können, zur Therapieanbahnung bei Patientinnen und Patienten, deren Symptomatik ihnen einen persönlichen Kontakt erschwert, um nur einige Situationen zu nennen.

    Auch wenn dies nicht mit der Begrifflichkeit unserer Abrechnungsziffern übereinstimmt, werde ich die Begriffe »Psychotherapie via Video«, »Videosprechstunde« »Videotherapie« oder »digitaler Kontakt« der literarischen Abwechslung halber synonym verwenden.

    Im Hinblick auf gendersensible Sprache habe ich mich für den einheitlichen Gebrauch des generischen Femininums entschieden, worin alle Geschlechtsidentitäten sich subsumiert sehen sollen.

    Alle Fallvignetten, die Sie in diesem Buch vorfinden, sind tatsächlich in meinen Behandlungsstunden so passiert. Um eine Rückverfolgung zu verhindern, wurden die Personen nach den Standards für wissenschaftliche Fachpublikationen anonymisiert und die jeweilige Familienkonstellation verändert.

    I Internet , digitale Medien und psychodynamische Grundannahmen

    1 Internet und digitale Medien – ein Lebensraum von Kindern und Jugendlichen

    1.1 Einzug digitaler Medien im Leben von Kindern und Jugendlichen

    Nichts ist so beständig wie der Wandel.

    Heraklit

    Ungefähr um die Jahrhundertwende hielten digitale Medien scheinbar unvermittelt in den Kinderzimmern Einzug. Es gab Nintendo, Playstation, Wii, Computerspiele speziell für Kinder kreiert, um nur Einiges davon zu nennen. In Wahrheit hatte sich diese Entwicklung lange vorbereitet: »die neuen Technologien trafen (...) auf bereits laufende gesellschaftliche Transformationsprozesse. Sie konnten erst entwickelt werden, nachdem eine Vorstellung formuliert worden war, was mit ihnen möglich sein sollte.« (Stalder, 2021, S. 21 – 22) Seither ist eine rasante Fortschreitung zu beobachten:

    Es gibt PC-Spiele, die man vernetzt, interaktiv mit über der ganzen Welt verteilten Spielerinnen spielen kann, Messenger wie WhatsApp, Signal, Telegram, Twitter etc., über die man mit anderen Menschen, auch wenn sie weit weg sind, in Kontakt gehen kann, und über die Fotos, Filme, Musikstücke, Nachrichten etc. geteilt werden können. Soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram, Snapchat, TikTok sind entstanden, Influencerinnen und Influencer, die mit »Likes«, mit denen eine möglichst große Anzahl anderer Menschen die Filme bewerten, die sie über sich, ein persönliches Hobby o. ä. online stellen, ihr Geld verdienen, um nur einiges zu nennen.

    Die digitale Welt verändert sich rapide, und längst sind Smartwatch und Smartphone in den Kinder- und Jugendzimmern angekommen. Die Smartwatch ist häufig bereits ein elterliches Geschenk in der Schultüte und bietet insbesondere den Eltern die Möglichkeit, jeden Schritt ihrer Sprösslinge zu überwachen. Das Smartphone kann als Initiationsobjekt ins frühe Jugendalter (Fatke, 2021) betrachtet werden und ist in vielen Fällen ein Geschenk, das Kinder nach Abschluss der Grundschule erhalten. Im Lauf der Adoleszenz wird das Smartphone von Nutzerinnen und Nutzern nicht selten als ihr wichtigster Besitz bezeichnet (Calmbach et al., 2020).

    Die digitale Welt hat sich im Lauf der Jahre zu einem bedeutsamen »Lebensraum« für Kinder und Jugendliche entwickelt. Soziologen bezeichnen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene als »digital natives«, Ureinwohner, Muttersprachler, da sie inzwischen von Anfang ihres Lebens an digitale Medien erleben und intuitiv nutzen (Sabbadini, 2016), ältere Erwachsene hingegen müssen den Umgang mit digitalen Medien oft mühsam erlernen.

    1.2 Digital und Analog

    Die Begriffe digital und analog werden dabei als Gegensatzpaar verwendet und – gerade im Zusammenhang mit Kindern und Jugendlichen – vielfach emotional hoch aufgeladen, diskutiert: es ist von »digitaler Demenz«, »Smartphoneepidemie« oder »Cyberkrankheit« zu lesen. Von vielen Pädagoginnen und Pädagogen wird der Einzug der digitalen Welt in die Kinder- und Jugendzimmer als entwicklungsgefährdend betrachtet, ein hohes Suchtpotential wird beschrieben (Spitzer, 2014), von einer drohenden »Aufmerksamkeitsdefizitkultur« wird gesprochen (Türcke

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